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51 Schlaf dem Menschen, und darum ist es verkehrt, wenn die Pflanzenliebhaberin ihren Pfleglingen keine Ruhe gönnt. Wenn beispielsweise Fuchsien und Pelargonien den ganzen Winter hindurch im warmen Zimmer bleiben und in beständiger Vegetation gehalten werden, so können sich die Pflanzen im kommenden Sommer zu keiner großen Pracht entfalten. Hat die Ruheperiode ihr natürliches Ende erreicht, so tritt eine andere Lebenstätigkeit ein, die sich auch nach außen hin bemerkbar macht. Die Pflanze formt neue Stoffe, sie baut Zelle auf Zelle neu auf; wir sehen das Wachstum beginnen; dies ist bei den meisten Zimmer pflanzen im Frühling der Fall, die Pflanze be darf nun der Nährstoffzufuhr. Die größte Rolle unter den Nährstoffen spielen diejenigen, die im Erdboden enthalten sind. Darum verdient letzterer ganz besonders im Frühjahr aufmerksame Beachtung. Die Auf nahme der Nährstoffe aus dem Boden, End osmose nennt die Physiologie diese Erscheinung, geschieht durch die Wurzeln auf dem Wege der Diffusion. Tauchen wir ein Stückchen Zucker mit der Spitze in den Kaffee, oder einen Streifen Löschpapier in ein Glas Wasser, so bemerken wir in beiden Fällen ein Aufsteigen der Flüssig keit in dem betreffenden Gegenstand. In ähnlicher Weise haben wir uns das Aufsaugen der Nähr stoffe, die samt und sonders in flüssiger Form vorhanden sein müssen, durch die Wurzeln der Pflanzen zu erklären. Diese Kraft allein ist nicht hinreichend, die Nährstoffe bis in die ent ferntesten Zweigspitzen emporzutreiben, eine andere Kraft muß ergänzend einsetzeu. Und diese springt in der Tat zu Hilfe, in einer Form, die der Physiologe als Transpiration bezeichnet. Die Transpiration ist die hauptsächlichste Tätigkeit der grünen Laubblätter. Diese tran spirieren, das heißt, sie verdunsten Wasser. Durch solche Verdunstung entstehen in den oberen Zellen Hohlräume. Die Zelle hat jedoch das Bedürfnis, stets mit Feuchtigkeit gesättigt zu sein und zieht infolgedessen aus tiefer liegenden Zellen Feuchtig keit an sich, diese nun ergänzen ihren geraubten Vorrat wieder aus tiefer liegenden und so setzt sich dieselbe Erscheinung fort bis zu den Zellen, in welche durch die Endosmose die Nährstoffe emporgetrieben wurden. Dann ist wieder Raum geschaffen für die Betätigung der von unten treibenden Kraft. Dieser einfache Vorgang er klärt die große Bedeutung der Blätter für das Leben der Pflanzen. Wir verstehen es nun auch, warum Zimmerpflanzen, die durch irgend einen Umstand plötzlich ihrer Blätter beraubt werden, in der Regel zu Grunde gehen. Da die hier dargelegte Lebenserscheinung bei den meisten Zimmerpflanzen im Frühjahr einsetzt, ist es ganz selbstverständlich, daß die Blumen liebhaberin Sorge trägt für das Vorhandensein der erforderlichen Nährstoffe im Boden. Gewiß sind viele Pflanzen recht bescheiden in ihren An sprüchen, allein alle lohnen die Zufuhr genügender Mengen von Nährstoffen durch ein erfreulicheres Wachstum. Das bißchen Erde, in welchem die Zimmerpflanzen stehen, enthält nicht allzuviel Vorrat, und dieser ist im letzten Jahre bedenklich auf die Neige gegangen. Darum muß aus der nächstgelegenen Gärtnerei ein Eimer voll srischer Erde geholt werden, in welche dann die Pflanzen umzusetzen sind. Wer mit dieser Arbeit nicht recht vertraut ist, lasse sich dieselbe von kundiger Hand, eventuell von dem Gärtner, der die Erde lieferte, vorführen. Ein Kunststück ist es nicht, allein es will verstanden sein. Die Töpfe, in welche die Pflanzen umgesetzt werden, müssen von allem Schmutze mittels einer Scheuerbürste gesäubert sein. Frisch umgesetzte Pflanzen sind vor Zuglust ganz besonders zu schützen. Die Pflanze vermag die erforderlichen Nähr stoffe nur unter Anwendung entsprechender Wasser mengen aufzunehmen, wie bereits dargelegt wurde. Hieraus folgt, daß den Pflanzen im Frühjahr mehr Wasser gegeben werden muß als im Winter. Bedenken wir hierbei, daß die Blätter Wasser verdunstende Organe sind, so ergibt sich ohne weiteres, daß von gleichen Pflanzen, die unter gleichen Verhältnissen stehen, diejenige das meiste Wasser braucht, welche die meisten Blätter hat. Es dürfen mithin nicht alle Pflanzen gleichviel Wasser bekommen. Die aufmerksame Blumenpflegerin wird recht bald herausgefunden haben, welche Pflanze mehr, welche weniger Wasser verlangt. Während im Sommer die Zimmerpflanzen leicht vertrocknen, weil zu wenig Wasser gegeben wird, werden im Frühjahr manche Pflanzen geradezu ersäuft, weil mit dem Wasser wenig haushälterisch gewirtschaftet wird. Ein Zuviel beim Wassergeben schadet im Frühjahr oft sehr. Ist mehr Wasser im Boden vorhanden, als die Pflanze bedarf, so versauert die Erde. Dieses hat ein Faulen der zarten Wurzelgebilde im Gefolge, wodurch die nährstoffbefördernde Tätigkeit der Wurzeln eingestellt wird. Die Pflanze muß in der Tat ersaufen. Darum äußerste Vorsicht beim Wassergeben im Frühjahr. Um diese Zeit darf in den Üntersätzen nie Wasser stehen bleiben. Frisch umgesetzte Pflanzen sind hinsichtlich der Notwendigkeit des Begießens schwerer zu be urteilen als nicht umgesetzte, da die lockere Erde an der Oberfläche schnell abtrocknet, während die Erde im Innern des Topfes länger feucht bleibt. Ganz allgemein kann gesagt werden, daß die Pflanzen nicht oft und wenig gegossen werden sollten, sondern weniger oft, dann aber jedesmal recht viel Wasser bekommen sollten. Eine eigenartige Erscheinung des Säftesteigens im Innern der Pflanze muß hier noch erwähnt