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Obstpächtern ausgesucht. Das Obst wird auf den Bäumen gepachtet, und welche Preise dem Besitzer gezahlt werden, ist ja hinlänglich bekannt. In der Nähe meines Wohnortes wurden 42 gut behangene Äpfelbäume für 20 M. verpachtet. Dieselben erbrachten 79 Zentner Äpfel, darunter 6^2 Zentner mittelgroße Muskatrenetten! Solche Beispiele gibt es viele. Wo ein Händler nicht hinkommt, wird meist erst dann geerntet, wenn alle Feldarbeiten zu Ende sind, d. h. mit anderen Worten, wenn die Hälfte des Obstes bereits ab gefallen ist. Die angedeuteten Übelstände zeigen uns deutlich, wo wir einzusetzen haben, um den Obst bau zu heben. Gelänge es uns in verschiedenen Orten nur Einzelne sür einen rationelleren Obst bau zu interessieren, bessere Sorten anzupflanzen/ ältere Bäume umzuveredeln, das vorhandene Obst zu pflegen und das Obst ganzer Gemeinden gemeinsam zum Verkauf zu bringen, kurzum, für die ganze Gemeinde vorbildlick zu wirken, dann würden sich die Verhältnisse schnell ändern und es könnte nicht vorkommen, daß in Städten oft für gute Preise Obst nicht zu erlangen sei, während an einem abgelegenen Orte, 10 Meilen entfernt, das Obst kaum einen Abnehmer findet. Ehe wir das erreichen, werden aber Jahre vergehen und rechnet man den Umstand hinzu, daß der Obstverbrauch in Deutschland von Jahr zu Jahr ganz außerordentlich zunimmt, so erwächst uns mehr als je die Pflicht, mit aller Kraft für eine Besserung der bestehenden Übelstände einzutreten. Andere Gegenden unseres deutschen Vater landes zeigen durch ihre Marktberichte, daß sie nicht ganz so übel daran sind wie wir. Bei der größten deutschen Vermittelungsstelle in Frank furt a. M. ist sogar oft das Umgekehrte der Fall; das Angebot ist doppelt so groß wie die Nach frage. Hier liegt die Frage nahe: „Könnte nicht ein Ausgleich geschaffen werden, der beiden Teilen zu gute käme?" — Und dieser Möglichkeit tritt man jetzt näher. Die Zentralvermittelungsstelle für Obstverwertung in Stuttgart hat bei allen Vermittelungsstellen Deutschlands angefragt, wie man über eine Organisation der bestehenden Obst verwertungsstellen denkt, und hat eine mündliche Aussprache über diese Angelegenheit für den Monat Februar in Berlin vorgeschlagen. Das Hauptziel dieser Organisation soll darin bestehen, daß bei Mißernten in einzelnen Bezirken ein besserer Ausgleich herbeigeführt wird, d. h. ein Bezirk, der eine reiche Ernte zu verzeichnen hat, soll sein Obst an obstärmere Gegenden absetzen können und nicht gezwungen sein, wie es in guten Obstjahren meist der Fall ist, die Früchte in der Nähe des Produktionsortes für einen Spottpreis herzugeben. Die Stuttgarter Zentralstelle will sogar noch einen Schritt weiter gehen, sie beabsichtigt bei größeren Mißernten sogar die Vermittelung ausländischen Obstes in die Hand zu nehmen. Wer die sächsischen Obstverhältnisse kennt, wird den Gedanken eine Organisation gewiß mit Freuden begrüßen und auch der Landes-Obstbau- Verein für das Königreich Sachsen steht diesem Projekte sympathisch gegenüber. Die Frage, in wieweit ausländisches Obst hierbei in Betracht kommen soll, steht auf einem anderen Blatte und darüber muß noch eingehend beraten werden. Was den Geschäftsgang der Vermittelungs stelle im verflossenen Jahre anbetrifft, so war derselbe ein sehr lebhafter. Neben der großen Zahl von Drucksachen, die versandt wurden, haben noch ca.300 Postsachen briefliche Erledigung gefunden. 204 Obstproduzenten und Konsumenten haben die Vermittelungsstelle in Anspruch ge nommen. Die Kosten, welche die Vermittelungs stelle verursachte und welche vom Landes-Obstbau verein für das Königreich Sachsen bestritten wurden, sind als sehr gering zu betrachten. Ein schließlich der Flugschriften, die wir im Februar an die landwirtschaftlichen Vereine sandten, wurde eine Summe von M. 201,78 verausgabt. Trotzdem schon Ende September sämtliche angebotene Obstmengen verkauft waren, haben wir in unseren Listen doch nur 25 000 lrA Obst als fest verkauft notieren können. Daß dies nur ein Bruchteil von dem wirklichen Umsätze ist, kann man aus der im Anfänge geschilderten großen Nachfrage und aus dem sehr bedauerlichen Umstande erkennen, daß nur */z der Verkäufer uns das abgesetzte Obstquantum mitgeteilt haben. Wir laborieren schon seit Jahren an dieser Unter lassungssünde seitens der Obstzüchter und beab sichtigen die ZH 8 und 9 unserer Grundregel jetzt mit noch größerem Nachdrucke zur Geltung zu bringen. Andererseits ist es uns gelungen, die unge nauen Gewichtsangaben bei Angebot und Nach frage auf ein geringes Maß zurückzudrängen, so daß die im Anfänge genannten Zahlen schon ein ziemlich genaues Bild ergeben. Beschwerden über schlechte Verpackung sind in diesem Jahre erfreulicherweise gar nicht vor gekommen; nur drei Klagen über mangelhafte Lieferung lagen vor. In zwei Fällen hatten die Lieferanten von Stürmen abgeschütteltes und dadurch beschädigtes Obst geliefert, im dritten Falle wurde über auffallend schlechte Haltbarkeit des Obstes geklagt. Es gelang uns, in den beiden ersteren Fällen einen befriedigenden Aus gleich herbeizuführen. Erfreulicherweise sind uns in diesem Jahre in weit größerer Anzahl wie sonst Anerkennungs schreiben von Obstkäufern und Lieferanten zu gegangen und wir dürfen uns rühmen, immer