Volltext Seite (XML)
Pächter mit Bestimmtheit darauf, daß er bezw. feine Kinder in der Pacht blieben und somit auch noch Nutzen aus den Bäumen ziehen könnten. Heutzutage liegt das Geschäft ganz anders, da ist der Pächter froh, wenn er für die nötigsten Arbeiten Leute zusammenbriugt und in den meisten Fällen auch, wenn er zur Not sein Auskommen hat. Was wird er sich da groß um Baum pflanzungen kümmern, die ihm selbst nie etwas nützen können. Freilich in den Pachtkontrakten, da ist wohlweislich vorgesorgt, der Pächter muß für jeden abständig gewordenen Obstbaum einen neuen setzen und bei der Pachtrückgewähr jeden fehlenden ersetzen. Auf den meisten Gütern mit einer Mark! Glauben die Herren, welche solche Bedingungen stellen, wirklich, daß dabei ein rentabler Obstbau in Aussicht stehen kann? Wohl kaum. Wenn ich mein Gut verpachten müßte, so würde ich in den Kontrakt schreiben: „Der Pächter darf ohne Genehmigung des Be sitzers keinen Baum entfernen nnd unter keinen Umständen einen pflanzen, der ihm nicht zu dem Zweck vom Besitzer in die Hand gegeben ist." Wo werde ich denn die Wahl der Obstart und Sorte jemand überlassen, der wahrscheinlich auch nicht eine Frucht von dem Baum erntet, den er Pflanzt, der vielleicht im nächsten oder den nächsten Jahren von dannen geht, ohne an eine Rückkehr zu denken. Der Mann hat doch kein Interesse daran, was nach fünfzig und mehr Jahren meine Kinder und Kindeskinder ernten, aber ich, ich habe also dafür zu sorgen, daß der Ersatz in fürsorglicher Weise ausgewählt ist. Kann oder will ich das nicht selbst tun, sondern es doch dem Pächter überlassen, nun so muß ich ihn selbstverständlich an der Sache interessieren. Ich muß ihm das Bauminventar der Taxe, nicht der Zahl nach übergeben und bei der Pachtrück gewähr wiederum der Taxe nach abnehmen. Der Zuwachs ist, meiner Auffassung nach, sein unbestreitbares Eigentum, er hat den Baum ge düngt, die Kosten für die Pflege sowie das Risiko getragen und mir für das Land, auf dem er heranwuchs, die Bodenrente bezahlt. Kann er auf reellen Ersatz rechnen, dann kann ich mit gutem Recht normale Ernährung und geeignete Pflege für die Bäume verlangen, sonst nicht. Es ist doch sonderbar, daß wir bei den Über gaben alle Kleinigkeiten sorgsam schätzen, die oft sehr wertvollen Obstbäume aber einfach zählen und dabei ist die Spannung im Werte der ein zelnen Stücke des lebenden und toten Inventars nicht fo groß wie bei den Bäumen. Von denen kann einer 50 Pfennige oder auch — um nicht so hoch zu greifen — 50 Mark wert sein! Ich weiß, die Herren Vertreter der Domänen kammern, der Stifts- und Fideikommißgüter, sowie der allergrößte Teil meiner Herren Be rufsgenossen werden, wenn sie dies gelesen haben, das Heftchen aus der Hand legen und sagen: „Bis hierher lag in den Ausführungen zur Not noch Sinn und Verstand, aber nun hört's auf, jetzt will der Mann die Obstbäume wie Pferde, Wagen und Säemaschinen taxieren." Gewiß, meine Herren, das will ich, aber nicht nach dem Liebhaberwert, sondern nach dem, den sie bei einer Zwangsüberweisung haben; ich will Ihnen den Beweis bringen, daß die Sache gar nicht so viel Schwierigkeiten macht, als man im ersten Schrecken denkt, ich will Ihnen auf Wunsch sogar eine Probeabschätzung Ihrer Bestände liefern, mache mir aber das eine zur Bedingung, gelingt es mir nicht, alle Einwände zu widerlegen und alle Bedenken zu beseitigen, so müssen Sie mir den Weg zeigen, auf dem man den Obstbau .rentabel macht, ohne auf den Zustand der Bäume irgendwie Wert zu legen. Geschähe dies mehr als bisher, dann wären wir schon sehr viel weiter, aber nach der Rich tung hin sind wir viel zu nachsichtig gegen andere, und zwar nur, um es auch gegen uns sein zu können. Hinkt einer unserer Berufs genossen mit jeder Arbeit hinter den anderen her, bestellt er leichthin, düngt er nicht entsprechend, oder läßt er die Felder verunkrauten, so sind wir gewöhnlich schnell zu einer recht harten, wenn auch gerechten Beurteilung berert, läßt er aber die Obstanlagen verwahrlosen, dann lautet unser Urteil sehr viel milder. Warum? Nur, weil wir uns nach der Richtung hin meist selbst nicht vorwurfsfrei fühlen. Das foll und muß anders werden. In jedem Kirchspiel muß sich ein kleiner, in jeder Amts hauptmannschaft ein größerer Obstbauverein bilden. Keiner dünke sich zu groß dazu, an den gemeinsamen Beratungen teilzunehmen. Der Gutsherr, der Pächter, der Pfarrer, die Lehrer und wenn ein solcher im Bezirk wohnt, der Arzt, sollten mindestens vierteljährlich einmal mit den Gutsbesitzern und Häuslern in Rede und Gegen rede erwägen, wie der Obstbau unter den ge gebenen Verhältnissen rentabel gemacht werden kann. Die Ökonomische Gesellschaft in Leipzig wird auf ihr Ausschreiben hin eine ganze Menge Vorschläge zugesandt erhalten. Vollkommen wird keiner sein, nutzbringende Anregungen aber werden viele enthalten, die wird sie bekannt geben und den Vereinen steht es dann frei, vieles zu prüfen und das beste zu behalten. Nun, meine verehrten Herren Berufsgenossen, ich bin zu Ende mit meinen Ausführungen, die länger geworden sind als ich zuerst beabsichtigte. Es hat mir weniger daran gelegen, belehrend aufzutreten, mir war die Anregung die Haupt sache, und wenn Sie dieser folgend in den vor handenen Anlagen einmal gründlich Musterung halten, wenn Sie öde Hänge in schmucke An lagen verwandeln und an Ihren Hof einen