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stellt hatte. Was für ein Unterschied! Draußen auf dem Dorfe, fernab vom Verkehr, ein um das Vierfache höherer Preis als drinnen in der so dicht bevölkerten Fabrikstadt! Der Einwand, daß große Posten Obst un verkäuflich oder nur zu Spottpreisen zu ver werten seien, ist durchaus ungerechtfertigt. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn ich Jahr um Jahr 500 Zentner Gravensteiner, 1000 Zentner Gold parmänen und ebensoviele Schönen von Boskvop zu verkaufen hätte, ich brauchte keine Annonce und Reklame, ich wäre sicher, daß ich auch ohne solche Käufer die Menge haben würde, wenn ich reell bediente. Das letztere ist natürlich un bedingt notwendig, wer, daß ich so sage, noch so harmlos ist, den Kunden damit Sand in die Augen streuen zu wollen, daß er oben auf den Korb gute Ware und unten hinein Schund legt, der braucht sich nicht zu wundern, wenn sie nicht wieder kommen. Der letzte Eindruck ist der bleibende, deshalb sollten, wenn nun einmal ein Unterschied gemacht wird, die besten Äpfel zu unterst liegen. Wird der Handel richtig gehandhabt, dann fürchte ich keine Überproduktion und wenn sich die Zahl der Obftbäume in zehn Jahren ver zehnfachen sollte. Der Obstverbrauch nimmt zum Segen der Menschheit von Jahr zn Jahr gewaltig zu, eine große Anzahl von Ärzten er kennt offen an, daß der regelmäßige Genuß von Äpfeln in vielen Fällen Arzneien und teure Kuren ersetzt und da heutzutage der Ruf „Zu rück zur Natur!" allerorten, besonders auch in der Heilkunde, erklingt, können wir auf eine fo stark fortschreitende Nachfrage rechnen, daß wir niemals eine Überproduktion zu befürchten brauchen. Bei regelmäßigen und reichen Ernten werden wir allerdings für die geringere Ware Ver wertungsanstalten vorsehen müssen. Es sind ja derer auch schon eine ganze Anzahl gegründet, teils als private, teils als genossenschaftliche. Soweit sich solche in der Hauptsache auf die Erzeugung von Beeren- und Apfelwein be schränken, haben sie zum Teil auch ganz gut rentiert. Zur Erzeugung von erstklassigem Dörr obst und anderen Fabrikaten fehlt es uns vor allem noch an großen Poften gleichmäßigem Rohmaterials. Das ist auch der Grund dazu, daß die meisten genossenschaftlichen Verwertungs anftalten so schwer über die Kinderkrankheiten hinwegkommen. Gibt es wenig Obst, dann lohnt der Verkauf zum Rohgenuß derartig, daß niemand seine wertvollen Früchte für drei oder vier Mark in die Quetschmühle liefern mag. Ist der Segen groß, dann wird den Anstalten der ganze Schund, für den auf dem Markte schwer Verwendung vorhanden ist, aufgebürdet. So stehen ein Jahr die wertvollen Maschinen und Einrichtungen unbenutzt, das andere reichen sie nicht zu und zeigen sich zudem außer staude, aus schlechtem Rohmaterial gutes Fabrikat her zustellen. Zum Schluß sei mir noch verstattet, auf zwei wirtschaftliche Fragen kurz einzugehen, welche für die Rentabilität des Obstbaues sehr wichtig sind. Die Versicherung der Obsternten gegen Hagelschäden und der Ersatz der Obstbäume auf den Pachtgütern und Dienstländereien. Was versichern wir heutzutage alles? Nun, soweit als möglich das, was uns lieb und wert ist, was wir sauer verdient oder unter oft schwierigen Verhältnissen herangezogen haben. Aber wir bleiben nicht dabei stehen, unsere eigenen Sachen zu versichern, wir halten darauf, daß es auch bei denen geschieht, an denen wir sonst ein Interesse haben. So muß der Haus besitzer seiner Hypothekengläubiger halber gegen Feuer, der Gutspächter laut Pachtkontrakt das Ge treide gegen Hagelschaden versichern. Warum nicht auch das Obst? Je nun, weil der Besitzer des Gutes von diesem so gering denkt, daß er es nicht sür besonders erwähnenswert hält. Aller dings kann in den Fällen, in welchen die Nutzung der Obstanlagen alljährlich an Unternehmer (Öbster) verkauft wird, diesen die Versicherung aufgegeben werden. Das geht aber eigentlich nur bei den Kirfchen, denn Hartobst wird ja oft erst nach der Haupt-Hagelperiode verkauft. Ich helfe mir in meinen Anlagen so: Anfang Juni versichere ich Kirschen und Hartobst getrennt. Wenige Tage danach verkaufe ich meist fchon den Kirschenanhang, der Käufer erhält die Police und trägt die Prämie. Die Hartobstversicherung läuft den ganzen Juni und halben Juli auf meinen Namen, dann geht sie auf den Käufer über, dieser trägt dann sig, ich ^/z der Prämie. Ganz ähnlich so macht es, soviel ich weiß, die Verwaltung der sächsischen Staatsstraßen. In Beziehung auf die Versicherungssumme ist ziemlich viel Spielraum gelassen, fo daß die Ver sicherung nur geringe Schwierigkeiten macht. Unterbleibt sie, so kann dem Ödster unmittelbar nach dem Zuschlag der ganze, vielleicht für 1000 und mehr Mark gekaufte Anhang total ver hageln und dann ist entweder der Mann wirt schaftlich ruiniert oder aber der Besitzer der Bäume erhält für feine Ernte nichts. Noch wichtiger als die Versicherung gegen Hagelschaden ist der Ersatz der Bänme selbst. Solange dieser den Pächtern oder Nutznießern ohne irgend welches Interesse an der Sache selbst überlassen wird, kann von einer Rentabilität des Obstbaues auf Pachtgütern und Dienstländereien keine Rede sein. Bei den früheren mehr pa triarchalischen Pachtverhältnissen und den billigen reichlich vorhandenen Arbeitskräften, für welche periodenweise Beschäftigung gesucht werden mußte, lag die Sache noch anders. Da rechnete der