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158 aussetzen müssen, ehe sie wieder nach und nach frische Kraft gesammelt haben. Auf die Anwendung der einzelnen Dünge mittel hier des näheren einzugehen, dazu ist der Raum zu eng bemessen, ich beschränke mich dar auf, hinzuweisen, daß auch die Obstbäume des Zusammenwirkens aller Nährstoffe bedürfen, wenn sie stetig wachsen und reichlich normale Früchte bringen sollen. Stickstoff, Kali, Phos phorsäure und Kalk sind gleich unentbehrlich, wie sie einzeln und gemeinschaftlich in verschieden stark bemessenen Gaben wirken, hat in den Vor jahren Agrikulturchemiker Lierke in Staßfurt in den großen Obstanlagen zu Feldbrunnen am Harz durch höchst lehrreiche Versuche festgestellt und in einer interessanten Broschüre bekannt gegeben. Der Herr sammelt dazu alljährlich schätzenswerte Erfahrungen in seinem eigenen nach ganz besonders durchdachtem Plan gedüngten Garten. Alle die, denen es ernst ist mit der richtigen Ernährung ihrer Obstbäume, sollten die Lierkeschen Veröffentlichungen recht genau studieren. Natürlich handelt es sich in dieser hauptsäch lich um die Anwendung künstlicher Düngemittel, solche sind aber für die Obstbäume auch ganz besonders zu empfehlen, da sie sich leicht be schaffen und gut verteilen lassen. Stalldung ist natürlich nicht zu verachten, aber eigentlich nur bei Flächendüngung gut anzubringen. Hat man solchen und auch Jauche zur Verfügung, dann rate ich sehr, beide zunächst zu Kompost zu ver arbeiten. An jedem Hofe sollte ein Haufen vorhanden sein, auf dem Grabenauswurf, Wege abzug, Göpelschlamm, Ziegeldeckerschutt, Kehricht, Ruß, faule Kartoffeln und Rüben und andere derartige Sachen abgelagert werden. Dies des öfteren beim Umstechen mit Stalldung vermengt und mit Jauche durchtränkt, sowie wiederholt mit Staubkalk vermischt, gibt einen vorzüglichen Baumdünger, welcher zum Aufbreiten auf die Baumscheibe vor dem Umgraben und zum Ver mengen mit dem Lochauswurf ganz vorzüglich geeignet ist. Äls zur Pflege der Bäume gehörig wird im allgemeinen auch das Abscharren der Rinde und das Bestreichen dieser mit Kalkmilch ganz besonders hervorgehoben. Beides kann ja, wenn vorsichtig gehandhabt, ganz gut sein, es darf aber keinesfalls übertrieben werden, insofern, als man alten Baumveteranen mit Gewalt ein glattes Aussehen verleihen will oder die weiche, fette Rinde junger Bäume mit scharfem Anstrich ver- beizt. Das Schlimmste am Scharren und Streichen ist aber der Umstand, daß viele Baum besitzer meinen, damit hätten sie dann auch alle Verpflichtungen ihren Pfleglingen gegenüber voll und ganz erfüllt. Gut geputzt ist halb gefüttert, sagt man wohl, die wollen aber durch den Putz das ganze Futter sparen, und das geht nicht. Als das Scheren des Rindviehs, besonders des Jungviehs, allgemein Mode wurde, stritt man sich einmal über die bestgeeigneten Scheren, ein alter Bernfsgenosse schnitt aber die Diskussion ab, indem er bemerkte: Meine Herren, die beste Viehschere ist noch immer der Futtersack, der macht die Tiere doch am glättesten. Ebenso richtig würde es sein, wenn man sagte: Die beste Scharre und der geeigneteste Anstrich ist der Düngersack, der verhindert das übermäßige Überhandnehmen des Ungeziefers, der Moose, Flechten usw. und hält auch die Rinde glatt. Als ein besonderer Vorteil des Anstreichens wird immer der Umstand hervorgehoben, daß man dabei eine Menge Ungeziefer vertilge. Meiner Erfahrung nach ist es damit gar nicht so schlimm, denn vor allem werden die Puppen der so sehr nützlichen Schlupfwespen mit zerstört. Nach der Richtung hin werden sich also Vorteile und Nachteile ausgleichen. Das beste Mittel, sich der kleinen und doch so gefährlichen Feinde aus dem Tierreich zu erwehren, wird immer das sein, daß wir uns die Hilfe unserer geflederten Freunde sichern. Wie wir diesen am besten Herberge und wenn es not tut, Unterhalt verschaffen, das hat uns Rittmeister Freiherr von Berleppsch in einem interessanten Schriftchen gezeigt. Alle Land bewohnersollten Gelegenheit nehmen, ihrenKleinen daraus zu lehren, wie man den armen hungernden Vögeln über die schlimmste Winterszeit hinweg hilft. Die Kinder werden dann leicht geneigt sein, einige Nußkerne und andere Dinge in dem Bewußtsein zu opfern, damit ein gutes Werk zu tun, und das unsinnige Anheften von Speck schwarten unterlassen, sobald sie wissen, daß das ungewohnte Salz den Tierchen unsägliche Pein verursacht, wenn nicht gar einen martervollen Tod bringt. Bei den Insektenfressern steht die Notwendig keit der Fütterung überhaupt erst an zweiter Stelle, denn die finden bei emsigen Suchen auch zur Winterszeit noch Bente hinter Baumrinde, m Manerritzen und dergleichen Schlupfwinkeln, das sind aber zumeist Höhlenbrüter und für die fehlt es heutzutage, wo jeder hohle Baum schwinden muß, sehr an Herberge. Es sollte daher das Anbringen von Nistkästen nirgends unterlassen werden. Ich helfe mir außerdem noch damit, daß ich die hohlwerdenden Astlöcher der Apfelbäume auspntzen und dann Deckel mit Naturrinde und kleinem°Flugloch darauf schrauben lasse, wie das vor einigen Jahren im praktischen Ratgeber für Obst- und Gartenbau empfohlen war. Eine solche Nistgelegenheit ist den Vögeln sicherer als der bewegliche Kasten, es muß nur darauf gesehen werden, daß der Deckel oben etwas überhängt, damit der Regen nicht in das Loch schlägt, daß dieses für Spatzen nicht groß