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9 Es bedarf kaum noch eines weiteren Beweises, daß überhaupt nicht aus einem frühen Vor- und Hauptfrühling auf eine frühe Ernte sowohl von Ge treide als von den ersten Baumfrüchten zu schließen ich Für letztere ist immer das Maß der Sommer wärme, die Temperatursummen vom Juni und Juli maßgebend, und der Einfluß des Frühlings erstreckt sich nicht über den Monat Mai hinaus. Die frühesten Jahre für den Roggenschnitt in dem 13jährigen Verlauf waren 1896 und 1897, wo die Ernte am 12. Juli begann: die Früh lingseinzugstermine dieser Jahre aber waren normal oder sogar etwas ver spätet. Hier ist also noch kein Zusammenhang er sichtlich, der vom Anfang Mai aus den Verlauf des Hochsommers beurteilen ließe, wie man es so gern im Interesse von Feld- und Gartenwirt- fchast möchte. Wenn hier ein Vorausblicken möglich werden wird, so kann man es sich wohl nur in dem Sinne denken, wie Meinardus auf dem Geographentage zu Berlin 1899 auf Grund meteorologischer Statistik darlegte: daß man näm lich aus dem winterlichen Wetter im südlichen Skandinavien auf die im nächsten Sommer für Norddeutschland zu erwartende Ernte Rückschlüsse machen darf. Dies setzt voraus, daß die Schwan kungen der Jahreswitterung, so unregelmäßig sie uns erscheinen und so launisch sie ausfallen, doch von einem uns noch unbekannten Gesetze regiert werden, nach welchem sie in der Hauptsache eine einzelne Jahresperiode hindurch ablaufen. Der neue Apfel „Freiherr von Berlepsch Bon F. Pollmer, Stadtgärtner in Großenhain Ob wir neue Obstsorten brauchen oder nicht, darüber läßt sich wohl viel sagen. Wohl haben wir eine große Auslese in den, vom deutschen Pomologenverein zum allgemeinen Anbau empfohlenen Sorten. Männer, welche ihre ganze Lebenszeit in den Dienst der Pomologie gestellt, deren praktische Erfahrungen nicht den leisesten Zweifel dulden, sie waren es, welche Licht und Zielbewußtsein in die Obstkunde gebracht haben. Sie haben geprüft, gewissenhaft beobachtet, die Ergebnisse dem Allgemeinen in uneigennützigster Weise zum Besten gegeben. Sehen wir unser sächsisches Normalsortiment durch, das sich ja vielfach mit dem Sortimente des deutschen Pomologenvereins deckt, so müssen wir wohl bekennen, daß für jeden Obstzüchter gesorgt ist, er hat eine Auswahl der edelsten Obstsorten vor sich, zu allerlei Zwecken geeignet, für jeden Boden und Lage anpasfend. Demnach würde hierdurch festgestellt sein, daß Einführungen neuer Obstsorten, wenn nicht unnütz, so doch zwecklos sein dürften. Sehen wir das Bild aber von der andern Seite an, so liegt in der Einführung neuer, guter, vorzüglicher Obstsorten ein ganz unschätzbarer Wert. Allgemein bekannt ist es, daß verschiedene alte Obstsorten, und merkwürdigerweise in allen Gegenden dieselben, abgewirtschaftet zu sein scheinen. Es sei z. B. nur an Liegels Winter butterbirne, holzfarbige Butterbirne, Rettichbirne, die alte Birneblank u. v. a., desgleichen auch an verschiedene Äpfelsorten erinnert; Vas Fusikladium tritt an diesen Sorten so gewaltig auf, daß auch die Bespritzung mit Kupferkalk-Brühe als eine Arbeit anzusehen ist, welche fast vergeblich ist. Es hilft nichts anderes, als derartige kranke Bäume mit einer guten lebensfrischen Sorte umzupfropfen. Welches sind nun die guten, gesunden, lebens frischen und widerstandsfähigen Sorten? Man wende sich vertrauensvoll an gewissenhafte Pomo- logen, welchen die Förderung des vaterländischen Obstbaues am Herzen liegt, dort wird man zu jeder Zeit bereitwilligst sichere Antwort und Auskunft erhalten. Eine dieser von mir bevorzugten Äpfelsorten ist die neue Freiherr von Berlepsch*), sie wird sich sicher in kurzer Zeit Bahn brechen, gleich ihrer Vorgänger, die prachtvollen großfrüchtigen Sorten als: Ro^nl ilndilss, Lells kontoise, ?6N8KooZ8 Lonclsr^lslsllsn u. a. m.**) Die hiesige städtische Baumschule bezog vor drei Jahren von einer Quedlinburger Firma drei kräftige Hochstämme von Freiherr von Berlepsch, welche im letztverflossenen Jahre die ersten Früchte trugen. Wer dieselben gesehen und gekostet hat, war entzückt von dieser prachtvollen Frucht und wünschte sich 10 tragbare starke Bäume, deren ein jeder fünf Tragkörbe voll solcher Äpfel trüge. Am sichersten fei eine vergleichende Bezeichnung festgestellt mit einem übergroßen Gravensteiner in Bezug auf Duft, Form, Farbe und Geschmack. Pomologische Beschreibung. Apfelneuheit: Freiherr von Berlepsch. Heimat und Vorkommen: Der rühmlichst bekannte Pomologe Ditrich Uhlhorn Grevenbroich zog die Sorte aus Samen, sie ist noch wenig verbreitet. Gestalt: großer, etwa 75 nun breiter, 75 nun hoher, regelmäßig, mitunter konisch ab geplatteter Apfel. Der Bauch sitzt näher dem Stiel zu, nimmt nach dem Kelch zu ab. Kal villenkanten finden sich am Kelch stark, über die Frucht schwach verdrückt vor. *) Ist doch erst genau zu prüfen, ehe man die Sorte zum Umveredeln von Hochstämmen empfiehlt. Die Red. **) Schaufrüchte für den Liebhaber.