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72 Flasche als im Faß verschicken lassen. Der Großproduzent wird überhaupt der besonders von den norddeutschen Konsumenten entgegen gebrachten Nachfrage nach Flaschenweinen Rech nung tragen müssen. Schließlich wird es sich auch für den häuslichen Bedarf bei schwachem und unregelmäßigem Verbrauch, besonders aber bei schlechten Kellereinrichtungen, empfehlen, den Wein lieber auf Flaschen abzufüllen, als vom Fasfe zu zapfen. Der Apfelwein darf aber nur auf Flaschen gezogen werden, wenn er auch wirklich flaschenreif ist, d. h. wenn er nicht nur vollkommen klar, sondern auch in seiner Ent wickelung im Fasse so weit vorgeschritten ist, daß er keine Veränderungen mehr erleidet, also keine Ausscheidungen und Trübungen mehr giebt, vollständig luftbeständig ist u. s. w. Dieser Zustand der Flaschenreife ist unter Umständen, erst durch wiederholtes Ablassen, wobei der Wein absichtlich energisch mit Luft in Berührung ge bracht wird, sowie durch Schönung, kurz durch eine raffiniertere Kellerbehandlung, auf die wir hier nicht näher eingehen können, zu erreichen. Der Zeitpunkt der Flaschenreife eines Weines hängt von dessen Zusammensetzung, von den Kellerverhältnissen, von der Behandlungsweise, überhaupt von einer Reihe wechselnder Faktoren ab. Jedenfalls sollten nur gesunde und vor allem auch genügend kräftige Weine auf Flaschen gezogen werden. Man prüft den Wein auf seine Flaschenreife am einfachsten derart, daß man eine oder mehrere Flaschen mit dem be treffenden Wein füllt, verkorkt und bei Zimmer temperatur einige Zeit (8—14 Tage) stehen läßt. Zeigt nach dieser Zeit der Wein keine Veränderung, so kann er auf die Flasche ge bracht werden. Wenn es auf der einen Seite ein großer Fehler ist, den Wein zu früh abzufüllen, so darf man ihn andererseits — vorausgesetzt, daß er flaschenreif geworden ist — auch nicht zu spät auf die Flasche bringen, weil er sonst nicht mehr im Vollbesitz seiner Kohlensäure ist, von der so wie so ein Teil beim Abfüllen verloren geht. Die Flaschen, am besten starke, dickwandige Weinflaschen, müssen vor dem Gebrauch auf das Allersorgfältigste gereinigt werden, ganz besonders gilt dies für bereits gebrauchte Flaschen. Durch das Abfüllen in unreine Flaschen kann ein Wein, den man mit jahrelanger Mühe und Sorgfalt gezogen hat, noch im letzten Moment verdorben werden. Zuerst weicht man die Flaschen in einer Stande oder einem Zuber mit heißer Sodalösung ein und läßt sie damit — und zwar so, daß die Flaschen gefüllt sind — einen Tag stehen, damit die im Innern eingetrockneten Verunreinigungen sich lösen. Nun nimmt man die Flaschen aus dem Weichgefäß, entleert sie und reinigt sie auf mechanischem Wege. Im Großbetrieb vollzieht sich dies rasch und sicher vermittelst mechanischer Flaschenbürsten und Flaschenspülmaschinen. Für den Kleinbetrieb oder den Hausbedarf bedient man sich einer Haudflaschenbürste oder nimmt besser noch die mechanische Reinigung mit Hülfe feinkörniger oder feinfaseriger Sub stanzen, die in die Flasche gegeben werden, vor. Als solche eignen sich feiner Kieselsand oder auch mit Salzsäure zu einem feinen Brei aufge schwemmtes Filtrierpapier, dagegen ist vor der sehr beliebten Anwendung von Schrotkörnern wegen der Gefahr einer Bleivergiftung dringend zu warnen. Nach der mechanischen Reinigung, ganz besonders, wenn gleichzeitig Chemikalien angewendet wurden, sind die Flaschen noch gründlich mit reinem Wasser nachzuspülen. Dabei sehe man jede Flasche an, ob sie auch wirklich rein ist, und lege Flaschen, die nicht rein werden wollen, am besten ganz bei Seite. Zum Austropfen werden die Flaschen entweder mit dem Hals nach unten in eine Stande gestellt oder besser auf ein Flaschentrockengestell gebracht. Wir kommen nun zum Abfüllen selbst, was entweder mittels eines Faßhahnes oder eines Schlauchhebers oder im Großbetrieb mittels einer Flaschenfüllmaschine geschehen kann. Zieht man, was das Ungeeignetste ist, mittels eines Faß hahnes ab, so ist derselbe bereits einige Tage vor dem Abzug einzuschlagen, damit der in jedem Faß vorhandene und durch das Eintreiben des Hahnes aufgewirbelte Bodensatz sich wieder ab setzen kann. Füllt man mit einem Schlauchheber ab, so wird derselbe durch das Spundloch des Fasses mit dem einen Ende in den abzuziehenden Wein gesteckt, während das andere Ende bis auf den Boden der zu füllenden Flasche reichen soll. Man setzt den Heber durch Ansaugen in Thätigkeit und schließt beim Wechseln der Flaschen den Ausfluß durch Zusammendrücken des Schlauches. Der in das Faß gesteckte Teil des Schlauchhebers darf aber nicht bis ganz auf den Boden des Fasses reichen, damit nicht der etwaige Bodensatz mit abgehebert wird. In der Flasche dagegen soll der Heber bis auf den Boden reichen, um ein Aufschäumen und Kohleu- säureverluste zu vermeiden. Um die Heberenden senkrecht zu halten, thut man gut, sie an beiden Seiten in eine Glasröhre auslaufen zu lassen. Es giebt auch besondere Flaschenfüllschläuche, die mit einem Ventil versehen sind, welches den Schlauch senkrecht hält und gleichzeitig alle Un reinigkeiten ausschließt. Auf die verschiedenen sinnreichen Konstruktionen der Flaschenfüll maschinen mit selbstthätiger Unterbrechung bei gefüllter Flasche, mit Füllbatterie rc. können wir hier nicht eingehen. Die Flaschen sind soweit zu füllen, daß nach dem Verkorken zwischen der Weinoberfläche und der unteren Korkfläche noch