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178 Obstbau und Landwirtschaft. Von Großh. Landwirtschaftslehrer Haug-Michelstadt. Es ist zweifellos sehr berechtigt, wenn der Obstbau in dem Landwirtschaftsbetriebe mehr und mehr in den Vordergrund tritt. Die Preise, welche für Tafelobst bezahlt werden, sind an nehmbare, für Mostobst ist stets Absatz vor handen, und war besonders in diesem Jahre die Nachfrage eine sehr starke. Wohl demjenigen, der große Mengen Obst zu verkaufen hat. In vielen Gegenden, so auch im Odenwald, ist nur in Jahren mit reicher Obsternte flüssiges Geld vorhanden. Kein anderer Zweig der Landwirt schaft vermag eine gleich hohe Rente abzuwerfen, wie der Obstbau. Darin stimmen die meisten Landwirte und Fachmänner überein. Doch auch hier läßt sich die Frage aufwerfen, ob dies unter allen Verhältnissen zutrifft. Es läßt sich ferner fragen, ob der Obstbau einen Hauptbetriebszweig der Landwirtschaft bilden kann und wie sich Obst bau und Landwirtschaft unter verschiedenen Ver hältnissen zweckmäßig vereinigen lassen. Wo ein Baum steht, wächst sonst nicht viel; fast alle landwirtschaftlichen Kulturpflanzen leiden sehr stark not, außer vielleicht Gras, das noch bei einiger Beschattung gute Erträge liefert. In diesem Falle ist es aber umgekehrt; hier leidet der Baum durch das darunter wachsende Gras, namentlich wenn kleeartige Pflanzen darunter gemischt sind, oder gar der Baum auf einem Klee- oder Luzerneacker steht; am schlimmsten für den Baum ist die Luzerne. Aus diesen kurzen Ausführungen dürfte ein Widerstreit zwischen Landwirtschaft und Obstbau leicht zu erkennen sein, ein Gegensatz, der sich nicht abstreiten läßt und der verdient, gerade von Obst baulehrern besonders berücksichtigt zu werden, wenn sie ihrer eigenen Sache nicht schaden wollen. Glücklicherweise hört man bei Vorträgen über Obstbau den schönen Spruch „Auf jeden Raum Pflanz' einen Baum Und Pflege sein, Er trägt Dirs ein" immer weniger. Wenn man auch die zweite Hälfte desselben nur bekräftigen kann, so kann doch dadurch, daß der erste Teil häufig miß verstanden wird, oft Unheil gestiftet werden. Das Berschen will sagen, man solle geeignete Orte für den Obstbanm ausnützen und nicht brach liegen lassen, was gewiß recht zu billigen ist; in der Mehrzahl der Fälle aber wird das selbe dahin ausgelegt, daß man den Obstbaum an jeden Ort und Raum, auch auf schlechtem Boden und in schlechter Lage pflanzen könne. In diesem Fall heißt der Nachsatz: Und pflege sein, Es trägt nichts ein. Leider ist die Meinung, man könne dem Obstbaum irgend einen Ort zuweisen, wo sonst nichts gedeiht, die landläufige. Darin ist auch die Ursache des geringen Reinertrages des Obst baues zu suchen. Es hat aber auch diese Er scheinung ihre Ursache nur darin, daß der Feld bau sich mit dem Obstbau schlecht verträgt. Man konnte schon öfters in Zeitschriften lesen, daß den Landwirten namentlich der feld- mäßige Obstbau als das allein Richtige em pfohlen wurde, d. h. in Entfernungen von 20 bis 30 na sollen auf dem Ackerfelde regel mäßige Reihen von Obstbäumen angelegt werden. Gewiß, es hat dieses Verfahren insofern etwas für sich, als der Boden unter den Bäumen regelmäßig bearbeitet werden muß und dadurch ein gutes Gedeihen der Bäume gesichert ist; andererseits aber ist die Bewirtschaftung des Feldes so bedeutend behindert, daß nur in ganz kleinen Betrieben hierzu geraten werden kann, wo die Arbeitskraft des Besitzers und seiner Familie vollkommen ausreicht. Bei dem Feld obstbau ist zunächst das Ackern, Eggen, Walzen rc., überhaupt das Fahren mit Gespannen erschwert, der Streifen Land zwischen den Bäumen muß mit der Hand bearbeitet werden, erfordert also teuerere Arbeitskraft; die Verwendung von Maschinen als Säe- und Mähemaschinen ist sehr erschwert, wenn nicht ausgeschlossen; zudem sind die Bäume Beschädigungen aller Art ausgesetzt, und es bleibt dem Landwirt der Ärger nicht erspart. Unter solchen Umständen kann doch gewiß nicht dazu geraten werden, das Feld mit Obstbäumen zu bepflanzen. Dabei ist unerwähnt geblieben, daß durch die Beschattung ein gewisser Schaden an den Feldgewächsen entsteht. Der letztere wird jedoch durch den Ertrag der Obst bäume mehr wie ausgeglichen und kann also nicht gegen den Feldobstbau sprechen. Wenn man nun den Versuch machen wollte, durch Zahlen nachzuweisen, daß der Ertrag des Obst baumes den Schaden, welcher durch die Be schattung an den Feldgewächsen entsteht, um so und so viel mal überwiegt und auf Grund solcher Zahlen den Landwirten den Feldobstbau als etwas besonders Rentables anraten wollte, so würde man einen bedeutenden Fehler be gehen, da die landwirtschaftlichen Nachteile doch, wie aus dem oben Gesagten hervorgehen dürfte, solcher Art sind, daß ein rationeller Landwirt lieber auf den Feldobstbau Verzicht leistet. Besonders wertvoll für die gute Tragbarkeit der Obstbäume, namentlich der Apfelbäume, ist ein ziemlich dichtes Zusammenstehen, also eine geschlossene Anlage. Die Bäume gewähren sich gegenseitigen Schutz vor Wind und Kälte; gerade UW- Jetzt Klebgnrtel gegen den Frost-