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110 die dem deutschen Obstbau keineswegs förderlich sind, indem teilweise die Preise weit über den reellen Wert angesetzt wurden. Wenn z. B. in einem Dorfe ein Landmann oder ein Lagerer für seine ausgesuchten, besten Gravensteiner für 50 ÜA 25 bis 30 Mark erhält, so glauben viele andere für ihre unsortierten, in Qualität weit schlechteren Gravensteiner ebensolche Preise fordern zu dürfen. Dies ist aber eine Unverfrorenheit, die mit aller Energie bekämpft werden muß. Bei der Preis bildung kann nicht der Wunsch und Wille des Obstbauers, sondern nur die Sorte, die Qualität, das Angebot und die Nachfrage in Betracht kommen. Aus Vorhergesagtem ersehen wir also, daß nur dann auf sicheren, lohnenden Absatz des deutschen Obstes zu rechnen ist, wenn wir uns bemühen, es dem Auslande gleich zu thun, und marktfähigeres, strenger reell sortiertes Obst dem Abnehmer in tadellosem, sauberem Zustande an bieten. Um die Obstbauer zu streng reeller Lieferung marktfähigen Obstes zu erziehen, stehen nach den gemachten Erfahrungen folgende brauchbaren Wege offen, die aber auch in das Gegenteil aus schlagen können, falls bei dem Jnslebenrufen solcher Organisationen nicht mit Nachdruck darauf hingearbeitet wird, nur auf den Rohverkauf der Frucht Bedacht zu nehmen, und wenn diese Schöpfungen nicht von einem energischen, ge schäftsgewandten Vorstand geleitet werden in Obstmarkt, Obstverkaufsgenossenschaft und Obst bauverein. Redner unterzieht diese Möglichkeiten einer eingehenden Besprechung. Die Obstverwertungs-Genossenschaften sind nnter den augenblicklichen Verhältnissen, wo wir mit recht viel Sorten ans dem Lande zu rechnen haben, ein sehr geeignetes Mittel, um größere Posten einer Sorte, qualitätsweise sortiert, zu sammenzubringen und am Markt anzubieten. Hier dürfte die größte Garantie der sachgemäßen, sorgfältigen Sortierung geboten sein. Trotz dieser Vorzüge scheiterten bei uns, wie auch anderswo, die Obstverwertungs-Genossenschaften an der ge ringen Beteiligung und Unterstützung derer, für die die Genossenschaften ins Leben gerufen waren, der Landleute eiuesteil, andernteils an der zu lauen Handhabung der Lieferungsordnung von feiten der Vorstände, die zu Anfang glaubten, auf das Ansehen der Obstbauer Rücksicht nehmen zu müssen; eine so verkehrte Rücksichtnahme, die den Genossenschaften teilweise schwer geschadet hat, führte dieselbe den Krebsgang. — Der größte Krebsschaden der Genossenschaften dürfte aber in den viel zu hohen Geschäfts- und Ver waltungsunkosten zu suchen sein. Wenn nicht ein sehr großer Umsatz gemacht wird, zehren diese Unkosten stark an dem Verdienst der Obst bauer. Fehler in der Organisation, wie ein zu starkes Verarbeiten von Obst zu Produkten, ein Auf führen großer kostspieliger Gebäude, die An stellung eines Geschäftsführers, sind als solche erkannt und oft und dringend davor gewarnt, sie belasten von vornherein die Genossenschaft viel zu stark. — Ich habe stets empfohlen, sich ausschließlich mit dem Verkauf von Rohobst in den Genossenschaften zu beschäftigen und aus kleinen Anfängen eine solche Genossenschaft all mählich aufzubauen. Unter diesen Voraus setzungen halte ich auch heute noch eine Genossen- fchaft m. b. H. als das erstrebenswerteste Ziel. Aber wir müssen die Genossenschaft anders aufbauen. Wir müssen in den Obstbauvereinen die Arbeit beginnen, um allmählich zu dem festeren Gefüge der Genosfenschaft zu kommen, wie es jetzt in verschiedenen Gegenden Vereine in die Wege geleitet haben. — Vor allen Dingen müssen geeignete Lagerräume vorhanden sein, um das Obst zu sammeln, zu sortieren, um es aber nötigen falls auch für längere Zeit aufbewahren und die besseren Konjunkturen abwarten zu können. Hier für entwickelt der Redner einen ausführlichen Plan. Die Vermehrung von Zentralstellen für Obst angebot und Nachfrage und eine Organisation derselben untereinander scheint dem Berichterstatter wesentlich dazu angethan, den Absatz des Obstes sicherer und lohnender zu gestalten. Die Zentral stellen als solche müssen aber eine feste Organisation fein, die regelmäßig in den Sommer- und Herbst monaten bis etwa um Weihnachten in Thätig- keit zu treten hat. Es darf unmöglich in das Belieben eines Vereins gestellt werden, ob die Zentralstelle in diesem oder jenem Jahre thätig fein soll oder nicht. Die Zentralstellen sind gerade dazu da, einen Ausgleich zwischen An gebot und Nachfrage zu vermitteln. Es ist daher nötig, daß für das Bestehen der Zentralen eine festere Grundlage geschaffen werde, daß dieselben einer Körperschaft einverleibt werden, welche Gewähr für das jährliche Jnslebentreten der Zentralstellen bietet. Da wären in erster Reihe die Landwirtschaftskammern und, wo solche nicht vorhanden sind, Landesobstbauvereine oder land wirtschaftliche Zentralvereine in Rücksicht zu ziehen. Von der größten Wichtigkeit ist es aber, daß diese Zentralstellen untereinander sich nicht als Konkurrenzanstalten betrachten, sondern daß sie alle gegenseitig in Verbindung treten und wöchentlich gegenseitig ihre Listen austauschen. So wird der Zweck der Zentralstellen allein erreicht: viel Absatzgelegenheiten für die deutschen Obstbauer zu beschaffen und das Obst von obst reichen Gegenden nach obstarmen in den einzelnen Jahren hinzuleiten.