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Blatt Amts und des Stadkathes Uulsnrh Als Beiblätter: 1. Jllustrirtes Sonntagsblatt (wöchentlich); 2. Kandwirthschaftliche Beilage (monatlich). Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Inserate sind bis Dienstag und Freitag Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- puszeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Geschäftsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow,Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureausvon Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank. Rudolph Mosse und G. L. Daube L Comp. ^chen^ >^für Pulsnitz^ " Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Rmgegend Abonnements-Preis- des Königs. Amtsgerichts Tierteljährl. 1 M. 25 Pf. uf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. D,u- -»d a-d°° KcheimndvievsigKei- Jahrgang. 3. April 189». Mittwoch. Rede des Fürsten Bismarck zu den Mit gliedern des preutz. Abgeordnetenhauses Schluß. Wir können in Deutschland in der That nicht w'e zwei geschiedene Reiche, wie Schweden und Norwegen, die unter einer Dynastie zusammenleben, existiren. Wir Preußen, wir Bayern, wir Sachsen, wir sind Deutsch land, wir bilden es und wir müssen uns in unsern Landtagen dafür interessiren, welche Politik in unserm Gesammtreich getrieben wird. Wir dülfeu das ja nicht ignoriren. Wir müssen unsern auswärtigen Minister lontrollieren über die Haltung, die er im Bundesrathe beobachtet, über die Reichspolitik, die ec treibt, und der ganze nationale Gedanke wird sich ganz anders beleben, wenn es gelingt, den Lokalpatnotismus für die Betheiligung an der nationalen Entwickelung so zu interessiren, daß wir auch im preußischen Landtage Über deutsche Politik debattiren, „wie soll der auswärtige Minister im Bundesrathe instruirt werden, sind wir damit einverstanden?" Das alles schiebt sich ja bei der Budgetfrage und Gehaltsdiskussion mit Leichtigkeit darunter. (Heiterkeit.) Ich freue mich, wenn die Reichspolitik in den Landtag-» — und das sage ich nicht blos für Preußen, ich sage dasselbe für Sachsen, Bayern u. s. w. — kritisiert wird. Das ist ein Beweis, daß man sich für sie interessirt, daß man mit ihr lebt, daß man von ihr etwas erwartet oder befürchtet, daß man bereit ist, mit ihr zu gehen. Dieses Interesse ist bisher nicht in solchem Maße erlebt worden, wie ich es gewünscht hatte, unter dem Drucke einer eigen- ihümlichen Fiktion von zwei verschiedenen Regierungen, die nebeneinanderlaufen. Die deutsche und die preußische Regierung, die deutsche und die bayrische Regierung, die deutsche und die sächsische Regierung sind gar nicht von einander zu trennen und getrennt zu betrachten. Der sächsische Vertreter muß doch immer unter dem Gesichts punkt der sächsischen Interessen dem Reichstage und dem Bundesrathe gegenüber instruiert sein, und so geht es mit dem piMßijchtn, mit dem bayrischen. Und umgeiehct, kein bayrncher oder sächsischer oder preußischer Minister kann sich seinem Landtage gegenüber lossagen von seiner Beziehung zum Deutschen Reich. (Zustimmung). Diese untrennbare Verbindung beider Interessen, das Einheitliche, Was im ursprünglichen Verfassungsenlwurf beabsichtigt war, ist ganz geschwunden durch die theoretisch-biuean- kratlsche Fiktion, als ob zwei Regierungen nebeneinander liefen. Eine Reichsregierung ohne Beziehungen zu den Partikular - Regierungen steht völlig in der Luft, hat gar keine Möglichkeit, sich zu bethätigen, wenigstens verfassungs mäßig nicht. Faktisch kann es ja eine Zeil lang geschehen, aber in der Verfassung ist ein Grund und Boden dafür nicht vorhanden, und deshalb (Pause), meine Herren, ich hätte Ihnen noch viel zu sagen (Heiterkeit), wenn ich gesund genug wäre. Ich bin ein matter alter Mann (lebhafter Widerspruch) und bin Ihnen dankbar, wenn Sie mir so lange Aufmerksamkeit geschenkt Haden, und dankbarer noch für die hohe Ehre, die Sie mir erzeigen. Ich bedauere, daß ich nicht im Stande bin, mit Ihnen Parlamentarisch zu arbeiten. (Zurufe: Wir noch mehr!) Aber ich bin nicht gesund genug dazu, um die Anfechtungen einer Berliner Existenz (lebhafte Heiterkeit) dauernd ertragen zu können (Heilet keit), nach vielen Setten hin. Ich bin alt und bequem geworden und wünsche mein Leben m diesen Räumen zu beschließen, die ich jetzt bewohne. Aber meine Gedanken sind mit Ihnen, vielleicht leb hafter, als für einen Mann in meinem Alter schicklich ist. (Widerspruch). Aber ich kann auf altgewohnte Ge danken eben nicht plötzlich verzichten, weil ich all geworden und krank bin. Sie verlassen mich nicht und ich kann den Empfindungen, die mich beseelen, nicht besser Ausdruck geben, als indem ich Sie bitte, am Relchsgedanken festzu. halten, auch tu, preußischen Landtage, und dort nicht zu vergessen, daß Sie Reichsbürger sind, daß Ihr König auch Kaiser ist und Ehrenpflichten dem Reiche und den Bundesgenossen gegenüber hat und das Sie ihm helfen, nicht bloß kurbrandenburgische oder auch selbst königlich preußische, sondern kaiserlich deutsche Politik zu treiben. (Lebhafter Beifall.) Und in diesem Sinne bitte ich Sie, mit mir ein Hoch auf Se. Majestät den Kaiser auszu- bringen. Se. Majestät der Kaiser und König lebe hoch! hoch! und abermals hoch! Stürmischer Beifall folgte den letzten Worten des Fürsten. Nachdem sich der Jubel gelegt, wurde ein drei faches Hoch auf den Fürsten ausgebracht, der alsdann noch einmal das Wort ergriff: Ja, meine Herren, ich danke Ihnen für die Ehre, die Sie mir erwiesen haben, nochmals, zum dritten Male. Ich würde mich freuen, wenn ich Sie alle bei mir be- wirthen könnte. (Heiterkeit.) Aber ich habe den Bau hier so in Gebrauch nehmen müssen, wie ich ihn über nommen habe, und nie geglaubt, daß ich hier bis an mein Lebenscnde wohnen würde, und da habe ich mich immer zu alt gefühlt, um hier noch Bauten vorzunehmen. Ich kann mich auch nicht damit trösten, Raum ist in der kleinsten Hütte, für ein glücklich liebend Paar (große Heiterkeit), denn für 400 einander liebende Landsleute reicht der Raum doch nicht. (Erneute stürmische Heiterkeit.) Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Aus Anlaß des 80. Geburtstages Sr- Durchlaucht des Fürsten Bismarck waren in unserer Stadt am gestrigen Tage oie Gebäude dec kaiserlichen königlichen und städtischen Behörden, sowie die sehr vieler Bewohner be flaggt worden. Abends fand eine Illumination von meh reren öffentlichen und Privalgebäuden statt, dle viel Pub likum anlockte und einen lebhaften Verkehr auf den Straßen der inneren Stadt hervorrief. Der von Abends 8 Uhr an im Saale des Hotel zum grauen Wolf zur Feier des 80. Geburtstages Sr. Durchlaucht des Fürsten Bismarck stattfindende Fest - Commers nahm emen großartigen Verlauf; durch die verschiedenen geistvollen Ansprachen der Festredner ward unter der sehr zahlreichen Versamm lung eine lebhafte patriot'jche Begeisterung entzündet, in solchem Maße, wie sie hier bei ähnlichen festlichen Gelegen- Helten wohl noch nicht erlebt worden ist. Kurz nach 8 Uhr ward die Feier durch Vortrag einiger Conzertstück^ gespielt von einein Theil der Raoeberger Stadtkapelle, einge- lettet. Darauf begrüßte unser Herr Bürgermeister die Festver sammlung, dankte für das zahlreiche Erscheinen und übergab das Präsidium des Commerses Herrn Ur. Kreyßig. Derselbe eröffnete nunmehr den Commers mit der Aufforderung zum Gesänge des ersten allgemeinen Liedes: Herrlich auf- erstanben bist du deutsches Reich. Hierauf hielt der Commers-Präsident Herr vr. Kreyßig die Rede auf Kaiser und König, der sich nach dem Hochruf das zweite allgemeine Lied: Den König segne Golt, anichloß. Hierauf: Vortrag der Blsmarckyymne (Dirig. Herr Lehrer Bartusch) ausgeführt von sämmlUchen Sängern der Gesangvereine: Männergesangverem, Sängerbund und Militärgesangverein unter Musikbegleitung. Alsdann hielt Herr Amtsrichter Weise die Rede auf Fürst Bismarck, den Altreichskanzler; nach deren Beendigung und ausgebrachten Hoch das dritte allgemeine Lied: Deutschland, Deutschland über Alles folgte. Nach kurzer Pause trat der mächtige Sängerchor wieder auf und trug das Lied: Gott grüße Dich (Dirig. Herr Lehrer Großmann) wirkungsvoll vor. Nunmehr nahm Herr Bürgermeister Schubert bas Wort zu seiner Rede auf Fürst Bismarck, den Ehrenbürger unserer Stadt. Dreifaches donnerndes Hoch brauste wie ein Sturm nach Beendigung dieser zündenden Rede durch den Saal und lebhafte Anerkennung seitens der Anwesenden wurde dem Redner für seine trefflichen von patriotischer Begeisterung ge tragenen Ausführungen zu Theil. Der Commerspräsident machte hierauf bekannt, daß em Begrüßungs- u. Glückwunsch telegramm an Se. Durchlaucht Fürst Bismarck abgesandt werde. Alsdann folgte das 4. allgemeine Lied : Bismarcklied, (Nun steige der Begeisterung Flamme helllodernd auf in unserm Sang). Dem schloß sich an: Brüder weihet Herz und Hand, Vortrag der drei Gesangvereine (dirigirt von Herrn Cantor Stephan). Reicher Beifall lohnte die Sänger für den wunderschönen Vortrag dieses Liedes. Hierauf hielt Herr Or. Sauer die Rede auf das Vaterland so vorzüglich, daß die Wogen der Begeisterung immer höher schlugen und ihren Ausdruck in brausendem Jubel fanden. Das 5. allgemeine Lied: Treue Liebe bis zum Grabe, fügte sich an. Nach einer kleinen Pause erhielt als 5. Redner Herr Oberpsarrer Professor König das Wort, der in geistreicher, formvollendeter Rede Deutschlands Jugend feierte und sein Hoch derselben weihte, in welches die Versammlung begeistert einfiel. Nach mehreren Musik- pützen feierte als 6. offizieller Redner der Herr Militär- vereinsvorstand Hensel die deutsche Armee, echt militärisch in kurzen Worten, aber markig und treffend. Herr Fa brikant Emil Hauffe brachte alsdann ein Hoch auf die deutschen Frauen. Auf Anregung des Herrn Fabrikant Otto Rammer fand eine Geldsammlung zu einer Bismarck- Stiftung statt, aus deren Erträgnissen an jedem 1. April eine Anzahl armer alter Arbeiter gespeist werden sollen. Die Geldsammlung ergab 110 Mk. 66 Pfg. Dieselbe wurde vom Herrn Bürgermeister unter Dankesworten in städtische Verwaltung übernommen. Das 6. allgemeine Lied: Stimmt an mit Hellem, hohen Klang, schloß den offiziellen Theil des Commerses. Es folgte nunmehr der fidele Theil desselben unter der Präsidentschaft des Herrn Referendar Eißner. Hervorzuheben sind noch die Massen chorvorträge : Das treue deutsche Herz (Dir. Herr Bartusch), lebhaft applaudirt von den Anwesenden, und das Lied der Deutschen in Lyon (Dir. derselbe), welches gleichsfalls lebhafte Anerkennung fand. Es sprachen ferner Herr Stadtrath Borkhardt (die Veranstalter des Commerses feiernd), Herr Buchhalter May (Hoch,! der patriotischgesinn ten Stadl Pulsnitz), Herr Thierarzt Bauersachs (Hoch! den städtischen Behörden) u. A. m. Allgemeine Lieder und Vorträge der Kapelle wechselten ab, die Anwesenden bis zur spüren Stunde zusammenhaltend. — Zu bemerken ist noch, daß der Saal sehr schmuck durch Fahnen und Em bleme dekorier war, auf dem Podium war die aus städti schen Mitteln neuerworbene Büste Bismarcks, umgeben von Blattpflanzen, aufgestellt. Pulsnitz. Zu dem gestern am Montag stattge fundenen Viehmarkte waren aus den betreffenden Plätzen 350 Ochsen, IW Kühe, 200 Schweine und 40 Pferde zum Verkaufe ausgestellt worden. Im Vorverkauf wurden nur 17 Stück Rindvieh umgesetzt. Der geringe Umsatz , erklärt sich daraus, daß am gleichen Tage in Bischofs werda auch Viehmarkt war, und die meisten Großhändler sich mit ihrer Waare nach dort begeben hatten. Kamenz. Nach der vom Statist. Bureau des Königl. Ministeriums des Innern zusammengestellten „Uebersicht der bei den Sparkassen im Königreiche Sachsen erfolgten Ein- und Rückzahlungen" geschahen im Monat Februar 1895 bei der Sparkasse zu Kamenz 901 Einzah lungen im Betrage von 104806 Mark, 676 Rückzahlungen im Betrage von 66342 Mark, bei der Sparkasse zu Elstra 77 Einzahlungen im Betrage von 13438 Mark, 51 Rück zahlungen im Betrage von 9299 Mark, bei der Sparkasse zu Königsbruck 427 Einzahlungen im Betrage von 27078 Mark, 294 Rückzahlungen im Betrage von 20637 Mark, bei der Sparkasse zu Pulsnitz 405 Einzahlungen im Be trage von 27893 Mark, 205 Rückzahlungen im Betrage von 22484 Mark, bei der Sparkasse zu Großröhrsdorf 362 Einzahlungen im Betrage von 20526 Mark, 95 Rückzahlungen im Betrage von 11519 Mark, bei der Sparkasse zu Bretnig 122 Einzahlungen im Betrage von 11935 Mark, 43 Rückzahlungen im Betrage von 5650 Mark, bei der Sparkasse zu Ohorn 45 Einzahlungen im Betrage von 3220 Mark, 4 Rückzahlungen im Betrage von 215 Mark, bei der Sparkasse zu Königswartha 46 Einzahlung u im Betrage von 4871 Mark, 43 Rückzah lungen im Betrage von 2894 Mark. — In einer im „Dresdn. Journal" erlassenen Er- kiärung schließt sich Herr von Schorlemer zu Großen hain vollständig dem Protest des Grasen Matuschka gegen den die Ehrung Bismarcks betreffenden abfälligen Reichstagsbeschluß an und protestirt gegen die Unterstellung, „als ob ein Katholik nicht dankbaren Herzens dem Mit begründer des Deutschen Reiches seinen Tribut zollen könne". — Krnshauptmann Freiherr Hermann von Salza und Lichtenau zu Bautzen wurde zum Präsidenten der Oberrechnungskammer, der mit der Leitung der ersten Abtheilung des Ministeriums des Innern bcauftragte Geheimer Rath von Bosse unter Belassung des bisher geführten Titels zum Krelshauptmann zu Bautzen, Amts hauptmann von Schlieben zu Zittau zum vortragenden Rath im Ministerium des Innern mit dem Titel und Rang als Geheimer Regierungsrath ernannt. — Wie das „Dr. I." hört, behält der Geh. Rath von Bosse auch nach Uebernahme der Kreishauptmannschaft Bautzen den Vorsitz und die Geschäftsleitung der Kommis sion zur Erhaltung der Kunstdenkmäler bis auf Weiteres bei. — Am Sonnabend Vormittag 11 Uhr stattete Se. Majestät der König der erneuerten Kreuzkirche einen Besuch ab. Kultusminister von Seydewitz, der Präsident des