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Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Als Beiblätter: 1. Jllustrirtes Sonntagsblatt (Wöchentlich); 2. landwirthschaftliche Beilage (monatlich). Abonnements - Breis: Vierteljahr,. 1 M. 2S Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zu sendung. Blatt Amts und des StadLraLhes des Königs. Amtsgerichts KescHästsstelren: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Invalid end ank. Rudolph Mosse und G. L. Daube L Comp. Inserate sind bis Dienstag und Freitag Vorm. S Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- puszeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Z» 'Uubsnih sch en ö/» « Fsiir Pulsnitz, M Königsbrück, Nadeberg, «adeburg, Moritzburg und Umgegend. Dmck UN« E-°-n MetzMUltdviMzigLrr Iahrgaug^E^ Mittwoch. Ax. 17 27. Februar 18SL. Vom Reichstag. Bei der ersten Berathung des Entwurfs eines Tabak- steuergesetzes führte Schatzsekretär Graf Posadowsky Fol gendes für die Vorlage an: Der Entwurf, wie er jetzt vorliegt, unterscheidet sich in einigen Puncten von dem ^us dem Jahre 1893. Man hat zunächst die Cigarren- empörte nicht der Fabrikatsteuer, sondern einem höheren Zoll unterworfen. Ferner sind die Controlvorschriften ge- ändert und endlich ist die Forderung der Regierung in Bezug auf die Mehrerträge um 13 Millionen ermäßigt worden. Daß ein Bedürfniß für die Erhöhung der Reichseinnahmen besteht, ergiebt sich schon daraus, daß der Ueberschuß, der aus 1895/96 in len Etat 1896/97 einge stellt werden wird, nur Z'/j Millionen, d. h. 11 Millionen weniger, betragen wird, als der Ueberschuß, der in den Etat von 1895/96 eingestellt worden ist Außerdem ist die Ersparnis? an den Heeres-Verpflegungskosten in Folge der niederen Gelreidepreise von 9>/i Millionen weder zu erwarten, noch auch wünschenswerth. Das ergiebt also bereits ein Minderergebniß von 20^ Millionen. Ferner ist zu erwägen, daß von der Militärvorlage noch 8'/? Millionen rückständig sind und die Reichsausgaben alljähr lich erfghrunasmüßig um 4 Prozent sich erhöhen. Das würde für 1896/97 etwa 32 Millionen ausmachen. Wenn sie das Alles zusammennehmen, so glaube ich, kann gar kein Zweifel sein, daß die Reichsverwaltung, wenn sie den Etat^balanciren soll, neue Mittel nöthig hat. Man hat bei der Vorlegung des Etats der Regierung vorgeworfen, sie habe ein künstliches Deficit gemacht und wolle neue Steuern auf Vorrath zur Bestreitung künftiger Ausgaben. Ich muß das bestreiten. Es ist anerkannt, auch von oppositioneller Seite, daß der Etat mit geradezu bürger licher Sparsamkeit ausgestellt worden ist. Aus der Tabak steuer wollen wir einen Ertrag von 32 Millionen ei zielen. Wird die Vorlage Gesetz, sind so umfangreiche Vorarbeiten erforderlich, daß vor dem 1. Juli daß Gesetz nicht wirk sam werden kann. Es wird aber auch in Zukunft großer Sparsamkeit bedürfen, um auch bei Bewilligung jener 32 Millionen die Balance zu halten. Der Reichstag hat auch die moralische Verpflichtung, für Mehreinnahmen zu sorgen; nachdem er die Militärvorlage und den Handels verträgen zugestimmt hat, muß er auch die Deckung der Kosten resp. Ausfälle bewilligen. Eine Reichseinkommen steuer und eine Reichserbschaftssteuer sind unter den gegen wärtigen Verhältnissen in diesem Hause aussichtslos, das geht aus den Worten der Redner des Csntrums deutlich hervor. Es fragt sich also, was bleibt übrig zur Beschaf fung der fehlenden Mittel. Luxussteuern, die man vorqe- schlagen hat, ergeben in der Praxis keine finanziellen Erträge und stoßen theoretisch auf Zustimmung, in der Praxis aber auf allgemeine Abneigung Es bleiben also nur Bier und Tabaks Tabak dürfte ein reiner Luxusartikel stin; es ist ein Genuß, den sich Jeder versagen kann ohne Schaden seines körperlichen Wohlbefindens, sogar zum Rutzen seiner Gesundheit. Haben wir also kein anderes SteuerobM als den Tabak, so fragt es sich, welches System sollen wir wählen. Versöhnlichere Elemente der Industrie, die zugeben, daß der Tabak mehr bringen kann, verweisen uns auf eine parallele Erhöhung des Zolles und der inländischen steuer. Der Gedanke ist schön, aber nicht durchführbar denn er winde die Belastung ohne Rücksicht auf die Quaurät noch ve stärken und den inlän dischen Tabakbau zum Erliegen bringen. Der Vorschlag, nur den Zoll in Form von Staffelzöllen zu erhöhen, ist ebenfalls technisch nicht auszuführen. Schließlich ist vor geschlagen, den inländischen Tabakbau entweder zu contin- gentiren oder nach englischem Muster ganz zu verbieten und dann den Zoll auf 100—125 Mk. "festzusetzen. Auch dies verbietet sich aus den verschiedensten Gründen, das Verbot besonders deshalb, weil man da den bewährten Kleinbetrieb unterdrücken würde. Außerdem aber wächst die Gefahr des Schmuggels mit der Höhe des Zolles. So bleiben nur Monopol oder Fabrikatsteuer. Das Monopol würde indessen eine Mehrheit in diesem Hause nicht finden, und so bleibt einzig und allein die Fabrikat steuer. Will man höhere Erträge aus der Tabaksteuer haben, io wird man zu dieser greifen müssen; es führt kein anderer Weg nach Küßnacht. Von der Fabrikaisteuer werden die Pflanzer manche Vortheile haben. Vor allem den Fortfall der Feldcontrole, dessen Vorbedingung die Fabrikatsteuer ist. Ferner ist es ein sehr wesentlicher Vorzug, daß die Erhebung der Steuer so weit von dem Pflanzer abgerückt wird. Denn jetzt fft er in oft sehr bedenklicher Abhängigkeit vom Hänoler. Die Besorgniß der Cigarrenhändler, daß der Consum des Rauchtabaks znnehmen würde auf Kosten der Cigarren, ist nach allen Erfahrungen unzutreffend. Was den künftigen Consum anbetr ifft, so tanu man ja alle möglichen Vecmuthungen anstelle». Ich g be auf alle solche Berechnungen nicht sehr viel, weil das Material gewöhnlich unzulänglich ist. Eins kann man aber sagen, daß die Zollerhöhung von 1879 auf den Consum nicht erheblich eingewirkt hat. Der deutsche Tabakverein behauptet, das deutsche Volk könne für den Tabakgenuß auch keinen Pfennig mehr ausgeben, als bisher. Das ist schon aus dem Grunde hinfällig, weil man außer in Monopolländern absolut nicht unterrichtet ist darüber, was für den Tabak ausge geben wird. Die Erfahrungen beim Branntwein belehren uns, daß der Consum Pro Kopf trotz eingetretener höherer Belastungen nur ganz unwesentlich, um 19>/z Prozent, zurückgegangen ist, obwohl der Branntwein zu den unent- behrlichsten Genußmuteln für gewisse Berusskreije gehört. Daß der Consum so stark zurückgehen und zahlreiche Ar- beiterentlaff^ngen eintreten würden, das halte ich für ganz frivole und unverantwortliche Behauptungen. Das ist eine frivole Aufhetzung der Arbeiter gegen die Vorlagen der Regierung. Die von der Regierung vorgeschlagenen Con- troimaßregeln sind so schonend wie möglich. Für die Kleinbetriebe sind besondere Erleichterungen vorgesehen. Die Behauptung, die Kleinbetriebe würden durch die Vor lage ruiiiirt, ist mir ganz unverständlich. Jeder chicanöse Charakter der Controle soll vermieden werden. Wer leugnet, daß das Reich überhaupt keine neuen Mittel braucht, oder den Emzelstaaten überlassen will, wie sie den steigen den Anforderungen des Reichs genügen wollen, für den ist diese Vorlage allerdings gletchgiltig. Wer aber die Verpflichtung in sich fühlt, für neue Mittel zu sorgen, Wer sich bewußt ist, welche kolossale Bedeutung die Finänz- reform für die innere Entwickelung Deutschlands und der Einzelstaaten hat, der wird eingehend Prüfen müssen, ob man diesem Gesetze, welches jetzt in abgeschwächter Form vorliegt, zusammen kann. Die Regierungen sind sehr ge neigt, über alle Einzelheiten mit sich reden zu lassen und allen Wünschen zu genügen. Ein gewandter und beredter Vertreter der Tabakindustrie kann vielleicht diese Vorlage zu Falle bringen, aber die Mehrheit wird nicht im Stande sein, den Schaden auszugleichen, den sie dem Vaterlunde zufügt wenn sie fortgesetzt die Mittel versagt, um zu einer geordneten Reform der Finanzen des Reichs zu kommen. (Beifall.) Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Beiträge für diesen Theil werden gegen Vergütung dankend angenommen. Pulsnitz. Am Sonnabend sprach in der hiesigen Versammlung der conservativen Orts - Gruppe Pulsnitz unter Vorsitz des Herrn Amtsrichter Weise Herr Freiherr von Schorlemer-Großenhain über das Thema: „Die Conservativen seit der letzten Reichstagswahl". Er öffnet wurde die Versammlung mit dreifachem Hoch auf Se. Majestät König Albert. Der rein sachlich ohne jeden Angriff auf die Reformpartei und ihre Führer gehaltene Vortrag fand allgemeinsten Beifall der zahl reichen Zuhörer. Zur Debatte ergriff Herr R. A. Gräfe, welcher anscheinend telegraphisch von je nen Parteigenossen von Berlin herbeigerufen worden war, das Wort und dankte dem Redner für seine versöhnliche Haltung, indem er ausführte, „daß mit einem Manne wie Herr von Schorlemer, wohl gemeinschaftlich zu arbeiten wäre; wenn derselbe mitwirken könnte im Parlament, dann Würde es besser werden, er machte einen Unterschied zwischen der Parteileitung und Herrn von Schorlemer, der sich durch seinen großen Fleiß und sein unermüdliches Wirken die schätzbarsten Verdienste erworben habe." Alsdann erging sich allerdings der Herr Reichstagsabgeordnete in dreivier telstündiger Rede in vielseitigen Vorwürfen gegen die con- servative Partei, wobei er gar vieles aus den Reminiscenzen des letzten Wahlkampfes erneut zum Besten gab. Im Schlußwort betonte Herr von Schorlemer, daß er absichtlich jeden Vorwurf gegen eine andere Partei vermieden und den Namen der deutsch - sozialen Reformpartei nur dann erwähnt habe, wenn er beabsichtigte, deren Verdienste und gemeinsames Vorgehen mit den Conservativen hervorzuhe ben; er bedaure, bei dem Herrn Reichstagsabgeordneten nicht das volle Verständniß dafür gefunden zu haben. Nachdem Herr von Schorlemer die gegen die Conservativen erhobenen Vorwürfe ausführlich widerlegt hatte, ermahnte er nochmals, die Parteizwistigkeiten auf sich beruhen zu lassen und lieber den Boden für gemeinschaftlichen Kampf gegen die gemeinsamen Feinde zu suchen. Die Versammlung begrüßte diese Worte, nachdem sich schon häufig die Zustim mung durch stürmischen Beifall geäußert hatte mit lebhaften Händeklatschen und Bravos. Pulsnitz. Seit Sonnabend Abend wurde der Schneider Zschiedrich von Lichtenberg vermißt, und ist der selbe nach zweitägigem Suchen Dienstag Vormittag 10 Uhr ganz nahe an Mittelbach todt aufgefunden worden. Wahr scheinlich ist er vom Wege abgekommen und im Schnee erfroren. Dresden, 22. Februar. Von dem Dache eines Hauses in der Christianstraße ertönten heute früh gegen 1/24 Uhr gellende Hilferufe. Sie wurden von einem Manne ausgestoßen, welcher nur mit Hose und Hemd be kleidet dort oben im Schnee kauerte. Ein Nachtwächter kam ihm schließlich zu Hilfe, indem er ihn durch ein Fenster in einen Dachraum hineinzog. Es ergab sich, daß man es mit einem Irrsinnigen zu thun hatte. Der Mann, ein dort in einem Dachlogis wohnender Pianefortespieler, bildete sich ein, daß ihn Jemand erschlagen wolle. Er war deshalb in seiner Angst auf das Dach gestiegen und von dort über einige Dächer weg weiter geklettert. Er wurde in das Siechenhaus transportirt. Dresden. Ein größeres Schadenfeuer brach am Sonntag früh nach 6 Uhr im Palais Sr. König!. Hoheit des Prinzen Friedrich August am Taschenberge aus, wel ches die ganze Stadt in Aufregung setzte und eine große Menschenmenge im Laufe des Sonntags nach der Brand stätte rief, wo im ersten, zweiten und dritten Stock des nach dem Zwinger zu gelegenen, von dem prinzlichen Paar allein bewohnten Westflügel die verkohlten Fensterreste, verbrannte Wandverkleidung, sowie rußgeschwärzte Außen seite des Schlosses die furchtbare Thätigkeit des verheerenden Elements verriethen. Der Brandheerd ist im Empfangs zimmer gewesen, von wo aus sich das Feuer wie im Fluge über ungefähr 30 Zimmer verbreitete. Früh 6 Uhr 21 Minuten rückte die Feuerwehr zum Großfeuer aus, welches durch einen nach dem Theater zur Wache gehenden Feuer wehrmann zuerst bemerkt und gemeldet wurde. Bereits nach drei Minuten, 6 Uhr 24 Minuten, war die Feuer wehr an der Brandstätte, und nunmehr erfolgte die Feuer meldung seitens des Kreuzthürmers an den Feuerwehrhof. Der Brand wurde von den Mannschaften mit großem Muth und mit bewundernswerther Entschlossenheit auf sein Verbreitungsgebiet beschränkt, sodaß sie nur das zu löschen hatten, was bei ihrer Ankunft bereits in Flammen stand. Denn bereits nach einer Thätigkeit von 5 Minuten meldete der Thürmer, daß vom Brande nichts mehr zu sehen sei. Die Haupt- und die Schloßwachen hatten das gefährdete Gebiet abgespcrrt. Menschenleben sind nicht zu beklagen, da beim Ausbruch des Brandes sofort das ganze Palais alarmirt wurde. Prinz und Prinzessin Friedrich August brachten, nothdürftig bekleidet, vor allem die Kinderchen in die nach der kleinen Brüdergasie gelegenen Gemächer in Sicherheit. Im Laufe des Sonntag Vormittag erschien Se. Majestät der König im Palais, um sich über den Hergang des Unglücks zu erkundigen. Die Ursache desselben ist bis jetzt unbekannt. Man vermuthet einen Defekt der Feuerungsanlage. Mehr und mehr neigt man sich zu der Annahme, daß das Feuer durch Funken aus einem Kamin entstanden ist. Herr Haushofmeister Stelzner und die prinzlichen Beamten haben bis zum Eintreffen der Feuer- wchr unter Oberleitung des Herrn Hofmarschall Freiherrn von Reitzenstein das Menschenmöglichste gethan, die wich tigsten Schätze zu bergen, doch da das entfesselte Element außerordentlich schnell um sich griff und der Qualm ein so gewaltiger war, gelang es nur einen kleinen Theil in Sicherheit zu bringen. Der 4-fenstrige Empfangssalon Sr. König!. Hoheit des Prinzen Friedrich August brannte völlig aus. Kämmtliche Möbel aus Eiche im Stil mo derner Renaissance, Sopha, Chaiselongue, Fauteuil und Stühle, die mit mehrfarbigem Plüsch bezogen und mit