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Amts Blatt des Königs. Amtsgerichts und des Stadtrathes T*urSnrh Inserate sind bis Dienstag und Freitag Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- Puszeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Kefchäftsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank. Rudolph Mosse und G. L Daube L Comp. Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Als Beiblätter: 1. JllustrirteS Sonntagsblatt (wöchentlich); 2. Landwirthschaftliche Beilage (monatlich). Abonnements - Preis: Vierteljährl. 1 M. 28 Pf. Aus Wunsch unentgeltliche Zu sendung. >^fiir Pulsnitz, Löuigsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg uud Umgegend D.-a -ndE-b-n MchsimdvirrziMx Sahugang. «"-"---«ich-- Sunnabe«». Ux. ZO. 23. Juni 1894. Ium Johannistage am 24. Juni. Noch hüllt in blauen Duft die Sommern icht die Welt, Noch ruht in sicher'm Nest, was lebt in Wald und Feld, Kaum daß am Firmament die Sterne leis' erblassen, Da regt sich's emsig schon in kaum erhellten Gassen. Was ruft wohl heut' so früh euch Alle aus dem Haus? Was eilt mit Blumen ihr zum Thore schon hinaus? Wollt ihr entgegenzieh'n ersehnter Kunde Boten? — Ach nein, — zum Friedhof eilt die Liebe, zu den Todten! So geht zu ihnen denn, die euch auch einst geliebt, Eh' ihre Frag' erklingt, wo ihr so lange bliebt? Vergesset Keinen, glaubt's, sie lauschen Alle, Alle, Ob eine Blume wohl auf ihren Hügel falle. Wenn sie mit hartem Wort euch auch einmal betrübt, In Jedem schlug ein Herz, das auch einmal geliebt; Vergeßt es heute d'rum, worin sie einst gefehlet. Doch was sie Liebes euch erzeigten, das erzählet. Und komm' es, wie es kommt und wie es Gott gefällt Er ruft zur rechten Zeit uns ab aus dieser Welt; Nur geb' Er, bitten wir, uns einst ein selig Ende; Und führe uns dahin, wo keine Sonnenwende. Bringt reichsten Blumenschmuck mit ernstem Angesicht, Gern giebt der Sommer sie, d'rum spart die Blumen nicht; Sie bieten freundlich sich von selber euren Händen, Nicht eine mag am Stamm einsam verwelkend enden. Bedenkt, daß sicher einst auch euch die Stunde schlägt, Wo man das stille Haupt an diese Stätte legt, Und daß auch ihr dereinst nach dieses Lebens Plagen, Ob wohl die Lieben nah'n, zum Grabe, werdet fragen. Ium Abonnement auf das mit dem 1. Juli u e. beginnende III. Quartal des Pulsnitzer Amts- u. Wochenblattes erlaubt sich die unterzeichnete Expedition ergeienst einzu- lade» und bittet diejenigen geehrten Abonnenten, welche das Blatt durch die Post beziehen, Bestellungen rechtzeitig zu bewirken, damit die Zustellung keine Unterbrechung er leidet. Auch monatliche Abonnements werden nunmehr von jeder Postanstalt entgegengenommen. Hochachtungsvoll Expedition des Amts- und Wochenblattes, ß. L. Aörster's Arven. Sozialdemokratische Streiche. Der Bierkrieg zieht sich in die Länge, da vorläufig weder die Brauereien noch die Sozialdemokraten ans Nach- geden denken. Auf sozialdemokratischer Seite wird der Boycolt mst einem Eifer durchgeführt, der für die straffe Zucht dieser Partei erneut Zeugniß ablegt. In einem Aufruf der Boycott-Commission heißt es: „Den größten Flaschenbierhandel haben die Bierverleger, die Kaufleute, die Grünkramhändler, Milchhändler u. s. w. Hier kann die Frau helfend eingreifen. Bei keinem derartigen Kauf mann, Grünkramhändler u. s. w. hat dre Frau etwas zu holen, ohne sich davon überzeugt zu haben, daß der Be treffende kein boycottirtes Bier führt.- Aus Berlin wird geschrieben: Die ausgejperrten Brauereiarbeiter (675) müssen für die ihnen gewähr.e Unterstützung (1—2 Marl pro Tag) die Fuhrwerke der boycottirten Brauereien über wachen und durchstreifen zu diesem Zweck truppweise die Straßen. Wer die ihm aufgetragene Beaufsichtigung nicht auSüdt, verliert den Anspruch auf Unterstützung. Die Wirthe mit Arbeiterkundschaft müssen sich die peinlichste Eontrole gefallen lassen. Daß dabei auch falsche Beschul digungen unterlaufen, beweist der Anzeigentheil des „Vor wärts-, in welchem sich Wirthe entschieden dagegen ver wahren, boycottirtes Bier auszuschänken. Auch an Ehren- Erklärungen für fälschlich beschuldigte Wirthe fehlt es nicht. Der Besuch der Wirthschaften, besonders der ver dächtigen und von den Brauereien abhängigen hat ganz außerordentlich nachgelassen. Viele kleine Wirthe stehen, Wie sie versichern, vor dem Rum. Es giebt eine ganze Zahl von Localen, die nur noch Weißbier und Selters wasser auSschänken können. In anderen Wirthschaften verkünden große Placate, daß sie jetzt Rathenower, Dres dener oder Münchener Bier führen. Die sozialdemokrati schen Gastwirthe besonders sind eifrig bemüht, mit aus wärtigen Brauereien Verbindungen anzuknüpfen. Mehr und mehr greift der Boycott auch nach der Provinz hinüber, da die dortigen Genossen die Wirthe zwingen, das Berliner Bier abzubestellen. Der Brauerei-Verband hat durch ein Circular verschiedene größere Fabrikanten gebeten, ihren Einfluß dahin geltend zu machen, daß in den Fabrik- und Werkstätten-Cantinen nach wie vor „Ringbier- verschänkt wird. Die Arbeiter weigern sich aber in den meisten Fällen, dieses Bier zu trinken. Ueber den Dresdner Boycott wird berichtet: Das Kraftgefühl der Sozialdemokratie, das seit der Aufhebung des Sozwlistengesetzes in beständiger Zunahme ist, hat allmählich einen Uebermuth erzeugt, der kaum noch vor einem Wagmß zurückschreckt. Einen Beleg dafür haben wir neuerdings in der Boycottirung der hiesigen weltbe kannten Waldschlößchenbruuerei. Während in Berlin, Leipzig und Braunschweig ein hitziger Kampf zwischen den Brauern und den Brauereibesitzern tobt, hat die gewissenlose Agi tation hier nicht zurückbleiben wollen. Indessen ist dieser Boycott von langer Hand vorbereitet. Schon um die Milte des April war er verkündigt worden, wenngleich er erst vor Kurzem infolge einer verschärften Erneuerung der Parteiordre zu wirksamer Ausführung gelangte. In einer glaubwürdigen Darstellung der Vorgänge, welche die Direction der Waldschlößchenbrauerei veröffentlicht hat, heißt es: „Den Borwand zu dieser Gewaltthat gab die Behauptung, daß die Direction aus Mißgunst gegen die Arbeiter und uni sie in der Ausübung ihres Versamm lungsrechts zu beeinträchtigen, verweigert habe, den Wald- schlößchenpark zur Abhaltung der Maifeier herzugeben. Das ist eine Unwahrheit. Die Weigerung erfolgte nicht, um die Arbeiter „mit Füßen zu treten-, sondern weil der Park nicht groß genug ist, um die von den Vorständen angekvndigte Menge der Arbeiter, 12—15 000 Menschen, zu fassen. Die Direction hatte dem Vorstande ausdrücklich erklärt, daß sie sich nicht weigern würde, den Park zu überlassen, wenn der Besuch auf 3000 bis höchstens 4000 Menschen beschränkt werde und wenn alle Ausschreitungen vermieden würden, welche dem beabsichtigten Frühlingsfeste den Charakter einer Demonstration geben würden, die die Brauerei in Collision mit den Behörden und den benach- barten Casernen bringen könne. Die Antwort darauf war die Boycotterklärung. Inzwischen waren, wie dies alljährlich bei Eintritt der wärmeren Witterung in allen Brauereien geschieht, wegen Beendigung der Mälzerei eine Anzahl Brauer entlassen worden, und selbstverständlich diejenigen mit, welche durch Unbotmäßigkeit und aufreizende Reden sich gegen die Ordnung in der Brauerei auflehnteu und den Frieden unter den Arbeitern störten. Der Vor stand des Arbeitervereins aber trat nun mit der Forderung auf, daß die entlassenen Arbeiter, und ganz besonders jene Ruhestörer, die zufällig zur Partei der Sozialdemo kraten gehörten, ohne Ausnahme wieder angenommen werden müßten und daß die Brauerei sich verpflichten solle, in Zukunft überhaupt nur Arbeiter nach der von dem Vorstande des Arbeitervereins aufgestellten Liste in Arbeit zu nehmen. Von der Bewilligung dieser Forde- rungen machte sie die Aushebung des Boykotts abhängig. Kein besonnener Mensch wird der Verwaltung der Brauerei daraus einen Vorwurf machen, daß derartige Forderungen abgelehnt wurden, durch deren Bewilligung die Herrschaft über das Arbeiterpersonal der Direction entzogen und auf den Vorstand des Arbeitervereins übertragen werden würde. Die Arbeiter auf dem Waldschlößchen selbst mögen von diesen Wühlereien der Sozialdemokratie nichts wissen, sie leben im Frieden mit der Verwaltung, sie wissen, daß von Seiten der Direction für sie gethan wird, was ge- than werden kann. Es werden gute Löhne gezahlt, es ist gesorgt für gute Schlaf- und Wohnräume, es werden kinderreichen Familien fortlaufende Schulgelder-Beihilfen und manchem Arbeiter in dringenden Bedürfnißfällen Unterstützungen gewährt. Es sind deshalb auch viele Arbeiter ununterbrochen seit 30, 40, ja selbst 50 Jahren ebenso treue Arbeiter des Waldschlößchens, wie die Ver waltung für sie treu gesorgt hat. Das aber gerade wollen die Führer der Sozialdemokratie zerstören. Sie wollen die Verwaltung zwingen, ihre guten, treuen Arbeiter zu entlassen und dafür die Um uhestifter und Friedensstörer anzunehmen, die sie nach ihrer Liste der Verwaltung auf geben!- .... Welche Ausdehnung aber hat die Leitung der Sozialdemokratie ihrem Boycott gegeben? Sie hat den an Sklavengehorsam gewöhnten „Genossen" den strengsten Befehl ertheilt, weder das beliebte Bier der Waldschlößchenbrauerei zu kaufen noch in den sehr zahlreichen Wirthschaften und Prodvctengeschästen (Bübchen, Budiken) zu verkehren, bez. ihre Waaren zu entnehmen, welche Waldschlößchenbier feil halten. Infolge dieses Ver botessindbis jetzt bereits nicht weniger als gegen 600 Geschäfte von den Sozialdemokraten in Verruf erklärt worden — für viele Inhaber in der That ein schwerer Schlag! Und wie stellt man sich im Publikum zu dieser jüngsten Kraft probe der Feinde aller gesellschaftlichen Ordnung? Nun, laut genug äußert sich wohl die Entrüstung; aber man weiß auch, daß die Brauereien den Friedensstörern gegen über nicht einig sind, während doch von der Einigkeit der nächstbetheiligten Gewerbetreibenden ein erfolgreicher Wider stand gegen die Sozialdemokratie wesentlich abhängt. Dagegen ist zu allgemeiner Genugthuung die Behörde eingeschritten. Im „Dresd. Journal" las man am 31. Mai: „Jüngst vorgekommene Ueb, rtretungen haben der königl. Polizeidirection Veranlassung gegeben, bekannt zu geben, daß, wer den Gewerbebetrieb eines Anderen dadurch zu stören oder zu beeinträchtigen unternimmt, daß er öffentlich durch die Rede oder durch Verbreitung von Schriften oder durch Anschlag oder sonst in öffentlicher Weise dazu auffordert, aus einem bestimmten Geschäftsbe triebe keine Waaren anzukaufen oder dort zu bestellen, bez. in einem bestimmten Geschäftslocale nicht zu verkehren, wenn nicht eine Bestrafung nach tz 360, 11 des R.-Str.-G. zu erfolgen hat, mit Geld bis zu 150 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft wird."