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62 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 15 u. 16 in dem Formular beziehe sich nicht auf die Gesamternte, sondern auf die Ernte pro Acker, er hatte vier Acker angebaut, Das Schöffen gericht konnte in diesem Mißverständnis indessen keinen strafbe freienden entschuldbaren Irrtum erblicken und erkannte gegen Roß berger auf eine Geldstrafe von 2000 Mark. Gegen dieses Urteil legte Roßberger Berufung an das Landgericht ein und er hatte damit Er folg. Die fünfte Strafkammer hielt den Einwand der falschen Auf fassung der Frage für durchschlagend und gelangte zur Freisprechung. Sind die Gehilfen des Kunst- und Handelsgärtners Gewerbegehilfen? Die rechtliche Natur des Dienstvertrages der Gärt nereigehilfen ist nach verschiedenen Richtungen hin von Bedeutung; sind sie Gewerbegehilfen, so findet auf sie die Vorschrift der Gewerbeordnung Anwendung, andernfalls die des bürgerlichen Rechtes über den Dienstvertrag, und beide Gesetze weichen wesentlich ab hinsichtlich der Kün digungsfristen und der sonstigen Einzelheiten des Dienst vertrages. Außerdem gehören die Ansprüche der Ge werbegehilfen vor die Gewerbegerichte, während die der sonstigen Angestellten vor den Amts- und Landgerichten geltend zu machen sind. Die Gewerbeordnung setzt den Betrieb eines Gewer bes voraus. Der Begriff des Gewerbes ist abzugrenzen gegen den Begriff der sogenannten Urproduktion, d. h. die Landwirtschaft und die der Landwirtschaft gleichstehende Erzeugung von Werten durch Bebauung des Grund und Bodens. Die gewöhnlichen Gärtnereien gehören daher zu dieser sogenannten Urproduktion und sind überhaupt nicht als Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung anzu sehen. Obwohl es vielleicht geboten wäre, das im Gesetz besonders hervorzuheben, wie es z. B. im § 6 der Ge werbeordnung hinsichtlich der Fischerei getan ist, so steht die Unterlassung des Gesetzes dieses Beurteilung in kei ner Weise entgegen. Damit ist aber nicht gesagt, daß jede Tätigkeit, die von dem Gärtnereiberuf ihren Ausgang nimmt, der Ur produktion gleichgeachtet wird. Sowohl die Verarbeitung von gärtnerischen Erzeugnissen wie ihr Verkauf kann an sich sehr wohl ein Gewerbe begründen, und nur die ge wöhnlichen Verkäufe der Gärtnereien im großen sind als Zweig der Urproduktion anzusehen. Daraus folgt, daß jede Art von Ladenvertrieb und jede Art von Handelsbetrieb in Hinsicht auf nicht selbst gewonnene Erzeugnisse als Gewerbe, bzw. als Handelsgewerbe anzusehen sind. Sämt liche Gehilfen der Kunst- und Handelsgärtnereien sind da her als Gewerbegehilfen anzusehen. Das ist in Hinsicht auf die Lehrlinge der Kunst- und Handelsgärtnereien wie derhol! anerkannt. IVgl. Gewerbearchiv Band I, S. 127, Band TIL S. 662, Rohrscheidt, Gewerbeordnung § 105, Anm. 14.) In Hinsicht auf Blumenbinderinnen in offenen Ver kaufsstellen hat sich auch das Gewerbegericht Berlin auf den gleichen Standpunkt gestellt. (Vgl. v. Schulz-Schal horn, Aus der Praxis des Gewerbegerichts Berlin 1913, Seite 326.) Eine Ausnahmestellung nehmen dagegen diejengen Gewerbegehilfen ein, die im wesentlichen mit dem han delsmäßigen Vertrieb gärtnerischer Erzeugnisse beschäf tigt werden, wie insbesondere Verkäufer. Diese sind als kaufmännische Gehilfen anzusehen und unterstehen den Vorschriften des Handelsgesetzbuches. Bei den Gehilfen der Kunst- und Handelsgärtnereien findet es sich nun besonders häufig, daß ein und derselbe Angestellte teils mit Gewerblichen, teils mit kaufmänni schen Arbeiten beschäftigt wird. Dann ist für seine recht liche Stellung entscheidend, welche Tätigkeit im Vorder gründe steht, wobei es aber nicht nur auf die Dauer der verschiedenen Tätigkeiten, sondern auch auf ihre Wich tigkeit und ihre besondere Eigenart ankommt. Eine Blu menbinderin z. B., die zwei Drittel ihrer Zeit mit gewerb lichen Arbeiten zubringt, das übrige Drittel aber mit be sonders verantwortlichen Tätigkeiten, wie z. B. Leitung einer Filiale, würde als Handlungsgehilfin und nicht als Gewerbegehilfin anzusehen sein, während ihre bloße Her anziehung zum gewöhnlichen Verkauf oder zu Buchfüh- I rungsarbeiten ihre Eigenschaft als gewerbliche Gehilfin nicht aufheben würde. Aehnlich sind die Anstellungsverhältnisse zu beurtei len, wenn ein Landschaftsgärtner gleichzeitig Kunst- und Handelsgärtnerei betreibt. Diejenigen Gehilfen, die über wiegend mit rein gärtnerischen Arbeiten betraut werden, sind nicht Gewerbe- oder Handlungsgehilfen, selbst wenn sie zur gewerblichen Verarbeitung der gärtnerischen Er zeugnisse oder zu deren Verkauf z. B. als Boten mit heran gezogen werden. Umgekehrt verliert ein Angestellter einer Kunst- und Handelsgärtnerei nicht, dadurch seine rechtliche Stellung als Gewerbe- oder kaufmännischer Ge hilfe, daß er gelegentlich auch zu rein gärtnerischen Ar beiten verwendet wird. Dr. jur. Eckstein. Vereine und Versammlungen ^•i - — Wirtschäftliche Verbände des Reichsverbandes für den deut schen Gartenbau. Auszug aus der Niederschrift der Sitzung vom 17. Februar 1918, nachmittags 3 Uhr zu Berlin, Vertreten sind: der Vorstand des Reichsverbandes für den deutschen Gartenbau, der Deutsche Pomologenverein, der Verband deutscher Blumengeschäfts- Inhaber, der Verband deutscher Gemüsezüchter, der Verband deut scher Baumschulenbesitzer, der Gartenbauverband für das König reich Sachsen, der Preisverband für Gemüsesamen, der Verein selb ständiger Gärtner Württembergs, der Verein Erfurter Handels gärtner, der Verband: Bayerischer Handelsgärtner, der Verband der Handelsgärtner Deutschlands. Entschuldigt fehlt der Verein selb ständiger Gärtner Badens. Der Vorsitzende Herr Ziegenbal-Lanbe- gast, eröffnet die Sitzung und widmet dem Andenken Dr. Hugo Thiels ehrende Worte. Der Generalsekretär gibt in eingehender Weise einen Tätigkeitsbericht seit der letzten Sitzung am 17. Juni v. J. Es werden darauf die Erfahrungen mit dem Hilfsdienstgesetz ausgetauscht, ohne daß besonders wichtige Punkte dabei erörtert werden. Das gleiche geschieht in einer Besprechung über Zusatz- karten für Gärtnereien und über die Beurlaubung gärtnerischer Heeresangehöriger. Zur Frage der Kriegsgefangenenentlassung will man sich den Vorschlägen der Landwirtschaft anschließen. Es wird iedoch darauf aufmerksam gemacht, daß mit einer Verzögerung beim Abtransnorte zu rechnen sei. Zur Einfuhr von Pflanzen und Blumen ! -us Belgien schlägt der Vorsitzende vor. bei der Reichsregierung in I diesem Jahre die Einfuhr wieder zu denselben Bedingungen zu or- I bitten, wie 1917. Herr Hübner berührt besonders die großen Schwierigkeiten, die sich dem Blumenhezude aus Belgien entgegen stellen. Einfuhr von Pflanzen aus Holland. Beckmann macht ver trauliche Mitteilungen über die bevorstehende Einfuhr von Pflanzen aus Holland, an die sich eine eingehende Aussprache knünft. Herr Hübner wünscht, daß auch eine beschränkte Einfuhr von Rlumen aus Holland erstrebt werden möge. Dafür kann man auf die Einfuhr von Blumen aus Belgien verzichten. Ein Beschluß hierüher wird vertagt. Einfuhr von Blumenzwiebeln aus Holland: Die Leitung der Wirtschaftlichen Verbände wird beauftragt, auch in diesem Jahre für eine Einfuhrerlaubnis einzutreten. Ueber die Reichsstelle für Gemüse und Obst und die von derselben zu erfassenden Maßnahmen findet eine ausgedehnte Aussprache statt. Gegen eine zwangsweise Erfassung des Herbstgemüses soll Einspruch erhoben werden, worauf Herr Mohrenweiser mitteilt, daß die Verordnung so gut wie fertig und bereits in einer großen Anzahl von Kreisen zur Ausführung be- | stimmt sei. Generalsekretär Lange hält die Anbauverträge für ! Frühgemüse für unzweckmäßig, dagegen die für Herbstgemüse den j Anbau fördernd. Ueber die Samenfrage im Jahre 1919 referiert Herr Kettlitz und empfiehlt, alles zu tun, um die Samenbelieferung für 1919 sicher zu stellen. Herr Mohrenweiser gibt seine Erfahrun- | gen mit dem Kriegsernährungsamt und der Reichsstelle in der I Samenfrage bekannt und hebt die Schwierigkeiten beim heimischen i Samenanbau hervor; Herr Ziegenbalg schlägt vor, die ganze Ange legenheit in einer Denkschrift zu bearbeiten und bittet dringend um Material hierfür. Zur Saatkartoffelfrage für 1919 spricht Herr Moh renweiser und hebt die Bemühungen hervor, die _ die Regierung unternimmt, um den Kartoffelanbau zu heben. Zur Kartoffelvermeh- rung für 1909 wird empfohlen, eine Anzucht durch Stecklinge, Keim linge usw. nur bei Frühkartoffeln vorzunehmen. Es findet eine Aus sprache über die Eisenbahn-Güter-Freiliste für gärtnerische Erzeug nisse und über den neuen Expreßguttarif statt, ferner über die