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Nr. 15 u. 16 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 61 höhnt, verlästert, beschimpft, bedroht, ja tätlich angegriffen hat, um sie von der Arbeit abzuhalten und zum Anschluß an die Masse zu bewegen. Das Streikpostenstehen an den be troffenen Betrieben oder an den Bahnhöfen, um den Zuzug neuer Arbeitskräfte fernzuhalten, gab nur zu oft zu gesetz widrigen Ausschreitungen Anlaß, Dagegen mußte im Inter esse der Arbeitgeber und der Arbeitswilligen eingeschritten und Schutz geboten werden, und der § 153 brachte diesen Schutz, indem er die Leidenschaft doch wenigstens etwas im Zügel hielt. Wir brauchen hier nicht an die letzten Streiks zu erinnern, die doch gezeigt haben, daß eine solche Schutz bestimmung nicht überflüssig, sondern notwendig war und ist. Man hat gesagt, der Paragraph schaffe ein Ausnahmerecht. Das können wir nicht finden, denn er belegt die doch bei jedermann strafbare Nötigung und Beleidigung mit Strafe. Man hat weiter geltend gemacht, die Koalitionsfreiheit der Arbeiter sei durch diese Bestimmung gefährdet. Aber auch das trifft nicht zu. Nur die aus der Koalitionsfreiheit vielfach als Auswüchse hervorgehenden Straftaten werden betroffen. Um die Mitglieder eines Arbeitnehmerverbandes zur Tarif treue zu erziehen und anzuhalten, bedarf es doch wohl nicht der Bedrohung, Gewaltanwendung, Beleidigung und anderer Straftaten! Oder doch? Dann würde damit den Arbeitneh mern ein schlechtes Zeugnis ausgestellt werden. Nach Aufhebung des Paragraphen können die rechts widrigen Kampfmittel wieder zur Anwendung kommen, weil sie nicht mehr unter Strafe gestellt sind. Zwar bleiben ja die allgemeinen Strafgesetze bestehen, aber sie reichen oft nicht aus, um den nötigen Schutz zu bieten. Ein Arbeitswilliger wird beleidigt. Beleidigung ist straf los, wenn sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen er folgt. Die Durchführung eines Streiks und die Abhaltung Arbeitswilliger ist aber ein berechtigtes Interesse. Die Be leidigung bleibt also straflos. Die Drohung kann nach § 240 des Strafgesetzbuches nur bestraft werden, wenn mit einem Verbrechen oder Vergehen gedroht wird. Eine andere Dro hung ist nicht strafbar, nachdem der § 153 aufgehoben ist. Allerdings ist auch die Drohung mit einer Beleidigung als Drohung mit einem Vergehen anzusehen, so daß es strafbar bleibt, wenr ein Streikender dem Arbeitswilligen droht, daß er ihn im Kreise der Mitarbeiter in ehrverletzender Weise herabsetzen werde. Es bleiben natürlich auch Hausfriedens bruch, Zusammenrottung, Körperverletzung bei Gelegenheit eines Streikausbruches strafbar. Ebenso die Bedrohung mit einem Verbrechen nach § 241 des Strafgesetzbuches. Es sind ja nach alledem immer noch gesetzliche Hand haben vorhanden, um den Arbeitswilligen gegen Gewaltan wendung und Bedrohungen zu schützen, aber ein so wirk samer, weitgehender Schutz, wie ihn der § 153 der Ge werbeordnung gegen die Ausschreitungen bei Streikbewegun gen böt, ist eben nach Aufhebung desselben nicht mehr vor handen. Und das halten wir im Interesse arbeitswilliger Ar beitnehmer, die den Unbilden ihrer nicht arbeitswilligen Mit arbeiter nicht ausgesetzt sein dürften, für bedauerlich. P. Wie lange haftet man für Zubehör und Vorräte beim Ver kauf einer Gärtnerei? Beim Verkauf einer Gärtnerei als eines Geschäftsunternehmens ohne Verbindung mit einem Grundstück, z. B. bloße Handelsgärtnerei oder Betrieb auf gepachtetem Grund und Boden, greift die sechsmonatige Mängelhaftung des § 477 B.G.B. Platz. Schwierigkeiten er geben sich aber in dem Fall, daß das Unternehmen mit einem Grundstück verbunden ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch bestimmt nämlich ver schiedene Verjährungsfristen für die Ansprüche aus Mängel haftung, je nachdem, ob es sich um bewegliche Sachen oder Grundstücke handelt. Der Anspruch auf Wandlung und Minderung und Schadenersatz wegen Mangels einer zuge- sicherten Eigenschaft verjährt nämlich bei beweglichen Sa chen in 6 Monaten von der Ablieferung, bei Grundstücken aber in 1 Jahre von der Uebergabe an (§ 477 des Bürger lichen Gesetzbuches). In der Rechtsprechung ist nun die Frage aufgestiegen, wie Grundstücksverträge, die zugleich Zubehör (Inventar) zum Gegenstand haben, in Hinsicht auf die Mängelrüge zu beurteilen sind. Die Frage ist für die Inhaber von Gärtnerei grundstücken von größter praktischer Bedeutung, denn häu fig wird das Inventar, die lagernden Vorräte usw. für die Be teiligten von größerem Wert oder zum mindesten von grö ßerem Interesse sein, als das Grundstück selbst, das vielleicht wegen Ueberlastung mit Hypotheken so gut wie wertlosist. Der Begriff des Zubehörs geht nach dem Bürg. Gesetz buch außerordentlich weit. Nach § 97/9 sind Zubehör die jenigen beweglichen Sachen, die selbst nicht Bestandteile der Hauptsache sind, aber dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem die ser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen, für Gärtnereien also insbesondere die zum Betrieb dienenden Geräte, das eigentliche Inventar, Vorräte an Erde, Dünger, Sämereien usw. und nach verbreiteter Anschauung auch die vorhandenen Bestände an Gartenerzeugnissen. Die Rechtsprechung neigt jetzt überwiegend dazu, die Mängelhaftung für Zubehör dem Hauptvertrage, d. h. dem Grundstücksvertrage mit seiner einjährigen Verjährungsfrist zu unterwerfen. Die rechtliche Begründung dieser Entschei dung ist naheliegend; es liege ein einheitlicher Vertrag vor, der auch nur eine einheitliche Mängelhaftung begründen könne. Wie bei gemischten Verträgen es auch sonst der Fall sei, müsse dasjenge für den ganzen Vertrag entscheiden, was juristisch im Vordergründe steht. Mag das Zubehör an Wert auch noch so vorwiegen, so sei das Zubehör doch auf Grund des 97 und auf Grund der allgemeinen Bestim mungendes Sachenrechts so mit dem Grundstück verknüpft, daß es als selbständige Sache gar keine Existenz habe; wenn das Zubehör auch nicht Bestandteil des Grundstücks ist, so untersteht es doch grundsätzlich dem Grundstücksrecht und daher der einjährigen Mängelhaftung. Ich will die Berechtigung dieses Standpunktes nicht in Frage stellen, möchte aber doch die Entscheidung für bedenk lich halten, wie auch zumal die frühere Rechtsprechung zu weilen einen gegenteiligen Standpunkt eingenommen hat. Die gesetzliche Festlegung der Verjährung des Mängel anspruches hat ihren Grund in dem wirtschaftlichen Be dürfnis. Der Verkehr verlangt, daß Verträge möglichst bald ihr Ende finden sollen, und es beschränkt darum die Mängel haftung auf diejenige Zeit, in welcher normalerweise etwaige Mängel , hervorzutreten pflegen. Da für Grundstücke, ins besondere für Häuser von vornherein mit verborgenen Man geln und mit größerer Sicherheit gerechnet werden muß, hat man für Grundstücke die Verjährungsfrist auf ein Jahr fest gesetzt, während sie bei beweglichen Sachen nur 6 Monate beträgt. Ob eine bewegliche Sache nun Zubehör zu einem Grundstück ist oder nicht, hindert nichts an der Tatsache, daß die Zubehörstücke bewegliche Sachen bleiben, für welche kein Grund besteht, die Mängelhaftung weiter auszudehnen, als es in ihrem Wesen liegt. Wenngleich die Zubehörteile rechtlich in engster Verknüpfung mit dem Grundstück ste hen, ist kein Grund vorhanden, gerade für die Mängelhaftung dieses Rechtsverhältnis entscheidend sein zu lassen. Es scheint mir demnach richtiger, für Zubehörstücke die Mängel haftung mit 6 Monaten für abgelaufen anzusehen. Jedenfalls ist die Rechtsfrage nicht zweifellos, und man wird gut tun. durch eindeutige Bestimmungen in Verträgen die Gewährfrist für Grundstücke und Zubehör usw. vertrag lich festzulegen. Dr. jur. Eckstein. Freispruch von der Anklage unrichtiger Angabe der Erntemenge von Frühkartoffeln in zweiter Gerichtsinstanz. Am 16. September 1916 war in Sachsen eine Ministerialverordnung erlassen worden,-die eine Bestandserhebung der Kartoffelernte, ausschleßlich der Frühkartof feln vorschrieb. Am 15. Oktober gab der Gutsbesitzer August Franz Roßberger in Hänichen bei Leipzig seine Ernte mit 140 Zentnern an, später hat er diese Angabe allerdings auf 530 Zentner berichtigt. Wie er in der Verhandlung vor dem Schöffengerichte, vor dem er sich am 20. August vergangenen Jahres wegen Kriegsvergehens zu verantwor- ten hatte, zu seiner Entschuldigung angab, habe er gemeint,, die Frage