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42 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 11 u. 12 eine Anzahl von Stauden hinweise, die sich zur Bepflanzung von Gräbern eignen. Allerdings steht ja jetzt die Blumen zucht nicht in besonders hohem Kurs. Gemüsebau ist auf der ganzen Linie Trumpf. Ich glaube aber, daß der be sondere Zweck dieser Zeilen es rechtfertigen wird, wenn ich trotz der Not der Zeit den Kindern Floras aus dem Reiche der Stauden einige Worte widme. Handelt es sich doch um solche, welche dazu bestimmt sind, das ernste Reich des Todes mit ihren bunten Blüten versöhnend zu schmücken. Und das ist auch heute noch erlaubt. Im allgemeinen haben Stauden als Grabschmuck bisher noch wenig Verwendung gefunden. Das liegt nicht etwa daran, daß es keine Gattungen und Arten gäbe, welche dazu geeignet sind, sondern teils an der Gedankenlosigkeit, mit der die Grabbepflanzungen nach irgend einem Schema aus geführt werden, teils an der ungeeigneten Anlage der Grab stätten, teils auch da.ran, daß die Angehörigen der Toten keine anderen Pflanzen kennen als Pelargonien, Lobelien und immerblühende Begonien, und daher auch nichs anderes von den Gärtnern zur Schmückung der letzten Ruhestätten ihrer Lieben begehren. Vor allem möchte ich Stauden als Einfassung der Grä ber empfehlen. Natürlich eignen sich zu diesem Zweck nur niedrige Arten, die auch befähigt sind, eine ziemliche Trok- kenheit auszuhalten. Es kommen hier also diejenigen Stau den in Betracht, welche man auch zur Markierung der Wegeränder zu benutzen pflegt; von den Frühjahrsblühern die Aubrietien, Arabis alpina fl. pl., Alyssum saxatile fl. pl., compactum und citrinum, die beiden letzten nur 20 cm hoch und von April bis Juni leuchtend gelb blühend. Hierher gehören auch die niedrigen Arten der Gattung Phlox und Iberis sempervirens Little Gem, die ebenfalls nur 20 cm Höhe erreicht und Ende April bis Mai blüht. Auch die Alpenaster Aster alpinus mit ihren bekannten Gartensorten darf in die ser Aufzählung nicht ungenannt bleiben. Für Gräber, welche in mäßigem, ja sogar in ziemlich dichtem Baumschatten liegen, möchte ich noch als reizen den Frühlingsblüher das sogenannte Frühlingsvergißmein nicht Omphalodes verna anführen, welches sich schon Ende März mit seinen dunkelblauen, vergißmeinnichtähnlichen Blüten schmückt und bis Anfang Juni in Blüte steht. Ein ganz reizendes Pflänzchen, welches zwar weniger im Baum schatten wächst, aber grelle Sonne nicht liebt, und z, B. für Erbbegräbnisstätten, die an der Nordseite an Mauern liegen, geeignet sein dürfte, ist endlich noch Houstonia serpyllifolia, eine polsterbildende Rubiacee mit schön himmelblauen Blü ten, die im Mai erscheinen. Das Pflänzchen wächst sehr üppig und erreicht kaum 10 cm Höhe. In sonniger Lage hält es seine zierlichen Blättchen bei weitem nicht so gut wie im Schatten und verblüht auch wesentlich schneller als im Schutze vor heißer Besonnung. Viel zu selten wird auch das Porzellanblümchen, Saxi fraga umbrosa, auf Gräbern angepflanzt. Es eignet sich vor züglich für schattige Lagen und ist schön, auch wenn es nicht im Schmuck seiner im Mai und Juni in reicher Fülle erschei nenden weißen Blüten steht, welche auf bis 20 cm hohen Stengeln in aufrechter Traube angeordnet sind. Im Mai beginnt die Blütezeit von Armeria maritima var. Laucheana. Sie dauert bis in den Juli hinein, und am meisten leuchten die karminroten Blütenköpfchen dieser Pflanze im grellsten Sonnenschein, wie er dem schattenlosen Reihengrabfeld zuteil wird. Auch die lilarosafarbig blühende Stammart Armeria maritima verdient wegen ihrer An spruchslosigkeit und Widerstandskraft gegen Trockenheit an gleicher Oertlichkeit einen Platz. Als Zeichen treuen Gedenkens würde ich gern als Grabschmuck noch die stau denartigen, also ausdauernden Vergißmeinnichtarten emp fehlen. Da diese aber hohe Bodenfeuchtigkeit verlangen, müssen wir darauf verzichten und statt ihrer uns mit dem Alpenvergißmeinnicht begnügen. Recht gut gedeihen auf den Grabhügeln auch die Federnelken mit ihren zahlreichen weißen und rosafarbenen Gartensorten, auf deren Aufzäh- ; lung ich hier wohl verzichten darf. Besonders hervorheben möchte ich noch eine andere Nelkenart, die vermutlich unter ; den Wachstumsbedingungen, wie sie die Gräber lieben, auch recht gut gedeihen dürfte: Dianthus caesius, die auf blau grauem, kaum 5 cm hohem Rasenpolster sich von Mai bis Juli mit leuchtend dunkelrosafarbigen Blüten auf 15 cm hohen Stengeln schmückt. Die Anzahl der Blumen ist noch größer als bei den Federnelken, so groß, daß in voller Blüte die Blätter vollkommen unter der roten Decke verschwin den. Diese hübsche Nelke ist ein Kleinod der heimischen mitteldeutschen und besonders der voralpinen Flora. Ich ! entsinne mich aus meiner Jugend eines Gebirgstales in Thü ringen, in welchem einige Felsen alljährlich im Schmucke eines dichten Blütenmantels prangten, der aus Tausenden und Abertausenden dieser Nelkenblüten bestand. Leider haben seit jener Zeit einige Waldpflanzenversandgeschäfte die ganze Herrlichkeit geplündert und zerstört. In den bes seren Staudengeschäften ist Dianthus caesius sicher in regel recht kultivierten Pflanzen zu haben. Auch unter den Glockenblumen gibt es etliche, welche sich zu Grabeinfassungen eignendürften, da ihnen derdurch- | lässige, trockene Boden zwischen den Tuffsteinen gerade die richtigen Lebensbedingungen bietet. An erster Stelle steht die nur 10 cm hohe alpine Campanula pusilla, die im Juli hellblau, in einer Spielart auch weiß blüht. Zu gleicher Zeit rollt auch Camp, carpathica ihren blauen Blütenteppich aus; besonders die bekannte, kaum 15 cm hoch werdende Spielart compacta sollte viel häufiger angepflanzt werden, ebenso wie ihre weiße Abart. Nicht minder hübsch ist Cam panula garganica, blaßblau im Juli blühend, und eine der allerdankbarsten ist Campanula Wilsoni, die von Anfang Juli bis Ende August ihre dunkelblauen, dicht gedrängt stehenden Blüten auf nur 15 cm hohen Stengeln entfaltet. Eine sehr hübsche Pflanze ist noch Brunella grandiflora, die in ganz Mitteleuropa verbreitete, aber nirgends gewöhnliche großblumige Braunelle. Sie ist eine Lippenblütlerin, also eine nahe Verwandte der Taubnessel. Von Juli bis Septem ber erscheinen ihre 15 cm hohen Blütenstengel, welche in gleicher Anordnung wie die Taubnesseln prächtig dunkel- violette Blumenwirtel tragen. Fast noch hübscher als die Stammform ist die Abart rosea mit leuchtend rosafarbigen Blüten. Diese hübsche Pflanze gedeiht auch noch recht gut in leichtem Halbschatten. Dagegen fühlt sich eine andere Lippenblütlerin, Stachys lanata, der wollige Ziest, am wohl- sten im brennenden Sonnenschein. Die silberweiß befilzten Blätter dieser Pflanze leiden infolge ihres dichten, ihnen den Schmuckwert verleihenden Haarkleides nie unter Dürre und Sonnenbrand. Nicht vergessen darf ich auch die Fettblatt oder Mauerpfefferarten. Selbst unser gewöhnlicher gelber Mauerpfeffer ist eine recht nette, vollständig anspruchslose ! Einfassungspflanze. Die einzige jetzt schon auf Gräbern verwendete Art ist Sedum spurium, die auch im Halbschat ten noch recht gut gedeiht. Dasselbe gilt auch von der al pinen Art Sedum anacampseros mit rundlichen, wechsel ständigen Blättern und purpurroten Blüten im Juli und August. Weitere niedliche Arten sind Sed. ochroleucum mit linealischen blaugrünen Blättchen und hellgelben Blüten dolden, Sed. pulchellum, hellrot und weiß im Juni und Juli blühend, Sedum kamtschaticum mit umgekehrt eiförmigen Blättern und gelben Blüten im August. Warum sollen wir auf das letzte Haus unserer Toten nicht auch die Hauswurz pflanzen, die in alter Zeit, als noch nicht die Mietskasernen erfunden waren, sondern jeder Deutsche in seinem eigenen Hause wohnte, auf dessen Dache wuchs? Gerade diese an spruchslosen Pflanzen, die Sempervivumarten, sind zu Grab einfassungen wie geschaffen, sei es das heimische Semper- vivum tectorum, seien es die schöneren, eingeführten Arten rubens, triste und violaceum. Wer die nicht gerade sehr zierlichen Blüten nicht liebt, mag sie im Entstehen ausknei fen. Zum Schlüsse dieses ersten Teiles meines Aufsatzes möchte ich noch eine prächtige Staude nennen, die den Vor zug hat, schon im ersten Jahre zur Blüte zu kommen, wenn sie bis Ende März in einen kalten Kasten ausgesät und spä-