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Nr. 9 u. 10 Freitag, den 1. März 1918. XX. Jahrgang. Der Handelsgärtner Ahomnementsprela. Handelszeitung für den deutschen Gartenbau .a.Inserats.... and Luxemburg M. 5.—, für da» auf dem Umschlag 40 Pfennig. Ausland M.8..L durdh die Post im Reklameteil M. 1.- fir dl. oder den Buchhandel M. 20.— imenen 105 mm h-i. Ausgabe ^ed’^n Freitag Begrndet von Otto Thalacker. — Verlag: Thalacker & Schwarz, Lelpzig-R., Comenlusstr. 17. 8 P Petit-Zeile. DasAbonnement gilt fortlaufend u. kann nur durch Abbestellung14Tage vor Jahresschluß aufgehoben werden. Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Die erste Frledensblame! Praxis und Wissenschaft: Chrysanthemen. — Die Kultur der Treibhausgurke. — Mllitärpferdedung für Gemüsebau. — Wie ist der Stalldünger bei den Obstbäumen anzuwenden ?— Nochmals die Gemüsepflanzenpreise für 1918. Vereine und Versammlungen. — Fragekasten der Abonnenten. — Handelsnach- rlchten. — Konkurse. — Personalien. — Ehrentafel usw. Die erste Friedensblume! Eine wirtschaftliche Betrachtung vom Frieden mit der Ukraine. Endlich ein Lichtblick! Am 9. Februar ist der Friede zwischen dem Vierbund und der Ukraine geschlossen wor den. Die erste Friedensblume ist erblüht! Die Ukraine von Rußland losgelöst zu sehen und dadurch den Koloß zu schwächen, war immer ein politischer Wunsch von uns, und in Oesterreich-Ungarn bildete sich sogar ein „Bund zur Be freiung der Ukraine". Nun ist im Weltkrieg die Befreiung von selbst gekommen, und das Volk, das Jahrhunderte unter dem Joch der Polen und Moskowiter gelitten hat und selbst von den Drangsalen der Tartaren nicht verschont blieb, es darf aufatmen und als eigene Nation unter den Völkern der Erde sich Geltung verschaffen. Sind die Ukrainer doch über haupt keine Russen, sondern Nachkommen der Waräger, die einst aus Skandinavien in die weite sarmatische Tiefebene kamep und. das Gebiet von Kiew besetzten. Große Länder strecken besaßen und verloren sie im Wechsel der Zeiten, und wie die Grenzen heute gezogen werden, steht noch da hin, aber wir rechnen damit, daß sie sich über Wolhynien und Podolien bis an das Schwarze Meer erstrecken und Kiew, Poltawa und Charkow in sich begreifen werden. Der Zugang zum Mere muß der Ukraine im allgemeinen Inter esse gesichert bleiben. Welche wirtschaftlichen Folgen wird der Friedensschluß mit der Ukraine für uns haben? Wird der Gartenbauhandel einen Nutzen davon haben? Graf Czernin hat den Frieden einen „Brotfrieden“ ge nannt, was schon unverblümt ausdrückt, worauf unsere Er wartungen gestellt sind. Auf eine Unterstützung in allen Getreidearten, Flachs, Tabak, Zucker, Wein usw. rechnen wir, denn die Ukraine ist das russische Kanaan, wo Milch und Honig fließt, wenn die Verv/üstungen des Krieges jetzt auch bis in seine fruchtbaren Gefilde gedrungen sind. Sein Bergbau liefert Kohlen und Eisenerze, und die bedeutenden Naphtha- und Erdwachsfelder, Salzgruben usw., die es be sitzt, bedürfen überhaupt erst ihrer Erschließung. Und was uns besonders zu statten kommt, ist der Umstand, daß die Waren, die von der Ukraine begehrt werden, gerade solche sind, die wir liefern können, und zwar in beschränktem Maße auch jetzt noch in der Kriegszeit, nämlich landwirt schaftliche Maschinen und Gerätschaften, Hufeisen, Haus gerät und Möbel, Sämereien usw. So dürfen wir einen für beide Teile segensreichen Güteraustausch erwarten. Unter den beträchtlichen Ausfuhrmengen an Säme reien, die nach Rußland gingen, stand die Ausfuhr nach der Ukraine nicht an letzter Stelle, sondern hatte einen er heblichen Umfang. In Frage kam Rot- und Weißkleesaat, Runkel-, Zucker- und Rotrübensaat, Möhren-, Gemüse- und Blumensamen. Gemüseausfuhr fand in Tomaten und Zwiebeln, Pflanzenausfuhr in Palmen, Rosen, Obstbäumen und -Sträuchern, Allee- und Zierbäumen und -Sträuchern, Pfropfreisern, Stecklingen, Blumenzwiebeln und -knollen, Schnittblumen und Heilpflanzen und -kräutern statt. Die Mengen stehen aber leider für die Ukraine nicht gesondert fest. Wenn wir die zahlreichen Vorschriften, welche der Friedensvertrag und sein Zusatzvertrag enthält, überblicken, so sind es namentlich folgende Punkte, die Wichtigkeit für uns haben: 1, Es findet ein Austausch der U eberschüsse von landwirtschaftlichen und industriellen Erzeugnissen statt, die durch eine Kommission bestimmt werden. Darüber hinaus herrscht freier Handelsverkehr. 2. Der allgemeine russische Zolltarif von 1903 bleibt aufrecht erhalten, ebenso die wesentlichen Bestimmungen des deutsch-russischen Handels- und Schiffahrtsvertrages von 1894/1904. Der gegenseitige Verkehr soll durch keinerlei Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbote gehemmt werden. Die Durchfuhrwaren sind von jeder Durchfuhrabgabe frei. Danach würden im Gartenbauhandel folgende Vertrags zollsätze in Frage kommen: Frische Gemüse pro Pud 0,30 Rubel, Zwiebeln und Knoblauch . 0,10 R. Artischocken, Spargel, Blumen- und Brüsseler Kohl. Erbsen, Bohnen, Easeolen, Salat, Spinat, Melonen, pro Pud 0,90 » Sämereien, pro Pud 0,15 » Sednittblumen und Bindegrün, pro Pud 0,05 „ (in Packen von höchsten 25 Pfund Rohgewicht). Zwiebeln, Wurzeln und Wurzelstöcke von Blumen und Zierpflanzen pro Pud Rohgewicht 1,50 „ Alle Pflauzenteile in ihrer natürlichen Beschaffenheit, soweit nicht besonders genannt, pro Pud Rohgewicht . . . 0,15 » Andere Pflanzen, Baumschulartikel usw. ........ 0,85 „ 3. Der Schutz der Urheberrechte und Warenbezeichnungen wird wiederhergestellt und garantiert. 4. Die konsularischen Beziehungen werden wieder aufgenommen. 5. Die privatrechtlichen Schuldverhält nisse werden wiederhergestellt. Ob eine Unmöglichkeit der Erfüllung vorliegt, wird nach den Gesetzen des betref fenden Staates beurteilt. Schadenersatz für die nicht recht zeitige Erfüllung infolge des Krieges wird nicht geleistet, Geldforderungen brauchen nicht vor Ablauf von 3 Monaten nach Ratifikation des Friedensvertrages bezahlt zu werden, sind aber vom Tage der ursprünglichen Fälligkeit an, ohne Rücksicht auf Moratorien, mit 5 v. H. zu verzinsen. Für die Abwicklung der Außenstände und sonstigen privatrecht lichen Verbindlichkeiten sind die staatlich anerkannten Gläu bigerschutzverbände maßgebend, welche die Verfolgung der Ansprüche im Ausland übernommen haben. 6. Die Verjährung der Forderungen tritt, soweit sie nicht schon vor Kriegsausbruch vollendet war, frühenstens 1 Jahr nach Abschluß des Friedensvertrages bzw. der Ratifikation, ein. Wir haben damit die Bahn eines gerechten Ausgleiches der friedenschließenden Völker untereinander betreten. Wir dürfen aber auch hoffen, daß dieser ersten Friedensbewegung bald eine weitere nachfolgen wird. Zunächst wird R u m ä -