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Nr. 7 u. 8 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 29 an. Das geschieht auch beim Blütennektar und der Nar benflüssigkeit, die die Aufgabe hat, den Pollen festzuhalten und zum Keimen zu bringen. Im Stadium des Keimens, in dem er besonders empfindlich ist, wird er dann durch die Säure, die sich inzwischen zu Schwefelsäure (H, SO.) um gewandelt hat, abgetötet, ehe die Befruchtung vollzogen ist; und zudem versagt die Pollenübertragung, weil die Insekten mit ihren hochentwickelten Geruchsnerven die Säure wittern und solche Blüten nicht besuchen. Diese Erscheinungen, die sich natürlich gleichfalls an der der Schä- denquelle zugewendeten Seite am meisten bemerkbar machen, werden verstärkt durch völlige Vernichtung der Belaubung durch akute Vergiftung. Dahingegen sind die Blütenhüllen ziemlich hart, und wo diese, wie etwa bei der Stachelbeere Rote und Weiße Triumph (Winhams Indu- stry), die Geschlechtsorgane erster Wichtigkeit glocken förmig umschließen, ist ein starker Schutz gegen solche Unfruchtbarkeit durch Säureeinwirkung gegeben. Nicht aber natürlich gegen den Ausfall an Erntemenge, wie er durch verminderte Arbeitsfähigkeit des rauchvergifteten Laubes geboten ist. In dieser Hinsicht nehmen auch die Ackerfrüchte schweren Schaden, indem nicht nur die Erntemengen, also die Größe und Menge der Getreide körner und Kartoffeln, die Dicke der Rüben, das Gewicht an Stroh und Futter reichlich abnehmen, sondern vielfach auch der Gehalt an den wertvollsten Nährstoffen. So geht der Stärkegehalt von Kartoffeln von im Mittel 22 v. H. bis auf 10 und 12 v. H., der Zuckergehalt von Zuckerrüben von 18,5 auf 12 bis 13 v. H. zurück und schafft dort überall große Verluste, wo, wie meist der Fall, diese Er zeugnisse zu Fabrikationszwecken bestimmt sind und nicht nur nach der Menge, sondern nach ihrem Gehalt bezahlt werden. Während ferner der Forstwirtschaft durch den ver minderten Zuwachs an Holz und Abgang von Stämmen in ernsteren Fällen ein großer Ausfall erwächst, werden im Bereiche des Gartenbaues auch unschätzbare ästhe tische Werte durch Rauchgase zerstört oder doch gemin dert. Verfasser kann Fälle anführen, wo ganze garten künstlerische Schöpfungen hohen Wertes ganz oder teil weise untef Rauchgasen eingingen. Schwer gefährdet sind, um nur zwei Beispiele aus der neuesten Zeit der Sachver ständigentätigkeit des Verfassers zu nennen, der Friedhof am Dohrener Turm der Stadt Hannover, und vornehmlich der wegen seiner Pflanzenschätze im weiten Umkreise berühmte Bergpark des Schloss.es Mallinckrodt bei Witten a. d. Ruhr, dessen wervollste Teile bereits völlig verloren sind. Aber auch Baumschulgärtnereien, Gemüsebestände gehen unter der Rauchgaseinwirkung ein. Unter den letzteren sind es vornehmlich die Hülsenfrüchte, die als „Merk pflanzen“ natürlich besonders leiden. Ferner Gurken, To maten, Kürbis, Rotkohl, der merkwürdigerweise keine festen Köpfe mehr bilden will. Wer Anlaß hat, sich über Einzelheiten zu unterrich ten, findet solche in großer Ausführlichkeit in meiner Ar beit über gärtnerische Rauchgasschäden*). Diese enthält auch eine ausführliche Aufstellung der gärtnerisch und gartenkünstlerisch gebräuchlichen Nutz- und Zierpflanzen nach dem Grade ihrer Härte bzw. Empfindlichkeit, die dem Gärtner und Gartenkünstler in Rauchgasgegenden, also in den Großstädten und in Industriegebieten, vielleicht von Wert ist. Indem ich auf diese Zusammenstellungen verweise, will ich hier nur einige summarische Angaben dazu machen: Alle veredelten Gehölze sind empfindlicher als nicht veredelte, vornehmlich aus Samen erzogene. Legt man den Empfindlichkeitsgrad der gewöhnlichen, grünlaubigen ") A. Janson, Gärtnerische .Rauchgasschäden, Erfahrungen einer 12jährigen Sachverständigentätigkeit, Verlag Paul Parey, Berlin SW 11. Preis 3 M. Auch zu beziehen durch den Ver lag des „Handelsgärtner". Leipzig-R., Comeniusstr 17. Arten zugrunde, sind weißbunte und gelbe empfindlicher als diese, rotlaubige, blaurote aber härter. So sind Blutbuchen und Blutbirken härter als die Stammformen, weißbunte Negundoahorne aber empfindlicher als der ge wöhnliche Acer Negundo. Will man in Rauchgasgegenden buntlaubige Gehölze pflanzen, bevorzuge man allgemein dunkellaubige Sorten. Ein günstiger Umstand ist es, daß unter den Nadelhölzern die weißblauen (also etwa Picea Engelmanni, Abies concolor, Abies nobilis glauca, Cha- maecyparis pisifera squarrosa u. a.) und hellvioletten am härtesten sind, so daß doch immerhin noch die Verwen dung freundlicher Farbtöne freibleibt. Viel kann zum Schutze solcher gefährdeter Schöpfungen getan werden, wenn Gehölze, welche erfahrungsgemäß hart sind, gegen die Schädenquelle hin als dichte Schutzpflanzung gesetzt weiden; so etwa Pappeln aller Art, Weiden, Robinia pseud- acacia, Acer campestre, obengenannte Koniferen, Ulmen. Eine erschöpfende Aufzählung an dieser Stelle kann nicht gegeben werden, vielmehr verweise ich Interessenten auf jene ausführlichen Listen, die auch die Stauden, Obst sorten usw. behandeln. Nur soll noch kurz erwähnt wer den, daß nicht nur der Empfindlichkeitsgrad der Arten un- gemein verschieden ist, sondern daß auch innerhalb dieser die Zuchtsorten große Verschiedenheiten zeigen. Williams Christbirne, Clapps Liebling, Box' Flaschenhirne, Pasto renbirne sind beispielsweise recht hart, wenngleich die letztgenannte starke Neigung bekundet, rübenartig zu blei ben. Weiße Herbstbutterbirne, Regentin, Olivier von Ser res, Esperine sind dagegen empfindlich. So ist es überall da, wo man von einer Art viel Sorten hat. Und das Eigen artige ist, daß man nicht nur innerhalb der Arten, sondern auch unter den Sorten von hoher Empfindlichkeit solchen Einzelpflanzen begegnet, die individuell fast vollkommen hart sind; und umgekehrt unter den harten auch gelegent lich vereinzelt hochgradig weiche gefunden werden. Im allgemeinen leiden Koniferen unter der Säuregift wirkung mehr als Laubhölzer. Die Erklärung dafür liegt darin, daß besonders solche Nadelhölzer, die ihre Heimat im Hochgebirge haben, bei uns im milden Klima auch einen großen Teil des Winters hindurch assimilieren, und da zudem die immergrüne Benadlung bzw. Belaubung viel länger, als nur einen Sommer der Raucheinwirkung ausgesetzt ist, treten besonders chronische Vergiftungen viel leichter ein, als bei Laubhölzern. Dafür aber leiden diese an ihrem weicheren Laub außer durch eingeatmete schweflige Säure vermehrt auch durch die Aetzwirkung der Schwefelsäure, die sich besonders bei Nebel und Re gen alsbald aus SO., bildet und auf dem Laube nieder schlägt. Auch aus den Rußniederschlägen laugt das Re genwasser H, SO,; die Rußablagerungen sind also nicht allein durch Verminderung der Assimilation nachteilig, sondern ebenso sehr durch Aetznachwirkung. — Mit dieser Arbeit, die nur die für die Praxis wesent lichen Gesichtspunkte bringen wollte, verfolgt der Verfas ser verschiedene Zwecke. Zunächst jenen, auf die große Gefahr aufmerksam zu machen, die aus dem stetigen Wachsen der Industrie in den letzten Jahren mit ihrem riesenhaft anschwellenden Braunkohlenverbrauch der Pflanzenwelt erwächst; dann: die Erkennung von Rauchgasschäden demjenigen zu ermöglichen, der damit noch nicht vertraut war oder die Ursache des Eingehens oder Kränkelns anderswo ver mutete. Da Neupflänzlinge der Vergiftungsgefahr besonders i leicht unterliegen und oft, ohne daß die Ursache des Ein gehens richtig erkannt worden wäre, kostspielige Prozesse zum Schaden des pflanzenden Gärtners endeten, die Ur sache nachzuweisen, sofern Rauchsäurevergiftung vorlie gen kann. Endlich, Anregung zu geben, daß unser gärtnerischer Werk- ( stoff von recht vielen Gärtneraugen kritisch beobachtet [ werde, wie sich die Härte gegen Rauchsäure je nach Art