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Nr. 7 u. 8 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 27 ist doch zweifellos erst in den Blumenläden zu dieser Ge schmacksverirrung erzogen worden. Nur weil den Leuten die mit Kreppapier aufgeputzten Topfpflanzen in den Schau- । fenstern zum Verkauf angeboten wurden, ist die Nachfrage i danach entstanden. Ganz bestimmt sind die Kreppapier pflanzen keine Erfindung des Publikums, Die Sünder sind ursprünglich die Blumenverkäufer gewesen, und zwar nicht nur Blumenhändler im engeren Sinne des Wortes, sondern selbstverständlich auch die Gärtner, die Blumenläden an ihren Gärtnereibetrieb angegliedert haben, oder auch in ihren ; Gärtnereien selbst Topfpflanzen direkt an die Kundschaft abgeben. Das kann doch wohl von keinem billig Denkenden bestritten werden. Vor allem aber ist es ganz und gar unangebracht, eine auf ästhetischem Gebiet liegende Angelegenheit zu benutzn, um die Meinungsverschiedenheiten zwischen Gärtnern und Blumengeschäftsinhabern zu vergrößern. Jeder unbefangene L eser der Ausführungen des Herrn Tscheuke muß aber zu der Ansicht kommen, daß die Tendenz derselben nach die ser Richtung hingeht. Das zeigen besondern auch die Schlußausführungen des Aufsatzes, in denen der Verfasser auch auf seinen Ausgangs punkt, nämlich die Kunstblumen, zurückkommt. Sie lauten: „Die Kunstblume wird uns helfen müssen, dem Gärtner zu zeigen, daß wir unsere Unabhängigkeit in der Auswahl des Materials zu erhalten wünschen. Wir müssen ein Gegen gewicht in den Händen haben, den Gärtnern zu zeigen, wohin es führt, wenn sie Organisationen veranlassen, gegen jede Zufuhr von außen Stellung zu nehmen. Unter dem Schutze der Gärtnerei, die wir mit gefördert haben, wollten wir ge wiß nicht unsere Wehrlosigkeit gegen jede Preisforderung verstanden wissen, noch weniger eine Marktlage, die uns zwingt, Krüppel und minderwertiges Zeug als Blumen in die Schaufenster zu stellen. Sollte unsere maßvolle Haltung mißverstanden sein, so werden wir uns zur Aufklärung zu sammenfinden. Die Kunstblume wird uns dabei gute Dienste leisten. Wir wollen deutsche Blumen, gewiß, aber Blumen, die auch Blumen, und Pflanzen, die auch Pflanzen sind und nicht Gerüste für Krepp-Phantasien.“ Danach, soll also wohl, wenn es nach dem Wunsch des Herrn Tscheuke geht, unter Umständen ein Feldzug gegen die Kinder Floras geführt werden. Ein Kampf für das Ziel: Freie Blumenzufuhr aus dem Auslande! In diesem Kampfe soll die künstliche, tote Blume als Waffe gegen ihre natür lichen lebenden, der heimatlichen Scholle entsproßten Schwestern dienen. Ein sonderbarer Kampf, in dem man mit toten Blumen gegen die einheimischen lebenden zugun sten der ausländischen lebenden Blumen kämpft! Es bleibt abzuwarten, was die dritte dabei interessierte Partei, näm lich das kaufende Publikum, zu der ihm zugedachten Zu mutung sagen wird, wenn es soweit kommen sollte. Es wird aber wohl nicht soweit kommen! Denn wer jetzt diesen Gedanken propagiert, der muß doch im Grunde der Ansicht sein, daß es den Leuten, denen er die Rolle der Kämpfer für seine Idee zugedacht hat, mög lich ist, wenn auch nur zeitweise, mit noch viel weniger Naturblumen auszukommen, als mit der ohnedies durch den Krieg usw. verringerten Menge, ohne ihre geschäftliche Exi stenz zu gefährden. Sonst würde er ihnen doch nicht den Rat erteilen, in einer Zeit, wo angeblich die vorhandenen heimischen Blumen so ungeheuer knapp sind, daß man schon gezwungen sei, zur Fristung der Existenz alles Krüppelzeug zu kaufen, noch viel weniger natürliche Blumen zu verbrauchen, nur um auf diese Weise einen Druck auf die Gegner in der Zollfrage auszu üben. Ein Parteiführer pflegt doch nicht seinen Parteifreun den, die er zum Kampf für eine Idee aufruft, zum wirtschaft lichen Selbstmord zu raten! Die Kämpfer für die Idee würden natürlich die Blumen geschäftsinhaber sein. Sie alle würden durch die Beteili gung an dem Kampfe im Sinne des Herrn Tscheuke nur die Kampfstellung ihrer Gegner verstärken. Denn sie würden durch die als Kampfmaßnahme durchgeführte freiwillige Herabsetzung des Verbrauchs an einheimischen frischen Blumen in einer Zeit der fast gänzlich unterbundenen Ein fuhr von Auslandsblumen den Beweis liefern, daß sie der Auslandsblumen zur Erhaltung ihrer Existenz erst recht nicht bedürfen. Auf diesem Standpunkte aber steht ihre Gegen seite. Sie behauptet ja eben, daß es im Frieden unter nor malen Erzeugungsverhältnissen sehr wohl möglich sei, den Blumenbedarf der deutschen Bindestuben durch Erzeugnisse des deutschen Gartens, der deutschen Gewächshäuser und Treibkästen zu decken. - Eine derartige Stärkung der Gegenpartei dürfte aber doch wohl kaum das von den Rufern zu diesem Streite er strebte Ziel sein! X. Y. Z. ====================== 1 Praxis und Wissenschaft J Einige der besten Kirschensorten. Wer Kirschen pflanzen will, der soll mehr als bei Hepfeln und Birnen die sogenannten Lokalsorten beachten und diese in erster Linie bevorzugen und auch in der Baumschule vermehren. Natürlich nur diejenigen Lokal sorten, welche sich in der betreffenden Gegend oder wenigstens unter ähnlichen Hnbauverhältnissen als tragbar bewährt haben und daher auch als Nutzbringer mit gutem Gewissen empfohlen werden können. Ich möchte in den nachfolgenden Zeilen einige gute Sorten nennen, und zwar der Reifezeit nach geordnet. Kassins frühe Herzkirsche hat vor anderen schwar zen Herzkirschensorten den großen Vorzug, gut versand fähig zu sein. Ich schätze sie deshalb von allen frühen schwarzen Herzkirschen am höchsten. Der Baum entwickelt bei starkem Wuchs eine breit kugelförmig gewölbte Krone und ist sehr fruchtbar. Die Frucht reift in der ersten Woche der Kirschzeit. Kunzes Kirsche reift eine Woche später. Sie gehört zu der Gruppe der bunten Herzkirschen. Ihre großen gelb roten Früchte zeichnen sich durch lange Haltbarkeit und gute Versendbarkeit aus. Der Baum ist von sehr kräftigem Wuchs und bildet schöne hochkugelförmig gebaute Kronen. Maibigarreau. Sie ist in ihren Eigenschaften der Kunzes Kirsche sehr ähnlich. Die Cardorfer Frühkirsche reift etwa gleichzeitig mit Kunzes Kirsche oder nur wenige Tage später. Ihre Früchte sind groß, von stumpf herzförmiger Gestalt, bei voller Reife braunrot mit dunkelrotem erfrischendem, ziemlich festem Fleisch. Der Baum wächst sehr kräftig, leidet nicht unter Krankheiten und macht breitkugelförmige Kronen. Lauermann s Kirsche, auch große Prinzessinkirsche genannt, reift in der dritten und vierten Woche der Kirschen zeit. Sie ist eine Knorpelkirsche und hat große herzförmige gelb und rot gefärbte Früchte und festes, vorzüglich schmeckendes Fleisch. Die Fruchtbarkeit des Baumes, der sich durch auffällig hochstrebenden Wuchs auszeichnet, läßt nichts zu wünschen übrig. Es wird allerdings hier und da geklagt, daß er unter Krankheiten mehr litt als andere Sorten. Nach meiner Beobachtung stehen aber diese nicht gesunden Bäume der Lauermanns Kirsche stets an Stand orten, welche als Kirschlagen nicht vollwertig sind. Büttners späte rote Knorpelkirsche. Ihre Reife zeit fällt je nach der Witterung in die vierte bis iünfte Woche,der Kirschenzeit. Sie ist besonders im Herzogtum Hnhalt, mehr aber noch in der Provinz Sachsen verbreitet. Der Baumwuchs dieser Sorte ist ganz auffällig hochstrebend und erinnert ah manche Waldkirschenbäume mit starkem, dabei schlankem Stamm und spitzwinklig vom Stamm ab aufwärts wachsenden Resten und Zweigen. Dieser Wuchs macht sie besonders geeignet zur Verwendung als Straßen baum. Die Frucht ist leuchtend-rotbäckig, sehr wohl schmeckend und wird vor allem zum Einmachen gern gekauft.