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20 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 5 u. 6 gesund wären, was die chemische und mikroskopische Ana lyse leicht ergibt. Letztere läßt starke Vermorschung und Brüchigkeit der Zellwände, vornehmlich in der Nähe der Spaltöffnungen, erkennen. Das Zellwasser fehlt, das Proto plasma ist wandständig oder klumpig eingetrocknet, ge bräunt oder vergilbt. Auch das Jungholz, sofern noch krau tig, wird in dieser Weise angegriffen, und zwar ebenso fast immer mit der Schadenseite nach der Rauchquelle hin. Dar in liegt, wie auch im Verlaufe der Schädengassen, ein wich tiger Fingerzeig, wo die Schädenquelle zu suchen ist. Bei den Schädengassen ist charakteristisch, daß sie, verlängert, sämtlich ihrer Hauptrichtung nach in der Lage der Schaden quelle ihren gemeinschaftlichen Schnittpunkt finden. Im Dohrener Falle konnte ich z. B. hierdurch die schädigende Fabrik zweifellos nachweisen. Hinsichtlich der chemischen Analyse nimmt der auf diesem Gebiete Unerfahrene oft an, daß die abgetöte ten Blätter notwendigerweise den höchsten S-Gehalt auf- weisen müßten. Das ist keineswegs der Fall! In starker Verdünnung, also chronisch vergiftet, vermag die Pflanze andauernd sehr hohe Prozentsätze aufzunehmen, ohne abzusterben, wogegen der Tod schon bei einmaliger, etwas höherer Konzentration eintritt. Das erweisen fol gende Zahlen an einem Fall meiner Praxis bei Königshütte (Oberschlesien). Dort ergab die Analyse: krank v. H. abgestorben v.H. Tilia parvifolia 0,762 0,366 Apfellaub 0,618 0,411 Platane 0,789 0,510 Picea alba 0,600 0,345 Bis zum Juni pflegen schwere Schäden, also solche am jungen Laub, weniger stark bemerkbar zu werden. Dies erklärt sich aber dadurch, daß anfänglich dieses Laub zu nächst aus den Reservevorräten des Vorjahres gebildet wird, die Assimilation einstweilen gering ist. Von da ab nimmt bei chronischer Vergiftung der S-Gehalt ständig zu. Die Analyse ergab bei einem Falle bei Glauchau bei spielsweise: am 26 Juni v H. am 26. Juli v. H am 26 Aug. v. H. Aristolochia Sipho . . . 0,117 0,310 0,507 Acer pseudoplatanus . . . 0,209 0,386 0,560 Tilia euchlora 0,188 0,322 0,452 Syringa vulgaris .... 0,190 .0,290 0,517 Haselnuß 0,262 0,400 0,598 Die chemische Analyse mit ihren Ergebnissen ist aus führlicher behandelt worden, als das vielleicht in die Ten denz dieser Arbeit paßt. Doch mit gutem Grunde! Das- ungeübte Auge wird oft im Zweifel sein, ob wirklich Rauchsäureschaden vorliegt. In solchen Zweifelsfällen gibt die Analyse auf Schwefel, die von jedem Chemiker leicht und sicher vorgenommen werden kann, den untrüg lichen Beweis für Rauchsäurevergiftung, sobald nämlich von etwa Ende Juni an, schnell steigend, der Gehalt mehr als 0,100 v, H. beträgt. Der Verlauf der Vergiftungseinflüsse ist besonders bei den Gehölzen außerordentlich einschneidend und kennzeichnend. Während einjährige Pflanzen bei ein maliger akuter Vergiftung — gegen welche sie stets, Aus nahmen immer vorbehalten, minder widerstandsfähig sind als jene — sich nie wieder erholen, wehren sich die mehrjährigen oft jahrelang in erbittertem Kampfe, um end lich doch abzusterben. Die Ursache ihres Widerstandes liegt in dem Vorhandensein wohlgefüllter Reservestoffbe hälter. Diese Vorräte aber erschöpfen sich im Laufe der Jahre, weil das zum großen Teile oder ganz und gar kranke Laub von starkverminderter Arbeitskraft ist und den Ver brauch nicht ersetzen kann. Jeder neue Austrieb, der ja für die gefährdete Pflanze Lebensfrage ist, vermindert den Reservestoffvorrat über den verminderten Zuwachs hin aus, bis endlich völlige Erschöpfung eintritt. Darüber ver gehen oft Jahre, aber der Erfahrene vermag an dem Augenbefund der Pflanzenbestände mit ziemlicher Sicher heit vorauszusagen, wann der Tod, der fast immer von der der Schadenquelle zugewandten Seite und den Wipfeln her beginnt, eintritt. (Sclhuß folgt.) Der Adersieber Calvill, einer der empfehlenswertesten Apfelsorten für alle Baumformen. Ich schätze diesen edlen Calvill als eine der besten Sorten für alle Zwecke, Er ver dient wirklich, allgemein angepflanzt zu werden, in den eigentlichen Obstbaugegenden mit mildem Klima in ge schützt liegenden Erwerbspflanzungen sowohl, als im Garten des Liebhabers, in weniger gutem Klima wenigstens in ge schützten Hausgärten als Buschbaum oder als Wandspalier. Ich habe ein halbes Dutzend Halbstämme dieser Sorte, welche in diesem Jahre wieder überreich mit Früchten be laden waren. Vier Fünftel davon Prachtstücke erster Sor tierung, der Rest zweiter und dritter Klasse, aber alle frei von Schorf, der seinem Vetter oder richtiger Stammvater, dem weißen Wintercalvill, so hart zusetzt. Daher möchte : ich den Adersieber Calvill auf das beste empfehlen Er ist wirklich ein vollwertiger Ersatz für den an Klima und Boden nur allzu anspruchsvollen empfindlichen weißen Winter calvill, sowohl was die Güte der Früchte betrifft, als auch die dafür erzielten Preise. Daher kann er jedem Erwerbsobstzüchter unter Be rücksichtigung der oben angegebenen Standortsansprüche empfohlen werden. Besonders sollte die Sorte auch von Landschaftsgärtnern in den Garten der Liebhaber ange pflanzt werden; sie würden sich auf diese Weise sicher den Dank ihrer Auftraggeber verdienen. M. L. in W. Der Speierlingsbaum, Sorbus domestica, ist in den deutschen Hpfelweingegenden allgemein als Nutzbaum ge schätzt, im übrigen Deutschland aber fast ganz unbekannt. Er ist ein Kind der deutschen Flora und von der Main linie ab in den süddeutschen Mischwäldern nicht eben selten. Besonders gern wächst er auf Kalkuntergrund und erreicht hier, wenn es dem Boden nicht an den erforderlichen son stigen Nährstoffe fehlt, eine Höhe von 12 bis 14 Metern bei entsprechender Entwicklung der Krone. Schon im blattlosen Zustande ist das Zweigwerk des Speierlings leicht von demjenigen der Eberesche zu unterscheiden; seine Knos pen sind nämlich kahl und etwas harzig und klebrig, wäh rend die Eberesche behaarte Knospen hat. Das Laubwerk beider Bäume ähnelt einander, die doldentraubigen Blüten stände des Speierlings bestehen aber im Gegensatz zu denen der Eberesche, die zahlreiche Einzelblüten hat, nur aus 6 bis 12 Blüten. Der Hauptunterschied liegt in der Frucht, die beim Speierlingsbaum Kirschgroße erreicht und dabei birnförmige Gestalt aufweist Seiner nutzbaren Frucht wegen möchte ich den Speierling als Parkbaum empfehlen. Heute sind ja alle Pflanzen hoch im Kurs, die nicht nur Zierwert haben, sondern Nutz- und Zierwert verbinden. Hat man doch sogar den Krauskohl und die rote Rübe für würdig erachtet, auf städtischen Prunkplätzen zu pa radieren. Die Früchte des Speierlings wurden schon im Frie den von den großen Obstweinkeltereien sehr gern gekauft, um ihren Saft zur Verbesserung desRpfel-und Birnmostes zu benutzen. Sie werden also wahrscheinlich auch spä terhin noch gesucht sein, ihr Preis war schon immer höher als der des Mostobstes, unter 10 M. war ein Zentner kaum zu haben. Da nun außerdem der Baum recht nett aussieht, so ist nicht einzusehen, warum er nicht von un seren Landschaftsgärtnern öfter angepflanzt werden könnte, als es bisher geschehen ist. Eine bemerkenswerte Ansicht über die Zunahme der Krebskrankheit der Apfelbäume in Gebirgsgegenden ward von Professor Neger geäußert. Er ist der Meinung, daß die seit zwei Jahrzehnten beobachtete Erscheinung infolge der Verdrängung der alten bodenständigen Lokalsorten durch für das nebelreiche, feuchte Gebirgsklima ungeeig nete Sorten verursacht werde. Es wäre interessant, die Richtigkeit dieser Vermutung in der Praxis nachzuprüfen