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Nr, 41 u. 42 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 163 I. Derselbständige Erwerbsgärtner. Der Gemüsegärtner braucht wenige Mittel zum Anfang. Aber nur großer Fleiß unter Mithilfe aller seiner Familien angehörigen bringt ihn vorwärts. Dr Beerenobstzüchter muß etwas länger auf die ersten Geldeinnahmen warten. In Verbindung mit dem Gemüsebau sind die Einnahmen bei Aufwand von Fleiß bald zu erwarten und gesicherte, denn das Beerenobst ist wie das Gemüse kein Luxus-, sondern ein Bedarfsgegenstand. Obstzüchter von Be ruf zu werden, will reiflich vorher erwogen werden. Der Landschaftsgärtner (Kundengärtner) kann sich ebenfalls mit nur geringen Mitteln eine selbständige Stellung sichern, wenn er in der Anlage und Pflege von Gärten Be scheid weiß und insbesondere auch Obstbäume so anpflan zen, schneiden und pflegen kann, daß sie gut tragen. Der Gartentechniker, Gartengestalter (fälschlich Gar tenarchitekt genannt, Inhaber eines „gartentechnischen Ateliers"), der nicht unbedingt über eine eigene Gärtnerei zu verfügen braucht, muß das Können und Wissen des ein fachen Landschaftsgärtners besitzen und im Entwerfen von Plänen für größere Gartenanlagen, öffentliche Plätze, Parks bewandert sein. Ohne gründliche Kenntnis der lebenden Pflanzen hinsichtlich ihrer ästhetischen Wirkung in der An lage und ihrer Wuchsverhältnisse sowie des toten, zur An lage erforderlichen Materials geht es dabei nicht. Gute Menschenkenntnis zur Behandlung der Arbeitskräfte und zum Umgang mit dem Gartenbesitzer und dem das Haus bauenden Architekten, ruhige Nerven in oft unruhiger Ar beitszeit und rechnerische Veranlagung sind meist nötiger zur Geschäftsgründung als größere Kapitalien. Der Blumenbinder findet bei gutem Können und leich ten Umgangsformen mit der Kundschaft in größeren Städten nicht schwer ein lohnendes Arbeitsgebiet. Die ungeregelte, zu Zeiten der Nachtruhe entbehrende Arbeit in bisweilen auch feuchten, kühlen Räumen bedingen' jedoch eine gute Gesundheit. Manche Blumenbinder haben unruhiges „Künst lerblut“ in sich und bringen es deshalb nicht vorwärts. Der Handelsgärtner (Kunst- und Handelsgärtner früherer Zeit) findet in mittelgroßen und kleinen Städten bei Tüchtig keit und Fleiß meist ein dankbares Arbeitsgebiet. Er zieht Topfpflanzen, Gemüsesetzlinge und Frühgemüse, verkauft Sämereien und Obstbäume, schafft Blumenbindereien, De korationen zu Festlichkeiten, richtet wie der Landschafts gärtner in den größeren Städten Gärten her und unterhält sie. Ueberall muß er Bescheid wissen. Wenn er kaufmän nisch veranlagt ist, nicht alles anziehen will, was er braucht, hat er ein wohl arbeitsreiches, doch nicht unlohnendes Ar beitsfeld, Der Baumschulgärtner muß jahrelang wirtschaften, über größere Mittel verfügen und länger auf Einnahmen warten, die zunächst nur durch Zwischenkulturen zu er reichen sind. In Verbindung mit eigenem landwirtschaft lichem Anbau, schon der Wechselwirtschaft wegen, und mit etwas Viehhaltung hat er meist einen verhältnismäßig ruhi gen, soliden Geschäftsgang. Der Sonderzüchter (Spezialist), der nur eine oder einige Kulturen betreibt — man soll nicht immer alles auf eine Karte setzen — und diese in Mengen anzieht, ist durch die Ansprüche mancher Kulturen und die Absatzmöglichkeit derselben an gewisse Oertlichkeiten gebunden. Er hat ein ruhigeres Leben und glätteren Geschäftsgang bei oft besse ren Geldeinnahmen als der Handelsgärtner, der alle Kulturen betreibt. Hervorragende Kenntnis- des Sondergebietes, die Möglichkeit, erweiterten Absatz für seine Kultur zu schaf fen und kaufmännisches Geschick müssen vorhanden sein. II. D e r b e a m t e t e Gärtner, Der Beamte hat vor dem selbständigen Gärtner den Vorzug einer gesicherten Einnahme und einer gewissen Sorg losigkeit wegen seiner Zukunft. Er muß den Anforderungen der Stellung gewachsen und biegsam sein, sich einem Vor gesetzten unterzuordnen, was manchem und nicht immer dem Untüchtigen in mancher Stellung nicht leicht fällt. Der Privatgärtner, früher Herrschaftsgärtner genannt, hat oft eine recht annehmbare Stellung, wenn er gärtnerisch überall bewandert und fleißig ist und auch von Land- und Forstwirtschaft, Geflügel- und Bienenzucht etwas versteht. Er wird dann oft Vertrauensperson der Herrschaft. Mangelhafte Ausbildung in der Gehilfenzeit, klatsch süchtiger Verkehr mit Dienstboten untergraben ebenso oft seine Stellung, und im Alter kann er leicht durch Besitz-* wechsel brotlos werden. Er sollte deshalb nicht versäumen, in jungen Jahren in eine Lebensversicherung einzutreten. Der Beamte in staatlichen, städtischen oder ähnlichen Btrieben kann mit Erfolg nur nach gründlicher Fachaus bildung tätig sein. Mancher Beamte, der den Gartenbau zu einseitig als „Kunst“ ansieht, versagt bei volkswirtschaft lichen Aufgaben. Zur Erlangung von Beamtenstellungen sind gute Schulbil dung, Einjährigen-Zeugnis, der Besuch einer Gartenbauschule und für die höhere Beamtenlaufbahn als Abschluß die staatliche Prüfung, das Gartenmeisterexamen, unerläßlich nötig. III. Die Gartenbauschule. Bei der Vielseitigkeit unseres Berufes ist für jeden, der höheren Anforderungen des Berufes gerecht werden will, der Besuch einer möglichst staatlichen Gartenbauschule er wünscht. Der Handelsgärtner hielt früher nicht viel von den Gartenbauschulen; heute senden einsichtige Handelsgärtner ihre Söhne mit Vorliebe zur Schule. Man gehe erst mit einer gewissen Reife, etwa nach Beendigung einer mindestens ein- bis zweijährigen Gehilfenzeit, auf die Schule und nütze die vorzügliche Lerngelegenheit reichlich aus. Leider fehlt uns Gärtnern noch das, was die Landwirt schaft in ihren Winterschulen besitzt. Der gärtnerischen Winterschule gehört die Zukunft, und jeder junge Gärtner ohne höhere Schulbildung sollte sie besuchen dürfen. Die gärtnerische Winterschule darf aber kein bloßer Abdruck der landwirtschaftlichen werden, sondern muß die Vielseitig keit, durch die der Gärtnerberuf sich wesentlich von anderen Berufsarten unterscheidet, mit berücksichtigen. IV. Die Gärtnerin. Der Weltkrieg hat manche deutsche Frau auf einen Posten gestellt, von dem wir früher nicht glaubten, daß die Frau ihm gewachsen sein könne. Auch der Gärtnerei haben sich viele junge Mädchen zugewandt und sich vielfach be währt. Wir werden künftighin mehr Gärtnerinnen sehen als bisher. Für die Ausbildung der Gärtnerin gelten die gleichen Gesichtspunkte, wie sie für den jungen Gärtner zutreffen. Auch die junge Gärtnerin soll eine regelrechte Lehrzeit und Jahre der Gehilfinnenausbildung durchmachen. Manche Gärtnerin kann dann ihr Leben lang in Handelsgärtnereien als Gehilfin sich nützlich betätigen, ihr Brot in Ehren essen und als schaffender Mensch glücklich sein. Manche mag in kleineren Privatgärtnereien, die die Anstellung eines ver heirateten Gärtners nicht erlauben, den Gärtner ersetzen oder in etwas Gemüse-, Beerenobst- und Blumenzucht, viel leicht in Verbindung mit Geflügelzucht oder Fremdengast geberei, manche auch als Landschaftsgärtnerin mit der Un terhaltung von Vorstadtgärten ihrem Drange nach Selbst ständigkeit nachgehen. Ueber diese Ziele hinaus wird die Gärtnerin nur in Ausnahmefällen gelangen. Gutsgärtnerin zu werden, ist kaum ein allzusehr erstrebenswertes Ziel. Der Besuch einer Gartenbauschule ist auch für die Gärt nergehilfin vorteilhaft; aber verfehlt für die Berufsgärtnerin ist die bisherige Art ihrer Ausbildung, die ohne vorhergegan gene Lehrzeit zur Gartenbauschule für Frauen hinwies. Den beträchtlichen Kosten dieser rein schulmäßigen, den For derungen der Praris nicht genügend gerecht werdenden Aus-