Volltext Seite (XML)
162 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 41 u. 42 Praxis und Wissenschaft Der Beruf des Gärtners? Von Kgl. Garteninspektor Max Löbner, Bonn. Die Zukunft jedes Berufes ruht auf der Jugend. Den jungen Gärtnern ist dieses Merkblatt gewidmet. Wie die Einleitung in den „Bestimmungen über die Ein führung einer Prüfung der Gärtnereilehrlinge in der Rhein provinz'' sagt, verlangt die Gärtnerei geistig und körperlich vollwertige Menschen, denn kaum ein anderer Beruf als der des Gärtners besitzt eine so große Vielseitigkeit und erfor dert deshalb vielfaches Können und Wissen, und viele Ar beiten können nur von einem kräftigen Körper geleistet werden. Rasch reich werden kann man als Gärtner auch nicht. Aber kaum ein anderer Beruf ist so anregend und schön, wie der des Gärtners. Am frühen Frühlingsmorgen be grüßen uns der Vögel Stimmen, ein warmer Mairegen läßt uns das Geheimnis des Wachsens erkennen, die Rosenblüte kann uns den Himmel öffnen, und mit der Obsternte treten leibliche zu den geistigen Genüssen. Mit welcher Spannung wird dem Aufblühen einer neuen Rosen-, Dahlien-, Chry santhemumsorte oder dem einer eigenen Züchtung entgegen gesehen, an die jahrelange Arbeit und Liebe verwendet wur den. Wen diese Gefühle beherrschen, der ist ein Gärtner: er wird auch der Arbeit Schwere und Schmutz nicht scheuen und es bei klarem, kühlem Kopf vorwärtsbringen. Die Lehrzeit, Je vielseitiger ein Geschäft ist, um so besser eignet es sich zur Ausbildung von Lehrlingen, Des halb sind die guten Handelsgärtnereien mittelgroßer und klei ner Städte, die noch alle Kulturen betreiben, und die Privat gärtnereien vermögender Herrschaften die besten Lehr stellen, In beiden sind die Geschäftsinhaber oder Leiter selbsttätig im Betrieb und empfinden die Verantwortung für die Ausbildung des Lehrlings, Wenn in städtischen, staat lichen und fürstlichen Gärtnereien die Lehrlinge sich zu viel selbst überlassen sind, erlernen sie das Arbeiten nur bei gro ßer Willensstärke. Gärtnereien mit ganz einseitigen Kul turen sind als Lehrstellen wenig geeignet. Auch wer später Obstzüchter, Blumengeschäftsinhaber oder Gartenbau-Beamter werden will, sollte möglichst durch eine Lehrstelle mit vielseitiger Ausbildungsgelegenheit hin durchgehen, Lehrjahre sind keine Herrenjahre, und was man für den Lehrherrn, den Meister im besten Sinne des Wortes, arbei tet, tut man gleichzeitig für sich. Deshalb muß man auch einem strengen, tüchtigen Lehrherrn sein Lebtag lang dank bar sein. Die Wahl des Lehrherrn ist Vertrauenssache, Während der Lehrzeit ist ein Tagebuch zu führen (Merkblatt Nr, 4, Das Tagebuch des Gärtners. Tagebücher mit Vordruck sind durch die Landwirtschaftskammer zum Preise von 2 M zu beziehen) und am Ende derselben ist die Lehrlingsprüfung zu bestehen. Söhne von Gärtnern sollten nicht beim Vater lernen, sondern fremden Wind um Nase und Ohren wehen lassen. Die Gehilfenzeit. Wer etwas kann und dem Geschäft *) Die gärtnerische Versuchsanstalt der Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz veröffentlicht als Merkblatt 5 die nachstehen den Ausführungen. Dieselben sind frei von allem Phrasentum und zwecklosem Gefühlsüberschwang, frei auch von jeder Schönfärberei, Sie sind vorzüglich geeignet, dem jungen Gärtner ein wirkliches Bild des Berufes zu vermitteln. Jeder einsichtige Handelsgärtner sollte das Merkblatt 5 daher in die Hand seiner Lehrlinge und Gehilfen geben. Es kann für die Mitglieder der „Rheinischen Gärtner-Ver einigung“ unentgeltlich, von anderen Gärtnern zum Preise von 25 Pf. für 1 Stück, von 10 Pf. für das Stück beim Bezüge von 10 bis 50 Exemplaren, von 5 Pf. pro Stück, wenn mehr als 50 Stück verlangt werden, portofrei von der Landwirtschaftskammer für die Rhein provinz in Bonn bezogen werden. bei jeder Arbeit eine Hilfe ist, der ist Gehilfe. Wer im ersten Gehilfenjahre nicht voll auszuhalten vermag, wird selten ein rechter Gärtner. Es ist nicht schwer, eine Gehilfenstellung zu bekommen; nicht immer leicht, doch erforderlich, sich dieselbe zu erhalten. Nach Beendigung der Lehrzeit bleibe der junge Gärtner zur Erweiterung seiner Kenntnisse zu nächst noch in der Handelsgärtnerei. In den nächsten Jah ren wende er sich, je nach Ziel, Neigung und Gaben, andern Berufszweigen zu, der Baumkultur, Stauden- und Schnitt blumenzucht, dem Obst- und Gemüseanbau, der Landschafts gärtnerei, Samenzucht und Blumenbinderei. Stets schaffensfreudig bei der Arbeit, teile er auch die arbeitsfreien Stunden zur Weiterbildung nützlich ein, denn das Leben erfordert viel Wissen, wenn man ihm später ge recht werden will. In den Gehilfenvereinen und Ortsgruppen des Verban des deutscher Privatgärtner findet er auch die erste Ge legenheit, sich im freien Vortrag zu üben. Wenn im Ort ein Jugend-, Gesang- oder Turnverein vorhanden ist, darf er auch diesem angehören, um nicht zu einseitig in geistiger und körperlicher Hinsicht zu werden. In großen Städten vergeuden viele Gehilfen die Zeit ihrer Ausbildung. Die Obergärtnerzeit, Ein Obergärtner muß soweit aus gebildet und in sich gefestigt sein, daß er. den Geschäfts inhaber vertreten kann. Neben der Kenntnis, die Pflanzen kulturen auf die Höhe zu bringen, muß er Ueberblick über die Reihenfolge und das Ineinandergreifen der Arbeiten, eine zweckentsprechende Auswahl der für dieselben erforder lichen Arbeitskräfte besitzen und über einen angenehmen Umgang mit der Kundschaft verfügen. Den Leuten gegen über sei er ein strenger, doch gerechter, wohlwollender Vor gesetzter. Wer sich als Obergärtner bewährt, den Drang in sich fühlt und die Mittel besitzt, sich selbständig zu machen, darf diesen Schritt tun. Der Mittellose zieht eine Anstellung in einer Erwerbs- oder Privatgärtnerei der Selbständigkeit vor, um Sorgen, die Krankheit oder Unglück ihm und der bald vorhandenen Familie bereiten können, aus dem Wege zu gehen. Der Sprung vom Gehilfen zum Geschäftsinhaber aber ist fast immer ein gewagter. Der selbständige Gärtner. Meister muß sich immer pla gen. Arbeit von früh bis zum Abend, im Sommer wie im Win ter, bei Regen und Sonnenschein harrt im besondern des Gärtners. Der Gärtner aber, der etwas kann und mehr mit dem Kopf als mit den Händen arbeitet, ist besser daran als der bloße Arbeiter, Kenntnisse erwirbt man sich /leicht durch das Lesen guter Fachzeitschriften und Bücher. Ein Bäcker, Fleischer oder Barbier braucht nicht viele Mittel zum Anfang. Schon tags nach der Geschäftsgründung kommen die ersten Geldeinnahmen und bald auch ein Ueberblick über den Gang des Geschäftes. Ein Gärtner muß oft jahrelang warten, ehe er einen Reingewinn erzielt, volle vier bis sechs Jahre in der Baumzucht, noch länger im Obst bau. Neben dem nicht kleinen Anlagekapital sind deshalb noch beträchtliche Mittel zum Betrieb und Lebensunterhalt erforderlich. Und kaufmännisch rechnen muß er können. Planlos Pflanzen anziehen ist nicht schwer, sie mit Gewinn absetzen, will erlernt sein. Hier kann nur eine geregelte Buchführung den Weg zum Vprwärtskommen zeigen. Wir verweisen auf die von der Landwirtschaftskammer für die Rheinprovinz eingeführte, die den klein-gärtnerischen Ver hältnissen angepaßt ist. Alles Große auf Erden hat sich aus kleinen Anfängen entwickelt. Jeder Anfänger fange deshalb klein an und stecke kein großes Kapital in eine Anlage, deren Entwick lung er beim Anfängen meist noch nicht übersehen kann. Insbesondere Gewächshausbauten können viel Geld ver schlingen, das nicht immer wieder herausgewirtschaftet wird.