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Nr. 41 u. 42 Freitag, den 11. Oktober 1918. XX. Jahrgang. Der Handelsgärtner Abonnementspreis bei direktem Bezug vom Verlag: für Deutschland, Oesterreich und Luxemburg M. 5.—, für das Ausland M. 8.—, durch die Post oder den Buchhandel M. 20.— pro Kalenderjahr. Ausgabe jeden Freitag. Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Begründet von Otto Thalacker. —Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig-R., Gomenlusstr. 17. Das Abonnement gilt fortlaufend und kann nur durch Abbestellung 14 Tage vor Jahresschluß aufgehoben werden. Inserate 30 Pfennig für die fünf- gespaltene Nonpareille-Zeile, auf dem Umschlag 40 Pfennig, im Reklameteil M. 1.— für die zweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. Teuerungszuschlag 25°/0. Das Abonnement gilt fortlaufend und kann nur durch Abbestellung 14 Tage vor Jahresschluß aufgehoben werden. Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Die Gartenbauschule dem Gartenbaulehrer! — Praxis und Wissenschaft: Der Be ruf des Gärtners. — Eine Hauptsadie bei der Kultur der Primula obconica. — Rosa hispida (Sims.), eine schöne Wildrose.-—Die neuen Hybriden von Billbergia nutans.— Zur Giftigkeit von Taxus (Eibe) und Akazie.—Krebsfeste Kartoffelsorten. — Vertilgung von Pflanzenschädlingen nach einem neuen Verfahren. — Kleinere Mitteilungen. — Rechtspflege: Verkauf von Gärtnereien und Konkurrenzrecht. — Handelsnachrichten. — Handelsregister. — Geschäftsnadirichten. — Personalien. — Ehrentafel. — Bücherschau. Die Gartenbauschule dem Gartenbaulehrer! Man schreibt uns: „Hat man schon jemals vernommen, daß die Fein mechaniker die Leitung oder ein Lehramt einer Fach schule ihres Gewerbes einem Grobschmied übertragen hätten, oder die Schuhmacher einem Sattler? Wird es jemals den Bautechnikern einfallen, etwa einen Maschi nenbaufachmann mit der Leitung oder Lehrtätigkeit an einer Baugewerbeschule zu betreuen? Jeder Angehörige der genannten Berufe würde dieses Vorhaben als albern und sinnlos zurückweisen. Gar nicht so selten anders ist es auch bei uns Gärtnern. Wir halten immer noch Volks- oder Real schullehrer oder Landwirte für die zu diesem Zwecke am besten geeigneten Männer, gerade als ob es nicht genug Be rufsgenossen gäbe, die sehr wohl dieses Amt versehen könnten. Zwar, an den Königlichen Lehranstalten hat man verständigerweise den Grundsätzen der Vernunft in dieser Hinsicht Beachtung geschenkt. Vor allem muß aber darauf geachtet werden, daß nicht das an vielen Orten in der Entstehung begriffene gärtnerische Fortbil dungsschulwesen zur Ausbildung der Lehrlinge und die Einrichtung, Leitung und Lehrämter der Gartenbauwin terschulen für Gehilfen, die sicher in Zukunft nach Wie derkehr friedlicher Zeiten auch für unsern Beruf geschaf fen werden, in die Hände irgendwelcher Laien geraten. Zu den Laien rechne ich auch die Landwirte und Lehrer aller Rangstufen, vom „höheren" Lehrer mit oder ohne tönende Titel bis zum Dorfschullehrer. Es will'mir scheinen, wir Gärtner seien als Fachleute und Menschen reif genug, um die Ordnung und Ausübung unseres gesamten Fachunterrichts, insonderheit des für jeden Beruf so wichtigen Fortbildungsschulwesens, in unsere eigenen Hände zu nehmen und den Laien den Eintritt in unsere Schulstuben zu verwehren! Was weiß der Laie, wo uns Gärtner, insbesondere den Handelsgärtnen, der Schuh drückt? Wie (kann ein Laie mit ganzem Herzen den Beruf als Gartenbaulehrer oder Schulleiter ausüben, da er doch nie am eigenen Leibe erfahren hat, was unserem Berufe frommt? Allerdings gibt es ja Laien, die mit einer anerkennenswerten Ge wandtheit sich in die Tätigkeit als Gartenbaulehrer oder Schulleiter eingearbeitet haben. Aber Gärtner sind sie deshalb noch lange nicht geworden. Immer werden sie mit ihrem ganzen Wesen nur an der Oberfläche unserer beruflichen Angelegenheiten haften, ohne in die Tiefe des Stoffes einzudringen. Das ist auch ganz erklärlich und soll jenen Männern nicht als Vorwurf gelten; aber immer hin muß es einmal ausgesprochen werden, damit nicht bei künftigen Gelegenheiten wiederum der Fehler gemacht wird, den fachlichen Unterricht unseres beruflichen Nach wuchses in die Hände von Nichtfachleuten zu legen. Als Fachunterricht möchte ich auch die Unterweisung in Rechnen, Geometrie und Zeichnen verstanden wissen. Auch in Chemie, Physik und Düngerlehre kann ein entspre chend geschulter Gärtner sicherlich besser und erfolg reicher, d, h. mehr den Bedürfnissen unseres Berufes an gepaßt unterrichten, als ein Real- oder Volksschullehrer oder etwa ein junger Kandidat des landwirtschaftlichen Lehrberufs, dessen ganze Berührung mit dem Gartenbau sich vermutlich bisher darauf beschränkt hat, daß er als Landwirtschaftslehrling oder stolzer angehender Verwalter verachtungsvoll auf die Tätigkeit des Gutsgärtners herab geschaut und diesem, so weit es ihm möglich war, das Le ben nach Kräften schwer gemacht hat. Ja, sogar der Unterricht in dem so wichtigen Lehrfache „gärtnerische Betriebslehre" ist an einer dem Verfasser bekannten gärtnerischen Fach- und Fortbildungsschule schon von jungen Lehramtskandidaten der Landwirtschaft erteilt worden, und an der gleichen Schule der gärtnerische Zei chenunterricht von einem Tierzuchtinspektor. Die Lei tung dieser Schule liegt selbstverständlich in der Hand eines Laien. Unter der Leitung eines Gartenbaufach mannes wäre so etwas natürlich nicht möglich. Darum, wo immer Gelegenheit ist, die Stimme zu erheben, müssen die Gärtner tatkräftig dafür eintreten, daß die Führung und der Unterricht an gärtnerischen Fach- und Fortbil dungsschulen, überhaupt an jeder gärtnerischen Unter richtsstätte, ausschließlich gärtnerischen Berufsgenossen, und zwar solchen mit ausreichender gärtnerischer Praxis und entsprechenden theoretischen Kenntnissen, sowie den zum Lehrberuf notwendigen persönlichen Eigenschaften an vertraut wird. Denn nur dann können theoretische Kenntnisse nütz lich und fruchtbringend werden, wenn der Lehrer es versteht, sie ständig mit den Erfahrungen der Praxis zu verknüpfen, und das kann er natürlich nur, wenn er selbst genügende Erfahrungen in eigener Praxis gesammelt hat. Im übrigen aber müssen wir Gärtner auch in dieser für unseren Beruf so wichtigen Angelegenheit nach dem gesunden Grundsätze handeln: „Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr!“ und müssen da für sorgen, daß wir Herren in unserem eigenen Hause bleiben. M. L. in W."