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Nr. 29 u. 30 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 115 Samengroßhandlungen und der Korbwarenbranche in großen Mengen gekauft und verwendet wird. Es müßten sich am besten alle Verbände, die an Bin dereibedarf grenzen bzw. die zugehörigen Artikel kaufen und verwenden, zusammenschließen, wie solches gleichfalls in anderen Branchen, wo ähnliche Verhältnisse herrschen, zu geschehen hätte. Die Verbände müßten auch zugleich einen Einfluß auf die Preisbildung und den Abbau der wäh rend des Krieges abnorm gestiegenen Werte auszuüben in der Lage sein. Wir wollen dem Staate nicht jede Einmischung und Aufsicht für den Anfang der Uebergangswirtschaft abspre chen, möchten aber den wohlberechtigten Wunsch ausspre chen, daß die freie Bewegung der Verbände und der sich daraus ergebende freie Handel möglichst bald wieder in frü herer Weise sich entwickeln könne. Der Staat hat durch Ausschaltung des Großhandels während des Krieges ge zeigt, daß er einen nie wieder gutzumachenden Fehler be gangen. In der Meinung, kaufmännische Geschäfte ebenso gut wie der geübte Großhandel und sogar noch besser füh ren zu können, haben Staat und Gemeinde mit wenig Aus nahmen großes Fiasko gemacht. Es sind dem Reiche und der Bevölkerung Millionen und Milliarden verlorengegangen, deren Stoffwerte für Geld gar nicht mehr zu beschaffen sind. Die sogenannten kaufmännischen Geschäfte und Trans aktionen der verschiedenen staatlich bestellten Gesell schaften sind vielfach in so auffallend verkehrten Richtun gen geführt worden, daß ein Kaufmann gar nicht imstande ist, der Sache eine richtige Auffassung abzugewinnen. Be sonders in den so notwendigen Nahrungsmitteln ist mit schädlichen Verfügungen aller Art so schwer gesündigt wor den, daß die dadurch entstandenen Schäden an Leib und Leben der Bevölkerung gar nicht geschätzt werden können. Wir wollen auf Einzelheiten nicht eingehen. Jeder wird genügend Erfahrung darin gesammelt haben. Desto eher soll jetzt für die Uebergangswirtschaft der Staat die Mithilfe der Kaufmannschaft zur Gesundung von Handel und Indu strie heranziehen und därnach streben, möglichst bald den freien Handel wieder an seine rechtmäßige Stelle zu setzen. Die Ungleichheit der Branchen wird wohl auch eine ge wisse Ungleichheit in der Zeit zur Uebernahme durch den freien Handel bedingen. Der Staat soll aber hierin in libe raler Weise den Verbänden die weitestgehenden Ermächti gungen gewähren, da diese, von Kaufleuten geführt und ge leitet, am ehesten imstande sind, die Lage zu erfassen und die richtigen Verfügungen zu treffen. Doch müssen wir vor allem, wie schon mehrfach bemerkt, in einem sicheren, vor teilhaften Frieden eine Unterlage besitzen, auf der wir die Zukunft aufzubauen berechtigt sind. Die Zukunftspläne für die Uebergangswirtschaft wer den sich genau nach den Paragraphen des Friedensvertrages richten müssen, und es hängt auch von diesem ab, ob wir schon in kürzerer oder erst in längerer Zeit wieder zu den geordneten Verhältnissen des freien Handels zurückzukeh ren in der Lage sind. Auch die Valuta, d. h. die Bewertung unseres deutschen Geldes im Auslande, spricht ein gewichtiges Wort mit bei der Uebergangswirtschaft. Wenn man im Auslande die deutsche Reichsmark nur zum Werte von 75 Pf. bei Zah lungen für erhaltene Waren annimmt oder uns die ausländi sche Währung, in der wir zahlen müssen, um 50 v. H. höher bezahlen läßt, dann kostet die Ware eben um so viel mehr, bis sie in die Hände des Käufers gelangt. M. E. hat man die Zahlungen nach dem Auslande viel zu streng unter bunden. Angeblich wollte man damit den niederen Kurs unserer Reichsmark nicht unterstützen oder noch mehr her unterdrücken. Ich glaube aber, daß ein zugelassener leb hafterer Handelsverkehr mit dem Auslande in vielen Fällen das Gegenteil dieser Befürchtung verursacht hätte. Angenommen, die Reichsregierung hätte gestattet, die sen oder jenen Artikel, nach dem sich eifriger Bedarf ge zeigt, im neutralen Auslande einzukaufen und nach Deutsch land einzuführen, so hätte sich im Auslande das Angebot in diesen Artikeln belebt und damit der Preis und die Va luta ermäßigt. In dem Bestreben, mit Deutschland Ge schäfte zu machen und verfügbare Warenposten abzustoßen, würden sich die neutralen Kaufleute zu Konzessionen be reit gefunden haben. Wenn nun noch die Reichsregierung diese Geschäfte bei Angeboten und Zahlungen nur in deutscher Währung ge stattet hätte, würde sicher der Einfluß auf die Höherbewer tung der Reichsmark, auf die Valuta im neutralen Auslande, ein guter gewesen sein. Anderseits mußte der deutsche Verbraucher sich mit min derwertigen Ersatzprodukten behelfen oder die geringen Mengen der noch vorhandenen ausländischen Rohstoffe mit unerhört hohen Preisen bezahlen, die Handel und Verbrauch lahmlegten. Eine richtig angewandte Handelspolitik dem neutralen Auslande gegenüber würde nicht allein die Valuta gehoben, sondern die ungeheuren Verluste, die durch Mangel an Roh stoffen in Deutschland für Handel und Industrie entstanden, größtenteils vermindert haben. Man hofft, daß die maßgebende Stelle den seither ein genommenen Standpunkt einer genauen und sachgemäßen Prüfung, besonders von Eintritt in die Uebergangswirtschaft, unterwerfen und mehr als seither den Austauschver kehr mit dem neutralen Auslande ohne Aengstlichkeit übet den Stand der Valuta freigeben wird. Nur auf diese Weise kann sich der regelmäßige freie Handel sowie die Besserung der Valuta wiederherstellen lassen. Zum Schluß möchten wir noch den Wunsch und die Erwartung aussprechen, daß bei Abschluß des nächsten Friedens mehr als bisher zur Aufstellung der maßgebenden Bestimmungen tüchtige Kaufleute der verschiedenen in Frage kommenden Branchen zur Beratung zugezogen wer den. Die Abschlüsse mit Rußland, Rumänien und der Ukraine sind nach der kaufmännischen Richtung hin nicht zur allseitigen Befriedigung ausgefallen, was durch die Her anziehung sachkundiger Kaufleute sich unstreitig zum Vor teil des Deutschen Reiches bedeutend besser gestaltet hätte. Auf die Drohungen unserer Feinde mit dem Wirt schaftskrieg und der Boykottierung Deutschlands ist nicht viel zu geben. Man ißt die Suppe nie so heiß wie sie ge kocht ist. Das feindliche Ausland hat es nach dem Kriege ebenso nötig wie wir, für seine Produkte Absatz zu suchen, und bedarf auch einer Reihe von notwendigen Produkten, die in Deutschland gekauft werden müssen. Immer wieder müssen wir darauf hinweisen, daß es hauptsächlich auf die Konstruktion des Friedensvertrages ankommt und ob die Lage seinerzeit für uns so vorteilhaft ist, daß wir manches herausholen können. Daß wir gegenseitig hohe Zölle auf alle Waren bekom men werden, liegt in der Natur der Sache. Die indirekten Steuern werden allseits eine bevorzugte Rolle spielen. Aber darauf kommt 1 es nicht so sehr an, wie auf die Handelsbedin gungen selbst. Wir müssen gestehen, daß wir nach den bis jetzt darin gemachten Erfahrungen der Zukunft mit einiger Besorgnis entgegensehen, Wilh. Fr. Beltz, Cöln. r Praxis und Wissenschaft T =====-—== Die Krankheiten der Kartoffel in ihren Beziehungen zur Saatgutgewinnung. (Fortsetzung.) Eine sehr wichtige Krankheit der Kartoffelstauden, welche allerdings bei ihrem ersten Auftreten im Jahre 1905 in Westfalen und dem Rheinlande glücklicherweise bzgl. ihrer Gefährlichkeit etwas überschätzt wurde, ist die Blattrollkrankheit, Immerhin darf sie deshalb nicht als wenig belangreich ange-