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Nr. 29 u. 30 Freitag, den219. Juli 1918. XX. Jahrgang. Der Handelsgärtner Abonnementsprels bei direktem Being vom Verlag: für Deutschland, Oesterreich and Luxemburg M. 5.—, für das Ausland M. 8.—, durch die Post oder den Buchhandel M, 20.— pro Kalenderjahr. Ausgabe jeden Freitag. Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Begründet von Otto Thalacker.— Vorlag: Thalacker a schwarz, Lelpzig-R., Comonlusstr.ir. Inserate 80 Pfennig für die vier gespaltene Nonpareille-Zeile, auf dem Umschlag 40 Pfennig, im Reklameteil M. 1.— für die zweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. Das Abonnement gilt fortlaufend u. kann nur durch Abbestellung 14Tage vor Jahresschluß aufgehoben werden Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Kriegsnöte. — Uebergangswirtschaft. Praxis and Wissenschaft: Die Krankheiten der Kartoffel In ihren Beziehungen zur Saatgutgewinnung. (Fortsetzung.) — Störmanns Guano — Die Mosaik krankheit des Tabaks. — Straßenstaub als Streckungsmittel für Schwefel. — Anreicherung des Bodens mit Stickstoff. — Anmerkungen zur Bohnen saat. — Menschenhaar als Dungstoff für Topfpflanzen. — Zierbäume für kleine Gürten. Kleinere Mitteilungen. — Rechtspflege. — Handelsnachrichten. — Ge schäftsnachrichten. — Personalien. — Ehrentafel. — Bücherschau usw. Kriegsnöte. Von A. Janson. Auch auf Gebieten, an die vor dem Kriege niemand ge dacht hat, bringt er größte Schwierigkeiten, so z, B. bezgl. der Beschaffung der Kampfmittel gegen schädliche Insekten und ansteckende Pflanzenkrankheiten, Erhaltungsmittel für Holz (Zäune, Mistbeetkästen, Pfähle usw.), Baumwachs u. a. Nicht allein ist deren Preis ungeheuer gestiegen, son dern sie können auch in der alten Zusammensetzung nicht mehr geliefert werden, weil es entweder an den nötigen Rohstoffen überhaupt fehlt, oder aber diese für Heeres zwecke beschlagnahmt sind. Was das bedeuten will, vermag nur der zu würdigen, der da weiß, wie sehr die Wirkung und Unschädlichkeit für die Pflanze von dem Innehalten der Verhältniszahlen im Gehalt solcher Mittel abhängig ist, wie sehr die guten unter ihnen erst im Laufe der Zeit aus unablässigen Vervoll kommnungsversuchen entstanden sind und wie wenig dazu gehört, aus einem vortrefflichen Mittel ein schlechtes, aus einem pflanzenunschädlichen ein Pflanzengift zu machen. Bezeichnend ist, daß viele Firmen dieser Fabrikations- zweige unter dem Druck des Rohmittelmangels ihre Erzeu gung und ihr Geschäft einstweilen eingestellt haben. Und es sind gewiß die schlechtesten Firmen nicht, die das taten; denn oft genug ist für sie der Gesichtspunkt maßgebend ge wesen, lieber auf die hohen Gewinnmöglichkeiten der Kriegszeit zu verzichten, als den'mühsam erworbenen Ruf der Firma dauernd aufs Spiel zu setzen. Mag auch ein wenig Egoismus dabei sein, so ist doch nicht zu verkennen, daß solche Firmen sich der Verantwortlichkeit bewußt sind, die sie ihren Abnehmern gegenüber, auch moralisch, einge gangen sind. Weniger groß ist die Gefahr, etwas geliefert zu bekommen, was seinen Zweck nicht erfüllt, als jene, Mittel mit schädlichen Eigenschaften zu erhalten. Die An zahl der gerichtlichen Klagen auf Schadenersatz ist seit etwa zwei Jahren derart im Wachsen begriffen, daß einmal auf diesen Punkt hingewiesen werden muß, schon um jene, die solcher Mittel und Stoffe bedürfen, auf die drohenden Ge fahren hinzuweisen und zur Vorsicht zu mahnen. Was man heute seitens mancher Fabrikanten dem Gärt ner als Kriegsersatz anbieten zu dürfen glaubt, ist oft be lustigend und entrüstend zugleich, So ist eine größere An zahl Baumschulfirmen von einer norddeutschen Firma schwer geschädigt worden durch Lieferung eines „Baum wachses“, das an der Auftragsstelle das Gewebe tötet und also auch das Anwachsen der Veredlungen unmöglich macht. Der Schaden wird von einem Baumschulbesitzer mäßig mit rund 1300 M. bemessen. Man kann sich darnach einen Begriff von den Verlusten im ganzen machen! Dieses Kriegsbaumwachs besteht aus Kreidepulver, Pe troleum und wenig Zitronellöl, letzteres zu dem Zwecke, der Masse „Duft“ zu geben. Die Firma behauptet, daß außerdem noch ein nur ihr bekannter Stoff darin enthalten sei, der der Masse salbenartigc Konsistenz verschaffe. Daß die chemische Analyse diesen Geheimstoff nicht festzu stellen vermochte, ist bei der außerordentlichen Leistungs fähigkeit unserer Chemie nicht anders zu deuten, als daß er einfach nicht da ist! B 1 ei ben also Kreide u n d Petroleum als praktisch einzige Bestandteile! Folge: Beim Gebrauch verdunstet das Petroleum aus der Grundmasse heraus, so daß diese brüchig werden muß, schnell verwittert und abbröckelt. Das Petroleum tötet das Gewebe. Es wird also einerseits der Zweck, den man mit dem Baiunwachs erreichen möchte (luftdichter Abschluß des Verbandes für längere Zeit) nicht erreicht, anderseits unmittelbar schwerer Schaden hervorgerufen." Fast noch gefährlicher ist der Unfug, der mit Pflanzen schutz- und Insektenbekämpfungsmitteln jetzt im Kriege öf fentlich betrieben wird. Jedermann weiß, daß schon im Frieden in dieser Beziehung mehr gesündigt worden ist, als auf die sprichwörtliche Kuhhaut geht. Aber man hatte ne ben den vielen dunklen Mitteln doch immer auch solche, deren Zusammenstellung mit viel Sorgfalt, Sachkunde und Verantwortlichkeitsgefühl geschah, die deshalb einerseits wirksam, anderseits unschädlich waren, so daß man sie un bedenklich anwenden und empfehlen konnte. Ihre Zahl ist ungeheuer zusammengeschmolzen. Vielfach hat man sich ehrlich bemüht, mit den dürftigen Aushilfsmitteln dieser Kriegszeit brauchbare Ersatzmittel herzustellen, und große Unternehmungen solcher Art scheinen entweder Mittel und Wege gefunden zu haben, immer noch geeignete Rohmittel zu beschaffen, oder aber sie haben sich zu Kriegsbeginn sehr stark eingedeckt gehabt. Jedenfalls gibt es immer noch einige wenige Bezugsquellen, die ein vollwertiges Erzeugnis ohne schädliche Nebenwirkungen liefern. Wer, wie der Verfasser, als Gerichtsgutachter viel herumzuhören Gelegenheit hat, lernt die guten und schlech ten Bezugsquellen schnell kennen und weiß, daß es immer die gleichen Firmen sind, die zu schweren Klagen Anlaß geben. Die Sachen sind jetzt auf einem Gefahrenpunkt für uns Gärtner angelangt, so daß endlich einmal gegen die Schmierwirtschaft auf diesem Gebiete vorgegangen werden muß. Man möge die soliden, empfehlenswerten Firmen öf fentlich nennen. Leider setzt man sich erheblichen Unan nehmlichkeiten aus, wenn man auch die nennt, die in dieser Kriegszeit im Trüben fischen. Und deren sind es leider auch auf dem in Frage stehenden Gebiete nur allzuviele. —