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Nr. 21 u, 22 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 83 folgende: Als Gefäße benützt man die bekannten, aus un geschälten Weiden geflochtenen Körbe oder auch leichte, aber doch genügend feste Kisten, welche mit einigen Luft löchern versehen sein müssen. Die Luftlöcher müssen etwa 2 bis 3 cm Durchmesser haben, damit sie ihren Zweck auch erfüllen.Die Pflanzen müssen unbedingt gebündelt werden, da mit nicht zu große Blattmassen in unmittelbare gegenseitig? Berührung kommen. Sie würden sich ohne Bündelung nur allzuleicht erhitzen und die Pflanzen würden verderben. Vor allem ist es notwendig, die Wurzeln jeder Pflanze in einen Brei aus Lehm oder lehmiger Erde einzutauchen, der so dickflüssig sein muß, daß er eine haltbare Kruste an den Wurzeln bildet. Je nach der Größe der Pflanzen macht man Bündel von 40 bis 100 Stück. Das letztere ist die Höchstzahl, welche nur bei noch recht kleinen Pflan zen in Anwendung kommen darf. Die Bündel werden dann mit in Wasser getauchtem, aber wieder ausgedrücktem Moos eingehüllt und in Zeitungspapier eingeschlagen, daß etwa das obere Drittel der Blätter aus der Papierhülle her ausschaut. Die fertigen Bündel werden in das Versand gefäß, stets mit der Wurzelseite nach innen, so eingelegt, daß sie so fest liegen, daß jedes Durcheinanderwerfen der Pflan zen auf der Eisenbahn unmöglich ist. Gerade in dieser Hin sicht wird leider recht oft so unvorsichtig verfahren, daß die Bündel vollkommen durcheinandergeworfen an ihrem Be stimmungsorte ankommen. Also, genügend feste Packung ist ein sehr wichtiger Punkt! Die Blätter dürfen nicht ange feuchtet werden, damit sie sich nicht erhitzen. Wenn in dieser Weise verfahren wird, halten die Pflan zen einen tagelangen Versand ohne jeden Nachteil aus und werden ihrem Empfänger keine Enttäuschung bereiten. Und das ist doch wohl der Wunsch jedes reellen Versenders. Die sächsische Regierung über die Förderung des Obstbaues und anderes. Von A. Janson. Durch die Presse ging unlängst folgende Notiz: „Der sächsische Landtag hat kürzlich hochwich tige Beschlüsse in bezug auf die Förderung des Obst baues gefaßt. Die Stände haben die Regierung ersucht, gegenüber der während des Krieges gestiegenen und in Zukunft sicherlich noch steigenden Nachfrage nach Obst die Förderung des Obstbaues in erhöhtem Maße sich angelegen sein zu lassen, insbesonders: 1. den Lan desobstbauvereinen zur Anstellung weiterer Obstbau wanderlehrer, zur gründlichen und vermehrten Ausbil dung von Obstbaumwärtern und zur Förderung bei Aus übung ihres Berufes sowie zur durchgreifenden Be kämpfung der Obstbauschädlinge entsprechende und mehr Mittel als bisher zur Verfügung zu stellen; 2. in den Lehrerseminaren neben dem theoretischen Unter richt auch auf die praktische Unterweisung in Schul- und anderen Gärten noch mehr als bisher Bedacht zu nehmen; 3. in Volks- und Fortbildungsschulen, vor nehmlich auf dem Lande, das Interesse der Schüler für den Obstbau vor allem auch durch Anschauungsunter richt und praktische Uebungen zu wecken; 4. den Leh rern, insbesondere denjenigen, die ein ständiges Schul amt auf dem Lande anstreben, die Ausbildungsmöglich keiten im praktischen Obstbau durch erhöhte Beihilfen für Teilnahme an Lehrgängen in Obst- und Gartenbau schulen zu erleichtern.“ Es mögen etwa 12 bis 14 Jahre her sein, als der Ver fasser sich gegen das Pfuschertum wandte, das durch die kurzfristigen Ausbildungskurse für Lehrer großgezogen wird und, bei aller Anerkennung der tüchtigen Arbeit mancher derselben, dabei die Unzuträglichkeiten be sprach, die deren gänzlich ungenügende Ausbildung im Gefolge gehabt hat und weiter haben wird. Wie aus der Antwort der Regierung des Königreiches Sachsen hervor geht, wird sie, soweit noch nicht geschehen, dem Ersuchen des Landtages gerecht werden. Sie sagt zu, daß die Schulgartenfrage auf der nächsten Versammlung der Schulinspektoren verhandelt werden solle, daß mehr Mit tel zur Ausbildung für Volksschullehrer bewilligt werden würden, daß die Seminardirektoren angewiesen seien, zu berichten, was für Einrichtungen und Maßnahmen getrof fen worden seien, um den Seminaristen unter Leitung ihrer Lehrer theoretisch und praktisch Obstbauunterricht genie ßen zu lassen; ob geeignete Lehrer hierzu vorhanden seien oder ausgebildet werden müßten, usw. Man muß sich an den Kopf fassen, wenn man hier und immer wieder liest, daß eine volkswirtschaftlich so ungeheuer wichtige Sache wie der Obstbau von Leuten wahrgenommen werden soll, die dazu in kurzfristigen Kursen „ausgebildet“ werden sollen. Ist es denn möglich, daß die sächsische Regierung und in diesem Falle ihr Spre cher, Kultusminister Dr. Beck, ein Gebiet, das in Deutsch land einen Wert von beinahe 3% Milliarden Mark dar stellt und zum Jahreseinkommen etwa 400 Millionen M. beiträgt, wovon auf Sachsen etwa 8 v. H. fallen mögen, daß man die Wohlfahrt eines solchen Wertes zum großen Teil in die Hände von Leuten legt, die sicherlich zwar rechtschaffene, tüchtige Menschen sein mögen, denen dar um aber ein 2- bis 4wöchiger Kursus doch nicht mehr Kenntnisse und einschlägige Erfahrungen verleiht, als nötig ist, um mehr als ein armseliger Pfuscher zu sein? Man muß sich — sage ich nochmals — an den Kopf fassen, wenn man sieht, mit wie wenig Sachkunde und Verständnis die Wohlfahrt einer so ungewöhnlich wichti- tigen Sache behandelt wird, wie sie der Obstbau ist und noch viel mehr sein wird. Und man macht sich so aller hand unerlaubte Gedanken, ob denn — nach Bismarck — vielleicht auch in Sachsen mit recht wenig Einsicht und Weisheit regiert wird. Zugegeben sei, daß der Lehrerstand durch gutes Bei spiel und Aneiferung vielerwärts der Sache des Obstbaues große Dienste geleistet hat. Aber immer sind es doch auch nur wenige gewesen, von denen wirklich Bedeuten- i des geleistet worden ist. Und das war zu einer Zeit, da es Berufsobstzüchter nicht gab. Jetzt haben wir praktisch und theoretisch gebildete Fachleute in so großer Zahl, daß man die Lehrer wirklich nicht damit beschweren sollte. Oder wenigstens nur die, die sich praktische Erfahrungen, wenn auch in engstem Kreise, erworben haben. Und wenn man wirklich die Seminaristen nicht entbehren zu können glaubt, dann gebe man ihnen wenigstens die tüchtigsten Berufsobstzüchter als Lehrer, nicht Seminarlehrer, die selbst erst in einem Schnellkursus von 2 bis 3 Wochen auf die Sache dressiert sind; „ausgebildet" will mir hier nicht passend erscheinen! Ich möchte nur einmal den erbitterten Einspruch des Kultusministers Dr. Beck hören, wollte man ihm zumuten, den Gesangsunterricht im Seminar durch Handelsgärtner Meyer erteilen zu lassen, der glaubt, dazu befähigt zu sein, weil er seit 2 Wochen Sangesbruder im Niederoberwitzer Männerchorist. Oder den Unterricht in der Chemie durch den Gartenarbeiter Müller, weil dieser beim Jauchetragen in nähere Berührung mit Ammoniak, Schwefelwasserstoff und anderen chemischen Verbindungen von unleugbarer Wichtigkeit kommt. Es ist einigermaßen niederdrückend für uns Fach leute, die wir uns bald ein Menschenleben mit heißem Mühen der Förderung unseres Obstbaues widmen, zu sehen, wie wenig wirkliches Verständnis man an entschei dender Stelle dem schwierigen Stoff entgegenbringt; wie man zu abgebrauchten Mitteln greift, wie hier zu mangel haft oder nicht ausgebildeten Lehrern, genau in der Art, wie man es vor mehr als 150 Jahren in den allerersten An fängen des preußischen Obstbaues tat. Hat die sächsische Regierung denn vergessen, daß sie einen ganz vorzüglich organisierten, tatkräftigen Landes-