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28. März 1894. Mittwoch. in Na-eberg Beachtung lie Grundsätze, welche das preußische Landes ökonomiecollegium in emer Reihe von Beschlüssen aufge stellt hat. Es wird da zunächst verlangt, daß alle Börsen unter Aussicht d s Bundesrathes, resp. der betreffenden Landesregierung gebracht und von dieser aus Verfügung über den Vorstand der Börse, den Gegenstand des Börsen handels und sachgemäße Preisnotirungen getroffen werden sollen. Um alle Interessenten bei der Börse richtig ve.« treten zu sehen, sollen in den Vorstand der Getreidebörsen auch je ein Vertreter der Landwirthschaft und Mühlenin dustrie gewählt werden. Ferner sollen durch einen Börsen- disciplinarhof Verstöße und Ausschreitungen der Bölsen- besucher streng bestraft werdm. Das Börsenregister soll mit hohem Eintrittsgeld und jährlichem Beitrage der ständigen Börsenbesucher verbunden werden. Auch sollen die sogenannten Prämiengeshäfte in W raren verboten werdtN. Um den bei der Feststellung der Qualität des Getreides von den Abnehmern sehr oft ausgeübten schänd lichen Chikanen und übertriebenen Ansprüchen entgegenzu treten, sollen bei den Lieferungen nicht nur die Interessen ten des Handels, sondern auch diejenigen der Consumenten berücksichtigt und ein Urtheil über die Qualität nach dem Durchschnitt der inländischen Ernte gefällt werden. Um diesem Zwecke weiter zu entsprechen, sollen von Zeit zu Zeit die Lieserungkqualrtäten des Getreides typisch von einer Commission festgestellt werden, welche voin Reichs kanzler zu berufen ist und aus Getreidehändlern, Land- wirihen und Müllern zu bi stehen hat. Auch soll das bei dem Terminhandel zur Kündigung gelangende Getreide vor seiner Zulassung geprüft werden, und soll vor der Kündigung die Prüfung des sämmtlichen zugelassenen Getreides durch eine ständig, Commission stattfinden, welche von einem Staatsbeamten als Vorsitzenden und vereidigten Vertreter des Handels, der Landwirthschaft und des Müllergewerbes gebildet werden soll. Scheinkün- digungen und unlautere Manöver bei dem Terminhandel, bez. den Kündigungen sollen bestraft werden. — Mögen diese wohlgemeinten Grundzüge bei der zu erstrebenden Börsenrejorm Berücksichtigung finden und dazu beitragen, um einer Menge Schäden und Gebrechen das Feld zu nehmen. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Die verflossenen Feiertage zeichneten sich diesmal durch ein besonders prachtvolles Wetter aus, welches Jung und Alt zu einem Spaziergang in die wiedererwachende Natur hinauslockte und allerwegen einen lebhaften Verkehr hervorrief. Auf den Bahnhöfen drängten sich die ankom menden und abfahrenden Reisenden, weniger Touristen, mehr zu Besuch fahrende Personen. Zahlreiche Ausflügler aus unserer Siadt belebten die nach den nächstgetegenen Erholungsorten führenden Straßen und Wege, dortselbst sich stärkend und erholend. — Das Concert der Gierth'schen Kapelle in Friedersdorf war trotz des gewählten Programms und der musterhaften Ausführung der einzelnen Concertstücke nur leidlich besucht, während das Concert derselben Kapelle im Gasthof zu Pulsnitz M. S. einen zufriedenstellenden Be such aufzuweisen hatte. — Das Concert des Plauen'schen Zitherklubs im Saale des Schützenhauses am 1. Feiertag Abend konnte hingegen einen Besuch von über 400 Personen aufweisen, die sich in ihren Erwartungen nicht getäuscht sahen, vielmehr durch die reiche Abwechselung der Darbie tungen sowohl, als auch durch die künstlerische und exacte Wiedergabe der Tonstücke reich befriedigt wurden. Nament lich fand der Solovortrag des Herrn Dirigenten Loidl leb haften Beifall, der demselben zu einem weiteren Solovortrag Veranlassung gab. Auch die beiden humoristischen Vorträge waren recht befriedigend und unterhaltend. Mittwoch, am L. April 18S4 Viehmarkt Donnerstag, am 3. April 18SL Krammarkt Die Lage der Landwirthschaft und die Börse. Nicht nur in den Kreisen der Landwirihe, sondern auch bei vielen Geschäftsleuten besteht die Meinung, daß die Börse mit ihrer Neigung zur extremen Spekulation v el Schuld an der schlechten Lage der Landwirthschaft, resp. an den niedrigen Getreidepreisen trage, und zu ge- Wissen Zeiten ist an dieser Beschuldigung gewiß ein großes Stück Wahrheit, indem die obsiegende Partei an der Börse oft die Situation, sei es in der Richtung des Preis- Druckes, sei es in der Richtung der Preissteigerung in ganz ungeh merlicher Weise ausnutzt. Eine Abschaffung gewisser Auswüchse an der Börse ist daher wohl wün- schenswerth und wird auch durch die Börsenreform erstrebt. Indessen darf man nicht den Fehler begehen, die Börse ganz allgemein für die schlechte Lage der Landwirihe und die viel zu niedrigen Getreidepreise verantwortlich zu Machen und außerdem muß auch die Wirkung der Börse im Güteraustausch doch anerkannt werden. Denn wollten wir einmal den Fall setzen, daß die Börsen durch Staats- gesetz aufgehoben würden, so würden die Landwirihe, Händler, Müller und sonstige Interessenten doch andere Mittel suchen müssen, um die Preise und die Richtung der Preisbildung kennen zu lernen, und würden dann Wahrscheinlich die Zeitungen, internationale Marktlisten und Zusammenkünfte der Käufer und Verkäufer die Stelle der Börse vertreten. Da die Börse an sich kein Interesse am niedrigen Stande der Preise h< t, so darf man sie auch nicht als Hauptgrund der niedrigen Preisnotirungen ansehen. So ist auch der berühmte Nationalölonom Professor Schmöller, also ein Mann, dem man ein un parteiisches Urtheil zutrauen kann, der Meinung, daß die gedrückte Lage der Landwirthschaft im Allgemeinen und in besonderen Ursachen ihre Erklärung finde und daß die Vorgänge an der Börse nur eine Theilerscheinung seien. Die ungünstigen Einflüsse in der Preisbildung liegen in der enormen Entwickelung der Verkehrsmittel, welche den begrenzten einheimischen Markt einfach aushoben und an dessen Stelle den internationalen Weltmarkt setzten. Da mit haben die Landwirthe allen Einfluß auf Vie Preis bildung verloren und könnten denselben höchstens Wied r g-Winnen, wenn sie durch Errichtung von großen Silo- Genossenschaften der Baisseströmung entgegentreten würden. Damit würden die Landwirthe aber ein kolossales Risiko eingehen, welches sie nur durch börsenmäßige Terminge schäfte decken könnten. Daraus geht wiederum hervor, daß die Börsengeschäfte nicht unbedingt für die Lage d r Landwirthschaft verantwortlich zu machen sind und daß vielleicht g rade in der Börse auch ein Mittel für die Begrenzung der Preisbildung für Getreide vorhanden ist. Allerdings sind mannigfache Reformen der Börse dringend nöthig und in dieser Beziehung verdienen ganz besondere Ml dm l. AM M beginnt das II. Quartal des Pulsnitzer Amts- und Wochenblattes. Die unterzeichnete Expedition erlaubt sich zu zahl reichen Abonnements auf dasselbe ergebenst einzuladen und ersucht diejenigen Abonnenten, welche das Blatt durch die Post beziehen, baldigst Bestellungen aufgeben zu wollen, damit die Zustellung rechtzeitig erfolgen kann. Abonnements werden von allen Postanstalten, Brief trägern, in unserer Expedition und von unseren Zeitungs boten entgegengenommen. Hochachtungsvoll Expedition des Amts- und Wochenblattes. — In der Wagenbauerei des Herrn Gustav Löhnig, hier, ist zur Zeit ein Leichenbestattungswagen ziemlich fertig gestellt, den Frau W. verw. Hübler ihrer Gemeinde Klein dittmannsdorf zum Geschenk macht. Derselbe wird die entsprechende Widmung der generösen Geschenkgeberin tragen. Schon mehrere prächtig gearbeitete und kunstvoll ausgestattete derartige Wagen wurden in obengenannter Wagenbauerei angefertigt und geben einen erfreulichen Be weis von der Tüchtigkeit, dem Fleiß und dem Kunstsinn, der auch jetzt noch unserem von Unwissenden viel geschmäh ten und andererseits wenig geschätzten Handwerkerthume inne wohnt. — Am I. Feiertag '/« 7 Uhr brach in dem Gehöft des Wirthschaftsbesitzers Brückner in Großnaundorf Feuer aus und legte dasselbe in kurzer Zeit in Asche. Der Calamitose hat versichert. Die Entstehungsursache ist unbe kannt. — Einige Zeit später bemerkte man in der Richtung nach Kamenz einen intensiven Feuerschein, der, wie später in Erfahrung gebracht wurde, von einem Schadenfeuer in Wiesa herrührte. Daselbst soll ein Bauergut dem Feuer zum Opfer gefallen sein. Näheres berichten wir hierüber in nächster Nummer. — Bei der vor Kurzem stattgefundenen Musterung sind aus dem amtshauptmannschaftlichen Bezirk Kamenz 1055 Gestellungspflichtige zur Vorstellung gelangt. Davon sind 409 für tauglich befunden, 69 der Ersatzreserve, 116 dem Landsturm zugetheilt worden; 31 wurden für dauernd un tauglich befunden und 437 zurückgestellt. (K. Z.) — Da jetzt wieder der Zeitpunkt herannaht, wo viele junge Leute das Elternhaus verlassen, um auswärts in die Lehre zu treten oder eine Schule zu besuchen, so sei darauf aufmerksam gemacht, daß auch die Abmeldung dieser Fort ziehenden nicht vergessen werden darf. Die Lehrherren sind verpflichtet, die zuziehenden Lehrlinge, welche gleichzeitig bei ihnen wohnen, anzumelden. Zuwiderhandlungen gegen die Meldevorschriften werden mit Geld bis zu 50 Mark oder Haft bestraft. Dresden. Im Monat Februar betrug die Zahl der von den, Exekutivperwnale der hiesigen Königl. Poli zeidirektion angezeigten Verbrechen, Vergehen und Ueber- tretungen 1975, die Zahl der erstatteten Anzeigen 2494, während sich die Zahl der zu Polizei und anderen Acten gegebenen Gutachten und Auslassungen auf 2288 belief. Die Zahl der Festgenommenen betrug 1020 und die Zahl der Sistirten 196, demnach zusammen 1216 Personen, von denen 690 Personen Haftstrafen zuerkannt wurden. Fami lien und einzeln stehend', selbstständige Personen wurden als angezogen angemeldet 1162, als weggezogen abgemel det 844, während sich die Zahl der Meldungen über Fami lien und selbstständige Personen, weiche, als bereits hier seßhaft, die Wohnungen gewechselt haben, auf 1912 bet ef. Fremde, welche hier keinen bleibenden Aufenthalt genom men haben, wurden angemeldet 16328, abgemeldet 15492. Dienstboten, welche das erste Mal hier in Dienst getreten sind, kamen zur Anmeldung 10 männliche und 889 weib liche, darunter 8 männliche und 806 weibliche, welche sich v m auswärts hierher gewendet haben. Als von Dresden fortgezogen w irden abgemeldet 5 männliche und 612 weibliche Dienstboten. Die Zahl der angemeldetcn Dienst wechsel belief sich auf 1334. — Bis zur Landesgrenze lagern nicht weniger als 140 Fahrzeuge aus den einzelnen Stellplätzen des Elb- stromes. Da mit jedem Tage Tausende und Abertausende durch die gesperrte Thalschifffahrl verloren gehen, so wur den bereits alle nur denkbaren Versuche gemacht, um den die für die Schifffahrt benutzbaren Bögen der Augustus- brücke sperrenden großen Elbkahn wegzuschleppen. Da hierbei die Drahtseile wie dünne Fäden rissen, so wurde mit Genehmigung des Kriegsmimsteriums ein Pionierde tachement beordert, um festzustellen, ob es möglich sei, Blatt Amts und des Stadtrathes des <Königl. Amtsgerichts Verantwortlicher Redakteur Gustav Häberlein in Pulsnitz. z» J>utsniH Erscheint i Mittwoch und Sonnabend. AlS Beiblätter: l- Ittuflr. Sonntags- ölatt lwöchentlich), 2 Kin« tandrvirth- VafMche Weitag« (monatlich). Abr nnementS - PreiS: Vi!rteljährl.1M.2b Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Zusendung. Borm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- pnSzeile (oder deren Raum) 16 Pfennige. Keschäftsstelten bei Herrn Buchdruckereibes.P abst in Königsbrück, in den An- noncen-BureauS von Haasen- stein L Vogler u.„Jnvaliden- dank" in Dresden, Rudolph Rosse in Leipzig. Mugsbriick, Undederg, Undedurg, Mmitzdmg md Umgegend. HM r°,ck U-» -erd." Lchsunddievjigstev Jahrgang