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Nr. 49 u. 50 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau 197 g) Ueberwachung der Kassengeschäfte; h) Ueberwachung des Schul betriebes; i) Strafanträge gegen Eltern, Vormünder und Arbeitgeber sowie Schüler, soweit es sich nicht um Schulstrafen handelt, bei Ver stößen gegen die statutarischen Bestimmungen über die Verpflichtung zum Besuche der Fortbildungsschule. Zur Beschlußfähigkeit der Bei räte ist die Anwesenheit von mindestens z.wei Mitgliedern außer dem Vorsitzenden erforderlich. Ueber die Verhandlungen sind Nie derschriften in einem Buche zu führen. Die Vertreter der Schulauf sichtsbehörden haben das Recht, den Sitzungen des Beirats beizu wohnen; ihnen ist jederzeit das Wort zu gestatten. 5. Schuleinrichtung. Die Unterrichtsdauer der Fortbildungsschule flür Gärtner, d. h. die Zeit, die im normalen Unterrichtsverläufe zur Erledigung des Lehrpensums notwendig ist, umfaßt drei Jahre. Die jährliche Unter richtszeit beträgt mindestens 240 Stunden, die im allgemeinen auf 35 bis 40 Wochen zu verteilen sind. Die Zahl der wöchentlichen Un terrichtsstunden beträgt demnach in der Regel 6 bis 7. Es ist statt haft, die Unterrichtszeit während der arbeitsreichen Monate zu ver mindern, wenn sie in der arbeitsstillen Zeit entsprechend erhöht wird.*) Es empfiehlt sich, den Unterricht auf zwei Tage in der Woche zusammenzulegen. Der Unterricht soll um 8 Uhr nachmittags spätestens beendet sein. Entsprechend der dreijährigen Unterrichtsdauer sind die Schüler auf drei Jahreslehrgänge zu verteilen. Wo es die Verhältnisse gestat ten (Vorhandensein der Lehrkräfte, Schulräume und Mittel), hat der Unterricht in drei getrennten Klassen zu erfolgen; wo dieses nicht möglich ist, tritt Gruppenunterricht in kombinierten Klassen ein. Ge trennter Klassenunterricht ist einzurichten, wenn die Zahl der in einer Klasse zu unterrichtenden Schüler verschiedener Jahrgänge 25 übersteigt. Steigt die Schülerzahl einer Jahresklasse über 35, so muß die Einrichtung von Parallelklassen erfolgen. Hiernach sind folgende Möglichkeiten für die Einteilung der Schüler in Klassen gegeben: a) drei vollständig getrennte Klassen, deren jede die Schüler eines Jahrganges umfaßt (Unterstufe = U, Mittelstufe = und Oberstufe — O); b) zwei vollständig getrennte Klassen, und zwar Unterklasse (U) mit den Schülern des ersten (jüngsten) Jahrganges als Vorbereitung zur Oberklasse, Oberklasse (M und 0) mit den Schülern des zweiten und dritten Jahrganges, wobei dann nach Möglichkeit Gruppenunterricht Platz zu greifen hat;, c] eine gemeinsame Klasse für alle Schüler (U, M und 0) mit drei selbständigen Jahreslehrgängen, die wenigstens in den fachwissen schaftlichen Fächern nach Möglichkeit Gruppenunterricht erhalten. Die Aufnahme eines Schülers hat in der Regel in die unterste Klasse zu erfolgen; der Eintritt in eine höhere Klasse setzt also vor aus, daß die vorhergehende durchgemacht ist. Ausnahmen sind bei fortgeschrittener allgemeiner und fachlicher Bildung oder bei voran gegangenem Besuch einer andern Fortbildungsschule oder ähnlichen Anstalt zulässig. , Die Einrichtung von Uebergangs-(Versetzungs-)prüfungen ist er wünscht. Am Schlüsse des ganzen (dreijährigen) Lehrganges ist eine Entlassungsprüfung abzuhalten, der sich alle in Betracht kommenden Schüler zu untereiehen haben. Das Schuljahr beginnt im April oder im Oktober. Die Schulferien sind in die Hauptbetriebszeit des praktischen Gärtners (Monate April bis Mitte August) zu legen. An Sonntagen ist die Erteilung von Unterricht, soweit sie gesetz lich überhaupt zulässig"*) ist, nach Möglichkeit zu vermeiden und ge gebenenfalls auf die Vormittagsstunden zu beschränken. Um den regelmäßigen Besuch der Fortbildungsschule und die Aufrechterhaltung der Ordnung zu gewährleisten, ist eine Schulord nung vom Schulunternehmer nach Anhörung des Beirates zu erlassen, die auch Angaben über Ordnungsstrafen zu enthalten hat. 6. Lehrplan (Unterrichtsfächer). Dem Unterricht ist ein von der Aufsichtsbehörde zu genehmigen der Lehr- und Stundenplan, der eine Aufzählung und Gliederung des in den einzelnen Klassen (Gruppen) zu behandelnden Stoffes gibt, zu grunde zu legen. Der Unterricht hat sich auf folgende Fächer zu erstrecken: 1. Chemie mit Düngerlehre, 2. Botanik und Pflanzenbaulehre, 3. Obst- und Gemüsebau, 4. Handels-, Geschäfts- und Bürgerkunde für Gärt ner einschließlich Deutsch, Rechnen und Buchführung, 5. Fachzeich nen einschließlich Feldmessen und Raumlehre. Erwünscht ist auch die Einrichtung von Turn- und Spielunterricht, wenn die Jahresstun denzahl über 240 hinausgeht. Der gesamte Unterricht ist auf beruflicher Grundlage zu erteilen, so daß z. B. auch dem Unterricht im Rechnen und der Buchführung stets Stoffe zugrunde gelegt werden, die mit dem gärtnerischen Berufe Zusammenhängen. Ebenso sind die schriftlichen Arbeiten so anzu legen, daß sie eine Anwendung des im Fachunterricht behandelten Stoffes bringen (u. a. gärtnerischer Briefwechsel). Zur Ueberwachung der ordnungsmäßigen Durchführung des Lehrplanes sind regelmäßige *) Diese Bestimmung gewinnt besondere Bedeutung für Schulen, bei denen der Besuchspwang auf Grund gesetzlicher Bestimmungen über die Verpflichtung zum Besuche ländlicher Fortbildungsschulen eingeführt ist, da diese Gesetze die Besuchspflicht auf das Winter halbjahr beschränken. ** ) Die Gesetze, betr. die Verpflichtung zum Besuche ländlicher Fortbildungsschulen in den Provinzen Hessen-Nassau, Hannover und Schlesien untersagen jeden Fortbildungsschulunterricht an Sonn tagen. , Lehrberichte zu erstatten (Führung von Aufgabenbüchern). Der Un terricht in Chemie (Düngerlehre) und Botanik (Pflanzenbau) ist zur Sicherung eines guten Unterrichtserfolges möglichst in die Hand eines Lehrers zu legen. Je nach der Schuleinrichtung (vgl. 5) ergeben, sich unter anderm folgende Möglichkeiten für die Wochen-Stundenverteilung: Unterrichtfächer Chemie mit Düngerlehre Botanik und Pflanzenbaulehre . . . . Obst- und Gemüsebau Handels-, Geschäfts- undBürgerkunde für Gärtner, einschl. Deutsch, Rechnen und Buchführung Fachzeichnen, einschl. Feldmessen und Raumlehre a) drei getrennte b) ' zwei Klassen c) eine ge" meinsam. Klass e UH-M—O M lassen u 0 U M-+0 2 1 1/2 2 1 11/, 2 1 1/2 2 1 1 — 1 1 — 1 1 1 2 2 1 U/s 11/, 1‘ 1 2 1 11/, 1 7. Le r n m i 11 e 1. Jeder Schüler oder sein Arbeitgeber hat entsprechend der statu tarischen Bestimmung die. an der Schule eingeführten Lernmittel — Schreib- und Zeichenmaterialien, Vordrucke, Hefte, Bücher usw. — in der Reges auf seine Kosten anzuschaffen. Es ist darauf zu achten, daß die dadurch entstehenden Ausgaben möglichst niedrig bleiben. Die Einführung neuer Lernmittel ist der Schulaufsichtsbehörde anzu zeigen. Diese ist befugt, die Benutzung bestimmter Lernmittel zu untersagen. 8. Lehrkräfte. Zur Erteilung des Unterrichts sind Persönlichkeiten*) zu gewin nen, die nicht nur den zu behandelnden Stoff beherrschen und mit den Bedürfnissen des Gärtnerberufes vertraut sind, sondern auch Geschick und Erfahrungen im Unterrichten wie in der erziehlichen Beeinflussung der schulentlassenen Jugend besitzen. An kleineren (einklassigen) Schulen wird es möglich sein, den ge samten Unterricht durch Hilfslehrer (im Nebenamt) erteilen zu lassen, von denen einer zugleich mit der Schulleitung zu beauftragen ist. Für größere (mehrklassige) Schulen ist anzustreben, daß mindestens der Schulleiter im Hauptamt bestellt wird; dies wird in der Regel zweck mäßig der Lehrer für den gärtnerischen Fachunterricht sein müssen. Die Anstellung solcher hauptamtlichen Fachlehrer (Schulleiter) hat der Schulunternehmer gegebenenfalls im Einvernehmen mit der Landwirtschaftskammer (Gärtnereiausschuß) zu bewirken. Hierbei ist ein Uebereinkommen über die Heranziehung der Fachlehrer zur Wanderlehrtätigkeit innerhalb des Schulbezirks während der unter richtsfreien Zeit zu treffen, um so eine für Schule und Lehrer wie für die gärtnerische Praxis wünschenswerte Verbindung und wechsel seitige Förderung zu erreichen. Die Anstellung hauptamtlicher Lehrkräfte bedarf der Bestätigung des Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten; es bleibt Vorbehalten, sie demnächst den provinziellen Schulaufsichtsbehörden zu übertragen, sobald genügend Erfahrungen über die dabei zu befol genden Richtlinien vorliegen. 9, Zulassungsbedingung e n. Außer den gesetzlich (durch Statut) zum Besuche der Fachfort bildungsschule für Gärtner verpflichteten Lehrlingen und Gehilfen können alle sonstigen Angehörigen des Gärtnerberufes (auch unge lernte Arbeitskräfte), sofern sie das 14. Lebensjahr vollendet haben, zum Unterrichte zugelassen werden. Die Aufnahme erfolgt in der Regel nur zu Beginn des Unterrichtsjahres. Anmeldungen sind unter Vorlegung des letzten Schulzeugnisses, der Geburtsurkunde und eines Leumundszeugnisses der Ortspolizeibehörde an den Schulleiter zu richten, der über die Zulassung befindet. , 10. Schulzeugnisse. Ueber den Besuch der Fortbildungsschule sind den Schülern beim Verlassen der Schule Zeugnisse vom Schulleiter auszustellen. Ein Zeugnis erhalten nur solche Besucher, die den dreijährigen Lehr gang durchgemacht haben, bei längerem Besuch ist lediglich eine Be scheinigung über die Dauer des Schulbesuches auszustellen. Die Zeugnisse müssen neben der Anigäbe über die Zeit, während der die Schule besucht wurde, einen Vermerk über die Regelmäßig keit und Pünktlichkeit des Schulbesuches sowie ein Urteil über das Betragen und die Leistungen des Schülers in den einzelnen Fächern des Unterrichts enthalten. Die nächste Prüfung der Gärtnerlehrlinge in der Provinz Sachsen findet im März 1920 statt. Zugelassen zur Prüfung werden alle Lehrlinge und jungen Gehilfen, die eine Lehrzeit von drei Jahren in einer Gärtnerei in der Provinz Sachsen beendet haben. Die An meldung zur Prüfung hat durch den Lehrherrn zu geschehen und ist bis spätestens Ende Januar 1920 an die Landwirtschaftskammer zu richten. Der Anmeldung sind beizufügen: 1. Eine Bescheinigung des Lehrherrn über die in der Lehrgärtnerei betriebenen Zweige des Gartenbaues, in welchen der Lehrling ausgebildet worden ist. 2. Ein kurzer selbstgeschriebener Lebenslauf des Lehrlings. 3. Eine vom Prüfling verfaßte Beschreibung der Lehrgärtnerei. 4. Das letzte Schulzeugnis. 5. Das gärtnerische Tagebuch, sowie vom Prüfling an gefertigte Zeichnungen usw. in Fortbildungs- und Fachschulen. Die *) Die Maßnahmen zur Heranbildung geeigneter Fachleute für die Erteilung des Unterichts an den Gärtnerschulen bleiben vorbehalten.