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196 DER HANDELSGÄRTNER, Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Nr. 49 u. 50 Rechtspflege I Gefahrtragung bei Nachnahmesendungen. Die Frage, ob Nachnahmesendungen, die gegenwärtig sehr häufig Be raubungen oder dem Verderben ausgesetzt sind, auf die Gefahr des Empfängers gehen, ist von folgendem Gesichts punkte aus zu betrachten: Mangels besonderer Vereinbarungen treten bei Han delskäufen die gesetzlichen Bestimmungen in Kraft. Nach §§ 269, 270, 447, 448 Abs. 1 BGB. ist gesetzlicher Erfül lungsort der Ort, an dem der Schuldner zurzeit der Ent-; stehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz oder, was für den Handelskauf in erster Linie in Betracht kommt, seine gewerbliche Niederlassung hat. Da nun der Verkäufer Schuldner der Ware, der Käufer Schuldner des Kaufpreises ist, so ergibt sich für den Handelskauf: Erfüllungsort für die Lieferung der Ware ist der Ort der gewerblichen Niederlassung des Verkäufers. Erfüllungsort für die Zahlung des Kaufpreises ist der Ort der gewerblichen Niederlassung des Käufers. Ferner hat der Verkäufer handelsgebräuchlich die Pflicht, die Ware an den Ort der gewerblichen Niederlassung des Käufers abzusenden. Durch die Versendungspflicht des Verkäu fers wird aber der Erfüllungsort für die Lieferung nicht geändert. Der Erfüllungsort ist maßgebend für Kosten und Gefahrtragung. Der Käufer trägt also die Kosten der Versendung der Ware (§ 448, Abs, 1 .BGB.) und' von der Uebergabe an die Post oder Bahn auch die Gefahr für Zu fälle während der Beförderung. Die Gefahrtragung ist un abhängig von Frankierung und Nachnahme, F achunterrichtswesen 01 Grundsätze für die Einrichtung und den Betrieb staatlich anerkannter Fort bildungsschulen für Gärtner (Gärtnerschulen") im Freistaat Preußen, Das Preußische Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten hat in Gemeinschaft mit dem Minister für Handel und Ge werbe eine Verfügung an die Regierungspräsidenten erlassen, durch die die Begründung von Fortbildungsschulen für Gärtner in die Wege geleitet und gleichzeitig Richtlinien für deren Betrieb gegeben wer den sollen. Die Regierungspräsidenten sollen sich mit den Gemein den sowie den Verbänden der Arbeitgeber und -nehmer in Verbin dung setzen und dem Landwirtschaftsministerium bis zum 1. April 1920 Bericht über die bis dahin gemachten Schritte erstatten.*) **) Wir bringen den Wortlaut des Erlasses nachstehend zur Kennt nis unserer Leser: *) Diese erläuternde Bezeichnung soll auch äußerlich zum Aus druck bringen, daß es sich um Fortbildungseinrichtungen fachlichen Gepräges handelt. In den Gesamtaufbau des niedrigen gärtnerischen Unterrichtswesens (im Gegensatz zu den höheren staatlichen Gärtner lehranstalten) gliedert sich die Fortbildungsschule für Gärtner folgen dermaßen ein. Es sind zu unterscheiden: 1, Fachschulen für Garten bau (Garten-, Obst-, Gemüse- und Weinbauschulen, Lehranstalten für usw.) a) mit ganzjährigem Unterrichtbetrieb von ein- oder mehr jähriger Dauer, z. B. Tapiau, Oranienburg, Koschmin, Freyburg, Kreuz nach, Trier, Ahrweiler. In diese Gruppe gehören auch Gärtnerinnen- schulen, soweit sie staatliche Anerkennung gefunden haben; b) mit Winter-Unterrichtsbetrieb (selbständige Winterschulen für Garten-, Obst- und Gemüsebau oder Fachklassen an landwirtschaftlichen Win- terschulen) z. B. York, Werder. 2. Fortbildungsschulen für Gärtner (Gärtnerschulen), soweit sie die staatliche Anerkennug erhalten haben. 3. Sonderlehrgänge für bestimmte Zwecke oder einzelne Zweige des Gartenbaues. **) Als gesetzliche Unterlagen für die statutarische Einführung der Verpflichtung zum Besuche der Fortbildungsschulen für Gärtner kommen in Betracht: 1. die §§ 120, 142 und 150 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich in der Fassung vom 26. Juli 1900 und des Gesetzes vom 27. Dezember 1911; 2. die preußischen Gesetze, betr. die Verpflichtung zum Besuche ländlicher Fortbildungsschulen; 3. die Verordnung über Erweiterung der Fortbildungsschulpflicht für die Zeit der wirtschaftlichen Demobilmachung vom 28. März 1919. Welche Gesetzesbestimmungen im einzelnen Falle der statutarischen Einfüh rung der Besuchspflicht zugrunde zu legen sind, wird nach den jeweils vorliegenden örtlichen Verhältnissen zu entscheiden sein. (Vgl. hier über auch die Anhaltspunkte für die Abgrenzung und Gliederung der sogenannten gewerblichen Gärtnerei.) , Veranstaltungen, die der fachlichen Fortbildung von Angehörigen des Gärtnerberufs zu dienen bestimmt sind, müssen künftig zur Er langung der staatlichen Anerkennung als öffentliche Fortbildungs schule für Gärtner hinsichtlich ihrer Einrichtung und ihres Betriebes nachstehende Anforderungen genügen: 1. Aufgaben. Die Fortbildungsschulen für Gärtner haben die Aufgabe, die be rufliche Ausbildung von Gärtnerlehrlingen und Gehilfen zu fördern, indem sie ihnen zur Ergänzung der praktischen Ausbildung die grund legenden naturwissenschaftlichen und volkswirtschaftlichen Kennt nisse vermitteln, die zu erfolgreicher Ausübung des Gärtnerberufes erforderlich sind. Daneben sollen die Fortbildungsschulen Gelegen heit bieten, die auf der Schule erworbenen Kenntnisse zu befestigen und zu erweitern. Schließlich liegt ihnen die wichtige Aufgabe ob, an der Erziehung ihrer Schüler zu tüchtigen Staatsbürgern und Men schen mitzuwirken. 2. Schulunternehmer (Rechtsträger). Die Fortbildungsschulen für Gärtner sind grundsätzlich Gemeinde unternehmungen. In geeigneten Fällen werden zweckmäßig Kreis- kommunalverbände Träger einer Fortbildungsschule sein, auch kön nen sich mehrere benachbarte Gemeinden zur Unterhaltung einer ge meinsamen Fortbildungsschule zusammenschließen (Fortbildungs schul-Zweckverband). Auch von Fachvereinigungen unterhaltene Schulen können die staatliche Anerkennung erhalten, sofern die Ein richtung einer kommunalen Fortbildungsschule nachweislich nicht er reichbar war. 3. Aufbringung der Kosten; Staatsbeihilfen. Die Aufbringung der Einrichtungs- und. Unterhaltungskosten ist Sache der Schulunternehmer, denen in jedem Falle die Bereitstellung der notwendigen Räume einschließlich Ausstattung mit den erforder lichen Tischen, Bänken, .Schränken, Lampen usw., sowie die Bestrei tung der Kosten für Heizung, Beleuchtung und Reinigung der Schul räume obliegt. Für die Deckung der (übrigen Kosten kommen neben den eigenen baren Aufwendungen der Schulunternehmer namentlich folgende Mittel und Hilfsquellen in Betracht: ä) auf Grund des Gesetzes vom 1. August 1909, betr. die Er hebung von Beiträgen für die gewerblichen und kaufmännischen Fort bildungsschulen von den beteiligten Unternehmern von Gartenbau betrieben (Arbeitgebern) durch Statut etwa zur Erhebung gelangende Beiträge; b) die Einnahmen der Schule aus Schulgeld, das von den nicht zum Schulbesuch verpflichteten Schülern erhoben wird, und sonstigen Gefällen; c) auf Grund besonderer Vereinbarungen (mit Provinzialverbänden, Kreiskommunalverbänden, Landwirtschaftskam mern und gärtnerischen Fachvereinigungen) etwa erwirkte Zuschüsse; d) eine etwa vom Minister für. Landwirtschaft, Domänen und Forsten gewährte Staatsbeihilfe. Anträgen auf Bewilligung einer Staatsbei- hilfe sind beizufügen: 1. ein Haushaltsplan, der bei Verwendung aus schließlich nebenamtlich tätiger Lehrkräfte oder bei hauptamtlicher Anstellung eines Schulleiters nach verschiedenen Mustern aufzustel len list (die wir wegen Raummangels nicht veröffentlichen können. D. Red.), 2 .ein Lehr- und Stundenplan, 3. das Statut, betreffend die Ver pflichtung der Lehrlinge und Gehilfen zum Besuche der Fortbildungs schule (nur bei dem ersten Anträge), 4. eine Berechnung der Ver waltungsergebnisse der Schule aus den letzten drei Rechnungsjahren (sobald die Schule drei Jahre besteht) nach einem vorgeschriebenen Muster. Staatsbeihilfen können im allgemeinen nur gewährt werden, wenn die Besuchspflicht für die Lehrlinge und Gehilfen auf Grund der ge setzlichen Bestimmungen über die Verpflichtung zum Besuche von Fortbildungsschulen statutarisch eingeführt ist. Die Verwerdung der Staatsbeihilfen ist nach den hierüber ergehenden Anordnungen nach zuweisen. 4. Schulverwaltung; E i n s e tz u n g v o n B e i r ä t e n. Die Verwaltung der Fortbildungsschulen führt der Schulunter nehmer, dem ein von ihm auf 3 Jahre gewählter Beirat zur Vorbera tung und Beratung aller wichtigen inneren und äußeren Schulangele- genheiten sowie zur fortlaufenden Ueberwachung des Schulbetriebs zur Seite steht. Die Beiräte sollen in der Regel aus mindestens 5 und höchstens 9 Mitgliedern bestehen, einschließlich des Schulleiters. Den Vorsitz führt der Vertreter des Schulunternehmers. Die Tätigkeit der Bei räte regelt sich nach einer Geschäftsordnung, die der Schulaufsichts behörde (Regierungspräsident, in Berlin Oberpräsident) zur Geneh migung vorzulegen ist. Bei der Wähl der Schulbeiräte sind außer Vertretern der an der Unterhaltung der Fortbildungskurse beteiligten Verbände geeignete Fachleute aus den Kreisen der Arbeitgeber wie der Angestellten und Arbeiter, die Interesse und Verständnis für die Aufgaben der Schulen besitzen und von denen eine Förderung der Schulen im Sinne dieser Grundsätze zu erwarten ist, zu berück sichtigen. Zu den Aufgaben der Schulbeiräte gehören insbesondere: a) Vor bereitung des Schulhaushaltplans und Vorprüfung der Jahresrechnung; b) Prüfung des vom Schulleiter zu erstattenden Jahresberichts; c) Be gutachtung des Lehr- und Stundenplanes sowie Vorschläge für die Wahl der Unterrichtszeiten, Ferien u. dgl.; d) Vorschläge für die Be stellung und Entlassung der Lehrkräfte; e) Vergebung von Stipendien und Nachlaß von Schulgeld und Schulbeiträgen der Unternehmer (Arbeitgeber); f) Vorschläge für die Festsetzung einer Schulordnung;