Volltext Seite (XML)
27 an enfab Nr. 27 u. 28 Freitag, den 4. Juli 1919 XXL Jahrgang Der Handelsgärtner Handelszeitung für den deutschen Gartenbau tike Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig-R., Gomeniusstr. 17. sland M. 10.—, durch die Post 1 er den Buchhandel M. 20.— pro Kalenderjahr. 1 sgabe z. Zt. 14tägig (Freitags). Bezugspreis U al 1 i direktem Bezug vom Verlag: Deutschland M. 6.—, für das Anzeigen 40 Pfennig für die fünf gespaltene Nonpareille-Zeile auf dem Umschlag 50 Pfennig, im Reklameteil M. 1.50 für die zweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. C Teuerungszuschlag 25°.. hei bai BOD. i durch iusstr.1 s ten IS iemals reicht 10/20 C. ant, in Öhmen in an: ichen, Tarne, moos, rkap- ostis, Prima- 2514 Fern 80 m la Stück. hnahme und pritz- tng. |252€ »dt elde Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Der Frieden kam — — Auszug aus den Arbeitsvereinbarungen : Stadtkreis Frank furt a. 0., Hannover und Umgegend. — Richtpreise für Erdbeeren im Freistaate Sachsen und Erdbeerwucher in Gaststätten. — Praxis ‘und Wissenschaft : Von der Notwendigkeit fachwissenschaftlicher Bildung. — Maschinensaat für den feldmäßigen Anbau des Kopf salates. — Richtiges Gießen und Düngen. — Noch einmal die Sojabohne. — Vereine und Versammlungen. - Handelsnachrichten. Der Frieden kam — „Schön ist der Friede, ein lieblicher Knabe." Der Frieden kam. Aber wir haben ihn nicht mit Schillers Worten als einen lieblichen Knaben erblickt, sondern wir schauten in das wuterfüllte, neidverzerrte Antlitz feindlicher Mächte, die einem Erpressungswerke : fälschlich den Namen eines Friedensvertrages beilegten, selbst aber recht gut wußten, daß dieser uns in der Stunde , der Not und Ohnmacht abgerungene Pseudofrieden den Gedanken der Wiedervergeltung in die Seelen unserer Kinder und Kindeskinder hineintragen muß. Der Frieden von Versailles, der am 28. Juni, dem Tage, da einst die schimpfliche Ermordung des österrei chischen Thronfolgers Franz Ferdinand den äußeren An laß zum Weltkriege gab, unterzeichnet wurde, hat Deutschland zu Boden geschmettert und ihm das Mal der Schmach auf die Stirn gedrückt. Aber sie werden sich täuschen, die da meinen, daß es . nun mit Deutschland für ewige Zeiten vorüber sei, daß dieses unterdrückte, elende Volk jenseits des Rheins für immer das Joch der Entente-Sklaverei tragen müßte. Sie können uns in ihrem Siegerwahnsinn knebeln und fesseln; der Tag kommt aber doch, wo diese Bande zersprengt sein werden und der deutsche Geist, den sie nicht knechten können, dieser Adlergeist mit seinen Fittigen wieder zur Sonnenhöhe emporfliegt. In diesem Glauben allein, m dieser Hoffnung nur werden wir das bittere Los des er preßten Friedens zu tragen wissen. Die Weltgeschichte zeigt uns seit den sagenhaften Zeiten des grauen Altertums einen unausgesetzten Wech sel der Völkerschicksale. Im Orient richteten sich mäch tige Reiche auf, die bald zerplatzten wie Seifenblasen. Rom ringt mit Karthago und wirft es zu Boden, und Rom erlag der germanischen Kraft nach einem jahrhunderte langen Ringen. Völkerkämpfe erfüllen das ganze Mittel- alter. Und das deutsche Volk ist es, das die schwersten Schicksalsschläge erfährt und nach kurzem Aufstieg wie der zurückgeworfen wird in die Nacht. Nach den Befrei ungskriegen von 1813 und 1870/71 lebten wir auf und schritten kühn und hoffnungsfreudig auf der Bahn der Kul turentwicklung empor. Wir waren das große Volk der Erde. Neid und Scheelsucht, Haß und Raubsucht haben aber Größe nie anerkannt und diesen Weltkrieg, wie alle seine Vorgänger, entzündet. Wir sind des Auslands Knechte, Wieder einmal. Werden wir es bleiben? Nein! Das lehrt uns die Geschichte unseres Volkes. In Unfrei heit leben ist für Deutsche der Tod. Wir müssen zusam- mentreten zu heiligem Schwur und uns geloben, unsere Freiheit mit allen Mitteln uns wiederzuerobern. Der Rut ergeht an alle Männer und Frauen, Jünglinge und Jung frauen des blutenden Reiches. Der Ruf dringt auch in eure Gärtnereien, ihr deutschen Handelsgärtner, die ihr mit schwerem Herzen in diesen Tagen gehört habt, was uns nach dem Willen un serer Feinde beschieden sein möchte. Aber der Ruf ist kein Rut der Waffengewalt mehr, er ist ein Arbeits- r u f, ein Ruf nach einiger, ernster, treuer Arbeit, die uns allein nach Jahren eisernen Ringens und Schaffens die verlorene Freiheit, das höchste Gut deutscher Herzen, wiederbringen kann. Auch der deutsche Gartenbau hat unter den Wirren dieses unheilvollen Völkerkrieges mit seiner un geahnten Dauer gelitten. Darüber kann es uns nicht hin wegtäuschen, wenn z. B. die Gemüsegärtnerei erstarkte und Preise erzielte, wie sie in Friedenszeiten niemals er zielt worden sind. Daran ändert es nichts, daß auch in der Blumen- und Pflanzenzucht, im Samenbau, Preise sich herausbilden, die verführerisch erschienen, — im großen ganzen blieb auch die Gärtnerei von den unheilvollen Ein wirkungen des Krieges nicht verschont. Standen doch den erzielten Preissteigungen wieder die Erhöhungen der Auf wendungen für Rohmaterial und Löhne und das Anwach sen des Ausgabeeteats für den leiblichen Unterhalt gegen über. Es waren und sind noch heute ungesunde Verhält nisse, unter denen wir leben, oder, besser gesagt, vege tieren. Der Ge sundungsprozeß soll nun einsetzen. Wir müssen Rekonvaleszenten werden. Und wir können auf Gesundung rechnen, wenn unser Wille, geordnete Zu stände herb eizuführen, nicht erlahmt und vor allem in der Allgemeinheit des Volkes zu Tage tritt. Wenn sich unsere Handelsgärtner die Mühe nehmen wollen, die 440 Artikel der Friedensbedingungen mit ihren zahlreichen Anhängen i zu lesen, so würden sie mit uns finden, daß dieser Frie densvertrag tatsächlich den tiefsten Pegelstand der deut schen Geschichte darstellt, daß er mit den Interessen und Idealen der Menschheit unvereinbar ist. Man stempelt uns ! — und wir unterzeichneten es — zu den alleinigen Ur hebern des Weltkrieges! Das kann uns gleich gültig sein, denn unser Volksgewissen sagt uns mit eherner ! Stimme das Gegenteil, und wir unterzeichneten ja nur mit i einer von feindlicher Gewalt geführten Feder. Aber ; furchtbar lasten auf uns die Bedingungen, die der Frieden an unseres Reiches materielle Wohlfahrt stellt. Man raubt uns auf oder für immer wertvolle, unentbehrliche Teile unseres geeinten Reiches, das in jahrzehntelangem Arbeitsfrieden wieder emporgeblüht war, wie die Blume im Sonnenlichte. Man raubt uns kerndeutsche Gebiete in Ost- und Westpreußen, in Posen, und wenn, wie auch sonst in diesem Frieden,die Ungerechtigkeit mit ihren Ma chinationen siegt, auch in Oberschlesien zugunsten der Polen, deren Undank an ihren Freiheitserweckern von russischer Tyrannei am besten zeigt, was man von ihnen zu erwarten hat. Dort geht auch fürunsernfeldmäßigenGe- müsebau, für unseren Garten- und Ackerbau wertvolles Land verloren, das wir schmerzlich vermissen werden. Man nimmt uns Elsaß-Lothringen, das man uns einst fre-