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XXL Jahrgang. Freitag, den 6. Juni 1919. Nr. 23 u. 24 Der Handelsgärtner Handelszeitung für den deutschen Gartenbau Verlag: Thalacker & Schwarz, Leipzig-R., Comeniusstr. 17. Anzeigen 30 Pfennig für die fünf gespaltene Nonpareille-Zeile, auf dem Umschlag 40 Pfennig, im Reklameteil M. 1.— für die zweigespaltene 105 mm breite Petit-Zeile. Teuerungszuschlag 25°l0. Bezugspreis bei direktem Bezug vom Verlag: für Deutschland M. 6.—, für das Ausland M. 10.—, durch die Post oder den Buchhandel M. 20.— pro Kalenderjahr. Ausgabe jeden Freitag. Beachtenswerte Artikel in vorliegender Nummer: Die Höhe der Schadenersatzpflicht der Eisenbahn für verlorene oder beschädigte I Gartenprodukte. — Praxis und Wissenschaft: Einige Bemerkungen zum Kapitel Tier schutz und Gartenbau. — Ueber die Veredlung gewisser Ziergehölze. (Schluß.) — Die Guttung Peperomia als danbare Zimmerpflanze. — Vielseitigkeit der Verwendung des Uran agrüns. — Zum Einfluß der Witterung auf den Blütenansatz der Ziergehölze und Obstbäume. — Bewässerung der Obstbäume, ein wichtiges Mittel zur Sicherung der Ernte. — Eine interessante Beobachtung an überständigen Rotkohlpflanzen. — Kleinere Mitteilungen. — Rechtspflege: Lokale Ausfuhrverbote und Lieferungsunmöglichkeit. — Fragekasten der Abonnenten. — Vereine und Versammlungen. — Fachunterrichtswesen.— Handelsnachrichten. — Geschäftsnachrichten. — Geschäftsjubiläum. — Personalien. Die Höhe der Schadenersatz pflicht der Eisenbahn für verlorene oder beschädigte Gartenprodukte. Während nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen der Unternehmer unbegrenzt für den von ihm zu vertretenden Schaden einzustehen hat, schränkt die Eisenbahnverkehrs- Ordnung die Schadenersatzpflicht der Eisenbahn ein. Dem Gesetz liegt dabei der Gedanke zugrunde, daß die Haf tung der Eisenbahn gesteigert ist, daß die Eisenbahn ins besondere auch für Zufallsverlust und Zufallsschaden ein zustehen und nur in beschränktem Maße das Recht hat, die Schadenhaftung abzulehnen. Wenn die Bahn dann unbeschränkt den vollen Schaden zu ersetzen hätte, würde das notwendig zu einer Erhöhung der Fracht füh ren, die das Gesetz gerade im allgemeinen Interesse ver meiden will. • Darum bestimmt der § 88 der Eisenbahnverkehrsord nung, daß bei Verlust oder Minderung des Frachtgutes der gemeine Handelswert und in dessen Ermangelung der gemeine Wert zu ersetzen ist, den ein Gut derselben Art und Beschaffenheit am Orte der Absendung in dem Zeit punkt der Annahme zur Beförderung hatte. Durch diese Vorschrift werden allerdings die allge meinen Vorschriften des Vertragsrechts nicht außer Kraft gesetzt. Soweit also die Bahn nach allgemeinem Vertrags recht in höherem Maße zu haften hat, als nach Transport recht, insbesondere also bei einem Schaden, der auf nach gewiesenes Verschulden der Bahnbeamten oder Bahn angestellten zurückzuführen ist, da bleibt es bei der vollen Schadenersatzpflicht. Welche Bedeutung hat nun die Haftungsbeschränkung des § 88? Unter dem gemeinen Handelswert ist im Zweifel der sogenannte Fakturenwert zu verstehen, d. h. der Preis, zu welchem die Gartenprodukte verkäuflich sind (vgl. Senck- piehl, Eisenbahntransportgeschäft, Seite 318). Je nach der Person des Ersatzberechtigten ist also der Engros- oder der Einzel-Preis maßgebend und ins besondere ist auf die Preisunterschiede Rücksicht zu n:h- men, je nachdem es sich um den Erzeuger, den Zwischen händler oder den Besteller handelt. Der Schaden, den der Frachtinteressent etwa durch den Fortfall seines Spekulationsgewinnes erleidet, ist nach den Vorschriften des § 88 also nicht zu ersetzen. Die Ersatzpflicht der Bahn beschränkt sich nicht auf den Wert des Frachtgutes an sich. Neben dem Inhalt des Gutes ist auch der Wert der Verpackung zu berücksichti gen (vgl. Eisenbahn- und verkehrsrechtliche Entscheidun gen Bd. 23, S. 397). Ferner ist nach ausdrücklicher Ge setzesvorschrift zu ersetzen, was an Zöllen und sonstigen Kosten sowie an Fracht schon bezahlt oder noch zu bezahlen ist. Hier kommen insbesondere in Frage Spedi tionskosten, Frachturkundenstempel, Rollgebühren usw., gleichviel ob der Absender oder der Empfänger diese Kosten zu tragen hat. Hat der Absender ein Interesse daran, den vollen Wert der versandten Gartenprodukte ersetzt zu verlan gen, so kann er gemäß § 92 der Eisenbahnverkehrsord nung sein Interesse an der Ablieferung im Frachtbriefe angebeu, wofür eine verhältnismäßig geringe Gebühr zu entrichten ist. In diesem Fall hat gemäß § 93 die Eisen bahn auch für den Ersatz des weiter entstehenden Scha dens bis zu dem angegebenen Interesse einzustehen. Dr. jur. Eckstein. #F === - —- ———= — Ku 1 Praxis und Wissenschaft 1. i» 1 Einige Bemerkungen zum Kapitel Tierschutz und Gartenbau. Ueber die Nützlichkeit und Schädlichkeit der Tiere bestehen bei vielen Gärtnern immer noch unklare An sichten. Es gibt auch unter unseren Berufgenossen Leute, die zu den Uebertierschützlern gehören, jedoch auch solche, die jeden Schutz der freilebenden Tierwelt ablehnen. Die Klärung der entgegenstehenden Ansichten ist der Zweck dieser Zeilen. Der Verfasser dieser Zeilen gehörte früher zu Leu ten, die jede Vertilgung eines wenn auch nur sehr bedingt nützlichen Tieres verurteilten. Heute ist er der Ansicht, daß man mit Gefühlsduseleien sich nur Schaden zufügt. In der Hauptsache sind die folgenden Ausführungen allerdings vorzugsweise für die Gärtner, die Freiland kulturen irgendwelcher Art, besonders Gemüse- und Obstbau und Schnittblumenkulturen betreiben, berechnet, doch wird immerhin auch der Topfpflanzenzüchter man ches Beachtliche finden. Beginnen wir mit den Insekten ünd Gliedertieren. Zu den unbedingten Nützlingen gehören in erster Linie die Spinnen. Man kann leider immer noch beobachten, daß gedankenlose Arbeiter und Lehrlinge diese nützlichen Tiere töten, wo sie ihrer habhaft werden können. Das ist natürlich eine große Dummheit, denn sie sind die eifrig sten Vertilger der schädlichen Insekten. Wie die Spinne ist auch der sogenannte Weberknecht zu schützen, der zoologisch richtig als Milbenspinne zu bezeichnen ist und sich durch seine außerordentlich langen Beine auszeich net, mit deren Hilfe er, weit und schnell auf allerlei Schäd linge fahndend, umherschweift. Hervorragend nützlich sind die Laufkäfer, besonders der schwarze Laufkäfer und der Goldschmied, ebenso der Sandläufer und der Puppen- I räuber. Sie sind die Todfeinde der Schnecken und be- I sonders auch der Erdraupen (Eulenraupen), die in man-