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Bestimmungen für die Prüfung von Gemüsesamenbau-Betrieben durch die staatliche bayerische Saatzuchtanstalt in Weihenstephan. (Genehmigt durch Entschließung des bayerischen Staats ministeriums des Innern vom 20. September 1918.)*). I. Zweck. Zur Förderung der inländischen Gemüse samenerzeugung und zur Hebung des Absatzes einhei mischer und bewährter Gemüsesaaten wird von der Saat zuchtanstalt Weihenstephan in Verbindung mit der bayr. Landessaatstelle eine fachmännische Prüfung des Gemüse samenbaues eingerichtet. Die Prüfung erfolgt durch Be sichtigungen der Samenbaubetriebe und durch sonstige Erhebungen über den Samenbau. II. Anmeldung der Betriebe. Saatguterzeuger, welche die Prüfung ihres Samenbaues wünschen, haben dies bei der Saatzuchanstalt so frühzeitig zu beantragen, daß noch eine Beurteilung der zur Zucht und zum Samen bau verwendeten Mutterpflanzen möglich ist Die An meldung muß deshalb bei einjährigen Arten bis zum 1. März erfolgen, wobei gleichzeitig von jeder Sorte der voraus sichtliche Erntebeginn zum Verbrauch und der Beginn der Auswahl oder Auszeichnung der Samenträger angegeben werden muß. Bei zweijährigen Genüsearten hat die An meldung ebenfalls im 1. Jahr (Konsumjahr) womöglich zum gleichen Termin, spätestens aber 8 Wochen vor der Reife der Mutterpflanzen zu erfolgen. Prüfungsfähig sind nur Gemüsearten, von denen bei Einzelzüchtern mindestens 1 ar, bei Vereinigungen mindestens 12 ar der gleichen Sorte zur Samengewinnung angebaut werden. Die Saatzucht anstalt behält sich vor, Anmeldungen ganzer Betriebe oder einzelner Gemüsesorten zur Prüfung ohne Angabe von Gründen abzulehnen, besonders wenn ihr die Vorausset zungen für den Zweck des Prüfungsverfahrens nicht erfüllt zu sein scheinen. Außer den zur Prüfung geeigneten oder bestimmten Gemüsearten und -Sorten haben die Bewer ber auch alle übrigen zur Samengewinnung in ihrem Be triebe angebauten Gemüsesorten nach Art und Fläche an zugeben. III. Art der Prüfung. Die Prüfung des Gemüse samenbaues erstreckt sich auf: a) Beurteilung der Samenpflanzen (Mutterpflanzen) auf Sortenechtheit, Sortenreinheit und Gleich mäßigkeit, wobei auf das Vorhandensein der Son dereigentümlichkeiten und wertvollen Eigenschaften besonders zu achten ist; b) Beurteilung der Anbauverhältnisse, insbesondere bezüglich der Fernhaltung unerwünschter Bastar dierungen; c) Beurteilung der Anbauweise und des Pflegezustan des der Samenfelder (Säe- und Pflanzweiten, Dün gung, Bodenlockerung, Unkraut- und Schädlings bekämpfung usw.) mit Rücksicht auf deren Einfluß auf die Gewinnung eines sortenreinen, gut ausge reiften und gesunden Saatgutes; ferner Begutach tung der Einrichtungen für Ernte, Drusch, Reinigung ung Lagerung des Saatgutes. d) Untersuchung des Samens in bezug auf Reife, Rein heit, Beschädigungen und Keimfähigkeit. Zu diesem Zweck hat der Erzeuger vom verkaufsfertigen Sa men möglichst bald nach der Ernte ein Durch schnittsmuster von: bei Feuer- und Puffbohnen 1 kg, bei sonstigen Bohnen und Erbsen 500 gr; bei Man gold, roten Rüben, Spinat und Samen ähnlichen *) Flugblatt Nr. 1 der Bayerischen Saatzuchtanstalt in Weihen stephan. Die Flugblätter sind zu beziehen durch die Bayerische Landessaatstelle in München, Arnulfstraße 22, zum Einzelpreis von 10 Pfennigen. Gewichtes 200 gr; bei den übrigen Sämereien 50 gr in dauerhaften Papier- oder Leinwandbeuteln, welche von der Landessaatstelle geliefert werden, unter genauer Angabe der verkäuflichen Menge an die bayerische Landessaatstelle, Verwaltungsabtei lung, einzusenden. Ein Drittel der Probe bleibt bei der Bayer. Landessaat stelle zurück, ein weiteres Drittel wird von dieser zur Un tersuchung an die Landesanstalt für Pflanzenbau und Pflan zenschutz übermittelt, welche darnach begutachtet, ob das Saatgut den allgemeinen Anforderungen, welche an ein ge sundes, gut keimfähiges und gereinigtes Saatgut gestellt werden müssen, entspricht. Das letzte Drittel wird von der Saatzuchtanstalt oder in deren Auftrag von einer an deren Stelle zum Probeanbau gebracht. Die Lieferungen haben nach dem von der bayer. Lan dessaatstelle zurückgehaltenen Durchschnittsmuster zu er folgen, das daher in Streitfällen über die Qualität des ge lieferten Samens ausschlaggebend ist. Der Prüfungsaus schuß hat das Recht, die Lagerräume während der Ver sandzeit zu besichtigen und die Richtigkeit der eingesand ten Samenproben nachprüfen zu lassen. IV. V ollzugderPrüfung. Die Saatzuchtanstalt bildet zur Prüfung und Ueberwachung der angemeldeten Samenbaubetriebe örtliche Prüfungsausschüsse und einen Landesprüfungsausschuß. In die örtlichen Prüfungsaus schüsse wird je ein Fachberater (z. B. Kreiswanderlehrer für Obst- und Gartenbau, Landwirtschaftslehrer usw.) und und praktischer Fachmann berufen. Ihnen obliegt die ein malige oder wiederholte Besichtigung der ihnen zugewie senen Betriebe und die Begutachtung des Samenbaues unter Zuhilfenahme weiterer Erkundigungen und Erhebun gen. Das Gutachten wird vertraulich unter Ausfüllung von Vordrucken an die Saatzuchtanstalt erstattet. Die zur Prü fung ■ angemeldeten Bewerber haben den Mitgliedern des Prüfungsausschusses wie der Saatzuchtanstalt alle ge wünschten, auf Zucht und Samenbau sowie den gesamten einschlägigen Betrieb bezüglichen Aufklärungen zu geben, den Zutritt zu den’Anbaufeldern, Reinigungs-, Lager- und Verkaufsräumen zu gestatten und die zur Prüfung Beauf tragten in jeder Beziehung zu unterstützen. Die Saatzucht anstalt und die Landessaatstelle können sich an den Prü fungsgeschäften und Besichtigungen durch besonders Be auftragte beteiligen. Auf Grund des Gutachtens des örtlichen Prüfungsaus schusses entscheidet die Saatzuchtanstalt über die sofortige Ablehnung oder Weiterbehandlung der Prüfungsbewer bung. Im Falle der Ablehnung kann durch den Bewerber zum Landesprüfungsausschuß Berufung ergriffen werden, der auch aus eigener Veranlassung der Saatzuchtanstalt zur Nachprüfung aufgefordert werden kann. Der Landes prüfungsausschuß besteht aus einem Vertreter der. Saat zuchtanstalt, dem Landesinspektor für Obst- und Garten bau und zwei Mitgliedern örtlicher Prüfungsausschüsse, die aber in Berufungsfällen nicht bei der angegriffenen Begut achtung beteiligt gewesen sein dürfen. Die Kosten des Be rufungsverfahrens (einschließlich der Reisekosten) sind bei ablehnendem Berufungsbescheid vom Bewerber zu tragen, der deshalb bei Einlegung der Berufung gleichzeitig an die Saatzuchtanstalt einen Kostenvorschuß von 200 M. einzu zahlen hat. Die Saatzuchtanstalt verbescheidet nach dem Gut achten bei Prüfungsausschüsse und dem Ergebnis der Sa menbeurteilung die Bewerbungsgesuche. Die im Prüfungs verfahren bewährten Betriebe werden in geeigneter Weise öffentlich bekannt gemacht und beim Verkauf des Saat gutes durch die Landessaatstelle möglichst bevorzugt (z. B. auch bei der Preisgestaltung). Außerdem haben die ge prüften Samenbaubetriebe das Recht, bei Angebot und Verkauf der geprüften Saaten auf die Prüfung durch die Saatzuchtanstalt hinzuweisen, soweit sie unmittelbar oder