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Blatt Amts und des StadLraLhes des Königs. Amtsgerichts WuLsnrtz schenk ^fue Pulsnitz, Lömgsblüii!, Radeberg, Radeburg, Moritzburg nud Umgegend Erscheint: Mittwoch und Sonnabend. Als Beiblätter: 1 . Illustr. Sonntags« btatt (wöchentlich), 2 Eine tcrndrvirlh- schafMche Meilage (monatlich). Abonnements - Preis: Vierteljährl. 1M. 25 Pf. Aas Wunsch unentgeltliche Zusendung. Inserate sind biS Dienstag u. Freitag Borm, S Uhr aufzngeben. Preis für die einspaltige Cor« PuSzeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Geschäftsstellen bei Herrn Buchdruckereibes. Pabst in Königsbrück, in den An- noncen-BureauS von Haasin- steinL Vogler ».„Invaliden« dank" tn Dresden, Rudolph Mosse in Leipzig. .m° V----» «erd., Jahrgang. Mittwoch. Nr. 87. 1. November 18S3. Bekanntmachung, die Bornahme von Erhebungen über die Verhältnisse der in Gast- nnd Schankwirthschaften beschäftigten Personen betr. In Gemäßheit einer Verordnung der Königlichen Kreishauptmannschaft Bautzen sind im hiesigen Stadtbezirk Erhebungen über die Verhältnisse der in Gast- und Schankwirth schaften beschäftigten Personen anzustellen. Zu diesem Zwecke werden in den nächsten Tagen für alle mit Hülfe von Kellnern, Kellnerinnen und Kellnerlehrlingen betriebenen Gast- und Schankwirthschaften, Kaffee's, Restaurationen, pp. Fragebogen zur Ausgabe gelangen. Da dieselben für die eine Hälfte der Betriebe ausschließlich an die Arbeitgeber (Wirthe), für die andere ausschließlich an Arbeitnehmer (Kellner, Kellnerinnen) zur Beantwortung auszugeben sind, so ist von uns nach Anweisung der Oberbehörde die erforderliche Scheidung der Betriebe in der Wxise vorgenommen worden, daß dieselben in alphabetische Reihenfolge der Anfangsbuchstaben ihrer Firmen gebracht worden sind. Der ersten Hälfte dieser Reihe werden die Fragebogen für die Arbeitgeber, der zweiten Hälfte die Fragebogen für Arbeitnehmer zugewiesen werden. In Betrieben mit mehreren Arbeitnehmern haben die Letzteren darüber sich zu einigen, wer von ihnen den Fragebogen behufs Beantwortung in Empfang nehmen soll. Er folgt eine solche Einigung nicht, so wird der Fragebogen der am längsten im Betriebe thätigen Person auögehändigt werden. In Folge höherer Weisung wird aus der durch den Inhalt der Fragebogen etwa erlangten Kenntniß von dem Vorkommen einer Uebertretung der Polizeistunde ein Anlaß zum strafrechtlichen Einschreiten nicht entnommen werden. Die Fragebogen sind mit größter Sorgfalt bis 4. November d. I. auszufüllen und zum Abholen bereit zu halten. Pulsnitz, den 28. October 1893. Der Stadtrat h. Schubert, Brgrmstr. Politisches. Die „Gegenwart" schreibt: „Wäre Alexander III. in demselben Maße unternehmungslustig und verwegen, wie er friedliebend und vorsichtig ist — man wud freilich vor sichtig, wenn man ein Borki überstanden hat und auf Dynamitminen wandelt wie andere Leute auf Smyrna teppichen —, pulste in seinen Adern auch nur ein Tröpf- lein von dem heißen Blut der liebe- und eroberungsfrohen Katharina, so würden die Luftschlösser der Panamisten nicht auf Sand gebaut sein. Ein kluger und waghalsiger Slavenfürst, der der Zukunft Zeichen zu deuten vermöchte, Holle schon jetzt, wo ihn das stärkste romanische Volk Europas dabei mir Leib und Seele unterstützen will, zum vernichtenden Stoße gegen das stärkste germanische Voll Europas aus; mit allen andern, auch mit seinen jetzigen Verbündeten, hätte er dann leichtes Spiel. Eine Allianz zwischen Fiankreich und Rußland, habe sie nun Angriffs- oder nur Vertheidigungstendenz, wäre nach Lage der Dinge die fürchterlichste Gefahr, die dem VateUande seit dem Mongoleneinfall und den Türken kriegen gedroht hat. Vielleicht gleicht der Patriotismus unserer Soldaten die glühende, wild begeisterte Rachsucht der Franzosen, die Raublust und Anspruchslosigkeit der an Entbehrungen aller Art gewöhnten Kosaken im nächsten Feldzug aus. Vielleicht. Jedenfalls nur dann, wenn Alles gethan wird, unseren Soldaten ihr Vaterland und ihre Heeresgemeinschast lieb und theuer zu machen, so daß sie willig den letzten Bluttropfen dafür verspritzen; wenn man endlich dem kapitalistischen Kanibalismus ein Ziel setzt, dieser volkvernichtenden Pest, die in jedem Monat Zehntausende unserer Brüder und Schwestern über's Welt meer treibt, Tausende der Schwindsucht in die Arme jagt. Wenn man endlich der Sozialdemokratie, die schon jetzt ganze Regimenter stolz zu den ihrigen zählt, den Boden abgräbt, nicht mit Polizeichikanen und bureaukratischen Rohheiten, sondern mit warmer, werkthätiger Menschen liebe, nach den Worten und Lehren des Einzigen, der Unserer Kirche seinen gebenedeiten Namen gegeben, dann, aber auch nur dann, werden unsere Armeekorps mit dem Bewußtsein in's Feld rücken, in Wahrheit ein Vaterland, nicht nur ein Rabenvaterland zu Vertheidigen zu haben; dann, aber auch nur dann, werden Millionen willig und geduldig alle Schrecken des bevorstehenden, des fürchter lichsten Krieges tragen, den die Welt je gesehen hat. Es wäre ein verhängnißvoller Jrrthum, wenn man bezweifeln wollte, daß dieser nächste Krieg ein Volkskrieg sein wird, daß er allein siegreich durchgeführt weiden kann, wenn Jeder mit dem ganzen Herzen dabei ist und freudig sein Letztes giebt. Es wird um Scepter und Krone, es wird um die Zukunft der Welt gewürfelt — wehe uns, wenn Parteileidenschaften oder zerschmetternde soziale Noth unsere Kämpen müd' und lustlos gemacht haben! Freilich ist auch im entgegengesetzten Falle der Sieg noch nicht gewiß. Frankreichs und Rußlands Trupp, n- massen haben in hundert Schlachten ihre Standarten zum Triumphe geführt; von den Dreibundvölkern darf nur Deutschland eine kriegerisch tüchtige Nation genannt werden. Frankreich ist noch immer das reichste Land Europas. Die soziale Bewegung hat zwar in ihm bedeutsame Fort schritte gemacht, steckt aber doch noch in den Kinderschuhen; der Bauer Hal Geld, massenhaft findet sich der kleine, der 20 000 Franken-Kapitalist, der Rentier vulgarm. Frank reich hat eine der günstigsten Handelsbilanzen der Welt, zahlt in Europa die besten Löhne; es stellt für die erste und zweite Wagenklaffe der Eisenbahn einen fast dreifach höheren Prozentsatz von Reisenden als Deutschland. Selbst die Gaunerkompagnie, die sich dort Parlament titulirt, kann Gallien nicht so rasch zu Grunde richten, wie wir es patriotischer Weise wünschen müßten; immerhin verdienen diese unsere werthvollen Verbündeten alles Lob. Rußland ist das ärmste Land Europas; weil aber seine Muschiks noch nicht zur Erkenntniß ihrer Aimuth gekommen sind oder weil es, wie der Volkswirthschaftsrath Barth be haupten würde, noch keinen Sozialistenzüchter ä la Bis marck gehabt hat, blieb es bis heute von tiefgehenden wirthschaftlichen Kämpfen verschont. Wie Frankreich, sendet es eine kompakte, mit ihrem Loose meist zufriedene und patriotisch hypnotisirte Menschenmenge in die Schlacht, die außer ihrem nackten Leben noch allerlei hübsche Kleinig keiten zu vertheidigen hat: der seine Rententitel, der sein Hüttchen am Don. Der Dreibund war, als man ihn begründete, eine große und segensreiche That; heute, wo die Verhältnisse sich gänzlich geändert haben, kann ec uns auf der einen Seite leicht gefährlich werden und auf der anderen wenig nützen. Es wird schwer halten, die nach Rußland laufen den, durchgeschnittenen Drähte wieder fest zu verknoten, aber die Reichsregierung wird den Versuch wagen müssen. Dem Zuge nach Osten vermöchte heute vielleicht ein diplo matisches Genie zu widersteheu; ein noch sehr anzweifel bares TalentHen kann und darf es nicht. Alle Kunst be steht jetzt darin, Frankreich oder Rußland zu isoliren, den Bund zwischen ihnen, der unnatürlich ist und Spreng fugen offen läßt, zu zerstören. Oertliche mW sächsische Angelegenheiten. Beiträge für diesen Theil werden stets gegen Honorar dankend angenommen. Pulsnitz. Am vergangenen Sonntage Abends 8 Uhr hatte sich im Gesellschaftszimmer der Müller'schen Restauration zum ersten Male der in unsrer Stadt neu gegründete Jünglingsverein versammelt. Es hatten sich hierzu 19 junge Leute eingefunden, die unter Vorsitz un- sers Herrn Oberpfarrer sich mit christlichen Betrachtungen, Vorlesungen und Auslegungen aus der Bibel beschäftigten, später durch mancherlei Spiele und heiteren Verkehr den Abend in ungezwungener Weise verbrachten. — Nächsten Sonnabend Nachmittag 2 Uhr wird in der Schule zu Obersteina sür alte und schwächliche Personen eine Abendmahlsfeier abgehalten werden. — Allgemein ist die Klage darüber, daß sich in diesem Jahre das Lagerobst nicht halten will. Auch das Fleisch von sorgsam gepflückten Aepseln ist oft glasig, als ob es einen Frost bekommen hätte, und in knrzer Zeit beginnt es faul und unbrauchbar zu werden. Ebenso fault das Obst, das diese Beschaffenheit nicht aufweist, Heuer leicht, und zwar von innen heraus. Als Ursache des frühzeitigen Faulwerdens des Obstes bezeichnet man die große Hltze im Sommer und den späten Regen, welch' letzterer die beinahe ausgereiften Früchte zu neuem Wachsthum ge bracht hat. — Ueber Kolonialwaaren- und Fleischverkauf in der Oberlausitz enthält der Jahresbericht der Handels- und Gewerbekammer in Zittau u. a. folgendes: Das Geschäft mit Kolonialwaaren war im Jahre 1892 mühevoll und sehr wenig lohnend. Dadurch daß viele Konjunkturen ein traten, die sich nicht voraussehen ließen, hatten die Händler große Verluste. Erschwert wurde das Geschäft erstens durch die Gerüchte, daß Tabak und Spiritus neuen Steuern unterworfen werden sollten; ferner durch die große Aus dehnung der Termingeschäfte an der Börse, denen gegen über die Kolvnialwaarenhändler des Inlandes völlig macht los sind; weiter durch das Anwachsen der Konsum- und Waareneinkaufs- sowie der neu entstandenen Bauern- Vereine. Alle diese letzteren bezeichnet man als die Todten gräber der Klein-Geschäfte und wünscht, daß sie nach Möglichkeit erschwert und besteuert werden. Für den Großhandel mit Kolonialwaaren traten ähnliche Gefahren dadurch zu Tage, daß von den Hafenplätzen und den Fabriken aus sich ein direkter Verkehr mit den Kleinhänd lern und Konsumenten anbahnt. — Das Fleischergewerbe befand sich 1892 in etwas günstigerer Lage als im Jahre vorher. Auch abgesehen von lokalen Ursachen, wie z. B. dem Militär-Barackenbau, der in Königsbrück eine Steige rung des Verbrauchs veranlaßte, hat im Allgemeinen die Fleischerei aus dem verstärkten Angebot von Vieh, ins besondere von Kälbern, Schafen und ungarischen Schweinen Nutzen gezogen. Daß diese Letzten in großen Mengen hierhergebracht wurden, wird freudig begrüßt, da das An gebot von Landschweinen aus der Umgebung nicht genügt. Wie man sagt, beschäftigen sich die Landwirthe zu wenig mit Schweinezucht. Sie finden es vortheilhaster, ihre Kartoffeln selbst billig zu verkaufen als sie zum Futter zu verwenden, da zur Schweinezucht besondere Arbeitskräfte erforderlich sein würden, die auf dem Lande knapp und theuer sein sollen. Infolge dieser Anschauungen stehen die hiesigen Landschweine, die zur Wurstjabrikation nothwendig gebraucht werden, 10—12 für 100 KZ höher im Preise als oie ungarischen, obgleich der Zoll nur b beträgt. Ist der sächsische Fleischer schlechter gestellt als der preußische, kann er oft mit .hm beim Einkauf nicht kon kurrieren, weil er mit der Schlachtsteuer, der Uebergangs- abgabe oder der Verbrauchsabgabe zu rechnen hat, so ist wieder innerhalb Sachsens der Stadtfleijcher z. T. durch die besonderen Lasten, die ihm im Interesse der Konsu menten auserlegt sind, schlechter daran als der Landfleischer. Dresden. Die Einnahmen, welche die Stadt aus den Märkten (den Wochenmärkten, den drei Jahrmärkten und dem Chnstmarkt) bezieht, beliefen sich im vorigen