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Nr. 103 Pulsnitzer Wochenblatt. — Donnerstag, den 28. August 1924. Seit« 3. Einfuhr soll sehr groß gewesen sein. Auf der andern Seit, soll dir Ausfuhr von Fertigwaren, insbesondere von Maschinen, beträchtlich gewesen sein. Di« Wen. düng der Handelrbtlan, zur Aktivität wird von einem Rückgang der Warenpreis« im Großhandel begleitet. Berlin, 27. August. (FraktionSsitzung der Deutschnationaltn) Die deutschnationale Rerch«tas*fraktion trat heute abend 9 Uhr zu einer Fraktion»sttzung zusammen, um noch einmal zu der gesamten politischen Laa« Stellung zu nehmen und die vom Abz. Schul», B-omberg, angekündigten Ab- änderuntztanträge zur dritten Lesung vorzubereitm. Es handelt sich hier um den in der zweiten Lesung angenomwenin voiKp rteilichen Antrag, der u. a. ein« frühere Räumung der besetzten Gebiete fordert. Nach Auffassung in deutschnattonalen Kreisen besteht keinerlei Aussicht, daß sich da» Stimmenverhältnis, wie e« sich bei der Abstimmung zur zweiten Lesung gezeigt hat, in der dritten Lesung ändern wird. In d r Nb stimmung über da» Reichsbahnges-tz find bekanntlich 248 Stimmen, davon 174 dagegen bei einer Enthaltung abgegeben worden. Eine Zweidrittelmehrheit, wie sic bei diesen Gesetzen in dritter Lesung notwendig ist, ist also nicht vorhanden. Die deutschnattonal« Reichstags- Fraktion ist nahezu vollzählig versammelt. Ek fehlen nur die erkrankten Aig. Sckiele.Fc^u Bchw, Lind und Hagen- bürg. Zu den Beratungen der Riichttagrfraktton ,st auch die preußisch« Landtag,frattion htrzugezogen worden Stuttgart, 26. August (Die Probefahrt der Amerika Zeppelin, verschoben.) N;ch einer Mitteilung der Z'ppclinwttft 'st der ursprüng lich für gestern Mittwoch geplant« P'obeslag d-S owe rikanifchen Z pprltn, vnschodrn worden. Der Tag der Probefahrt ist noch nicht festgesetzt. Schweis. Genf, 27. August. (Der Arbeitsplan der Genfer WirtsHaft«konferenz) Di« Wirt schaftskommission de» Völkerkunde« trat am 26. Au gust zu ihrer 13 Tagung zusammen. Nus dsr Tage«, ordnung steht an erster Stelle di« Flax« de, unlanie en Wettbewerb,. Weiter wird di« Kommission die Fr^ge einer internationalen Kontrolle der privaten Herstel lung von Waffen und Munition vom wirtschastlichen Standpunkt aus prüfen. Sie wt^d «'nen Bericht übrr den Schutz der Verbraucher vor minderwertigen Waren entgrgrnnehwen. Frankreich. pari», 26. August. (Der Borstoß Poiv- care«, im Senat — er verteidigt seine Politik.) Poircare«, heutig« Senat,red« dauerte mehrer» Stunden. Er sagt« in seiner Rede u. a.: Eine d«r maßgebenden deutschen Persönlichkeiten hat mir »och im Februar diese« Jahre« erklärt: „W'r könnten Ihnen 26 Milliarden Goldmark zahlen. In dtesev Fall« müssen aber Ihr« Verbündeten mehr ou«Leb«n." Poircrre« macht« tm wetter«n Verlauf« setner R-d« Angaben über die wirtschaftliche «asbeutung der Ruhr End« November 1928 ändert« sich di« Situation an der Ruhr immer mehr zu Gunsten Frankreichs, «ine Woche nach der Vereinbarung der M cuwverträg« mußt« di« Reparation,kommisfion sich üb«r di« Bor schlüge für die Durchführung de« Sachverständig«'- gulachten« schlüssig werden. Beide Vorgänge standen ohne Zweifel «m Zusammenhang. In den ersten vier Monaten de« Jahr«» 1924 haben wir an barem G>ld SS? 400 000 Franken «ingenommen. Davon find di« BttrtebSankosten in Höhr von 12 800 000 Franken in Abzug ,u bringen, sodaß un« «in Betrag in Höh, von 584 600 000 Franken verbleibt. Belgien, Italien und Frankreich haben Sachlieserungen <n Höh« von S41S00000 Franken eingenommen. Di« Eistnbohn- regi« brachte un, einen Gewinn von SS000000 Fran ken. Der Nettobetrag der ersten vier Moral« de« Joh- re» 1924 belief sich auf 325 600 000 Franken. Wenn di« militärischen Besetzung-kosten in Höhe v in 57 600000 Franken in Abzug gebracht werden, so haben sämtliche Verbündet« während der ersten vier Monat« de« Joh «inen Reinertrag von 1 267 SOO000 F'arkiN . (detfall.) Polare, ist der Auffassung, daß «ine besondere «ommisston ernannt werden müßte, um dt« Au,,ahlung diese« «etrage« an di« Verbündeten vor,»nehmen. Zunächst müßten aber di« Besatzung Unkosten der Jahre 1S23/24 sowie die Unkosten der militärischen Einrückung der französischen belgischen Zivildrhörden im Ruhrgebiet gedeckt werden. Poir. caree gibt der Ecwartuog «utdruck, daß die Regie. Ang sich auf kein« andere Verrechnung «inloffen werd« V^r haben den Sachoerfländigenbericht angenommen, weil er dazu beitrug, da, Einvernehmen zwischen den Verbündeten wieder herzustellrn. Paris, 27. August. (Frühere Rämung ge gen Militärkontrolle.) Wie da« »Journal d« Pruple" meldet, hat Herriot den fozialrsttschen Abge ordneten mitgetrilt, daß nach seinen Dispositionen die Ruhrräumung Ende Januar 1925 beendet sein könne. Die Voraussetzung wäre nur die weitere Ausübung der Militärkontroll« durch den Völkerbund, um da, »Wiedererwachrn der deutschen Revanche zu verhin dern". England. London, 26. August. (Bevor st ehenderRäu- mungsdrginn?) Drr »Daily Expreß" meldet aus Brüssel: Dir belgische Regierung werde di« sogenann ten Offenfiviruppkn einschließlich Taut« und schwerer Artillerie für Li« nächste Woch« au, dem Ruhrgebiet abbrrufen und nur sogenannte Polizeilruppen zurück- laffea. Fall, die Engländer die Kölner Zou« räumen, würden die Belgier gleichzeitig abzirhen. Andere Ge biet« sollen von den Franzosen bereit, tn den nächsten Wochen geräumt werden. London, 27. August. (BürgschastSford«- rungen von amerikanischen Bavkrv.) E» verlautet, daß einige ameiikanische mittlere Banlsirmen an Londoner Häuser do« Ersuchen gerichtet haben, sie mögen Vorzrichnuugen auf dir deutsche Reparation« anleihe indossieren, da, he ßt, dis Londoner Banlsirmen sollrn sich verpflichten, den Amerikanern «in« Art von Goranne oder Bürgschaft für die deutsch« Anleihe zu geben. Dieser Vcrsuch hängt offenbar mit d«m w'e derholt gräußerten Wunsche der Uebernahme «in«r Bürgschaft feiten« der Rrgirrungen zusammen. Dil fer Wunsch dürfte aber kaum in Erfüllung gehen, da wrder die amerikanische noch di« englische Regierung «in Bedürfnis haben, neuerding« Garanttrn für die Anleihe zu übernehmen. und nicht verlieren. Solch ein Heilmittel ist Goethe. Er weist den Weg, den wir heute zu gehen haben. »Seelenleiden, in die wir durch Unglück oder durch eigene Fehler geraten, sie zu heilen vermag der Verstand nichts, die Verarmst wenig, die Zeit viel, ent schlossene Tätigkeit hingegen alles . . . Fahrt fort in unmittel barer Beachtung der Pflicht des Tages und prüft dabei die Reinheit eures Herzens und die Sicherheit eures Geistes! Wenn ihr sodann in freier Stunde ausatmet und euch zu erheben Raum findet, so gewinnt ihr euch gewiß eine richtige Stellung gegen das Erhabene, dem wir uns aus jede Weife verehrend hingeben, jedes Ereignis mit Ehrfurcht zu betrachten und eine höhere Leitung darin zu erkennen " — (Wilhelm Meisters Wander jahre", 1829.) Auch sür Goethe galt die Sache alles. »Wenn jeder nur als einzelner seine Pflicht tut und jeder nur in dem Kreise sei nes nächsten Beruses brav und tüchtig ist, jo wird es um das Wohl des Ganzen gut stehen . . meint er einmal zu Ecker mann (Bespräche 1831). Auch das, woran es uns heute am meisten fehlt, stärkte er wie kein anderer : das Verantwortungsgefühl. Der Mut, es tragen zu wollen, die Kraft, es tragen zu können, waren ihm die Zeichen eines wirklichen Dienstes an der Sache, heiße sie Vaterland, Staat, Wissenschaft oder Kunst. Und in wunderbarer Weise wußte er nun dieses Gefühl der Verantwortung mit dem Empfinden des Individuums und seines Rechtes zu vereinen. »Ich behaupte," meinte er wiederum zu Eckermann, »jeder soll bleiben, was er ist, und nach innerster Ucberzeugung arbeiten und schaffen. Ich habe als Schriftsteller nie das Interesse der Menge in Betracht gezogen, bin stets bestrebt gewesen, die Wahrheit zu sagen, zu schreiben, was ich dachte, und was ich siir gut hielt . . . Ich habe immer nur dahin getrachtet, mich selber einsichtiger und besser zu machen, den Gehalt meiner eigentlichen Persönlichkeit zu steigern und dann immer nur auszusprechen, was ich als gut und wahr erkannt hatte. Dieses hat freilich, wie ich nicht leugnen will, in einem großen Kreise gewirkt und genützt." (15. März 1830.) So machte Goethe, was wir alle tun sollten, das In teresse der großen Menge nicht zum Prinzip, sondern zur Folge seines Handelns. Nicht unähnlich schreibt einmal Bismarck an seine Gattin: »Der Strom der Zeit läuft seinen Weg doch wie er soll, und wenn ich meine Hand ausstrecke, so tue ich das, weil ich es sür meine Pflicht halte, aber nicht, weil ich seine Richtung damit zu ändern meine." Frei soll der Mensch sein und nur Gott und sich selber verantwortlich. Auch das ist Goeihes Lehre. »Nicht das macht frei, daß wir nichts über uns anerkennen wollen, sondern eben, daß wir etwas verehren, das über uns ist. Denn indem wir es verehren, heben wir uns zu ihm hinauf und legen durch unsere Anerkennung an den Tag, daß wir selber das Höhere in uns trogen und wert sind, seinesgleichen zu sein ... Es ist Zum 175. Geburtstag Goethes Goethe, der Führer unserer Zeit. Don Artur Brausewetter. Die Hauptsache und die größte Kunst in den schweren harten Zeiten, wie wir sie jetzt durchleben, ist wohl: im Gleichgewicht mit sich selber zu bleiben Es kommen so viel Sorgen und Leiden, so viel Tücken und Schläge des Schicksals und leider auch der Menschen über uns, daß wir ein Heilmittel wider sie anwenden müssen, wollen wir den Mut und die Kraft mit der Freiheit ein wunderlich Ding, und jeder hat es leicht genug, wenn er sich nur zu begnügen und zu finden weiß." Weder zum Glück noch zum Unglück ist der Mensch ge schaffen. In seiner Hand liegt es, das Leben zu einem großen Glück oder zu einem großen Unglück zu gestalten. Die eigent liche Lebenskunst und Lebensweisheit aber besteht darin, das Gute fcstzuhalten und dauerhaft zu machen. „Aufs .Glück kommt es nicht an. Es handelt sich nur um sein Dasein und die wahre Beschaffenheit der Dinge." (Zu F von Müller, 3. April 1924.) Leben und Streben ist das Glück. Selbst, wenn es durch Irrtümer sührt. „Bei strenger Prüfung meines eigenen und fremden Banges in Leben und Kunst", schreibt Goethe am 15. September 1804 an Eichstädt, sand ich ost, daß das, was man mit Recht ein falsches Streben nennen kann, sür das In dividuum nur ein ganz unentbehrlicher Umweg zum Ziele sei. Jede Rückkehr vom Irrtum bildet mächtig den Menschen Im einzelnen wie im ganzen aus, jo daß man wohl begreifen kann, wie dem Herzensforjcher ein reuiger Sünder lieber jein kann, als 99 Gerechte, die der Buße nicht bedürfen " So lehrt uns Goethe, das Leben richtig zu erfassen, im Gleichgewicht mit uns zu bleiben, auch wenn vieles um uns wankt und bricht, unser Streben in gesunde Bahnen zu leiten, nicht müßig zu grübeln, sondern unermüdlich tätig zu sein, das Gewissen rein und heiter den Stnn zu erhalten, auch wenn der Weg mal schwer und dornig ist. Weite Welt und breites Leben, Langer Jahre redlich Streben, Stets geforscht und stets gegründet, Nie geschlossen, oft gerllndet, Aeltestes bewahrt mit Treue, Freundlich ausgcsaßtes Neue, Heitern Sinn und reine Zwecke Nun, man kommt wohl eine Strecke! Aus aller Welt. Amsterdam, 28. August. (Schweres Unglück. — 6 Personen verbrannt) Ein Auto, das von einer Kirmes zvcückkehren wollte, geriet in Brand. Sechs der einaescklossenen Passagiere verbrannten, während zwei mit tödlichen Verletzungen aus dem Wagen entfernt werden konnten. — (TinedreisacheGattenmörderin?) Nach dem Fall Landru und dem Fall Haarmann scheint man jetzt wieder einem derartigen Verbrechen auf die Spur ge kommen zu sein Die 55 Jahre alle Witwe Marie Krüger aus Hammer im Kreise Ost-Sternberg ist von der Berliner Kriminalpolizei unter dem Verdacht des dreifachen Gatten mordes verhaltet worden. — (EingeistItcher als Bürgermeister.) Die deutschdöhmische Stadt Weibert wählt den röhmisch Kath. Geistlichen und Sladtrat Rudolf Hacker zum ersten Bürger meister. Er gehört der christlich-sozialen Partei an und ist erst 29 Jahre ist. Nerreste Meldungen. Noch keine Entscheidung der Deutschnationalen. Berlin, 28. August. In der Mittwochfitzung der deutschnationalen Retch«tag>sraktton kam «« noch nicht zu endgültig«« B-sLlüff«n. Dt« Formulierung der deutschnationalen AbänderungSar.träg« ist bi« in den späten Abendstunden noch nicht erfolgt. Die Mittwoch- fitzung fand gegen 11 Uhr abend« ihr End«. Die Berliner presse ;ur Lage. Berlin, 28. August. Die Berliner Morgen« blätter befchäfttgen sich je nach der Parteirtchtung in langen Lritarttk«ln mit der Frage: RetchetagSauflösung oder «ich: ? Der Lokalanzeiger hält sich zunächst noch zurück. Noch viele« ist möglich zwischen heute und übermorgen. Vielleicht nötigen dir Kommunisten Herr« Wall cf noch, die Zweidrittelmehrheit auf dem Weg« weiterer Aarweisungen annähernd herznstellen. E« wird ihnen ähnlich sehen. Vielleicht geschieht die«, vielleicht jene«. Der Borwärt« dagegen überschreibt seinen Leitartikel: Klar zum Giftcht, fort mit dem Zollhau« vom 4. Mat. Dagegen schreibt dl« D. v Z. tn letzter Stunde, daß sich noch «tn Weg finden lasten wird, der di« taktische Verbindung zwischen den Deutsch- nationalen und den Mittelparteien für jetzt und dt« Zukunft herstellr. Di« Börsenzeitung berichtet über dir Sitzung drr Drutschnationalen. In der ersten Stund« dauerte nach dem gleich« Blatte oi« Au«sprach« der Fraktion noch an, tn der gerade Graf Westarp du« Wort ergriff. Dir umfangreiche Rednerliste läßt ein baldiges Ende nicht erreichen. wieder ein Besetzungsopfe*. Paris, 23. August. Nach einer Havakmeldung au« Brüste! hat rin belgischer Militärpostrn «inen Deutschen bei der Brücke von Halpo nach vergeblichem Anruf erschaffen. Mussolini fährt nach Genf. Mailand, 28. August. Nach Mailänder Mel dungen gedenkt Mussolini an der Vollsitzung de« Völkerbünde» in Senf teilzunehmen. Er wird am 3 September gleichztitig mit Macdonald und Herriot in Genf «intreffen. Vei Bedarf in Drucksachen Zu verlaufen MWa-Kaninchen Schwarzloh-H8stnm.Iung. verkauft Georg Schieblich, M. S. 99 komplette Urteujinlkiitilllß modern, gehr., 1 SettsteUe, 1 ^uoriek-risod, 4 Stüdlo dund. Eiche, verseh 8piel- -eug gegen sofort. Kasse zu verkaufen. Zu erst, in der Geschäfts stelle dss. Bl.