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Hohenstein-Ernstthaler Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten Generalanzeiger für Hohenstein»Ernstthal mit Hüttengrund, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, RüSdorf, Langenberg, Meinsdorf, Fallen, Langenchursdorf, Reichen» bach, Callenberg, Grumbach, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Wüstenbrand, GrLna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Pleißa und Rußdorf. Dieses Blatt ist da» zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts des Finanzamt« und des StadtratS zu Hohenstein - Ernstthal, sowie der Behörden der umliegenden Ortschaften behördlicherseits bestimmte Blatt. Druck und Verlag von Dr. Alban Frisch. Dienstag, den 16. August 1927 Rr. 19» »»' V werden Ik Golbvlennlae berechnet. 77. gahgr. Der Ozeanflug abgebrochen Rückkehr der „Bremen" nach Dessau Dessau, 1». Auauft Das Lzeanslugzeug „Vesmen" ist heute nachmittag um 4.24 Uhr wieder in Dessau glatt gelandet. Schon «ms dem Hinflug tras die „Bremen- über der Nordsee dich testen Nebel an. Die Unsichtigkeit über England war so stark, datz das Flugzeug nur in Vaumhöhe fliegen konnte. Vas gleiche war über der irischen Ser und Irland der Faü. Beim Hinaustreten über das offene Meer schlug den Fliegern ein Sturm von Windstärke 11 bis 12 entgegen, so baff die Flieger den EMschlub satzten, de« Wetterflug aulrugeben und nach Dessau zurückzukebren. Der Rück flug sand unter den gleichen ungünstigen Witterungsverhättniffen statt. Wieder zurück! st§. Der deutsche Ozeanflug der beiden Jun kersflugzeuge ist zunächst an den Unbilden der Witterung gescheitert. Er war vielleicht etwas verfrüht: die Rückkehr der „Bremen" — die von Loose und Köhl gesteuert wurde — nach Dessau beweist es. Das Flugzeug hatte, wie die gestern nachmittag eingetroffenen Funkmeldungen — die wir zu einem Sonderblatt zusammensaßten, heute aber nochmals wiederholen — besagen, be reits über der Nordsee mit den größten Schwie rigkeiten zu kämpfen, die sich verstärkten, als die Flieger auf das offene Meer hinausflogen. Die „Bremen" hat sich hart gemüht, den Flug Lurch- juführen. Es wird die Flieger schwer «ngekom- men sein, der besseren Einsicht zu folgen und ihr Flugzeug nach der Heimat wieder zurückzu steuern. Und wir gestehen es auch: unser» Freude wäre unendlich groß gewesen, wenn wenigstens „Bremen" der Ozeanflug geglückt wäre, nachdem die „Europa" kurz nach dem Start ausscheiden mußte. Kann der Flug der „Bremen" schon jetzt eine flugtechnische Tat ersten Ranges genannt werden, die höchste Anerkennung verdient, so müssen wir den Fliegern Dank dafür wissen, daß sic — als sie einsahen, daß eine Ueber-uerung des Ozeans bei den augenblicklich herrschenden Witterungsverhältnisscn nicht möglich sei — wie der zurückflogen. Denn dadurch haben sie bes ser als es geschehen konnte, zum Ausdruck ge bracht, daß wir Deutschen nicht beabsichtigen, einen Rekord aufzustellen, um als Erste den Ozean von der Alten zur Neuen Welt zu über queren, sondern daß es uns bei unseren Ozean- flügen darum geht: den künftigen Transatlantik luftverkehr zu erproben. Das wollen wir ja nicht verkennen: Das Jun kerswerk steht einem S p o r t unternehmen kühl bis ans Herz gegenüber; hier aber sah es sich vor ein« Idee, vor eine nationale Mis sion gestellt, jenseits von Sportgeist und Nekordpsychose. Und das gab auch den grund sätzlichen Ausschlag zu dem Wagnis des Fluges. Nur scheint es uns, daß der Start zum Ozeanflug am Sonntag abend verfrüht war. Nachdem es in der vergangenen Woche in den letzten Tagen ge heißen, daß die Wetteraussichten für einen Transozeanflug nicht günstig seien, kam uns der Start Ler Junkersflieger am Sonntag abend um so überraschender. Dieser Eindruck verstärkte sich, als auch die Wettermeldungen gestern früh für die Flieger äußerst ungünstig lauteten. So wurden schwere Stürme auf dem Ozean gemel- dei. Nachdem die „Europa" von einem harten Geschick betroffen worden war und in Bremen landen mußte, was es ganz natürlich, daß sich all' unsere sorgenden Gedanken nunmehr auf die „Bremen" richteten, die wir über dem Welt meer wußten. Unsere Vangnis steigerte sich, als gestern nachmittag di« widerstreitendsten Nach richten vorlagen, die von einem Rückflug der „Bremen" nach Deutschland meldeten, ihn in Abrede stellten oder von einer Notlandung in der Grafschaft Norfolk in England sprachen. Ein« direkte Erlösung war dann die Meldung, Lie in knappen Worten besagte: „Das Ozean flugzeug „Bremen" ist um 16.24 Uhr in Dessau glat: gelandet." Professor Junkers sprach dem Korrespon denten Ler Hearst-Presse gegenüber «in feines Wort aus, das wir uns in diesen Tagen — wo wir erneut Warten und Hoffen lernen müssen — recht sehr merken wollen: „Wir haben schon viele Schickfalsschläge erlitten und sind auch da mit fertig geworden." So müssen wir wiederum «ine große Enttäuschung — wir sind ihrer ja so reich — niederringen und ihrer Herr werden. Seien wir dem Schicksal dankbar, daß es uns die kühnen Männer, die um des Vaterlandes willen alles wagten: Gut, Blut und Leben, erhalten hat. Wie leicht konnte die Motorstörung der „Europa" über dem Ozean erst eintreten, wo eine Landung nicht möglich gewesen wäre. Wie leicht hätte auch die „Bremen" in der Mitte des Altantik in einem heftigen Sturm geraten kön nen, der das Flugzeug zerschellt hätte. Wann der zweite Ozeanflug unternommen werden wird, ist noch nicht bekannt. Selbstver ständlich nicht früher, bevor nicht die Wetterwar ten wirklich ruhiges Wetter auf dem Meere melden, so daß die Flugzeuge nicht gegen einen derartigen Orkan zu kämpfen haben, wie es diesmal bei Ler „Bremen" der Fall war. Das wollen wir nicht verkennen: Die hohe Bedeutung der europäischen Transozeanflüge wird immer in der Ueberquerung Les Atlantik von Osten nach Westen liegen, die viel schwieriger ist als das Ueberfliegen des Ozeans von Westen nach Osten. Daß die Schwierigkeiten der Ileberw ndung der atlantischen Kluft groß und mit ernsten Gefah ren verknüpft sind, lehrt uns das er'chütternde Schicksal der beiden französischen Fluder Nun gesser und Loli. * Der „Bremen" Sturmsahrt Dessau, 15. August Nach den Berichten der Piloten hat die „Bremen" eine Sturmfahrt hinter sich, wie sie in der Geschichte der Luftfahrt geradezu ein zigartig dasteht. Im bezeichnendsten ist wohl die Tatsache, daß die Maschine an manchen Stellen nur zwei Meter über dem Erdbo den fliegen und Bäume und andere Hinder nisse mit einer gewaltsamen Kraftanstrengung gewissermaßen überspringen mußte. Während der Motor sonst bald nach dem Start gedrosselt zu werden pflegt, mußte er diesmal während des hat diese Leistung vollbracht, ohne daß sich ganzen Fluges unter Vollgas arbeiten. Er irgendein Schaden gezeigt Hütte. Ueber der Nordsee traf die Maschine ein furchtbares Ge wi tter, das sie zwang, etwas von der Route abzuweichen. Als die Unwetter sich dann heute vormittag immer steigerten, faßten die Piloten den Entschluß zur Rückkehr. Die Flieger werden zunächst ein« gewisse Zeit zum Ausruhen brauchen. Inzwischen wird die Bremen genau untersucht und der Mo tor mit allen Einzelheiten überholt werden. So bald auch die Besatzung der „Europa" in Dessau eingetroffen ist, werden die Ergebnisse und Er fahrungen des Fluges eingehend erörtert wer den. Diese Erfahrungen sind für den nächsten Versuch der Ozeanüberquerung zweifellos von erheblichem Werte. Wann er unternommen wird, das hängt von den erwähnten Besprechungen und der Aenderung der Wetterlage ab. Die Piloten der „Bremen" erklären, daß die Bravour, mit Ler die Maschine diese gewaltige Sturmfahrt überstanden hat, ihr Vertrauen in das schließliche Gelingen des Unternehmens nur noch verstärken konnte. Wag Loose und Köhl erzählen Dessau, 15. August Der Pilot Loos« erzählte einem Ausfrager über den Verlauf der Sturmfahrt folgendes: Schon kurz vorher habe man bemerkt, daß die ander« Maschine zurückfliege. Die „Bremen" habe dann den Kurs nach Nordwestcn eingeschla gen und sei über Borkum und Norderney hinaus auf die Nordsee gelangt. Der Kampf gegen den Sturm sei indessen weniger schwierig gewesen als das mangelnd« Orientierungs vermögen. Bereits über England und dann aber auch über der irischen See und ganz beson ders über Irland selbst seien die Nebel so dicht gewesen, daß di« Scheinwerfer des Flugzeuges die Nebelmassen nicht durchdringen konnten. Die Maschine hatte infolgedessen ganz niedrig fliegen müssen. Jedem Berg und jedem Tal sei sie in der Höhenlage gefolgt. Nur ganz verschwom men hätte man die Landschaft unter sich gesehen. Diese Ungewißheit und das immer weitere Vor- wärtsdringenmüssen in Siebel, nur auf Len Kom paß angewiesen, habe gar keinen Zweck gehabt. Nachdem sie bereits weit über Irland hinaus waren, hätten sie sich entschlossen, umzukehren, um nicht eine aussichtslose Sache zu unternehmen. Die Umkehr sei ganz bewußt erfolgt, eine Motorenstörung habe ab solut nicht Vorgelegen. Im Augenblick sei er nicht in Ler Lage, zu sagen, wieweit sie be reits über die Westküste Irlands hinaus in den Atlantischen Oezan gesteuert waren. Wie groß die Strecke war, die sie in rund 22 Stunden zu- rücklegten, stehe noch nicht fest. Der Rückflug sei ebenfalls durchweg bei schlechtem Wetter und Nebel erfolgt. Der Rückflug sei weiter südlich über den Kanal nach Holland bis Westdeutsch land erfolgt. Die Stimmung an Bord sei wäh rend des ganzen Fluges außerordentlich zuver sichtlich gewesen. Der Flug habe bewiesen, wi« zuverlässig die Maschine sei. Sobald gute Wet- ternachrichten vorliegen, werde ersofort wie der zu einem neuen Versuch, den Ozean zu bezwingen, starten. Der ander« Führer, Hauptmann a. D. K öhl, gibt folgende Darstellung Les Fluges: Die „Bremen" verließ das deutsche Festland ungefähr in Höhe von Norderney und nahm direkten Kurs nach Nordengland, und zwar auf Newcastle zu. Dort fand das Flugzeug, das zunächst das Glück gehabt hatte, zwischen zwei über dem deutschen Festland und der Nordsee la gernden schweren Gewitterfronten hin durchzuschlüpfen, im Norden, seiner Rout« st schweren und dicken Nebel, daß es unmöglich war, weiter den beabsichtigten nördlichen Kurs zu verfolgen. Es drehte nach Südwesten ab in Richtung Liverpool — Birkenhead, wo durch es über ein« Stund« verlor. Bei dem fabelhaft erleuchteten Birkenhead ging die „Bre men" auf die irische See hinaus und südlich von der Isle of Man auf D u b l i n zu. In Irland traf die „Bremen" genau so schwere Svetter an. Nordirland war vom dicksten Nebel bedeckt, so daß wiederum nach Süden abgebogen werden mußte. Wir flogen bei diesem Umherirren über Irland oft nur in fünf bis zehn Me ter Höh«. Hauptmann Köhl v«rsucht« nun, an der Südküste von Irland entlang auf d«n Ozean hinauszukommen, wo aber so schwe rer Gegenwind blies, daß ein Hinaus gehen auf den Atlantik sich als völlig zweck- l o s erwies. Das Flugzeug versuchte nunmehr, Irland nach Norden zu umfliegen; aber auch dieser Versuch mißlang vollkommen, worauf beide Flieger sich entschlossen, den Rück flug anzutreten. Die „Europa" im Gewitter Bremen, 15. August Der Vertreter der „Weserzeitung" hatte heute früh Gelegenheit zu einer Besprechung mit dem Ozeanflieger Edzard, der über seinen Flug folgendes erzählte: Bald hinter Bremen, etwa auf der Höhe von Zwischenahn, stellte ich fest, daß wir im Laust weniger Minuten von einer Gewitter front eingeschlossen sein würden. Dennoch flog ich weiter, sah aber etwa 100 Kilometer nordivest- lich Borkum, als ich mich schon auf freier See be fand, ein, daß 90 Prozent Wahrschein lichkeit gegen ein Gelingen des Fluges sprachen. Nach kurzer Besprechung stimmte Risticz meinem Vorschläge, umzuLrehen, zu, nach dem sich herausgestellt hatte, daß zu allem auch noch der Motor nicht einwandfrei lief. Vom Meere sahen wir nur auf die Dauer einiger Mi nuten etwas. Starke Nebel verdeckten den Blick. Heftige Gewitter umtosten uns. Ununterbrochen zuckten die Blitze. Der Donner schüttelte da, Flugzeug. Von Looses Flugzeug „Bremen" haben wir eit dem Start nichts mehr gesehen. Ich selbst riet zum Rückfluge, weil mein Gru L- atz ist, nur mit einer tadellos arbeitenden N.a- chine nach drüben zu gelangen, nicht aber unter Hängen und Würgen anzukommen. Der Presse vertreter Knickebrocker wurde von uns durch Zettel verständigt, daß sich die Notwendigkeit der Umkehr ergebe. Er saß hinten in der Kabine. Wir nahmen Flugrichtung Bremen; den Brem«!' Flugplatz fand ich ohne weiteres leicht, denn ich bin ja Bremer Flieger. Bei der Landung in Dunkelheit und Nebel ging unser« Maschine zu Bruch. Fahrgestell und Rümpfende knickten ab. Dieser nicht allzu schwere Bruch war unvermeib» ich in Anbetracht der im Verhältnis zum Leer- gewicht dreifachen Belastung. Es gibt sonst kein» Flugzeuge, welche auch nur das doppelte ihres Leergewichtes tragen könnten. Der Rumpf blieb heil bis zum Kabinvncnde. Keiner de» Insassen hat sich beim Landen auch nur den Kopf gestoßen. Was nun werden wird, weiß ich noch nichts einiges werde ich vielleicht schon heute erfahren,