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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger : 16.04.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841112631-192704169
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841112631-19270416
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841112631-19270416
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-04
- Tag 1927-04-16
-
Monat
1927-04
-
Jahr
1927
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Hohenslem-Emsllhaler TageblallunöLujeiger Nr. 89 Sonnabend, den 16. April 1927 - 2. Anlage Jie PSW Ker MA Politische Ostcrfeiertage — Nach der Verabschie dung des Haushattpriincs — ^re Perionar iinderungen im Reichsinnenministerium — Dr. Curtius' Reise nach Mailand. — Die Albanicn- lommission — Churchills und Englands Fi nanzlage — Neue Wendungen in China — Die Staatskrise in Litauen Von unserem Berliner Vertreter Berlin. 14. April Nachdem der R e i ch s t a g in Lie Osterferien gegangen ist, hat nunmehr auch die Mehrzahl der Reichsminister Berlin zu einer kurzen Ur laubsreise verlassen. Reichsaußenminister Dr. Stresemann verbleibt über Ostern in der Neichshauptstadt und vertritt die abwesenden Minister, also auch den Reichskanzler. Die abgelaufens Woche hat in inner po litischer Beziehung noch einige bemer kenswerte Ereignisse gebracht. Zunächst hat der Neichsrat mit großer Mehrheit dem Finanzaus gleich zugestimmt und den Einspruch Sachsens ge gen die Reichslagsbeschlüsse abgelehnt, desglei chen auch einen Antrag Preußens, der sich gegen die Viersteuergemeinschaft wendet. Der preu ßische Ministerpräsident wird nunmehr den Etaatsgerichtshos anrufen, mit dem Zvele, daß das Biersteuergesetz der verfassungsündernden Mehrheit bedurft hätte, die im Reichstag nicht erreicht ist. — Im Innenministerium sind nun mehr die erwarteten Personalveränderungen vorgenommen worden. Die politisch linksstehen den Herren Schulz und Dr. Brecht sind durch den Zentrumspolitiker, Ministerialdirektor von Pellengahr, und den Deutschnationalcn, Mini sterialdirektor von Kameke ersetzt worden. Die Opposition hat diese Pcrsonalveränderungen na turgemäß scharf kritisiert, aber es war ja voraus- »»sehen, daß nach der Neubildung des Kabinetts in diesem und jenem Ministerium einige Mi nisterialdirektoren durch Persönlichkeiten, die der neuen Neichsvolitik nahe stehen, ersetzt wer den. Der neue Ministerialdirektor von Pellen gahr wird sich hauptsächlich der Bearbeitung des Neichsschulgesetzentwurfes widmen und Herr von Kameke der Bearbeitung der Konkordatsfragc. Außenpolitisch steht für Deutschland die Entsendung des Neichswirtschaftsministers Dr. Curtius zur Besichtigung der Mailän der Mess« im Vordergründe des Interesses. Auf der Messe ist namentlich die deutsche Industrie sehr stark vertreten, was ein Beweis ist für die gute Entwicklung der deutsch-italienischen Wirt schaftsbeziehungen. Die Mailänder Reise des Reichswirtschaftsministers, die am 10. April zur Ausführung gelangen wird, dürfte aber auch hochpolitischen Charakter tragen, d. h. Dr. Cur tius wird aller Wahrscheinlichkeit nach in Mai land oder an einem Ort in Italien eine Zusam menkunft mit einem Vertreter der italienische» Negierung haben, die der Erörterung der Deutschland und Italien besonders interessieren den Fragen gelten wird. Es sei nur daran er innert, daß aus außenpolitischen Gründen die schon wiederholt angekiindigte Reise des Reichs außenministers sich nicht verwirklichen ließ und nun der R'eichswirlschaftsminister anläßlich sei nes Aufenthalts in Mailand die Gelegenheit wahrnehmen dürfte, um im Auftrage Dr. Strese manns mit führenden italienischen Persönlich keiten hochpolitische Probleme zu besprechen. Der italienisch - südslawische Konflikt kann jetzt endgültig als beigelcgt betrachtet werden. Zwischen Nom und Belgrad sind die diplomatischen Verhandlungen ausge nommen worden und dürften die Annahme der Verträge von Nettuno und Tirana durch Belgrad zum Ziele haben, wogegen Italien gewisse Ga rantien hinsichtlich Albanien zu geben hätte. Gleichzeitig ist die Einsetzung des schon wieder holt angekündigten Ausschusses für Albanien, der aber nur dann in Aktion treten wird, wenn sich ein neuer Zwischenfall zwischen Rom und Belgrad ereignen sollte, zur Tatsache geworden. Der Ausschuß setzt sich ans dem französischen und englischen Militärattache« zusammen, die den Gesandtschaften Englands und Frankreichs in Belgrad angehören. Als dritte Macht ist Deutschland in dieser Kommission vertreten und rwar durch ein Mitglied der deutschen Gesandt schaft in Belgrad. Im Falle einer akuten Ge fahr wird der deutsche Gesandte die Inmarsch- setzung des Ausschusses anregen, nachdem zuvor ein Meinungsaustausch mit den Kabinetten von Berlin, Paris und London stattgefunden hat. Damit hat man also Deutschland die Führung dieser Kommission zugeschanzt, was zu großen Bedenken Anlaß gibt. Im Unterhaus mußte der britische Schatz kanzler Churchill in seiner Budgetrede zu geben, daß der Kohlenstreik einen Schaden von 150 Millionen Pfund Sterling für den britischen Handel zur Folge gehabt habe. Der gesamte auf den Streik zuriickzufiihrende Verlust an Ein kommen- und Luxussteuer betrage 02 Millionen Pfund Sterling, und hier sei der hauptsächlichste Grund für das 36-Millionen-Pfund-Sterling- Defizit zu suchen. Um den Etat auszubalan- kicren, hat man sich in London nun zur Schaffung neuer Steuern entschließen müssen. In China ist insofern eine Wendung der Dinge eingetreten, als die Siidarmee ihren Vor marsch einstellen mußte und die Nordarmce im erfolgreichen Vordringen begriffen ist. Ob die Kantonarmee tatsächlich so geschwächt ist, daß sie dem Vormarsch der Nordtruppen keinen erfolg reichen Widerstand mehr entgegensetzen kann, muß allerdings bezweifelt werden. Die Dinge sind im Augenblick so verworren, daß es schwierig ist, schon jetzt ein Urteil über die tatsächlichen Machtverhältnisse in China zu fällen. Hinzu kommt noch, daß von englischer Seite täglich Tendenzmeldungen verbreitet werden, die den Anschein erwecken sollen, als ob der bolsche wistische Einfluß in China immer mehr an Boden verlöre. Das neue litauische Kabinett Wold emaras ist nunmehr doch gestürzt worden und es scheint sich dort eine Militär diktatur zu entwickeln. Diese Annahme gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man berücksichtigt, daß die Abgeordneten der Linksparteien in der Mehrheit das Land fluchtartig verlassen. Die Auflösung des Sejm ohne Ansetzung von Neu wahlen ist immerhin ein bedenkliches Zeichen. KM M KMA Eine WochMKau Osterhase an der Börse — Fortgesetzt große Jnteressenkäufe und rheinische Käufe — Fort- ichreitende Belebung von Industrie und Handel — Verminderung der Arbeitslosenzisfer — Grö ßerer Arbeiterbedarf in der Bau- und Textil industrie — Kurssteigerung und Rentabilität — Der Kursrückgang der neuen Ncichsanleihe. Bo« vnlcrem Berliner Hnndelsuiitaiheiter Im Wirtschaftsleben, namentlich auch an der Börse, herrscht dieses Mal rechte Osterstimmung. Das Vertrauen in eine fortschreitende Besserung der Geschäftslage gewinnt immer mehr an Boden, teilt sich auch, allerdings nur langsam, den Kreisen von Industrie und Handel mit, die bis jetzt noch über Beschüftigungsmangel und namentlich auch über unzulängliche Preise und zu schwere Kreditbedingungen zu klagen haben. Ein besonders erfreuliches Zeichen der Belebung der Unternehmungslust ist die weitere beträcht liche Verminderung der Zahl der Arbeitslosen- Unterstiitzungs-Empfünger, die nunmehr bereits unter eine Million gesunken ist, allerdings auch in dieser Höhe viel zu groß erscheint, um bereits volle Befriedigung auszulösen. Die Landes arbeitsämter stellen gleichzeitig ebenfalls eine günstige Entwicklung der Arbeitsmarktlage in ver zweiten Aprilwoche fest. Hauptsächlich Land wirtschaft und Baugewerbe zeigen sich in höherem Maße aufnahmefähig für Arbeitsuchende, aber auch die Metall- und Maschinenindustrie vermag jetzt in höherem Maße zur Verminderung der Arbeitslosigkeit beizutragen. Desgleichen steht das Bekleidungsgewerbe im Zeichen der Hochsaison. Daß außer der Bau unternehmung besonders die Textilindustrie in diesem Jahre von der Lebhaftigkeit des Frühjahrsbedarfes in erhöhtem Maße zu ge winnen vermag, wurde an dieser Stelle schon mehrfach hervorgehoben. Selbst der Verein deutscher Maschinenbauanstalten als Spitzenver band der deutschen Maschinenindustrie, der bis her seinen Berichten noch immer einen ziemlich iriiben Anstrich gegeben hat, stellt fest, daß zum ersten Male seit Juli 1025 eine kleine Mehrheit der Firmen den Eingang von Inlandsauftrügen als genügend bezeichnen kann. Außer der Werk- „eugmaschinenindustrie hat namentlich auch die Texlilmaschinenindustrie und die Landmaschinen- sabrikation eine Verbesserung des Auftragsein ganges und des Beschäftigungsgrades bei einer größeren Anzahl von Firmen festzustellen. Im Anschluß hieran ist des weiteren die günstige Entwicklung des Absatzes der Kunstseidenindu strie zu vermerken, die ihrerseits infolgedessen ebenfalls einen zunehmenden Bedarf an Maschinen und dergleichen bekundet. So stehen bei der Maschinenfabrik Schubert K Salzer in Chemnitz größere Aufträge seitens der Kunst seidenfabriken zu gewärtigen,' überdies ist das Unterüehmen schon jetzt zu Doppelschichten genö tigt, um die vorliegenden Maschinenbestellungen einigermaßen pünktlich zu erledigen. Bei der Kunstseidenindustrie wirken sich jetzt hauptsächlich die internationalen Vereinbarungen mit den führenden Konkurrenzfirmen des Auslandes, so wohl auf dem Weltmarkt als auch auf dem Jn- landsmarkt, täglich deutlicher aus. Dabei er freut sich das deutsche Fabrikat einer großen Wettbewerbsfähigkeit, wie auch die Preisgestal tung günstiger und der Bedarf andauernd wach send ist. Von Bedeutung ist der zu gewärtigende Ausbau der amerikanischen Betriebe, der Bem berg- und Glanzstoffwerke in Elberfeld, als Folge einer günstigen Eeschäftsentwicklung. Die Börse knüpft hieran bereits die Erwartung einer wei teren Aktienkapitalerhöhung der Vereinigten Glanzstoffwerke und begründet hiermit die neuer liche, abermals etwa 50 Prozent betragende Kurssteigerung der Aktien innerhalb der letzten Tage. Wenn der Kurs dieser Aktien nunmehr bereits eine Höhe von nicht weniger als 650 Pro zent erreicht hat, während die vor kurzem erst zur Ausschüttung gekommene Dividende für 1926 sich auf 15 Prozent beläuft, so ergibt sich hieraus deutlich,, wie wenig die Nentabilitätsfrage bei der jetzigen anhaltend stürmischen Auswärtsbe wegung der Kurse die maßgebliche Aktienkapital- wegung der Kurse die maßgebliche Rolle spielt und wie sehr vielmehr Zukunftschancen und Aussicht auf Aktienkapitalerhöhungen mit wertvollem Bezugsrecht und Möglichkeiten anderer besonderer Transaktionen die Ur sache der gegenwärtigen Vörsenhausse sind. Hierdurch erklären sich auch die unentwegten großen Jnteressenkäufe kapitalkräftiger Gruppen, die offenbar als Vorbereitung für Sonderpläne dieser Art dienen. Angelockt durch die sich täglich erneuernden und vergrößernden Kurserhöhungen zeigt sich aber auch das Publikum wieder in zu nehmendem Maße für Dividendenpapiere kauf lustig, zumal die erheblichen Käufe rheinischer Grostindustrieller gleichfalls andauern und hier mit den zahlreichen günstig lautenden Nachrichten aus Industrie und Handel verstärkten Nachdruck verleihen. So verlautet, daß der große Stahl trust für den verflossenen Monat eine erhebliche Absatzsteigerung bis zu einer Rekordhöhe zu ver zeichnen hat, und daß auch sonst in der Eisen industrie Beschäftigung und Absatz sich weiter aufwärts bewegen. Namentlich hat auch die Harpener Bergbau A.-G. als das grüßte deutsche Kohlenunternehmen entgegen der sonst geübten Zurückhaltung in der kürzlich abgehaltenen Hauptversammlung die Frage, ob die Lage des Ruhrkohlenbergbaus auf die Dauer besser gewor den sei, glatt bejaht und hierbei auf die anstei gende Richtung des Jnlandbedarfes hingewiesen. Des weiteren hält man den Kohlenfelderankauf seitens deutscher Großstädte und anderer öffent licher Stellen keineswegs für abgeschlossen, wenngleich sich gegen die Bestrebungen der Schaffung einer eigenen Kohlenbasis der Städte und sonstiger Großverbraucher außerhalb der Industrie bereits ein lebhaftes für und wider geltend macht. Mit der Besserung des Geschäfts ganges ist bei verschiedenen Jndustriegesell- schaften mittlerweile auch eine erhebliche Stei gerung ihrer flüssigen Geldmittel eingetretcn. So verlautet zum Beispiel, daß der Farbentrust über em'Bankguthaben von mehreren Millionen verfüge. Gleichzeitig soll dieses Riesenunter nehmen ein neues wertvolles Verfahren zur Ge winnung von Gerbstoff aus Holzkohle ausfindig gemacht haben. Mit Spannung erwartet man den Jahresabschluß und die Divideiidenbe- messung, deren Schätzung bis auf 12 Prozent, bei besonders großen Optimisten sogar nach höher, lautet, allerdings mit dem weiter erhöhten Kursstand der Aktien von etwa 338 Prozent ebenfalls nur schlecht in Einklang zu bringen ist. Außerordentlich groß war auch in den letzten Tagen wieder die Bewegung in Elektrizitäts aktien, von denen Siemens L Halske und Schuckert mit neuen erheblichen Kurssteigerungen von 20 bis 30 Prozent die Führung behalten. Auch Terrain-, Bau- und Zementaktien, ferner Textilwerte erfreuen sich fortgesetzt lebhafter Kauflust bei nur geringem Angebot, so daß auch hier die Kurse abermals erheblich gesteigert wur den. Die Kursbewegung der neuen Neichsan- leihe hat sich zunächst noch weiter nach unten gerichtet, so daß der Kurs mit 90 Prozent nun- mehr volle zwei Prozent unter Zeichnungskurs steht. Es bleibt zu hoffen, daß es der Reichs bank gelingt, einem weiteren Rückgang vorzu beugen und wenigstens den gegenwärtigen Kurs einigermaßen zu stabilisieren. M«e WZÄKMM 80 Kühe verbrannt Berlin, 14. April In Woggersin in Ponnnorn ging ein großes Wirtschaftsgebäude in Flam men auf. 80 Kühe kamen in den Flammen um. Eine etwa zehn Kilometer entfernt liegende Mühle in Treptow an der Tollensee brannte gleichfalls nieder. Man ver mutet in beiden Fällen Brandstiftung. Lin Kran in die Elbe gestürzt Magdeburg, 14. April In der Metallhiitt-s Magdeburg - Siidost stürzte beim Beladen eines Frachtkranes ein großer fahrbarer Dampfkran von der zwölf Meter hohen Brücbe in die Elbe. Der Kran führer und ein auf der Maschine befindlicher Verlader wurden mit ins Wasser gerissen. Die beiden Personen konnten zwar noch lebend an Land gebracht werden, durch den Sturz hatten sie aber so schwere innere Verletzungen davonge tragen, daß sie in Lebensgefahr schweben. Durch Schreck getötet Schwarzenbeck in Holstein, 13. April Ein Eisenbahn st reckenarbeiter wurde, als er in einer Kolonne am Gleis Schwarzenbeck—Friedrichsruh seine Arbeit ver richtete, durch den vorbeifahrenden Berliner Schnellzug so heftig erschreckt, daß er be wußtlos wurde. Er ist, ohne daß Bewußt sein wieder erlangt zu haben, gestern ge storben. Unfall bei einer religiösen Feier in Indien Hardwar, 13. April Im Verlaufe des großen Hindustanischen Vadefestes drängte sich eine zahlreiche Men schenmenge mit solcher Eile nach dem Ganges, um die heiligen Gewässer des Flusses zuerst zu er reichen, daß 21 Frauen und 15 M ü n- ner im Gedränge umkame n. Ver Seer von der Stange Die Bauchgröben haben sich seit 2 Jahren verfünffacht — Der „Normalmensch!' verschwindet — Eine neu« Schneiderkunst In den großen Räumen im Zentrum der Stadt, waLoie bessere Herren-Konsektion zu Haufe ist, liegen in riesigen Regalen Stoffballen aller Art, hängen an langen Metallstangen eine Menge von Herren-Mänteln und -Anzügen in allen Farben, Arten, Zusammenstellungen und Formen, wie sie der elegante Herr von morgens bis abends braucht: für Straße, Gesellschaft und Sport. Hier ist der Herstel lungsart der Bekleidungsstücke, die den Mann der heutigen Zeit elegant machen. Dieser „Mann der heutigen Zeit" ist ein Unikum: er hat nämlich —das ist das Charakteristische an ihm — keine Zeit. Er will nicht warten, will alles schnell haben, will nicht beim Schneider sitzen, Maß nehmen lassen, anprobieren usw. Er will vielmehr am Nachmittag, nach Be endigung seiner Beschäftigung, in eines der ersten Spezialgeschäfte gehen können: „Bitte einen Frack anzug! Paßt er? Wieviel tostet er?" — Abgemacht! — Und am Abend will er mit dem neu erstandenen Kleidungsstück, das tadellos sitzt und nach der letzten Mode gearbeitet ist, schon auf einer festlichen Veran staltung prunke». In Amerika tragen schon seit Jah ren selbst die größten Multimilliardäre fast durch weg fertige Kleidungsstücke. Bei uns war es bis vor kurzem noch nicht möglich, einen „Anzug von der Stange" zu kaufen. Diesen Bekleidungsstücken hastete das Odium des schlechten Sitzes, der Minderwertig keit im Stoss und in der Verarbeitung an. Jetzt ist es anders geworden. Der neue Jnoustriezweig in der deutschen Herren-Bekleidungsindustrie, der hier be schrieben werden soll, die sogenannte Modell- Konfektion, ist ein Zwischending zwischen Maß- Schneiderei und Massenproduktion. Ein Blick in di« Arbcitsräume eines solchen Unternehmens, von denen es erst sehr wenige in Deutschland gibt, belehrt am besten. Genau so wie die Damen-Industrie, arbeitet auch dieser Zweig der Herrenmode-Jndustrie mit Mannequins, männlichen natürlich! Nach den Musteranzllgen oder -Mänteln werden die verschiedenen Gröben angefertigt, die der Kund« gewünscht hat. 35 verschiedene Größen kann di« Fabrik nach den Modcllstücken licscrn. Man stell« sich das vor! Für jede einigermaßen menschenwür dige Figur gibt es also ein fertiges Bekleidungsstück. Vor einigen Jahren, als die Industrie noch in den Kinderschuhen steckte, arbeitete man mit sechs Typen. Erst im Lause der letzten Zeit ging man dazu über, immer feinere Differenzierungen zu schaffen. Inter essant ist die Entwicklung der Typen in der Nach kriegszeit. Während im Kriege und in den ersten Nachkriegsjahren der Normaltyp die schlanke und kleine Figur war, hat sich in den letzten beiden Jah ren ein ganz anderer Typ entwickelt. Das heißt, es sind zwei Typen entstanden: Lie „Bauchgrüße" für den kleinen rundlichen Mann mit Schmerbauch, und die „Sportgröbe", im Leibesumsang sechs bis acht Zentimeter schlanker als normal, dafür aber im Brustumfang und in den Schultern breiter. Die Zahl oer „Bauchgröben" hat sich, was charakteristisch ist, in den letzten zwei Jahren vcrsiinsfacht. Die „Sport gröbe" ist in Deutschland erst in dieser Zeit eigentlich entstanden. Im ganzen rechnet man in der Industrie, oab 33^- Prozent der Gesamtproduktion heute auf die ..unnormalen" Typen eingestellt werden muß, auf di« in den letzten zwei Jahren gewachsenen Bäuchlein und aus die Sporllcute mit dem „Minusbauch". Wor aus zu ersehen ist, daß der „Normalmensch" der Vor- lriegszcit langsam aber sicher abwirtschastet. Die Zu nahme der sportlichen Betätigung in der heutigen Zeit wirkt übrigens auch außerordentlich stark auf die Gestaltung der Herrcnmodc, auf die Art der Stoffe und ihrer Verarbeitung. Der Regenschirm ist für den eleganten Mann von heute ein verpöntes Möbel. Er will statt dessen einen wasserdichten Mantel haben, nicht aus Gummi, sondern ein durch Webart und chemische Mittel imprägniertes Bekleidungsstück. Er verlangt, entsprechend seiner sportlichen Betätigung, daß seine Kleidung leicht und hygienisch sei. Nun noch etwas über die Struktur dieser neuartigen In dustrie, die, wie alle ihr verwandten Zweige, natür- lich auch mit Heimarbeitern produziert. Zuschnei der, Einrichter, die Leute, die die Bekleidungsstücke komponieren, sitzet, in den groben Werkstätten, tn dcncn auch ein grober Teil der Näharbeit geschafft wird. Aubcrdem wird noch ein Heer von Heim arbeitern beschäftigt. In jeder anders gearteten In dustrie ist, wie man ja weiß, Rationalisierung und Typisierung das oberste Gebot für die Rentabilität. In dieser Industrie ist cs gerade umgekehrt: der Man gel an Rationalisierung ist ihre Stärke, bewirkt di« Fähigkeit, die sic ganz besonders braucht: sich schnell auf eine neue Modcsorm oder -färbe umzustellen. Vielleicht ist cs der Hauptgrund dafür, daß diese in Deutschland entstandene „Modellkonfektion" bisher noch keine ernsthaften Konkurrenten im Ausland hat. Sie ist, wie wenige deutsche Industrien, in der Lage, ihre Produkte in der ganzen Welt zu verkaufen. Si« ist also tonangebend, und da sie nach den Geboten der internationalen Mode produziert, tritt ein merkwür diger Umstand ein: der deutsche Mittelständlcr wurkx bisher im Ausland, er mochte hinkommen, wohin er wollte, stets an seiner Kleidung erkannt, die immer etwas allzu solide und immer unmodern aussah. Wenn er sich jetzt niit den Anzügen und Mänteln kleidet, die ihm die neue deutsche Hcerenmode-Jndu« strie liefert, so kann er sich ruhig im elegantesten sranzösischen Badeort, im vornehmsten Londoner Hotel zeigen: niemand wird merken, daß er seinen Anzug in Köslin, Gumbinnen oder sonstwo von der Stang« gekauft hat. -w relWulMnDitMMsi Die Waldmeisterschast in Chemnitz am 24. April Die erstmalig in Chemnitz am 24. April statt» findenden Waldlausmeisters (haften der D. T. haben ein glänzendes Meldcergebnis gezeitigt, lieber UM Einzelläufer, V Kreismannschaften und 9 Vercinsmannschaftcn haben ihre Meldungen abge geben. Bis auf Norddeutschland dürste die gesamt« Elite der D. T.-Langstrccklcr anwesend sein. Dl« Kreismeister Süddeutschlands, des Rhcinlandes, Brandenburg-Berlins, Schlesiens, Thüringens, Wcstz
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