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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger : 22.12.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-12-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841112631-192712221
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841112631-19271222
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841112631-19271222
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-12
- Tag 1927-12-22
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Monat
1927-12
-
Jahr
1927
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MMe WMe MieMW Hilssmatznahuien sür die sächsische Landwirtschaft Dresden, 20. Dezember Der Haushaltausschutz nahm heute die Beratung über mehrere Anträge, die sich auf Rücklage von Notstandskrediten und andere Hilfsmatznahmen an die durch Unwetter und dergleichen geschädigte Landwirt Schaft beziehen, auf. Im Verlause der Aussprache erklärte die Regierung, es könne sich nur um Beihilfen in besonderen Notfällen handeln. Be kanntlich sind seinerzeit aus Staatsmitteln Zu schüsse in Höhe von 220 000 Mark über dieAmts- hauptmannjchasten geleistet worden. Autzer- dem sind Mittel zur Zinsverbilligung durch die Landwirtschastsbank bereitgestellt. Zur Be- schafsung von Saatgut und Düngemit teln kamen 2 Millionen Mark in Frage, wa ren bisher ein Sechstel wieder znrückgezahlt worden ist. Ein völliger Verzicht au Rückzahlung könne aus mehrfachen Eriin- csn nicht in Frage kommen, dagegen sollen die Rücklagen gestreckt und die Termine weiter hinausgeschoben werden. Nach der Erklärung des Finanzministörs, datz die Regierung die fällige Deze mb errate oer Rückzahlungen zunächst nicht ein heben werde, beantragte Abg. Voigt (Dt. Upt.), die Regierung möge über die finanziellen und steuerlichen Hilssmatznahmen an die Land wirtschaft dem Ausschutz schriftliche Unterlagen vorlegen, damit die Fraktionen hierzu nochmals Stellung nehmen können. Die Regierung hat ferner den Plan gefasst, >en Arbeitern aller Staatsbetriebe nach vor Weihnachten eine einmalige Beihilfe zuzuwenden. Diese wird sich voraussichtlich in rer Höhe von etwa 20 bis 35 Mark bewegen. Im Frühjahr 1027 hatte der Landtag beschlos- >en, für Sonderbeihilfen an Fürsorgeverbände und Gemeinden, insbesondere für Wohl sah r t s u n t e r st ü tz u n g s - E m p f ü n g e r. 1155 000 Mark bereitzustellen. Im Hnusho.lt- hlan war jedoch nur eine Million Mark einge setzt worden. Die Regierung erklärt, datz im Vc- oarfsfalle die Einstellung bis auf die genannte Summe überschritten werden könne. Der Au- troa wurde einstimmig abaelcbnt. Di« sächsischen Sandtagsivahlen bleibe» gültig Dresden, 21. Dez. Zu den möglichen Auswirkungen der Ent scheidung des Staatsgerichtshofs über di« Gül tigkeit der Wahlgesetze in Hessen, Hamburg und Mecklenburg-Strelitz auf den Freistaat Sachsen wird uns von parlamentarischer Seite ge- ichr neben: „Nach tz 14 Abs. 8 des sächsischen Landcswahl- gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom C Oktober 1926 sind Wahl Vorschläge einer Par- iei, die im letzten Landtage nichc vertreten war, nur zugelassen, wenn dies« Partei spätestens am 17. Tage vor dem Wahltage beim Landeswahl- leiter 3000 Mark eingezahlt hat. Diese Bestim mung ist nach dem Urteil des Staaisgerichts- bofs, das allerdings ander« Staaten betrifft, ungültig und wird zweckmätzig ausdrücklich ausznheben sein. Soweit ein« solche Partei einen solchen Betrag bezahlt und, da sie keinen Sitz im Landtage erhielt, nicht znrückgezahlt er halten hat, wird sie ihn zurückfordern können. Einen Einslutz auf di« Gültigkeit der letzten sächsischen Landiagswahlen hat jenes Urteil des Staatsgerichtshofes aber nicht. Denn zunächst ist gegen die Gültigkeit der Wahl aus Grund der angegebenen Gesetzesstellen k e i n P r o t c st beim Landtage eingelegt worden. Allein ganz ab gesehen davon hat der Landtag, der nach Arti kel 7 der sächsischen Verfassung allein über die Gültigkeit der Wahlen zu entscheiden hat, die Wahlen schon geprüft und am 24. M arz 1927 für gültig erklärt. Jus- l>efon>d«r« ist auch ein sozialdemokratischer Antrag, oie Wahle» als Ganzes für ungültig zu erklä ren, vom Landtage abgelehnt worden. Diese Ent scheidung ist endgültig und wirkt wie ein rechtskräftiges Urteil, das ja seine Wirkung auch annn nicht verliert, wenn das Reichsgericht in einer späteren gleichgewerteten Rechtssache einen ruderen Rechlsstandpunkt einnimmt." Um die 3080 Mark Vorschutz Zwickau, 21. Dezember Wie das „Zwickauer Tageblatt" erfährt, hat vsr Neichsverband der Deutschen Haus- und G r u n d b e s i tz e r v e r « i n e, oer im vorigen Jahr bei den sächsischen Land- tagswahlen mit einer Splitterliste unterlegen ich schriftlich von der Regierung die Zurück zahlung der hinterlegten und verfallenen 3000 RM, Sicherheit binnen 8 Tagen gefordert, widrigenfalls er den Fiskus ver klagen würde. Bezüglich der Anfechtung der Wahl selbst ist eine Entscheidung noch nicht gefal len. Voraussichtlich wird der Hausbesitzerver- bnnd mit Rücksicht auf die politische Lage in Sach sen Neuwahlen nicht provozieren wollen. Uber die -Haltung des Z e n t r u m s erfahren wir, datz dieses ebenfalls seine 3000 RM. zurück- sondern und unbedingt auf Aufhebung der sür ee.fassungswidrig erklärten Beschränkung der ileincu Parteien binwirken wird. Ob das Zen ¬ trum darüber hinaus auch die Gültigkeit der Wahl anfechten wird, steht noch nicht fest. Die Klasseneinteilung der sächsischen Beamten Dresden, 21. Deg. Zm Zusammenhang mit den Erörterungen über die Beamrenbesoldungsresorm in Sachsen ist vielfach die Frage aufgeworfen worden, wieviel Beamte für diese Reform über haupt in Frage kommen und wieviel von den Be amten sich in den verschiedenen Gehaltsgruppen befinden. Auf diese namentlich in Wirtschafts kreisen aufgeworfenen Fragen gibt die nachfol gende Aufstellung Aufschluß: 1. Von den 22 357 sächsischen Beamten bezie hen nach der neuen Vesoldvngsordnung in den Besoldungsgrnppen 17 bis 20 einen Iahresgehalt von 1500-2600 NM. "(Kutscher, Justizwachtmeister, Kanzleibe ¬ amte usw.) 5905 Beamte in den Besoldungsgruppe» 1t bis 16 einen Jahresgehalt von 1800—3500 NM. (Polizei, Ge richtsvollzieher, Gefangenen aufsichtsbeamte) 8972 „ in den Besoldungsgruppen 12 und 13 einen Iahresgehalt von 2300—4800 NM. (Regi ¬ stratur und mittlere Beamte) 701 „ in der Besoldungsgruppe 11 einen Iahresgehalt von 3300 bis 5800 RM. (herausgeho ¬ bene mittlere Beamte) 3039 „ in der Besoldungsgruppe 7 einen Iahresgehalt von 4800 bis 7800 NM. (höhere Beamte) 541 „ in der Besoldungsgruppe 7 einen Iahresgehalt von 4800 bis 9700 RM. (höhere Beamte und höherer Lehrer) 2637 „ in den Besoldungsgruppen 1—6 «inen Iahresgehalt über 10 000 NM. (Ministerial- und andere höhere Beamte) 259 „ zusammen 22357 Beamte 2. Von den 14 838 Lehrern beziehen in der Besoldungsgruppe 8 einen Iahresgehalt von 2700—6100 NM. (Berufsschullehrer usw.) 1656 Lehrer in der Vesoldungsorup;» 9 einen Iahresgehalt von 3200—6500 RM. (Blinden-, Taubstummen ¬ lehrer usw.) 135 „ in der Desoldungsgrupe 9 einen Iahresgehalt von 2800—5800 NM. (Lehrer und Lehrerinnen Volksschulen usw.) 13047 „ zusammen 14838 Lehrer Kleine Schweres Berkehrsungläck Berlin, 21. Dezember. Auf der Treplower Chaussee erfolgte gegen Mitternacht ein Zusam menstotz zwischen Straßenbahn und einem Kraft wagen, wobei eine Person getötet und zwei schwer verletzt wurden. Di« Straßenbahn sowie der Kraftwagen wurden zertrümmert. Zusammenstoß zwischen Schlitten und Auto Gotha, 21. Dezember. Infolge des dichten Nebels wurde in der Nähe von Remstädt ein Schlittengespann von einem Auto angefahren. Der Kutscher, der Weihnachten heiraten wollte und gerade das Brautkleid gekauft hatte, erlitt einen Eenickbruch und war sofort tot. Flugzeugabsturz in Frankreich Paris, 20. Dezember, „5>avas" berichtet aus Villaconblay, datz bei Petit Elamarr ein Flug zeug, das eine elektrische Leitung, berührt«, in Flammen aufging und abstürzt«. Der Pilot ver brannte. ALMOASW-MLRSUjchrsWW Plauderei von E. Trost Wenn auch die christliche Kirche das Weih nachtsfest bereits seil dem vierten Jahrhundert am 25. Dezember feiert — vorher galt, wie noch jetzt bei den Armeniern, Epiphania als Geburts tag Christl — so haben seinem Vorabend die Kinderherzen doch nicht immer so freudig und erwartungsvoll entgegengeschlagen wie in unseren Tagen. Zwar ist, ebenso wie manch anderer heid nischer Brauch, die Sitte des gegenseitigen Sich- Beschenkens wahrscheinlich schon von den Rö mern, bei denen sie anläßlich der Saturnalien üblich war, auf uns gekommen — aber erst seit einem knappen Jahrhundert knüpft sie sich an den heutigen Weihnachtstag. Früher spielte der heilige Nikolaus eine bedeutende Rolle, denn was jetzt das Christkindlein bringt, hat noch uin 1800 herum der fromme Bischof von Myra beschert, und er stand daher bei den Klei nen seit uralten Zeiten in höchstem Ansehen. Ganz wie heute kleidete sich irgend ein Er wachsener in mehr oder minder prächtige Vischofsgcwänder und schleppte in seinem Sacke nebst Aepseln, Nüssen und Lebkuchen all die Herrlichkeiten herbei, welche schon seit Anfang des 14. Jahrhunderts in Nürnberg, dem ältesten Sitz der deutschen Spiclwarenfabrikation, her vorgezaubert wurden. Unter dem Nürnberger Etratzenpflaster fand man 1856 gelegentlich eines Umbaues solche alte Spielsachen auf, die einstmals sicherlich auch in einem Nikolaussack den Weg in die Hände ihrer kleinen Besitzer ge funden hatten) winziges Tongeschirr, Reiter und zierliche Tonpüppchen in Gestalt von Wickelkin- oern und kleinen Mädchen mit runden Häub chen. Die letzteren zeigten auf der Brust kreis runde Vertiefungen) vermutlich sollte der Pate, der meistens das Spielzeug ichentte, seinen „Patenpfeunig" dort hinein legen. Die Kinder, die derartige Gaben erhielten, konnten sich glücklich schützen, denn in der Haupt sache pslegie öer „Hauschrist", besonders nach- oem der Dreitzigjährige Krieg den Wohlstand Deutschlands vernichtet hatte, mehr nützliche Dinge zu bescheren. Eine um 1770 entstandene Chronik berichtet uns sehr hübsch von den Geüet- und Gesangbüchern und „anderen guten Vüch- wiic, wo sein gebunden uff'n Schnid und sonsten oergäldet sind"; da gab es Schreibzeug, AVC- Laseln, Tintenfässer sowie „alterley schöne ge- mahlete Carmer- und Handkästlein, darinnen sie connen Vücherlsin und Morgenbrot fasten". Aber auch damals hatte schon die goldene Lhristrute, die nie fehlen durfte, und sowohl zum Straswerkzeug als auch zum Vergnügen dec Kinder bestimmt war, „datz sie unter eiuand sich damit peitschen und sonst Freud damit haben sotten." Gerade so wie die Kinder in den Familien, freut sich die studierende Jugend der klösterliche» Lateinschulen und Seminarien auf den Nikolaus, gab doch sein Lag schon in den Klöstern des Duhe» Mittelalters Anlatz zu den verschieden ste» Schulfeste». Die Zöglinge dursten sich eine» Pater als Nikolaus wählen — aus ge winnsüchtigen Motiven sollen sie am liebsten die Patres Küchenmeister zu dieser Ehre bestimmt haben — und unterbreiteten ihm in Form von schön gedrechselten deutschen oder lateinischen Verse» iyre Wunschzettel, deren etliche aus bay rischen Klöster» uns heute noch erhalten sind. Der lichterschimmernde Christbaum, ohne den sich unsere Kinoer ein Weiynachtsfest gar nicht vorzustellen vermöge», ist erst im 17. Jahrhun dert aufgekomme» und hat nur sehr langsam und veryültnismützig spät überall Eingang ge funden. So erwähnt Peter Nosegger in ver schiedenen seiner Schriften, datz zur Zeit seiner Kindheit und Jugend die Sitte des geputzten Baumes noch lange nicht bis in die Bergtäler des Steirerlanbes vorgedrungen war. Lie Kin der erhielten damals iyre Geschenke zum „Niilo", und der Christtag selbst wurse durch de» Besuch oer Chcistmette und gutes Egen gefeiert. (Cs iI also demnach wohl nur eine dichterische Frei heit, wenn Viktor von Schesfcl in seinem „Ekke hard" die Herzogin Hadwig ein Bäumchen schmücken lätzt.) In den romanischen Ländern ist der Weih nachtsbaum übrigens heute noch jo gut wie un bekannt, nur in Italien war es vor oem Kriege bei den reichen Familien eine Zeitlang Mode, Christtannen, die man aus dem Norden bezog, aufzustellc». Dort wie in Frankreich, der fran zösischen Schweiz, England und Schottland be schenkt man sich auch statt zu Weihnachten in erster Linie am Neujahrstage, und die Kinder stellen ihre Schuhe in den Kamin, um sie am Morgen des neuen Jahres von Gaben umgeben oorzusiuden. Dies war einst auch bei uns üb lich, und Johannes Boem aus Aub berichtet von der alten, fränkischen Sitte, sich an diesem Lage nicht nur Glück zu wünschen, sonder» auch Ge schenke a» Wild, Kuchen, goldenen Aepseln und dergleichen mehr zu übergeben. Noch jetzt gilt in einige» Gegenden Unter- franteus Neujahr als Veschenltag, an dem die Kinder, die am Christfeste leer ausgingcn, von ihren Paten die Gabe» erhalten. Deren An sehen mag sich im Laufe der Zeit ost gewandelt haben — für Art und Menge dagegen bestehen allgemein siit Jahrhunderte» mit erstaunlicher Zähigkeit beibehaitcne feste Regel!!. Lie „Douts" (Paten) bringe» dem „Doudla" (Pat chen) das „Doutebündel", welches im Schwein furter Gebiet bei den Mädchen Puppen, mächtige Lcbkucheu-Herzen mit Sprüchen, ei» Kleid und eine Schürze, bei den Knabe» einen Anzug und Zuckerreiter enthält. In Würzburg bekommt das „Tödle" Wäsche, Spielzeug und Brezeln und die Patin als Gegengeschenk eine Tischdecke. Neujahr war einst neben dein Beschenk- aurb noch ein Abgabctag, da früher in Schlesien und Nord deutschland der Pfarrer mit dem Küster, der Kantor, der Nachtwächter und andere mehr von Haus zu Haus gingen, um ihre Gefälle an Ge treide, Geflügel, Fleisch, Schmalz und auderein einzufammeln. Dies geschieht, wenn auch in sehr gemilderter Form, hier und da heute noch. Hieraus hat sich daun die Sitte (oder Unsitte!) des Gebens von reichlichen Neujahrstrinkgeldern au Dienstboten, Briefträger usw. entwickelt. VMHWMreydMSetHMsMsS Von Albert Liebold-Leipzig Unsere Zeit der Maschinen und technischen Wunder, der entnervenden Existenzkämpfe und schädigenden Konkurrenztreibereien, der Partei politischen Hetzereien und kulturpolitischen Merk würdigkeiten verliert immer mehr den Siim jüc innere Sammlung und stilles Erleben, sür er hebende Gcmütspslege und ruhige Seelenfeier stunden. Es muh möglichst laut und wechselvoll zugehen, es mutz „Betrieb" sein. Eine erschreck liche Veräutzerlichung, eine Entgeistigung des Daseins ist eingetreten, die auch dem oberfläch lichen Beobachter auffallen mutz, wenn er die Leere der Theater-, Konzert- und Vortragsfäle mit den überfüllten Hallen beim Box- und Nenn sport oder sonstigen Auswüchsen einer kulturver gessenen Zeit vergleicht, bei denen Tausende, ja Millionen umgesetzt und verschleudert werden. In all dem Hasten und Jagen hungert der b«. sinnliche Mensch Heiber denn je nach Kennzeichen und Aenherunge» einer gesunden Romantik. Allein er findet ihrer nur wenige. Leider hat der Ungeist der letzten Jahre auch der guten, deutschen Hausmusik fast völlig den Garaus gemacht, die zur Zeit unserer Väter und Großväter in Stadt und Land gleich eifrig re- trieben wurde und zuweilen sogar kiinstlerinhcn Anstrich aufweisen konnte. Man braucht kabel nicht an die Salons seinsinniger Männer und Frauen zu denken, die auf das literarische und cünstlerische Leben oft auch nach außen hin äutzerst befruchtend und anregend wirkte» und sie noch heute in dem für uns sonst wenig vor bildlichen Paris gedeihen, in unseren Großstäd ten aber nach dem Kriege fast völlig einschliefen. Roch viel schmerzlicher müssen wir dem gemüt« sollen Musizieren im enge» Familienkreise nach- .cauern. Dabei sanden sich zusammen, selbst auf Sen Dörfern, der Pfarrer, der Lehrer, ein be- innlicher Uhrmacher oder Gemeindeschreiber, und im bescheidenen Stübchen lebten die Trios und Quartette Haydns, Händels, Schuberts, Mozarts und all der anderen auf, deren Kunstgaben der Menschheit zum Segen und zur Erhebung ge worden sind. Viele Familien gab es. wo Vater, Mutter und Kind manch langen Winterabend auf solche Weise zur Scelenfeier für sich und dis Freunde des Hauses gestalteten, die, angeregt durch die köstlichen Gaben der Musik, durch geist volle und humorgewürzte Rede den Siunden er höhten Reiz und Inhalt verliehen. Wir müssen heute lange suchen, um so etwas noch vereinzelt zu finden) diese „Feierabende" im wirk lichen Sinne gingen fast völlig verlöre». Man lätzt sich lieber im Gewühl der Kaiserhäuser etwas vorspielen, hängt sich die Nadiohörer um die Ohren, anstatt in den tiefen Seelenoehalt der Kompositionen einzudringen. Die Technik tötet aber die Seele! Allerdings steht in jedem „gut bürgerlichen" Hause ein Klavier. Doch oft nur als Staffage und bestenfalls spielt darauf die Tochter oder der Sohn die neuesten „Schlager". Die eigentliche Klaviermusik der Klassiker ist zu einer Angelegenheit der Berufsmusiker und eini ger rein geistiger Berufe geworden. Das hat mit Hausmusik im alten Sinne nichts mehr zu tun. Dabei gehört es fast zum gute» Ton, datz jedes Halbwegs „bessere" Kind wenigstens ein Instru ment spielen lernt, um damit darzutun, datz es auch etwas von Musik versteht und mitreden kann. Das ist vielleicht Zivilisation, aber keine Kultur. Auf diesem Gebiete eine Aenderung herbei- zufiihren. wäre eine Aufgabe der Jugenderzie hung. Mit bloßem Gesangsunterricht dürste die musikalische Erziebung in den Schulen nicht er schöpft sein, sie müßte allgemeines musikalisches Begriffs- und Urteilsvermögen anbahnen und auf die un^rschönflicken scelikcken Inhalte dieser reifsten aller Künste binweisen. Erkceulich.'r- weise haben sich in viel-» Scbulcn, besonders in den Großstädten, freiwillige Musikgruvpen unter der Führung eines kunstbe'e'ller^en Lehre:; ge bildet n»d ^eibe» Gß'wcitjsS iGw.-tL-G-» und nrakWchen Mubkuotsrricht. Das sollte alln.'mwn nusaebanl werden, u»b die .insGndweu Gebärden mübten der hwanw-'ck->end<>» Gn,Leit und 9l?i"es rür dis Pflege guter Musik zur Ver fügung stellen. Nimdkunk-ESs Freitag, 23. Dezember Ltipziz Well« 365.8. — Dresse« Well« 275.2 Ui.W: «lürir iaunkc Li>»«avk«ü>. — w o', : rikllcür, kagesnachrtchic» — Ii.4l>: üvttttrekrir!» LNikerilanoi» L^ncrdcricht - W.2W r wesvrusramm. — m.zz: cwunacn. — 12.00: MnMüSmmik. — 12'0: IMklnm« camar LHenVnp. — I2..Vn .NcinnniMie. — 1S!.'<: wubnch»«. riinik. — 12.27: :i!tkwmt lollvtr Mmnaai. 14.4). Ik.ro. 10.00 nI!ü 10.00: ^'vc:e. Smnmdeiik nur 15.40. — 17.15: Sic'Iamc leui^r Menvni. Dc-nswa und Mittwoch». — 17.55 dkuv. 10.00: Bölik »inner Lonn- akend» — L0.05: Mrjchnftlichc LOttteilnnoen. — 22.00: Prenedcrtchl Lvvrünnk 15.00 Neuerscheinungen auf dem Musikalien markt. 16.30 Dresdener Funkkapclle. 18.05 Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt. 18.30 Englisch für Anfänger. 19.00 Organisation der modernen Landwirt schaft. Dr. Hucho: Weltwirtschaftliche Be ziehungen der nationale» Londivirlschnft. 19.30 Geschickte des Nomons und der Novelle. Prof, Dr. 6. Witkowski von der Leipziger Universität: Die Anfänge des realistischen Romans. 20.00 Wettervoraussage, Schneeberichie, Zeit angabe. 20.15 WcihnachtsoraGrium von Joh. Seb. Vach. 22.15 Tanzlehrkursus. 22.30 Funkbrettl. K ö n i g s w n st c r h a u s e n, Welle 1250 14.20: Kinderstundo: Kinderlieber. — 15.00: 'Moderne Oiedanken über Erziehung bei Plato. — 15.35: Wetter- und Börsenbericht. — 16.00: Wintersport und Wintersper! Verletzungen. — 16.30: Sprechtechnik. — 17.00: Die deuische Frag« im Zeitalter Metternichs. — 18.00: For men und Vließen. — 18.30: Englisch für An fänger. — 18.55: Soziale Fragen im Kohlenberg bau. — 16.20: Wissenschaftlicher Vortrag für Aerzle. — 20.30: Uebertragung aus Berlin: „O du fröhliche . . . — 21.00: Alfred Kerr (zum 60. Geburtstage). 1. Einleitende Worte: Willi Haas. 2. a) Aus „Lapricbos") b) Aus „Es sei wie es wolle, es war doch schön"' gelesen vo» Alfred Braun. — 22.30: Kapelle Lowenthal vom Cafe Vaterland.
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