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UOjMMüIer WM un-Anjkigrr Hohensteln-Ernstthaler Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten Erschein! ,eden Wochrntag nachmtltax;« - Kernspr Nr. N Postscheckkonto Leipzig 23 484 — Gemetndegtrokonto 14. — Banktvnlen Sommerz» und Privat. Bank Zweigstelle Hohen- itein - Ernstthal — Darmstiidler und Nationalbank Zweig- Niederlassung Hohenstetn-Ernstlhal. — Unverlangt emgesandte ManuskripN werden »icht zurückgeschtckt — Einsendungen ohne Namensnennung finden keine Aufnahme Bei Klagen, Konkursen, «vergleichen usw wird dei Brullo» benag in Rechnung gestellt Im Aalle höherer Äkwali — Krieg oder sonstiger irgend welcher Störung d«S Betriebes der Zeitung, der Lieferanten oder der Besörderungseinrich- rungen — hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lteserung oder Nachlieferung der Zeitung »der aut Rückzahlung des Bezugspreise« Generalanzeiger für Hohenstein-Ernstthal mit Hüttengrnnd. Oberlungwitz. Gersdorf, HerinSdors, Bernsdorf, Rüsdors, Langenberg, Meinsdorf, Falken, Langenchursdors, Reichen bach, Callenberg, Grumbach, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach. Pleißa und Rußdorf. Dieses Blatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen deS Amtsgerichts, des Finanzamts und des Stadtrats zu Hohenstein - Erustihal, sowie der Behörden der umliegenden Ortschaften behördlicherseits bestimmte Blatt. Druck und Verlag von Dr. Alban Frisch. Nr. 279 77. gahrg BczuaSvikiS valbmonuMid 8U iAolSoteuniae eiolwlitsili» rräaerlodu. - Donnerstag, d-n l. S>ze mber -927 Rußland verlangt völlige Abrüstung Eine sensationelle Ansprache Litwinows * Genf hat feinen großen Tag gehabt. Die Nassen, die im Vorjahre in der Weltwirtschafts- tonferenz ein kurzes Propagandadebut gegeben haben, setzen nun ihr Genfer Gastspiel auch in i der Abrüstungskommission fort. An der Ten denz ihrer politischen Improvisationen hat sich nichts geändert: Propaganda und weiter nichts: Rußland stellt mit Absicht Forderungen, die un erfüllbar und unmöglich sind, um mögliche Ergebnisse, wenn sie je zustande kommen sollten, als ganz ungenügend ablehnen zu kön nen. Diese Politik will alles andere als den Frieden. Was die Russen treiben, ist Propa ganda für die Weltrevolution. Die Eröffnungssitzung Genf, 30. Nov. Heute vormittag, vor Beginn der ersten Litzung der Abrüstungskommission, zeigte das Völkerbundssekretariat ein ungewöhnliches Vil d. Die Auffahrt für Kraftwagen war ab- gesperrt. Auch die Straße, die neben dem Elas- faal des Völkerbundsgebäudes vorbeiführt, ist für den Verkehr gesperrt. Das ganze Sekretariat ist von einem Aufgebot von Polizisten umgeben. Jeder, der sich dem Gebäude nähert, muß eine Ausweiskarte vorzeigen. Auch am Eingang des Hauses und des Glashauses wird eine genaue Kontrolle der Ausweise vorgenommen. Alle Journalisten sind auf Kosten des Völkerbundes photographiert worden und erhalten Ausweis karten mit Lichtbildern; alles zum Schutze der russischen Delegation. In der Wandelhalle herrscht ein nervöses Treiben. Man sieht die bekannten Delegierten der Abrüstungskommission im Gespräch miteinander, Graf Bernstorff, Wil son, den Vertreter der Vereinigten Staaten, Po litis der eine große Geschäftigkeit entwickelt, Eatö-Iapan und viele andere. Es wimmelt von Experten, Offizieren und Admirälen in Zivil. Im Glassaal ein ähnliches Bild. Um die große U-förmige Tafel, an der die Delegierten Platz nehmen, herrscht Unruhe und Spannung. Kurz vor Beginn der Sitzung erscheint auch die .-russische Delegation, inmitten der Menge, die tmmer noch in den Saal strömt, so daß ihr Erscheinen gar nicht so recht beachtet wird, wie man annehmen konnte. Zehn Minuten nach 11 Uhr eröffnet Präsi dent Loudon die Sitzung. In seiner Eröffnungsansprache- begrüßte Loudon die neuen Mitglieder, besonders den amerikani schen Hauptdelegierten Wilson und die Mitglieder der russischen Delegation. Er schilderte dann den augenblicklichen Stand der Arbeiten. Das Fehlen eines Gefühls der allgemeinen Sicher heit behindere die Arbeiten immer »och. Obwohl zweifellos eine vollkommene Abrüstung zur Er höhung der Sicherheit beitragen würde, so scheuen sich doch zahlreiche Länder, ohne die vorherige Schaffung eines erheblichen Maßes von Sicherheit die Abrüstung praktisch in Angriff zu nehmen. Er richtete an die Dele gation der Vereinigten Staaten und Rußlands die Frage, ob sie sich als Nichtmitglieder des Völkerbund auch an dem Sichsrheitsausschuß beteiligen wollten. Nach seiner Auffassung könn ten diese beiden Ausschüsse in Parallele arbei ten. Auf jeden Fall müsse das Datum für die 5. Tagung des Abrüstungsausschusses und damit für die 2. Lesung festgestellt werden. Die Ar beiten des Sicherheitsausschusses werden lang wierig sein, sie sollen aber auf jeden Fall öffent lich erfolgen. Sodann wurde der griechische Hauptdelegierte Politis an Stelle de Vroucquercs zum Vize präsidenten gewählt. Nach Eintritt in die Ta gesordnung, die die Prüfung der Entschließungen der Völkerbundsversammlung und des Völker- bundsrates und damit die Einsetzung des Sicherheitsausschusses und den augen blicklichen Stand der Arbeiten enthält, ergriff Graf Bernstorff das Wort, um das durch seinen an Präsident Loudon am 12. November gerichteten Brief ent standene Mißverständnis zu beseitigen und gleichzeitig eine Umstellung derTages- ordnung zu beantragen. Er habe in seinem Bries die Anregung gemacht, so zu verfahren, daß der Eintritt in die Diskussion über den in 1 Lesung fertiggestcllten Kouventionsentwurf auch nach der materiellen Seite hin offen bleibe. Nach seiner Auffassung würde damit die Beschleunigung der technischen Vor arbeiten zu der allgemeinen Abrüstungskonfe renz und der Tatsache Rechnung getragen wer den, daß seit der 3. Tagung einige neue Mit glieder zum Abrüstungsausschuß gekommen sind. Präsident Loudon habe diese sein« Aeußerun- gen so verstanden, daß er, Bernstorff, eine 2. Lesung des Konventionsentwur fes auf der jetzigen Tagung damit herbei führen wolle und habe ihm deshalb zu verstehen geben, daß er sich von einem solchen Versuch keinen Erfolg verspreche. Er sei von dieser Auslegung überrascht gewesen, da es k e i- neswegs seine Absicht war, eine 2. L e s u n g des Konventionsentwurfs ruf der jetzigen Ta gung herbeizuführen. Im Laufe dieses Som mers haben Verhandlungen stattgefunden, die das Abrüstungsproblem berühren. Auf der Bun desversammlung haben Diskussionen über die Abrüstungsfrage stattgefunden. Die Einsetzung eines Sicherheitskomilees ist beschlossen worden. Vier neue Mitglieder sind in die Kommission ein getreten, von denen wir noch nicht wissen, wie sie sich zu dem vorliegenden Fragenkomplex stellen, alles Gründe, die es notwendig machen, in sine materielle Diskussion über den jetzigen Stand der Abrüstungsfrage einzutreten. Die materielle Diskussion soll nicht gleichbedeutend sein mit der 2. Lesung, sondern sie soll nur den anwesen den Vertretern die Möglichkeit geben, die alllge- meinen Gedanken ihrer Regierungen über der. Stand des Abrüstungsproblems zu äußern und zu diskutieren. Die von ihm vorgeschlagene Reihenfolge habe, so betonte Graf Bernstorff zum Schluß, auch den praktischen Zweck, daß nicht die Mitglieder der Kommission über einen Spe zialpunkt, nämlich die Einsetzung des Sicherheits- komitees, zu beraten hätten, ehe Klarheit über den sonstigen Stand dos Abrüstungsproblems und seine Beurteilung durch die verschi -denen Ne gierungen geschaffen sei. Präsident Loudon dankte dem deutschen Hauptdelegierten für feine Feststellungen, be dauerte das entstandene Mißverständnis und gab die Versicherung ab, daß es jeder Delegation unbeno m m e n sein soll, sich zu den allge meinen Ergebnissen der bisherigen Arbeiten zu äußern. Der russische Hauptdelegierte Litwinow gab die Versicherung ab, daß das einzige Ziel der sowjctrussischen Delegation und ihrer Regierung darin bestehe, der Sache des Friedens und der Abrüstung zu dienen. Auch er sei der Meinung, daß es für den Fortgang der Arbeiten des Ab rüstungsausschusses förderlich wäre, wenn die Tagesordnung umgestellt und zu nächst über den allgemeinen Stand der Vorar beiten diskutiert würde. Präsident Loudon stimmte hierauf diesem Antrag zu und erteilte Litwinow nochmals das Wort zu einer allgemeinen und eingehenden Darlegung der russischen Haltung zum gesamten Abrüstungsproblem. Darauf legte Litwinow die große programmatische Erklärung der Sow jetregierung zu dem Abrllstungspro- blem vor, in der diese unter anderem die A u f- löfung sämtlicher stehenden Ar meen, sämtlicher Flotten, die Vernichtung sämtlicher Waffen und Munition und aller übrigen Kriegsmittcl, die Zerstörung aller militärischen Gebäude und Kricgsflugzeuge, die Aufhebung der allgemein en Dienst - pficht, das Verbot der Ausbildung militärischer Reserven, die Schleifung der F e st n n g e n und Scestützpunkte, die Zerstörung aller Waffen- sabriken, Aufhebung der Kriegsmini- störten, das Verbot jeder Art von kriegerischer Progadanda und ein Gesetz fordert, das Zuwider handlungen gegen diese Verbote unter Strafe stellt. In seiner Erklärung betonte Litwinow, daß die Delegation Sowjetrußlands im Besitze sämtlicher Vollmachten sei, um dieses Abrüstungsprogramm vorschlagen zu können. Das von der Sowjetregierung vorgeschlagene Pro gramm könne in kürzester Frist durchgeführt wer den. Ferner unterstrich er, daß der Ansicht der Sowjetregierung nach der vorgeschlagene Plan der zweckentsprechendste sei, um den Frie den sicher zu st eilen. Die Sowjetregie rung habe die Einladung zur Teilnahme an der gegenwärtigen Tagung der Abrüstungskommis sion angenommen, um Klarheit darüber zu schaf fen- welche kapitalischen Regierungen ehrlich den Frieden wollten. Sodann ging er dazu über, an den bisher ge troffenen Abrüstungsmaßnahmen scharfe Kritik zu üben. Er behauptete, daß seit Ende des Welt krieges die militärischen Rüstungen der kapitalistischen Länder sich st ä n d i g er höht hatten und daß man nirgends auch nur eine teilweise Durchführung der übernommenen Abrllstungsverpflichtungen feststellen könne. Auch der Völkerbund habe bisher keinerlei praktische Maßnahmen zur A b - riistung ergriffen. So sei das Datum für den Beginn der Abrüstungskonferenz immer wieder hinausgeschoben worden und die Abrüstungskom mission habe bisher lediglich eine Reihe fruch t- loser Debatten über di« Abrüstung ge- ührt. Man müsse berechtigte Zweifel haben, ob )ie Abrüstung denn auch wirklich an gestrebt werde. Insbesondere wandte er sich dann dagegen, daß die Abrüstung von einer De finierung des sogenannten „Potential cle guerre" abhängig gemacht würde, da hierdurch die Groß mächte nur einen Vorwand erhielten, um ihren gegenwärtigen Rüstungsstand aufrechtzuerhalten. Litwinow verlas dann einen Resolu tionsantrag, durch den beantragt wird, 1. die sofortige Ausarbeitung eines detaillierten Konventiousentwurfes zur allgenieinen Abrii stung auf Grund der von der russischen Delegation dargelegten Richtlinien und 2. die Einberufung einer allgemeinen Ab rüstungskonferenz für den März 1928 zur endgültigen Annahme eines entspre chenden Staatenabsommens. Nach diesen Erklärungen schloß Präsident Loudon die Eröffnungssitzung. Vie Bildung des EicherWs- AnsschuW Amerika und Rußland sind Beobachter Genf, 30. Nov. Der vorbereitende Abrüstungsausschuß hat heute nachmittag nach längerer Aussprache auf deutschen Antrag hin beschlossen, die eigentlich« Aussprache über die russi schen V o r s chl ä g « auf die 2. Le s u n g zu vertagen und das Datum der 2. Lesung noch während der gegenwärtigen Tagung festzusetzen. Zu dem Wunsche der deutschen Delegation, die 2. Lesung mindestens vier Wochen vor der Frühjahrstagung des Rates, also für Anfang Februar, festzusetzen, soll erst am Schlüsse der jeitzigen Tagung Stellung genommen werden, womit sich Graf Bernstorff einverstanden er klärte. Der Ausschuß trat darauf in die Beratung des 2. und letzten Punktes seiner Tagesordnung ein, nämlich die P r ii f u ng der E n t s ch l i e - ßungen der letzten Bundesversamm lung und des Rates. In diesem Zusammen hang gab der Führer der amerikanischen Dele gation, der Gesandte Wilson eine längere Erklärung ab, in der er im we sentlichen unter Berufung auf die besondere Lage der Vereinigten, Staaten betonte, daß jein Land nach wie vor entschlossen sei, diejenigen Fragen, welche die europäischen Staaten al lein a »gehen, diesen gänzlich zu überlassen. Die Vereinigten Staaten könnten auch, wie bereits sein Vorgänger erklärt habe, keiner Kontrolle zur Durch führung der A b r ii st u n g s ko n v e n t i o n zustimmen. Das gleiche gelte für die Frage der Schiedsgerichtsbarkeit und der Sicherheit. Dementsprechend würden die Vereinigten Staaten auch an den Ar beiten des Sicherheitsausschusses nicht teil- nehmen. Zur gleichen Frage erklärte Lit winow, Laß sich die sowjetrussische Regierung an den Arbeiten des Sicherheitsausschusses nur durch einen Beobachter vertreten lassen werde. Am Schluß der Sitzung wurde eine Ent- ch ließung angenommen, durch die das von >er letzten Völkerbundsversammlung vorgeschla- gens Sicherheitskomitee eingesetzt wird. Entsprechend einem von Frankreich, Süd- Südslavien, Japan und Schweden eingebrachten Antrag hat der Ausschuß darauf verzichtet, dem Sicherheitskomitee ein besonderes Arbeitspro- gramm zu geben und lediglich beschlossen, ihm für die Aufnahme seiner Arbeiten die entsprechenden Entschließungen der letzten Bundesversammlung und des Rates, sowie das Sitzungsprotokoll des Abrüstungsausschusses der letzten Völkerbunds versammlung zu unterbreiten. Das Si ch e r h e i t q k o m i t e e, dessen Mit glieder von den beteiligten Regierungen als bald bekannt gegeben werden sollen, erhält das Recht, für seine Beratungen besonders qualifizierte Persönlichkeiten zeit weise h i n z u z u z i e h e n. Präsident London