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HohenstM-Emstihaler Tagedlall un-LuftM Nr. 269 Sonnabend, den 19. November 1927 2. Beilage Jie Mil »kl MA Das Ende eines Traumes — Der Kanzler in Wien — Das Geheimnis der Feme Bo» unterem vvlttttchen Mitarbeiter Berlin, 18. November Lange, allzu lange hat sich das deutsche Volk selbst zerfleischt, Haven sich die politischen Geg ner mit einer Erbitterung bekämpft, die auch vor der persönlichen Ehre des andern nicht Halt machte. Erst ganz allmählich haben wir es wie der gelernt, ruyiger und sachlicher zu denken und auch dem am anderen User die Achtung nicht zu versagen, wenn er seine Ansicht aus ehrlicher Uebcrzeugung vertritt. Es gibt in jedem Lager Eigennützige und Idealisten, ehrlich Ueberzeugte und gedanrenlose Mitläufer — überall, hier wie drüben. Wohl kein Mensch hat sich wohl des Mitgefühls für die drei jungen Kommunisten erwehren können, die in ihrer Enttäuschung über den ausgebliebcnen Erfolg der von ihnen ver tretenen Weltanschauung zum Revolver ge griffen haben. Wer diese Tat unverständlich fin det, mutz, um sich in die Gedankenwelt dieser Menschen einfühlen zu können, einmal jene Zei tungen lesen, in denen Tag für Tag verkündet wird, dass es nun soweit sei, daß nun die Gesell schaftsordnung bald gestürzt und ein neuer Staat nach russischem Muster errichtet werde. Gerade in jugendlichen Köpfen hat die Heils lehre aus dem Osten unheilvolle Verwirrung angerichtet. Cie haben geglaubt und sie haben gewartet, Tag für Tag und Nacht für Nacht, es ist nichts geschehen. Sie wurden nicht auf die Barrikaden gerufen und die Weltrevolution wollte immer noch nicht kommen. Proteste und Demonstrationen, Demonstrationen und Proteste. Als sie von dem Aufmarsch kamen, mit dem die Kommunisten das zehnjährige Bestehen des Sowjetstaates gefeiert hatten, brach in ihnen die Erkenntnis durch, datz ihr Sehnen niemals Wirklichkeit werden würde. Dieser Einsicht nicht gewachsen, griffen sic zum Revolver, jagten sich die Kugel durch den Kopf. Zwei sind tot, einer blind. Wir werfen keinen Stein auf sie, die irre geleitet waren und deren jugendliche Sehnsucht nach Tat und Befreiung von Führern mistbraucht worden ist, die am Feuer der Jugend ihre elende Parteisuppe kochen. Die ganze Schwere der An klage aber trifft diese Führer, die sich nicht ent- dlödet haben, am Grabe ihrer Opfer noch Politik zu treiben und den Tod dieser Idealisten für ihre Zwecke auszunutzen. Als sie in dieser Woche beerdigt wurden, hatten die einen Eltern sich jedes kommunistische Grabgelcite verbeten. Takt voll wurde vermieden, die Politik auf den Kirch hof hinauszutragen und am Grabe von denen zu sprechen, die schuld daran sind, dast hier ein begabter junger Mensch zur frühen Ruhe gebettet werden muhte. Trotzdem wird vielleicht man chem gedankenlosen Mitläufer die Erkenntnis aufgegangen sein, dah die ewige Demonstrations politik der Kommunisten eine schwere Schuld dadurch auf sich geladen hat, dah sie den jugend lichen Idealisten ein Traumbild vor Augen zau bern, an das die Führer selber nicht glauben. Die sozialdemokratische Presse hat das trau rige Ereignis benutzt, um scharfe Angriffe gegen die Kommunisten zu richten. Mit Recht. Sie wird hoffentlich für sich selber aber die Lehre daraus ziehen, dah gerade ihre jungen Elemente positive Mitarbeit und nicht unfruchtbare Kritik verlangen. Mit Sorge sehen wir auf die immer mehr um sich greifende Radikalisierung der deutschen Sozialdemokratie, die uns fürchten läht, dah sie denselben Weg gehen wird, der ihre österreichische Schwesterpartei zu den blutigen Julitagen geführt hat. Noch immer wirkt sich dieser vchreaenssommer im öffentlichen Leben Oesterreichs aus, noch immer haben sich die Ge müter nicht beruhigt. Atan kann von Glück sagen, dah Reichskanzler Dr. Marx und Neichs- auhcnminister Dr. Stresemann bei ihrer Wien reise von Zwischenfällen verschont geblieben, wie man sie eigentlich befürchtet hatte. Wir freuen uns darüber und nehmen es als Zeichen dafür, dah man in Oesterreich auf beiden Seiten ge willt ist, das Kriegsbeil zu begraben und ge meinsam an die Aufbauarbeit heranzugehen. Da Kanzler und Auhenminister von Berlin abwesend waren, konnte diese Woche keine be deutsamen Geschehnisse auf politischem Gebiete bringen. In der Wilhelmstrahe herrscht Ruhe, und nur der Femeausschuh des Reichstages sorgt dafür, das der Berliner Asphaltpresse wenigstens Material für ein paar Schlagzeilen geliefert wird. Es ist wohl nur in Deutschland möglich, dah das Parlament einen Ausschuh einsetzt, um Dinge zu untersuchen, die vier Jahre zurllckliege» und über die schon aus diesem Grunde niemals volle Klarheit zu schaffen sein wird. Wozu die ganze Ausschuharbeit. Der Wilmsprozeh hat dank der zielbewussten Fragestellung des Land gerichtsdirektors Siegert den Schleier von den Geheimnissen der Fememorde hinweggezogen. Was etwa noch aufzuklären sein sollte, wird in der Bsrufungsverhandlung zur Sprache kommen, die im Dezember vor dem Reichsgericht stattfin det. Es ist beim besten Willen nicht einznsehen, warum ein Ausschuh des Reichstages den Gerich ten Konkurrenz machen muh und immer wieder Dinge aufwühlt, unter die wir wirklich in all seitigem Interesse einen dicken Strich machen können. 1923 mar ein wildes Jahr. Manches, was heute unfassbar erscheint, hat sich damals ganz anders angesehen. Selbstverständlich muh jede Untat ihre Sühne finden. Zu untersuchen und zu strafen aber ist die Sache der deutschen Richter, und es ist absolut unnötig, dass der Reichstag einen besonderen Ausschuh dazu ein setzt. Was ist bisher bei den ganzen Arbeiten der Untersuchungsausschüsse herausgekommc»? Nichts und wieder nichts! Was haben sie ge kostet? Millionen und Abermillionen! Man stelle die Rechnung auf und ziehe die Bilanz, und man wird sich von rechts bis links einig darüber sein, dass die Ausschüsse ihre unfruchtbare Tätig keit jetzt endlich einstellen sollen, die nur dar» dienen kann, dah wir über eine Zeit nicht bin- mcakommen, dis endlich im Interesse der Volks einheit vergessen werden muh. Sie GeWchte des Meters Von Dr. Wilhelm Ackermann Die moderne Metrologie, die Wissenschaft von den Messungen und Massen, ist etwa SO Jahre alt: Am 20. Mai 1875 wurde zu Paris die Weltkonvention über das Meter unterzeich net. Es war der Abschluss langwieriger, bis auf die französische Revolution zurückgehender Bemühungen, das Dezimalsystem in Massen und Gewichten allgemein einzuführen. Die Grün der dieses Systems hatten sich schon 1791 mit einem entsprechenden Antrag „an alle Völker" gewandt, zunächst jedoch vergeblich. Der Ge danke begegnete erst dann freundlicherer Auf nahme, als man in der Natur selbst eine Mass einheit suchte, die zu jeder Zeit nachgeprüft werden kann und die, worauf insbesondere Laplace in seiner „Erklärung des Weltsystems" hinwies, den Kämpfen auf dem Gebiete der Weltanschauungen entrückt ist. Man schwankte zuerst, ob man die Strecke, die ein Pendel auf 45 Grad Breite in einer Sekunde schwingt, oder eine Teilstrecke des Erdmeridians als Einheit wählen solle. Man gab die erstgenannte Ein heit vor allem deshalb auf, weil bei ihr der Begriff der Zeit hineinspielt, der keineswegs gleichbleibsnd ist. Man entschloss sich daher, als Masseinheit den vierzigmillionsten Teil des Erdmeridians zu nehmen. Die Geodäsie steckte damals aber noch in den Kinderschuhen, und die Messarbeiten hatten mit den grössten Schwierig keiten zu kämpfen, ehe sie zu einem glücklichen Ende gelangten. Wenn man damals auch eine unveränderliche Einheit gefunden zu haben glaubte, so ist dieser Standpunkt heute ausge geben, denn der Zweifel der Relativität macht auch vor unserer alten Erde nicht Halt. Man ist daher daran gegangen, künstliche Einheiten als Vorbilder für alle Längenmasse (und auch Gewichte) zu schaffen . Hiermit befasste sich von 1870 bis 1875 eine internationale Kommission, die zum ersten Male 1870 in Paris zusammen trat. Als Abschluss ihrer Arbeiten wurde am 20. Mai 1875 die „Meterkonvention" unterzeich net; zugleich wurde ein internationales „Mast rind Gewichtsamt" geschaffen, mit dem Sitz in Sevres bei Paris, wo in dem alten Pavillon de Breteul ein besonderes Institut für die wissen schaftlichen Arbeiten auf dem Gebiete der Messungen eingerichtet wurde. Unter den Ar- beitsrüumcn dieses Instituts befinden sich einige Keller, worin sich die international anerkannten Prototype für das Meter und das Kilogramm befinden. Die im Gebrauch befindlichen Masse und Gewichte unterliegen aus allen möglichen Gründen bestimmten Veränderungen, deren Ur sachen grossenteils nicht feststellbar sind. Nor gar nicht langer Zeit machte sich in den Kreisen der Wissenschaftler eine lebhafte Unruhe gel tend, weil die im Gewahrsam einzelner Staaten befindlichen Musterstücke des Meters von den „llrmetern" in Paris deutliche Abweichungen zeigten. Diese Abweichungen waren verschwin dend klein, es handelte sich etwa um den vier- zigtausendsten Teil eines Millimeters! Glück licherweise hatten das offizielle Meter in Paris und di« beiden anderen Stücke, die mit ihm zu sammen In den Kellern des Instituts in Sevres als Kontrollstücke aufbewahrt werden, keinerlei nachweisbare Veränderung erlitten, sie zeigen alle drei genau die gleiche Länge, und dies mar das Entscheidende; nach ihnen mussten die ande ren sich richten. — Diese Urmeter bestehen aus Platin-Jrdium und sind das Ergebnis äusserst schwieriger Untersuchungen. Obwohl sie in den Lehrbüchern und Fachzeitschriften der ganzen Welt häufig erwähnt werden, bekommt ein ge wöhnlicher Sterblicher sie niemals zu Gesicht Vielleicht ein Dutzend Franzosen und ebenso viele Ausländer haben dann und wann zu ihnen Zutritt. Die Masse befinden sich in unter irdischen Kellern, zu denen fünf Türen mit drei- achem Verschluss wie ein Gefängnis führen, früher öffneten sich diese Türen nur alle sechs Jahre, nämlich beim Zusammentritt der inter nationalen Mass- und Gewichtskonferenz. Als man aber das erste Mal aus diesem Anlass sie Türen öffnen wollte, stellte sich heraus, dah sie völlig festgerostet waren, und man muhte zu Hammer und Meissel greifen, um den Eintritt zu erzwingen. Seitdem werden die Türen alle zwei Jahre einmal geöffnet, um ähnlichen Vor kommnissen rorzubcugen. Ein Mitglied der Konferenz, Ak. C. M. Savarit, schilderte einen Besuch in den Gewölben des Instituts wie folgt: „Das elektrische Licht erhellt eine Art Kecker, der mit weissen Porzellankacheln aus gelegt ist. Im Hintergründe steht ein Panzcr- schrnnk, worin sich die drei Urmeter befinden. Von seiner Unterlage nimmt man das Meter Nr. 6, ein internationales Modell, welchem das im französischen Besitz befindliche Mustermeter am nächsten rammt. Die vier Kanten aus Pla tin verbreiten einen kalten Schein. Mit diesem Stück werden auch alle anderen verglichen, die sich in den Händen der einzelnen Staaten be finden und von ihm nicht mehr als ein hundcrt- tausendstel Millimeter abwcichcn dürfen. In einem anderen Fache des Panzerschranks liegen das internationale „Urlilogramm" und drei weitere Verglcichsstücke, gleichfalls aus Platin, weil dieses Metall den geringsten Verände rungen unterworfen ist. Mittels eines dieser Stück" prüft man alle zehn Jahre die Gewuhre der einzelnen Länder nach. Da aber selbst die ser seltene Gebrauch schon einen Gewichtsver lust, wenn auch nur von einem Millionstel Gramm, Hervorrufen kann, so hat die Konferenz beschlossen, dass zu seiner Kontrolle alle hundert Jahre das zweite Stück herangezogen werden soll. Das dritte Musterkilogranun darf nur alle tausend Jahre gebraucht werden, um etwaige Veränderungen am zweiten scstzusiellen; und »»«UM Aufsehen eWgMöe ttMeusÄMliche EMeckMUM Die Königsgräber in Sakkara Die Ausgrabungen in Sakkara, dem süd lichen Teil des alten Memphis, die vom ägyp tischen Altertumsdepartemcnt unter Leitung des englischen Gelehrten C. Ak. Firth seit drei Jahren wieder ausgenommen find, haben zur Aufdeckung neuer Gräberschächte und Grabkammern geführt, von denen die Aus grabungsleitung annimmt, dass es sich möglicher weise um die Begräbnisstätte des Königs Zofer aus der dritten Dynastie handeln könne. Die Grabungen mussten wegen der Gefahr eines Erdrutsches, noch bevor diese Frage ge klärt ist, unterbrochen werden, und „Egyptian Kazette" benutzt diesen Anlass zu einem Artikel, der den Ausgrabungen von Sakkara einen sen sationellen Charakter gibt. „Die Ausgrabungen in Sakkara werfen ein ganz neues Licht auf die Jrühzeit ägyptischer Geschichte. Sie haben be wiesen, dass es in Aegypten schon zweieinhalb Jahrtausende früher als in Griechenland dorische Säulen gab, dass die massive Bauweise unter König Cheops nicht, wie man bisher glaubte, die Anfänge ägyptischer Kunstgestaltung kennzeich net, sondern einen neuen Monumcntalstil, der auf eine Zeit zierlicherer und fcinnervigerer Bauweise folgte. Auch die Zusammenhänge zwischen semitischer und ägyptischer Kultur sollen durch die Funde von Sakkara neue Beleuchtung erhalten." Sollte sich diese hohe Einschätzung der Ausgrabungen aus der Frühzeit des alten Reichs als berechtigt erweisen, was übrigens auch von hiesigen deutschen Archäologen vermutet wird, so wäre cs das bedeutcndste Ereignis «er Aegyptologie seit der Entdeckung des Trabes von Tut-ench-amun. Professor Hoelscher, Hannover, der gegen wärtig im Auftrage des Orientalinstitutes von Chicago die Ausgrabungen bei den Tempeln von Medinet Hab» (gegenüber Luxor) leitet und jüngst die Funde von Sakkara hatte persönlich besichtigen können, gab die folgenden Ausdeutungen der sensationellen Entdeckung: Unsere bisherigen Anschauungen über die An fänge ägyptischer Kunst sind völlig widerlegt worden. Es steht äusser Zweifel, dass die zutage geförderten Kunstschätze aus der Zeit des Königs Zoser von der dritten Dynastie einen Höhepunkt der ästhetischen Differenziertheit bedeuten., gegen den die Werke der vierten Dynastie ziemlich primitiv erscheinen. Niemals hätten wir uns, ohne die Evidenz dieser Funde, vorgestellt, dass den massiven Bauwerken und der monumentalen Porträtplastik aus der Zeit des Cheops eine so verfeinerte Kunstcpoche vorausging. Nsues Hochgebirge in Sibirien? Berliner Blätter melden auf Grund einer Veröffentlichung des geographischen „Journal des Nusscs" die Entdeckung eines Hoch gebirges in Nordost-Sibirien, das die Länge von tausend Kilometern und die Breite von 300 Kilometern habe, sich vom Nord meer bis zum Flusse Kolima erstrecke und mithin grösser als der Kaukasus sei. Die Entdeckung ge lang Serveri Obruches, der im Jahre 1920 von der russischen geologischen Gesellschaft mit der Erforschung des nordöstlichen Teiles des Pakntsk-Gcbictcs beauftragt worden war. Das Gebirge weist eine Höhe bis zu 3300 Meter auf und ist also mit Ausnahme der Vulkane von Kamtschatka das höchste Gebirge in Nordsibirien. * Drei Sonnen am Himmel Ein ungewöhnliches und pracht volles Naturereignis wurde in Stock holm kurz nach Sonnenaufgang beobachtet. Rund um die Sonne wurde ein schmaler Rina sichtbar, dessen Innenkante rosafarbig war, und der einen Halbkreis um die Sonne bildete. In diesem Ring waren drei Punkte besonders her vortretend, zwei in gleicher Höhe wie die Sonnen, östlich und westlich von dieser, und einer oberhalb gegen Norden. Diese Punkte ent wickelten sich in kurzer Zeit zu „Nebensonnen", von denen besonders die linke (östliche) zeit weilig in blendendem Glanz leuchtete. In der Nähe der drei Punkte war der Ring stark in allen Regenbogenfarben gefärbt. Die Form der in gleicher Hohe mit der Sonne befindlichen Nebensonnen war nicht kreisrund wie die Sonne selbst, sondern in der Richtung des Radius aus gedehnt, so dass sie wie zwei Kometen mit lan gen glänzenden Schweifen aussahen. Der regen bogenfarbige Scnnenhof wurde auf seinem höch sten Punkt von einem hufförmigen, konvexen, kurzen, aber lichtstarken Bogen berührt. Am Berührungspunkt war zeitweise eine sehr licht starke dritte Nebensonne sichtbar. Ausserhalb des erwähnten Ringes, ungefähr in doppeltem Abstand, war ein zweiter Ring oder Hof um die Sonne zu sehen, der jedoch nur selten vollständig zu bemerken mar. In seinem höchsten Punkt wurde auch dieser Ning von einem gegen die Sonne konvex geformten Vogen berührt, und zwar von einem lichtstarken und ziemlich breiten Kreissegment in allen Regenbogenfarben. Die ser besonders prachtvoll gefärbte Lichtbogen und die glänzenden Nebensonnen der Sonne erregten die grösste Bewunderung der zahlreichen Be obachter dieser Naturphänomen. Die Fleckcntätigkcit der Sonne konnte in den letzten acht Tagen nicht beobachtet werden, da die andauernd starke Bewölkung jede Sicht verhinderte. Um so grösser war die Uebcr- raschung, als Freitag nachmittag die Sonne auf einige Augenblicke sichtbar wurde und dem Be obachter zwei neue Gruppen von Flecken präsentierte, von denen die eine in riesiger Ausdehnung bereits die Mittellinie er reicht hat während die andere, noch nahe dem Ostrand stehend, erst in drei bis vier Tagen (Montag oder Dienstag) an den Mittelmeridian der Sonne herantretcn dürfte. Die grosse Gruppe bedeckt mit vier Hauptflecken etwa ein Achtel des Sonnendurchmessers, hat also schätzungsweise eine Ausdehnung von weit über 100000 Kilometer. Diese Gruppe gehört mit zu den grössten Flecken des ganzen Jahres, sie ist ohne Vergrösserungsglas mit blossem Auge (Blendglas vorhalten!) wahrzunehmen und muss demgemäss ganz ungeheure Mengen heissen Wasserst ofsgases ausstössen. Die Wirkung zeigt sich erfahrungsgemäss in erhöhter Sonnenstrah lung, elektro-magnetischer Störungen, Unruhe in der Lufthülle und starker Schwankung des Barometerstandes, die zur Auslösung von Erd beben führen kann, wie solche aus Steiermark bereits gemeldet werden. Das Auftreten dieser hier geschilderten neuen Flcckengruppen verdient insofern besondere Beachtung, als man daraus nun auf eine weitere Fortsetzung der Flecken- tätigkcit schliessen kann; mit der ausserordentlich starken Entwicklung der Flecken im September und Oktober ist daher die gegenwärtige Periode des Maximums vielleicht überschritten, aber es folgt eine Periode des allmählichen Ab klingens der Fleckentätigkeit, die sich über die nächsten Monate erstrecken wird. Ties bedeutet für die nördliche Halbkugel abnorme Erschei nungen in der Gestaltung des Winterwettcrs, bedingt durch die verzögerte Abkühlung des Meeres und die erhöhte Wirkung des Golfstro- mcs im Kampf mit der polaren Kaltluft. In gleicher Weise sind auch auf der Siidhalbkugel, wo der Sommer jetzt beginnt, extreme Witte- rungserscheinuttgcn zu erwarten. Schon die für den 7. Dezember zu erwartende Wiederkehr der oben beschriebenen Niesenslecken gibt eine gewisse Gewähr, dass Anfang Dezember die kritische Wetterlage sich wiederholt, die vom 8. bis 10. November Stürme und ttebcrschwcmmunge» brachte.