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Auflösungen aus voriger Nummer. Rätseldistichon: Jura, Turm Kreuzworträtsel. Naiks!-Ecks. Wandclrätsrl. Goethe soll in Schiller mit Hilse von elf Zwischenwör- lern verwandelt werden. Es darf immer nur ein Buch stabe geändert, hinzugefügt oder fortgclasscn werden Da bei sollen zwei Komponisten und eine Ritteifigur ver wandt werden. ^Sirene!" Von E. Cutschow. (Nachdruck verboten.) Teestunde war heute in dem kleinen Künstlerheim an- zesetzt. Die Gäste waren längst versammelt, mit liebens würdigem Lachen begrüßte Harry Dörken alle. Bald stand er inmitten der Damen, und ein lustiges Necken, hüben und drüben, Hub an. Frau Caren sah belustigt dem Treiben zu, nur dann und wann ging ein Schatten über das schöne Gesicht der jungen Frau, wenn nämlich der Gatte gar zu ausgelassen wurde. Aber sie wußte es ja, bei ihm, dem Künstler, mußte ein anderer Maßstab angelegt werden! Blitzschnell stand ihr eine Stunde vor Augen, die Mas kerade vor Wochen. Heimlich war sie ihm gefolgt, niemand erkannte sie in der Maske wieder Einsam lehnte sie an der Säule im Saal, in einem gewagten Phantasiekostüm und schaute gleichgültig dem Treiben zu. Dort, oer schwarze Domino, das mußte er sein, so ging nur einer. Bald war sie an seiner Seite, ein herausforderndes Blitzen in ihren Augen. Da hielt er sie auch schon in den Armen, Harry Zörken war für niemand mehr zu sprechen! Sekt, prickeln der Sekt — weiche einschmeichelnde Musik, sie tanzten, der Atem versagte ihnen fast. Verlangend wurde jein Blick, heiß brannte er sich in die Augen der Schönen fest, er hielt den Frauenkörper an sich gepreßt, wollte die Maske ent fernen, da wehrte sie ängstlich ab. Mit winzigen Lettern schrieb sie es dann auf einen Zettel „niemand darf mich sehen " Nun lachte der schwarze Domino hell auf, spitzbübisch verstehend nickte er ihr zu. „Aha." Heiß preßte er dann die Lippen auf den kühlen Arm, sprach von heißer Liebe, sie wollte ihm den Mund verschliefen, aber sein ganzes Temperament schien mir ihm durchgegangen! Da ließ sie die Küste still über sich ergehen. Eine Tanzpause, ein Vortrag im Saal, schnell nahm sie die Gelegenheit wahr und entschlüpfte, im nächsten Augen blick schon merkte er es! Ihr nach, auf der Treppe, fünf Stufen voraus, sie, da hielt er noch ihren Absatz, ein kur zer energischer Ruck, eine Tür fiel ins Schloß. „Sirene" — der Ruf verhallte im Treppenhaus ungshört, nur einen kleinen unscheinbaren Absatz hielt er wie eine Kostbarkeit in der Hand, drückte ihn fest ans Herz. „Warte, ich werd dich doch finden," lachend sprach er es vor sich hin und schritt dann in den Saal zurück. Di? Lust am Tanz war vorbei! Die Frühstücksstunde war schon längst heran, als Harry Zörken sein Heim betrat. Mit freundlich lachenden Augen empfing ihn Frau Caren. — — „War's nett, Schatz?" „Za, Laren, aber nun bin ich müde, so müoe." Sie nickte nur, sie wußte ja, ihm durfte man halt nichts übelnehmen, dem Sonnenmenschen. Leis strich sie ihm über das Haar. „Und hat mein Sünder wieder einmal all den Frauen den Kopf verdreht?" Da wurde er rot wie ein Schulbub. „Allen nicht, du Liebe, diesmal war es nur eine!" Er sah nicht das Zucken in dem Frauengesicht, war viel zu sehr mit sich selbst und seinem Erlebnis beschäftigt. Im Schreib tisch lag nachher, fein sorgsam in Seidenpapier, ein kleiner unscheinbarer Absatz. — Da aber lachte Frau Caren: „DZart', du böser Sünder, diesmal sollst du aber eine Lehre bekommen." Im Winkel, verborgen hinter dichten Blattpflanzen, spielte Klein-Ellen, des Hauses Töchterlein. Da plötzlich springt die kaum Dreijährige mit einem Jubelschrei her vor: „Pappa, Pappi, ein goldener Schuh" und dann be dauernd: „aber da fehlt ja der Absatz" — Hoch hielt sie den kleinen Invaliden, lachend gingen die Blicke der Gäste darüber hin. „So stürmisch, Frau Caren?" — Harry Zör- kcn suchte die Augen seiner Frau, darin ein eigenes Fra gen und Flimmern war. Da warf er stolz den Kopf in den Nacken, und mit dem ganzen jungenhaften Uebermut der ihm eigen, mit seinem sonnigen Lachen, um das sie ihn jo lieben gelernt, beichtete er von — seinem letzten Eeiten- sprung mit — seiner eigenen Frau! Da legte sie ihm still und ohne Rücksicht auf die Gäste die Arme sest um den Nacken „Und nun?" — „Nun," lachte er, „nun hab ich ja meine Sirene wiedergesunden, brauch nicht lange erst zu suchen!" Ein Lachen, ein Blitzen war in seinen Augen, so warm, so siegesfroh, daß Frau Caren schnell wieder versöhnt war. — Klein-Ellen aber hetmste mit strahlenden Kinderaugen den Finderlohn ein. der wahl los in Form von Süßigkeiten und Liebkosungen aus Len un schuldigen kleinen Vermittler niederging. Don oer Wahrhaftigkeit untereinander. Ob es heute noch geschieht, weiß man nicht' doch srühei war es einmal: da gab es eine Zeit, in der ein Vater »ei nem Zungen ins Leben hinaus unter anderen Leitworlen auch das mitgab: „Vor allem Eins, mein Kind, Sei treu und wahr . . " . . . Vergeßen ist längst das Vaterhaus — vergeßen das Daterwort. Der es sprach, liegt unter dem Rasen, und der es einlösen sollte, ging durch das Kunterbunt ver worrener Zeiten. Das Althergebrachte wurde Begriff, ver lor die scharfen Umrisse, die Konturen, und konnte nicht mehr als vorbildliche Gestalt dienen. Ein Popanz wurde daraus, eine Vogelscheuche, ein Kinderschreck. — Früher, da lieh man jemand sein „auf Treu und Glau ben". Heute sind beide Worte im Kurs gefallen, heute kriegt man nicht einen Pfifferling dafür: weil Treu und Glauben als Wille und als Pfeiler absoluter Verläßlich keit nicht mehr bestehen . . . Und in der Zweisamkeit? Lange laufen sie oft neben einander her, bis in das Herz des einen die Lüge einzieht, und er ein Doppelleben zu sührcn beginnt, indem er >ich nicht wohlfühlt. Er fürchtet die Stunde, den Tag, in der seine Lüge dem anderen bewußt wird, um dann, wenn er durch Beweise zum Geständnis gebracht werden soll, sich durch Grobheit und Rohheit den Rücken zu decken. — Zum Betrug fehlt es ihm nicht an Mut, aber zur Wahrheit. Warum kann man nicht wahr jein aus Herzensgute aus Scheu vor der niedrigen Stellung, die man vor sich selber einnimmt? — Denn im Innern ist doch eher alles andere als Ruhe. Warum kann man dem anderen nicht die Ach tung zollen, die zum Zusammenleben gehört und ihn durch die Wahrheit achten. Lvarum den anderen herabsetzcn, in dem man ihn für gut genug hält, mit Lem Vorlieb zu neh men, was man ihm sagen will? Warum die falsche Münze statt des reellen Wertes? Wie schnell wären oft häusliche Sorgen geglättet, wenn Wahrheit das Grundprinzip im Leben zweier Menschen wäre. — Und wenn man schon nicht aus dem GesLHI inne rer Sauberkeit heraus wahr sein kann, dann doch aus dem Gesetz der Klugheit, weil durch Lügen mit denen man um einander herumläuft, jener Zustand geschahen wird, ven man „auf dem Vulkan tanzen" nennt Einmal bricht voch im Krater des Schicksals ein Lügengewebe zusammen und die traurige Stunde für zwei Menschen schlügt: Der eine steht in einer niedren häßlichen, seelisch verkrüppelten Ge stalt da, in der er sich lange gereckt hat. um nur ja für treu und wahr gehalten zu werden, und der andere erleidet den bitteren Schmerz dessen, dem Treu und Glauben schamlos gestohlen wurden. Marie Fischer. »U»1N7 SkM