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Man soll nicht alle Katzen in einen Tops werfen Von Ernst von Wolzogen Obwohl die alten Aegypter auch schon hinter hren bösen Weibern drein geknirscht haben, alsche Katze du? — Schwerlich. Sonst wäre bei hnen die Katze kein heiliges Lier gewesen. In der Neuzeit aber, wenigstens im gesamten Abendlands, steht es ein für allemal fest, daß die Katze falsch und treulos von Gemüt, eine unver besserliche Diebin und des guten treuen Hundes Feindin sei. Nun es ist ja richtig, daß man in solchen Verallgemeinerungen und Typisierungen sich bei der Tierwelt weniger leicht blamiert als bei der Menschenwelt. Aber so gut der alte lie bende Schäfer in seiner Herde nicht nur lauter Schafsköpfe, sondern Echafsindividuen von unter scheidbarer Eigenart sieht, so gut kommt jeder aufmerksame Beobachter der Tierwelt leicht da hinter, daß auch in ihr die Eigen-, ja Einzigart des Tierindividuums keineswegs ausgeschlossen sei, wenn auch freilich der Typus, die Massen- pragung vorwiegt. Ich besitze einen Kater. Er lief mir als Kleinkind zu und bevorzugte mein Bett und meine Nackenbeuge als Schlafplatz, obwohl er einer anderen, im Nachbarhause wohnenden Familie angehörte. Als seine Herrschaft verzog, blieb er bei mir und wuchs sich im Laufe der Jahre zu einem stattlichen Kater aus. Von Menschenweibern mag er nichts wissen, aber Menschenmänner schützt er offenbar hoch. Findet ein neuer Gast in unsere Einsamkeit den Weg, so beäugt ihn Hannimann längere Zeit aufmerk sam von weitem. Erregt der Gast sein Wohl gefallen, so springt er ihn mit einem weiten Satze unversehens an, klettert an ihm hoch und schmiegt sich um seinen Nacken und küßt ihn mit Vorliebe hinter die Ohren — gerade so wie er es bei mir zu tun pflegt, so oft er zärtliche An wandlungen bekommt. Er gibt überhaupt seine ganze Lebenskraft in der Liebe aus. Ein Jäger ist er gar nicht. Mäuse lassen ihn gänzlich kalt. Das Treiben der Vögel beobachtet er zwar mit scharfem Blick, trachtet ihnen aber nicht nach dem Leben. Das einzige Wildbret, auf das er mir einigem Eifer aus ist, sind Blindschleichen. Er hält sich an die Gesellschaft von uns Menschen und macht durchaus bescheidene Ansprüche be züglich seiner Nahrung. Freilich hungert er lie ber, als daß er sich mit Schmeichelreden oder gar Drohungen katzenunwürdige Nahrungsmittel aufdrängen lässt. In seiner Jugend hat er auch nach Herzenslust gestohlen, zumal wenn rohes Fleisch ihn gar zu scharf in Versuchung führte. Mit der freundlichen Spitzhündin, die seit Jahren schon die zuverlässige Wächterin des Hauses ist, hatte er sehr bald Freundschaft ge schlossen. Alltäglich begrüßen sich die beiden, wenn sie sich des Morgens zuerst begegnen, mit wohlwollendem Schweifwedeln, und nicht selten streichelt ihn die Spitzin Lottchen mit ihrer brei ten Schlappzunge über den ganzen Kopf, wäh rend Hannimann ihr mit seinem feinen Rauh zünglein die Nase kost. Aus seiner Faulheit und Verschlafenheit wacht Hannimann aber nur zu den Zeiten auf, wenn die Kätzinnen sich nach Liebe sehnen. Dann bleibt er Nächte lang fort, singt seine schmelzenden Arien vor allen Kam mersenstern der weiten Umgebung, wo er kätzische Huldinnen weiß, und kehrt zuweuen arg zerzaust, blutrünstig oder gar mit geschwollenen Augen heim. Soweit normal katerhaft. Im letzvergangenen Lenz aber hatte er sein Herz an eine Hausgenossin gehängt, eine blaue Kätzin, die uns ebenfalls zulief, zwar wegen ihres proletenhaften Benehmens weniger beachtet, doch unmerhin zuweilen mit gefüttert wurde. Die kleine Neue war eine abgefeimte Kokette. Immer wieder forderte sie unseren würdigen Hannimann zu kindlichen Spielen heraus; sobald er aber zu täppisch wurde, fauchte sie ihn an und backpfeifte ihn rechts und links. Er ließ sich alles von ihr gefallen und schmachtete weiter wie Ritter Toggenburg. Das ging so lange, bis es sich nicht mehr verheimlichen ließ, daß die Blaue guter Hoffnung war. Ihre Niederkunft brachte es auch an den Tag, daß nicht der treue Hanni mann der Vater ihrer vier Kindlein war, sondern vielmehr ein pechschwarzer Kavalier aus der Nachbarschaft. — Nun hatte sich sonderbarer weise die Blaue zur Wochenstube die Hundehütte erwählt, ohne daß das unsagbar gutmütige Lottchen etwas dagegen cinzuwcnden gehabt hätte. Unter so bewandten Umständen wäre es nicht nur kützisch, sondern sogar menschlich zu be greifen gewesen, wenn der schmählich Hinter gangene Liebhaber Hannimann zur Strafe die vier Kinder aufgesrcssen, mindestens aber der Blauen gründlichste Verachtung bezeugt Hütte. Was aber tat Hannimann? — Er verzieh nicht nur großmütig der Erzkokette — nein, er bezog fortan gleichfalls die Hundehütte als Nacht quartier, und als man, um der Uebervölkerungs- gefahr zu steuern, drei Kätzlein ersäuft hatte, fühlte er sich berufen, die junge Mutter in ihrem großen Schmerze selbstlos zu trösten. So lagen die Verhältnisse, als auch für Lott chen, die Spitzin, der Liebeslenz erblühte. Von allen Höfen aus der Nachbarschaft und aus der ferneren Umgebung fanden sich die verschiedenste» Hundegebilde ein. Don Juans von Nasse und Haltung waren nicht darunter, lauter Tfchan- dalavolk, Mulatten, Mestizen, Kreolen und Quadronen: Spitzpudeldackel, Schnauzmoppel boxer und Pinschwachtelterrier. Lottchen war ein überreifes spätes Mädchen geworden, bevor sie zum erstenmate dem Ungestüm eines hart näckigen Bewerbers erlag. Zweimal war sie Mutter geworden, aber immer noch war der Stolz der besseren Nasse und das Keuschheits gelübde ihrer Jungmädchcntagc in ihrem Busen soweit lebendig, daß sie den Anbeterschwarm un gerührt bellen und jaulen ließ. Die abendlichen Konzerte der hündischen Troubadoure verscheuch ten uns menschlichen Hausbewohnern oft bis nach Mitternacht den Schlaf. Den Vorheuler, einen dicken Schwarzen von hottentottischer Häßlich keit, hatten wir Jeremias Jammermeier getauft, Generalmusikdirektor des Männergesangvereins „Bellkanto". In einer Vollmondnacht waren wir auf den Altan hinausgetreten, um durch Schelten und Schleudern harter aber wertloser Gegenstände die schlasmörderische Meute zu vertreiben. Die Herrschaften zogen sich auch wirklich gleich zurück, wohl nur um in einiger Entfernung unser Ver schwinden abzuwarten. — Da aber geschah etwas ganz Seltsames: unter einem Busch hervor, wo sie sich bislang verborgen gehalten haben mochte, tauchte eine uns wohlbekannte Erscheinung auf. Ein Hundegreislein aus der Nachbarschaft, der Sage nach 15 Jahre alt, zahnlos, mit schütterer Behaarung, aber noch äußerst beweglich auf seinen lächerlich dünnen Beinchen. Das ganze Hundevieh, wie es war, ließ sich bequem in die Rocktasche stecken. Und aus dem Behang, der ihm von der Stirne über das winzige Gesichtchen fiel, zeichneten sich im Vollmondscheine nur zwei schwarze Punkte ab, wie die Kohlenbröckchen, die man einem Schneemann als Augen einsetzt. Dieses Hundegreislein — das Wuisele hatten wir es benamst — näherte sich nach Abzug seiner großen starken Nebenbuhler vorsichtig der Hunde hütte Fräulein Lottchens. Da — gänzlich unver sehens — sprang aus einem Versteck, wo er sich so lange vor der gefährlichen Hundsheit verbor gen gehalten haben mochte, in zwei großen Sätzen unser Kater Hannimann auf den greisen Ver führer los und hieb ihm seine Tatzen so kräftig um beide Ohren, daß das Wuisele laut aufwin selnd kehrt machte und, so rasch es seine vier Streichhölzchen tragen konnten, davonlief. Also warf sich ein Kater zur Verteidigung hündischer Mädchenehre auf! Ja, ja, man soll nicht alle Katzen in einen Topf werfen! Zwei russische Anekdoten Nach alten Quellen bearbeitet von Hans Lichtenberg Der Graf Tzcruischef war von Alexander (Kaiser von Rußland) mit dem Auftrage nach Frankreich gesandt worden, so viel als möglich von dem Operationsplan Napoleons — bei dessen Einfall in Rußland — zu erforschen. Es glückte Tzcrnischef auch; er fand Verräter in dem Kricgsministerium. Der Graf reiste nach Ruß land zurück. Als der Verrat an den Tag kam, war es zu spät, um den Grafen noch einzuholen. Bei dem siegreichen Einzug Alexanders in Paris wurde er von einem Mann uni eine Anstellung gebeten, mtt dem Hinweis, daß er dem Grasen Tzernischef wichtige Dienste geleistet habe. Ter Kaiser antwortete: „Ich bezahle die Spione und Verräter — Dank bin ich ihnen nicht schuldig!" Bei seinen Jnkognitoausflügen in Peters burg bediente sich Kaiser Alexander von Rußland oft einfacher Mietskutschen. Eines Tages nun ließ er sich von einem Lohnkutscher nach dem kaiserlichen Schloß fahren, wo er ausstieg und den Fuhrmann bat, er möge einen Augenblick warten, er würde ihm den Fahrlohn sofort heraussenden. „Nichts, nichts", antwortete der Kutscher, „den Trick kenne ich schon. Ich habe viele große Herren hierher gefahren und sie nie wieder gesehen. Suchen Sie nur in ihren Taschen nach, vielleicht haben Sie noch soviel Geld drin nen, wie ich bekomme." — „Ich habe wirklich kein Geld bei mir", entgegnete der Kaiser, „aber warte, da ist mein Mantel, behalte den unter dessen zum Pfände." — „Da bin ich eher zufrie den", antwortete der Kutscher, „er scheint noch neu zu sein; den Mantel werden Eie ganz gewiß nicht in Stich lassen." — Der Kaiser lachte herz lich und ging ins Schloß. Nach einigen Minuten kam ein Kammerdiener und verlangte vom Kutscher „den Mantel des Kaisers"; gleichzeitig übergab er ihm hundert Rubel. Der Kutscher entschuldigte sich vielmals, daß er den Kaiser für einen Betrüger gehalten habe. Soeben erschien: Raabe-Lexikon von Heinrich Spiero, in Leinen gebunden 5,75 Mark. Verlagsan stalt Hermann Klemm, Berlin-Grunewald. Dieses Werk ist wohl als die bedeutendste Arbeit auf dem Gebiet der Wilhelm-Raabe-Forschung anzusehen und wurde von H. Spiero wundervoll gelöst. Kein Raabc- leser dürfte an diesem Buche vorübcrgchcn, weil es eine Ergänzung zum Gesamtwert des Dichters be deutet. Es gewährt uns einen Einblick in das un geheure Wissen des Dichters, das er sich im Laufe seiner achtzig Lebensjahre ungeeignet und in seine Bücher übertragen hat. Wir wissen, das Wilhelm Raabe der Deutscheste der deutschen Dichter ist, der in seinem Erstlingswerk „Die Chronik der Sper- lingsgassc" schrieb: „Vergesse ich Dein, Deutschland, grobes Vaterland: so werde meiner Rechten verges sen! — „Der Spruch in aller Herzen, und das Vater land ist ewig". Raabe lebte in einer Zeit, da man gern griechische, lateinische und französische Zitate an- fllhrte, und dies ist direkt kennzeichnend für die da malige Dichtergeneration: Gottfried Keller, C. Fer dinand Meyer. Dem modernen Leser erscheint dies oft störend, weil ihm fremde Zitate, Namen, ge schichtliche Daten usw. ungelöst bleiben. Das Leri- lon enthält nun alle religiösen, geschichtlichen, philo sophischen, mythologischen, erdkundlichen, juristischen und naturwissenschaftlichen, bei Raabe vorkommen- dcn Ramen und Hauptbcgriffc. So dürfte dies Buch in keiner Bibliothek, in der man Raabe führt, fehlen, und jedem Raabelefcr ist es ein unentbehrliches Werk. Der Einband des Lexikons ist geschmackvoll ausgcführt ,dah man cs der Gesamtausgabe des Dichters anrcihcn kann. A. Bö. AHtAMk Achtsugk Hausfrsuen von Hohenstein-Ernstthal und Umg. Eine Ladung Prirna rote melstreiche Speise - Kartoffeln zum EinkeUern A WM 1 Wöll. «M 4.75 Marl frei Haus Reichs!, Gartenstr. 8 Fernsprecher 530. ü Kauft direkt 8 »M sec Mil! — Sie Weil Gel»! Sprechapparate Marke „Mofimaphon. Violinen von der einfachste» bis zur feinsten Küiistleraus fübrunq, Etuis, Boge», prima Saiten u s- m. Gitarren, Lunten, Mandolinen, Eellos, Holz- und Blechblasinstrumcnte. Fabriklaqer nur Mittelstrastc 2, Nähe Ncnmarkt VN! 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