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Helmweh. O müßt' ich doch den Weg zurück, Den lieben Weg zum Kinderland! O warum sucht' ich nach dem Glück Und ließ der Mutter Hand? O wie- mich sehnet auszuruhn. Von keinem Streben aufgeweckt, Die müden Augen zuzutun, Von Liebe sanft bedeckt! Und nichts zu forschen, nichts zu spähn, Und nur zu träumen leicht und lind, Der Zeiten Wandel nicht zu sehn, Zum zweitenmal ein Kind! O zeigt mir doch den Weg zurück, Den lieben Weg zum Kinderland! Vergebens such' ich nach dem Glück — Ringsum ist öder Strand! Klaus Groth. Oer Unterschied. Skizze von W. Berger. (Nachdruck verboten.) Der stellvertretende Bataillonsführer, Hauptmann der Landwehr Raschke, hatte sich den Landsturmmann Löffler auf das Geschäftszimmer bestellt, und als. wie besohlen, der etwa vierzig Jahre alte Mann eintrat, fuhr er ihn in grollendem Tone an: „Sie haben in Umgehung des Dienstweges sich direkt an das stellvertretende Generalkommando gewandt und um Versetzung in ein Landsturmbataillon gebeten Abgesehen davon, daß dieses strafbar und unmilitärisch ist, konnten Cie doch im Ernst nicht verlangen, daß Ihr Gesuch von mir befürwortet wurde. Sie hätten zum mindesten den Dienstweg, den Ihr Feldwebel Ihnen gezeigt hätte, ein schlagen müssen. Ihr Gesuch ist daher abgelehnt, und mir wird nichts weiter übrig bleiben, als Sie mit dem nächsten Transport in das Kampfgebiet zu senden. Ich denke, das ist Ihnen lieber, als wenn ich Sie fetzt drei Tage ein sperre." Löffler hatte, als er am Tage zuvor den Befehl erhalten, sich auf dem Geschäftszimmer des Bataillons zu melden, bereits gedacht, daß ihn nichts Angenehmes dort erwarten würde. Der Feldwebel lachte, als er sich zurückmeldete, und meinte: „Na, Löffler, im Felde, da ist der Mann noch was wert. Dem nächsten Transport werden Sie sich wohl an- zuschließen haben." Und so kam es auch. Acht Wochen später rang der Landsturmmann Löffler am Hartmannsweilerkopf mit dem zähen französischen Gegner. Er stand, wehrte sich und focht, bis er mit dem abge kämpften Heer in langen, ermüdenden Märschen in seine Heimatstadt zuriickkehrte: die Brust mit Ehrenzeichen ge schmückt, doch traurig, mut- und hoffnungslos Er ging in fein verlassenes Büro, schritt wehmütig durch die leeren Räume, betrat sein Privatkontor und ließ sich hier schwer in seinen Arbeitssessel fallen. Den Kopf in die linke Hand gestützt, schrieb er mit dem Zeigefinger der auf der Tischplatte ruhenden, nervös zuckenden Rechten das Wort „Arbeit" in die dicke Staubschicht des Tisches hinein. Auch die Fabrikräume waren ausgestorben. Vier Jahre lang war kein Löffler-Motor mehr hergestellt worden, und in den vier Jahren war er von anderen Motorenfabriken weit überflügelt worden. „Dem leichten Motor gehört die Zukunft," sagte er zu sich, „ich muß weiter kämpfen, wenn ich wieder hoch kommen will." Und so schaffte und arbeitet« er rastlos, bis er endlich die Verbesserungen an dem Fabrikat vorgenommen hatte. Während der Exldentwertung kaufte er io viel Roh material, wie möglich, und ließ Motors Herstellen. Da er im Verkauf sehr zaghaft, so hatte er, als die feste Währung eingeiührt war, ein recht ansehnliches Lager Fertigware. Die Nachfrage nach leichten Motoren wurde immer größer: ne ging mit der schnellen Entwicklung der Auto mobil- und Flugzeugindustrie Hand in Hand. Löfflers Unternehmen nahm einen gewaltigen Aufschwung. 3 Schon längst waren seine Büro- und Fabrikakionsräume mit arbeitenden und produktiv schaffenden Menschen an- gefüllt. Da er sich fast ausschließlich der Herstellung der Motors widmete, so fehlte ihm eine beaufsichtigende Person in der kaufmännischen Abteilung. Er schrieb Len Posten in einer der größten Tageszeitungen aus. Unter den Hunderten von Bewerbern fand er auch ein Schreiben eines Ernst Raschke. Löffler erinnerte sich seines ehemaligen Bataillonsführers: er beschloß, den Herrn zu sich zu bitten, auch wollte er gern feststellen, ob seine Ver mutung zutraf. Drei Tage später wurde Ernst Naschke bei ihm gemeldet. Als er den Herrn in sein Privatkontor eintreten sah, wußte er, daß es sein früherer Vorgesetzter war, der sich bei ihm um .'ne Stellung oewarb. „Bitte, nehmen Sie Platz," sagte er freundlich. .Herr Raschke," fuhr er in höflichem Tone fort, „Sie bewerben sich bei mir um einen Posten, dem Sie nicht ge wachsen sind. Ich benötige einen kaufmännisch gebildeten Herrn; Sie aber waren früher Offizier und zuletzt Bank beamter. Ihr Bewerbungsschreiben ist ebenso unkaufmän- nisch, wie mein Gesuch seinerzeit unmilitärisch war. Sie haben mich wegen dieses Fehlers an die Kampffront ge sandt. Ich hingegen weise Sie nicht von meiner Tür, und wenn ich Ihnen auch den ausgeschriebenen Posten nicht an bieten kann, so werde i^- doch dafür Sorge tragen, daß Sie bei mir Ihr Auskommen finden." Löffler stand auf, reichte seinem ehemaligen Vataillons- führer die Hand und sagte in feierlichem Tone: „Das möchte ich Ihnen noch an Las Herz legen, Herr Raschke. Wir alle, ob Kaufmann. Beamter oder Offizier, ob Handwerker, Arbeiter, Ingenieur, Techniker oder Groß industrieller, haben die heilige Pflicht, an dem Aufbau unseres geliebten deutschen Vaterlandes mitzuhelfen und — darin gibt es keinen Unterschied." Tugend ist eine Fertigkeit, die Harmonie der Welt zu befördern. Sie ist kein leerer Name, sic macht uns allein glücklich, denn sie ist allen Ausschweifungen ent gegengesetzt. Eine Moral, die in aller Munde ist, die aber leider wenig gefühlt wird. Ein Tugendhafter kann durch nichts erschüttert werden; alles, was außer ihm ist, hat keine Macht über ihn. Will das Glück, dag er herrschen soll, wird er sich dieses Zufalls bedienen, wie er muh; soll er dienen, wird er gleich groh, und beim Hirtenstabe eben so glücklich, wie beim Zepter sein. Nur Bösewichte sind unglücklich; nur die verzweifeln bei wichtigen Zufällen des Lebens. F. E. von Kleist. > Wenn -ke Staatsmänner inkognito reisen. Folgend« lustige Geschichte über den Präsidenten der Vereinigten Staaten, Coolidge, wurde in Neuyork erzählt. Einst unternahm Präsident Coolidge im verschwiegensten Inkognito eine Erholungsreise nach Florida. Er war voll kommen überzeugt davon, daß kein Mensch außer seiner Familie eine Ahnung davon hatte, daß er unter dem schlich ten Namen Mister Mellon in einem nicht gerade erstran gigen Hotel in Florida wohnte. Zufällig wohnte in. diesem Hotel auch ein amerikanischer Oberst namens Lorty, mit dem der Präsident häufig bei Tisch zusammenkam und auch kleinere Spaziergänge unternahm. Allmählich biederten sich beide immer mehr freundschaftlich an, und eines Tages sagte Mister Mellon alias Präsident Coolidge zu dem Oberst: „Können Sie schweigen und ein Geheimnis bei sich be halten?" „Auf Ehrenwort," antwortete der Oberst. „Ich bin der erste amerikanische Präsident, der je inko gnito gereist ist, ohne eine Anzahl Detektive auf den Fersen zu haben." Der Oberst verzog keine Miene der Ueberraschung, son dern fragte nur in dem gleichen Ton: „Können Sie auch schw«igen und ein Geheimnis bei sich bewahren?" „Natürlich." „Ich bin von der Regierung beauftragt, Ihre Person zu überwachen, und das Hotel steht unter Bewachung von zwanzig Detektiven." Zwei Stunden später reiste der Präsident verärgert ab, aber Coolidge und Oberst Lorty blieben Freunde. cius dem Kö Dolles. Dem