Volltext Seite (XML)
WMßtiiMlW NM un-AnMer Hohenstein-Ernstthaler Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten Druck und Verlag von Dr. Alban Frisch. Rr. 149 Mittwoch, den 29. Juni 1927 Erschein! jeden Wochentag nachmittag-. — Fernspr. dir. 11. Postscheckkonto Leipzig 2S484. — Gemeindegtrokont« 14. — Bankkonten: Commerz- und Privat »Bank Zweigstelle Hohen stein-Ernstthal — Darmstädter und Nationalbank Zweig niederlassung Hohenstein-Ernstthal. — Unverlangt «ingejandt« Manuskript« werden nicht zurückgeschickt. — Einsendungen ohne Namensnennung finden kein, Ausnahme Dieses Blatt ist da» zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen de» Amtsgericht», de» Finanzamt» und de» Etadtrats zu Hohenstein - Ernstthal, sowie der Behörden der umliegenden Ortschaften behördlicherseits bestimmte Blatt. Generalanzeiger für Hohenstein-Ernstthal mit Hüttengrund, Oberlungwitz, Gersdorf. Hermsdorf, Bernsdorf, RüSdorf, Langenberg, Meinsdorf, Falken, Langenchursdorf, Reichen- hach, Callenberg, Grumbach, Dirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Pleißa und Rüßdorf. Bet Klagen, Konkursen, vergleichen usw wird der Brutto betrag i» Rechnung gestellt Im Falle höherer Sewall — Krieg oder ionsttger irgend welcher Störung de» Betriebe ner Zeitung, der Lieseranten oder der Besörderung-etnrtch- mngen — hat »ei Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung »der Rachlieserung der Zeitung »der aus Rückzahlung d» Bezug-Preise». 77. gahrg. Der Preis der «inivalttaen Anretscnzetle drlriiat lki, der Reklamezeile 4b Goldvienniae. ftür den Nachwei» werde» lb Goldvlennlge berechnet. Deutsche Vermittlung im Balkanlonflitt? von unlerem Berliner Vertreter Berlin, 29. Juni Die Beilegung des Konfiktes zwischen Süd- flawien und Albanien hat eine neue Verzögerung erfahren. Die Spannung zwischen Belgrad und Tirana ist bekanntlich auf die Ver haftung eines ehemaligen südslawischen Drago- mans und gleichzeitigen albanischen Staatsange- gehörigen durch die albanische Negierung wegen Spionage zurückzusühren. Eine Haussuchung jn der Wohnung des Verhafteten hat zur Beschlag nahme von Dokumenten geführt, die jetzt de chiffriert worden sind und unwiderlegbare Be weise für die Anschuldigung der Regierung von Tirana geben sollen. Der mit der Vertretung des südslawischen Gesandten in Tirana beauf tragte Geschäftsträger hatte nun die Ungeschick lichkeit gemacht, der albanischen Regierung eine äußerst scharfe Note zu überreichen, in der die Freilassung Les Verhafteten verlangt wurde. Es war von vornherein klar, daß die albanische Ne gierung aus Prestigegründen nicht nachgeben konnte, denn der scharfe Ton der Note des süd slawischen Geschäftsträgers war durchaus unge rechtfertigt. Die Angelegenheit wurde darauf hin auf der jüngsten Tagung des Völkerbundes zu einer Aussprache zwischen Chamberlain, Bri and und Scialoja gemacht und die Regierungen in Haris und London erklärten sich zu einer Ver mittlungsaktion in Belgrad und Tirana bereit. Dieser Schritt ist dieser Tage in beiden Haupt städten erfolgt und nach den, von den dortigen Regierungen abgegebenen Erklärungen mußte man die Hoffnung hegen, daß sich ein Arrange ment einer Einigung finden lassen würde. Gro ßes Befremden muß jetzt die Erklärung der Re gierung von Tirana auslösen, daß die Ge richtsbehörden bereits ein ordentliches Gerichts verfahren gegen den verhafteten südslawischen Dolmetscher eingeleitet hätten und dieses Ver fahren zu unterbrechen, rechtlich keine Handhabe vorläge. Das Verfahren wird nunmehr seinen Lauf nehmen und es ist mit der Verurteilung des Beschuldigten zum Tode zu rechnen. Jn den po litischen Kreisen glaubt man aber nicht, daß die ses Urteil vollstreckt werden wird, denn eine kri tische Verschärfung der gespannten Beziehungen zwischen Südflawien und Albanien wäre die un ausbleibliche Folge. Wie in diplomatischen Krei sen verlautet, ist der südslawische Außenminister jetzt an den deutschen Gesandten in Belgrad herangetreten, um zu sondieren, ob die Berliner Regierung unter Umständen geneigt wäre, durch ihren Gesandten in Tirana bei der albanischen Regierung vermittelnd einzugreifen. Für diesen Wunsch des Belgrader Kabinetts scheint aus schlaggebend die Tatsache zu sein, daß Deutsch land die einzige Großmacht ist, die dem südslawi schen Konflikt durchaus neutral gegenübersteht. Es sei daran erinnert, daß nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Belgrad und Tirana die südslawische Regierung das Ber liner Kabinett schon einmal angegangen hatte, und zwar sollte damals der deutsche Gesandte in Tirana die diplomatische Vertretung Südsla- wiens solange übernehmen, bis der Zwischenfall zwischen Belgrad und Tirana beigelegt sei. Aus naheliegenden Gründen konnte das Auswärtige Amt seine Zustimmung hierzu nur bedingt ge ben, das heißt, eine llebernahme des Schutzes der südslawischen Gesandtschaft und Interessen des südslawischen Staates für längere Zeit konnte Deutschland aus außenpolitischen Gründen nicht genehm sein. Wenn man jetzt in Belgrad glaubt, die freundschaftlichen Beziehungen zu Deutschland dahingehend auswenen zu können, indem die Neichsregierung im Valkankonflikt »ermittelnd eingreift, so kann auch ein derarti ger Wunsch des Belgrader Kabinetts nicht im Interesse der außenpolitischen Lag« liegen, Wie man hört, ist diese Auffassung von dem deutschen Gesandten in Belgrad den dorti gen Regierungsstellen unzweideutig dargelegt worden. Dr. Posses neue Instruktionen Eigene Drabtm«Iduna Berlin, 29. Juni Nachdem am Montag und Dienstag im Reichswirtschaftsministerium und im Auswärti gen Amt mit dem eigens zu diesem Zweck nach Berlin gekommenen Leiter der deutschen Wirt- schaftsdelegation in Paris, Dr. Posse, Aus sprachen stattgefunden haben, hat er am Dienstag abend wieder die Rückreise nach Paris angetreten. Es bestätigt sich, daß Dr. Posse neue Vorschläge von französischer Seite in Berlin unterbreitet hat, die aber im allgemei nen nur auf eine Verlängerung des provisori schen Handelsvertrages hinauslaufen. Jn unter richteten Kreisen erklärt man, daß die Reichs regierung nach wie vor die Verlängerung eines provisorischen Handelsabkommens, das sich auf einzelne Zolltarife beschränkt, ablehnen müsse. Eine Einigung mit Frankreich Hber..»in-Han delsabkommen und über die Beseitigung besam 1. Juli drohenden vertragslosen Zustendes kann nur dann zustande kommen, wenn in Paris Ge neigtheit besteht, Deutschland in vollem Um fange den Minimaltarif des französischen Zoll tarifs zuzubilligen, wofür Deutschland dann Frankreich die Meistbegünstigung geben könnte. Mit einem derartigen Gegenvorschlag versehen, hat Dr. Posse die Rückreise nach Paris angctre- ten und man nimmt an, daß bis zum 30. Juni auf alle Fälle darüber Klarheit bestehen wird, ob dann ein vcrtragsloser wirtschaftspolitischer Zustand zwischen Deutschland und Frankreich eintritt. Wenn in einigen Kreisen der Gedanke propagiert wird, daß die Reichsregierung sich mit oer Verlängerung des Handelsprovisoriums auch dann einverstanden erklären würde, wenn eini gen bestimmten deutschen Industriezweigen ge wisse Vergünstigungen seitens der französischen Regierung eingeräumt werden, so ist diese Be hauptung durchaus unzutreffend. Wie wtr hören, soll noch am Mittwoch abend die entschei dende Aussprache zwischen D:. Poffe und dem französischen Handelsminister Bokanowski bezw. dem Leiter der französischen Wirtschaftsdelega- tion, Serruys, stattfinden. VeuisOee Reichst«« Verlängerung des Mieterschutzgesetzes zunächst bis 31. Dezember 1927 Berlin, 28. Juni Präsident Loebe eröffnet die heutige Reichstagssitzung um 16 Uhr. Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung eines Gesetzentwurfes zur Verlänge rung der Geltungsdauer des Mieterschutz gesetzes und des Reichsmietengesetzes. Nach der Vorlage sollen diese Gesetze, die am 30. Juni d. I. ablaufen, bis zum 31. Juli 1927 verlängert werden. Verbunden mit dieser Beratung werden die ersten Lesungen der von der Neichsregierung ein gebrachten Gesetzentwürfe zur Aenderung des be stehenden Reichsmietengesetzes und zur Aende rung des Mieterschutzgesetzes. Diese Vorlagen sind bereits vom Neichsrat angenommen, haben aber dort einige Aonderungen erfahren. Nbg. Graf von Westarp (Dtnl.) bean tragt, im Verlängerungsgesetz den 31. Jul: zu ersetzen durch den 31. Dezember 1927. Äbg. Li pinsky (Soz.) fordert eine Ver längerung des Gesetzes nicht nur auf sechs Mo nate, sondern auf zwei Jahre, um Gelegenheit zur Schaffung eines sozialen Mietrcchts zu geben. Reichsjustizminister Hergt wendet sich ge ¬ gen Vorwürfe des sozialdemokratischen Redners. Wenn die Regierung ihre Vorlage so spät ein gebracht habe, so sei das daraus zu erklären, daß erst die Wirkungen der letzten Novell« ermittelt werden mußten. Die Länder haben erst in den letzten Monaten ihre Berichte darüber einsenden können. Eine Pression auf den Reichstag sei nicht beabsichtigt gewesen. Es gehe schon daraus hervor, daß die Negierung gleichzeitig die Ver längerung der bestehenden Gesetze vorgeschlagen hat. Jn ihren Vorlagen habe die Regierung garnicht an den Rechtsgrundlagen der bestehen den Gesetze gerührt und sachliche Aenderungen kaum vorgenommen. Für die Mieter seien in don Novellen sehr wesentliche Verbesserungen ent halten. Die Reichsregierung habe lediglich die Grundgedanken der vorjährigen Novelle fortge setzt. Das gesunde Prinzip der Mietergesetzge- bung sei der Uebergang zu normalen Verhältnis sen und zur Freizügigkeit im Wohnungswesen. Die Interessen der Mieter und Vermieter seien dabei sorgsam gegeneinander abgewogen wor den. Dem Antrag der Regierungsparteien auf Verlängerung bis zum 31. Dezember 1927 stimme die Regierung zu. Abg. Höllein (Komm.) sieht in den Ge setzentwürfen zur Aenderung des Mieterschutzes eine Verschlechterung der Lage der Mieter. Sie seien ein Wechselbalg, den man ablehnen müsse. Abg. Bartsch (Dem.) fordert ein sorgsame Abwägung der Interessen der Vermieter und Mieter. Abg. v. Ramin (Völk.) betont, das Mieter schutzgesetz trage seinen Namen zu Unrecht, denn in dieser Zeit der Wohnungsnot sei von einem Mieterschutz wenig zu spüren. Abg. Dr. Jorissen (W. Vgg.) bedauert, daß die Regierung ihre Aenderung der Ver längerungsgesetze erst immer ein paar Tage vor Ablauf der geltenden Bestimmungen einbringe. Das sei eine Rücksichtslosigkeit gegen den Reichs tag. Die Novellen zum Mieterschutz- und zum Reichsmietengesetz werden dem Wohnungsaus schuß überwiesen. Nach Ablehnung der weitergehenden Anträge wird dann die Verlängerung der Geltungsdauer des Mieterschutzgesetzes und des Reichsmietenge setzes bis zum 31. Dezember 1927 in zweiter und dritter Lesung angenommen. Der sozialdemokratische Antrag über Zoll- ändcrungcn wird dem Ausschuß überwiesen. Das Naus vertagt sich auf Donncstag 14 Uhr. Um die Verzinsung aufgewcrtetrr Hypotheken Berlin, 28. Juni Der Nechtsausschuß des Reichstages beendete am Dienstag die zweite Lesung des Gesetzent wurfes über die Verzinsung aufgewer teter Hypotheken und ihre Umwandlung in Grundschulden. Jn einer Entschließung wird die Neichsregie rung ersucht, bei den Lündcrregierungen dahin zu wirken, daß in den Fällen, in denen der ge mäß Artikel 77 der Durchführungsverordnung zum Aufwertungsgesetz den Hypotheken-Banken zustehende Verwaltungskostenbeitrag außer Ver hältnis zu den tatsächlich erwachsenden Verwal tungskosten st-cht, im Interesse der Erzielung einer höheren Aufwertungsquote zugunsten der Pfandbriefgläubiger dadurch ein Ausgleich ge schaffen wird, daß den Hypothekenbanken unbe schadet des Artikels 76 die Leistung eines ent sprechend hohen Betrages zu der Teilungsmass« auferlegt wird. Angenommen wurde ferner eine sozialdemo kratische Entschließung, in der die Reichsregie rung ersucht wird, bei den Ländern dahin zu wirken, daß 1. auch die S p a r k a s s e n, die ohne Gewährung eines Beitrages aus ihrem Vermö gen oder seitens des Garanten den Mindestsatz von 12,5 Prozent erreichen, wenigstens einen Teil ihrer in den Jahren 1924/25/26 erzielten Reinerträge zur Stärkung der Teilungsmasse verwenden und daß 2. in den Fällen, in denen die völlige oder teilweise Abhebung von Spar kassenguthaben in Papiermark erhebliche Här ten zur Folge hat, die Sparkassen durch freiwil lige Leistungen einen Ausgleich schaffen. Schließlich wurde noch ein demokratischer An trag angenommen, worin die Reichsregierung ersucht wird, dem Reichstag spätestens bis zum Oktober dieses Jahres erneut eine Denkschrift vorzulegen, aus der die zu erwartenden finanzi ellen Ergebnisse eines Steuergesetzes hervorgehen, das den seit der Veranlagung zum Wehrbeitrag entstandenen Vermögenszuwachs (Infla - tio n s g e w i n n) erfassen soll. Deutsch-englische Industrie-Verhandlungen Berlin, 28. Juni Am kommenden Montag und Dienstag er folgt in Berlin beim Reichsverband der Deutschen Industrie der Gegenbesuch der Federation of British Indu st ry. E» handelt sich um ähnliche Beratungen, wie st« kürzlich auch in Wien zwischen dem Reichsver band der Deutschen Industrie und dem Haupt verband der Industrie Oesterreichs stattgefunden haben. Verschärfte britisch« Kohlenkonkurrenz Eta«»« Dr»dtm«tö«»a t Berlin, 29. Juni Der Verband der britischen Grubenbesitzer hat soeben eine'K u n d g e b u n g veröffentlicht, in der es heißt, daß die Nationen, di« infolge des Grubenarbeiterausstandes in England einen zeitweiligen Vorteil errungen hätten, aber auf die Dauer der englischen Kohle weder hinsichtlich des Preises noch der Beschaffenheit das Feld streitig machen könnten, gezwungen werden wür den, den Engländern ihre alten Märkte wieder auszuliefern. Jn maßgebenden deutschen Jndu- striekreisen schließt man aus dieser Erklärung, daß auf dem internationalen Weltmarkt jetzt wieder ein verschärfter Konkurrenzkampf hin sichtlich des Kohlcnabsatzes einsetzen wird. Man hat in der jüngsten Zeit die Feststellung machen können, daß der britische Kohlenbergbau aus dem Weltmarkt mit allem Nachdruck auf eine Unter bietung der Preise hinwirkt. Aus der Spur Daudets? Berlin, 28. Juni Die Straßburger Blätter melden aus Paris, daß die Verfolgung LeonDaudetsum Mit ternacht eine überraschende Wendung erfahren habe. Die Wiederverhaftung Daudets sei an geblich bald zu erwarten und hänge nur noch von Formalitäten ab. Ob das zutrisft, weiß aller dings kein Mensch. Der Kommunist Semard hat der Gefüng- nisdirektion mitgeteilt, daß er am kommenden Montag seine Strafe wieder antrete. Seine Be gnadigung am 14. Juli, dem Nationalfeiertag, wird von „Echo" und „Matin" als selbstver ständlich angesehen. Vee Lerere in Aukland Neue Massenvcrhaftungen Riga, 28. Juni Nach Meldungen aus Moskau wird der O r « l o w - A t t e n t ä t e r, der zunächst als geisti»' minderwertig hingestellt wurde, von der dis Untersuchung führenden politischen Polizei alH durchaus normal bezeichnet. Wie weiter bekanM wird, stammt der Attentäter, der BenckendoM heißt, aus einer alten russischen AdelsfamilW Einer seiner Vorfahren war russischer Bot'chaÄ ter in London, ein anderer Chef der GeheiM kanzlei des Zaren Nikolaus I. BenckendoM