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":o jusönE sujsg suoKA ! asi) öuvömr; us^ ^nv -s-M Das höchste Gebot. Von Joh. von Kunowski. (Nachdruck vetboten.) Vater Hübner, wie man ringsum den alten Bahn wärter Martin Hübner nannte, ging wohlgemut von der kleinen Station durch frischgrüncn Wald seinem Häuschen zu, das er nun schon seit langen Jahren bewohnte und in dem er den Bahnübergang betreute, der gerade vor seiner Tür über die Gleise führte. Recht rüstig noch für seine Jahre schritt Vater Hübner voran. Sorglich in der Innentasche seines Uniformrockes trug er sein Gehalt, das er eben auf der Station erhoben hatte. Da konnte er wieder ein schönes Teilchen zu dem anderen Ersparten tief zu untcrst in die Kommode legen, das eines Tages Lisbeth, die Enkelin, wohl nicht schlecht überraschen würde, wenn man ihr davon die Kunde brachte! Das Gärtchen trug ja fleißig und auch die Hühner taten ihre Pflicht, da tonnte denn ein alter Mann, der keine Ansprüche mehr an das Leben stellte, schon etwas ersparen — zu freundlichem Schmunzeln verzogen sich bei diesem Gedanken all die Runzeln und Falten im wettergebräunten Gesicht des Alten. Und da sah er denn auch schon sein Häuschen liegen, kaum, daß er aus dem Walde hervorgetreten war. Un willkürlich beschleunigte er seine Schritte, denn dies Heim und das Gärtchen, das war sein ein und alles, und er trauerte um jede Stunde, an der er nicht in ihnen sein konnte. Doch, was war das? Wie erstarrt blieb Vater Hübner auf der Schwelle der Tür stehen, die ebenerdig sogleich den Eintritt zu dem Stübchen bot. Vor der Kommode kniete ein zerlumpter Mann, achtlos beiseite geworfen lagen zerstreut auf der Erde Wäsche und Strümpfe des alten Mannes, die er mit soviel fleißiger Mühe an langen Winterabenden selbst gebessert und geflickt hatte. Und in den Händen hielt Ler Kerl gerade in diesem Augenblick die Zigarrenkiste, in der all das Ersparte lag! Einen Schritt noch machte der Alte vorwärts in die Stube, drohende Worte kamen aus seinem Munde, da sprang der überraschte auf, griff zu dem Knotenstock, den er neben sich liegen hatte, und krachend fiel die eisen- beschlagene Spitze nieder auf das weiße, unbewehrte Haupt des Vaters Hübner. Und als er zu Boden stürzte, griff der Vagabund mit zitternden Händen das Geld aus dem Kistchen und eilte mit langen Sätzen dem schützen den Walde zu. Stunden waren vergangen, als Martin Hübner das Bewußtsein wiedererlangte. Durch das Brausen im schmerzenden Kopse tickte beharrlich die Schwarzwälder Uhr, und langsam, unendlich langsam entsann er sich des Vorgefallenen und seiner Lage. Geronnenes Blut im Silber des Haares um klaffende Schädelwunde, raffte sich mühsam der Alte auf, schleppte sich zum Bett. Leise senkt sich draußen der Abend nieder, im steten Klange tickt die Uhr weiter, da bricht jäh durch das Dahindäm mern des Wunden ein Gedanke — um acht, der Expreß! Und als er schmerzenden Auges die Uhr entzisfert, stützt er sich auf. Zoll für Zoll hebt er sich vom Bett, Blut sickert neu bei der Anstrengung ans der Wunde über sein Antlitz, er fühlt es nicht. Um acht, der Erpreß! ist allein fein Fühlen und Denken. Er strauchelt, schlägt hin, richtet sich wieder auf, und in qualvollen langen Minuten, die sonst nur Sekunden bedeuten, schleicht er zur Barriere. Fern schon hört er schwaches Donnern der Gleise. Da dreht er an der Kurbel, langsam schlägt das Glöckchen, — tack — tack, tack, tack; in Ewigkeiten näher dröhnt das herankvmmende Donnern des Zuges, aber der Baum senkt sich, rückt nieder, — die Schranke ist geschlossen. Brausend rast der Erpreß vorbei, drüben aus dem Walde aber dringen gerade in dieser Minute fröhliche Kinder, lärmen froh, vom Ausflug heimlehrend, halten jetzt vor der Barriere im Schlittern des vorbeirasendcn Zuges. Das sieht der Alte noch, dann fällt er zu Boden, und mit dem Quellen seines Blutes verströmt langsam das Leben im Jubel von drüben, beim Singen der Kinder, deren Leben er gerettet hat! O lieb', solang' du lieben kannst . . .! : Skizze von Hans Walter Kappler-Görlitz. (Nachdruck verboten.) ! „Ich verbiete dir ein für allemal jeden Verkehr mit I diesem Mädchen! Gib deine Mühe, mich umzustimmcn, f auf, es ist zwecklos. Du, einer glanzenden Zukunft ge- ' Wiß, verliebst dich in ein Mädchen, das Weder Geld noch I Namen besitzt und das dir auf deiner künftigen Lauf- i bahn nur ein starkes, hemmendes Hindernis ist, an dem ! dein ganzes Leben scheitern wird. Geh' noch heute zu ihr ' und sag' Lich los, — morgen reisest du ab!" Bleich saß Heinz von Kerff im Sessel, all seiner Hoff- l nnngen beraubt. Ter aber, der seine Pläne und seine ! goldenen Träume zerstört hatte, verließ jetzt das Zimmer; k es war sein Vater. Was hatte er nach Namen und Geld gefragt, für ihn > war das Herz, die Seele eines Menschen maßgebend; ! nicht sein Herkommen, seine Ahnen, — sein Beutel! Und l wie anders war da sein Vater, den er soeben gebeten ! hatte, in seine Verbindung mit Marga Billing einzu- i willigen. Er verstand nicht, warum sein Vater so auf ! einer standesgemäßen Verbindung bestand, — lagen ihm ' das Glück, der Friede seines Sohnes nicht näher am I Herzen? Heinz liebte und achtete seinen Vater zu sehr, sonst ! hätte er auf alles verzichtet und hätte sich gemeinsam mit k Marga sein Leben gezimmert. Morgen sollte er fort, weit, weit nach Ungarn hin- ! unter. Dort wohnte ein Bruder seines Vaters aus einem ; abgelegenen Besitz und dort sollte Hein; vergessen ! lernen . Ein Jahr ging ins Land. Es ist ein stiller Sommerabend. Heinz sitzt auf der I breiten Terrasse des kleinen Schlosses und schaut sehn- » suchtsvoll hinaus in die weite Landschaft, die sich schier I unendlich scheinend zu seinen Füßen eben ausüreitet. Sein Gesicht ist dunkel gebräunt, um seinen Mund ! aber liegt ein bitterer Zug des Leides. Wie hatte er in ° diesem vergangenen Jahr gearbeitet, war seinen Srudien ? unverdrossen nachgegangcn, um die eine zu vergessen, — ! vergebens! I Mit traurigen Blicken sah er der scheidenden Sonne k nach, die wie ein purpurner Feuerball am westlichen I Horizont stand. Minuten vergingen und reihten sich zu Stunden. ; Heinz spürte nicht die Kälte, die langsam über die Pußta » kroch. Er starrte hinaus zum Firmament, wo neben den I aber tausend funkelnden Sternen so bleich und vertraut der I Mond stand. Er schien auch da, wo Marga weilte . ; Ta tönten plötzlich Huftriite auf dem Pflaster des ' unweit gelegenen Gutshofes. Heinz eilte hinüber, war I es doch die heiß ersehnte Post, die er heute noch erwartete. ! Da war der Bote, der ihm ein schmales Kuvert reichte. ! Heinz riß den Umschlag auf und las mit brennenden ' Augen, was ihm sein Vater schrieb: „Mein lieber Sohn! Erst jetzt weiß ich, was in ! deinem Herzen vorging, als Du Dich von Marga Billing i trennen mußtest. Sie, die ich aus Deinem Herzen riß, ' hat mir das Leben gerettet. Als ich gestern abend meinen ! gewohnten Spaziergang am Hafen unternahm, stolperte I ich über ein Tau und stürzte in das Wasser. Du weißt, I ich bin kein Schwimmer. Ich rief um Hilfe, dann verlor > ich das Bewußtsein und sank unter. Als ich erwachte, ! lag ich daheim in meinem Bett, — gerettet! Ich i weiß nun nicht, ob du Marga vergessen hast; aber ; komme sofort zurück in die Heimat; denn sie liegt schwer > krank danieder. Tein lieber Vater!" Heinz griff sich an die fiebernde Stirn. Dann ent- z rang sich seinen zusammengeprcßten Lippen ern Auf- ; lachen. „Mein lieber Sohn!" Wie lange hatte er diese > Worte nicht mehr vernommen, auch bei seiner Abreise I hatten sic sich kühl und wortlos die Hände gereicht —! Toch La ergreift ihn Freude — und Sorge zugleich, ; um Marga! Er eilt nach dem Stall, reißt sein Pferd heraus und I jagt nach der viele Kilometer entfernt gelegenen Bahn- j station, wo Ler Nachtexpreß in zwei Stunden durch- - kommen muß. Wenige Minuten später jagt ihm sein I Onkel mit dem nötigsten Gepäck nach. (Schluß folgt.) j