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KWiMW NM Bel Klagen, Konkursen, Vergleichen usw. wird der Brutto betrag ln Rechnung gestellt Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher Etöruntz deS Belrlebcs der Zeitung, der Lteseranten oder der BesörderungSetnrich- tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung deS Bezugspreises. ! unüAnMer Hohenstein-Ernstthaler Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten Erscheint jeden Wochentag nachmittag«. — Fernspr. Nr. 11. Postscheckkonto Leipzig 23 484. - Gemelndegirokont» 14. - Bankkonten:Commerz-und Privat-Bank Zweigstelle Hohen- stein - Ernstthal — Darmstädter und Nationalbank Zweig niederlassung Hohenstein-Ernstthal. - Unverlangt etngesandl« Manuskripte werden nicht zurückgeschickt. — Einsendungen ohne Namensnennung finden keine Ausnahme. Generalanzeiger für Hohenstein. Ernstthal mit Hüttengrund. Oberlungwitz. Gersdorf, Hermsdorf. Bernsdorf, RüZdors, Langenberg, MeinSdorf, Fallen, LangenchurSdorf, Reichen- bach, Callenberg, Grumbach, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Pleißa und Rüßdorf. Dieses Blatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen deS Amtsgerichts, deS Finanzamts und des EtadtratS zu Hohenstein - Ernstthal, sowie der Behörden der umliegenden Ortschaften behördlicherseits bestimmte Blatt. Druck und Verlag von Dr. Alban Frisch. Rr. 182 Donnerstag, den 14. Juli 1927 1 77. Fähig. Zer W MW NW »l sie WWU US Seil MW Ser MM-ÄWaw In der am Mittwoch abgehaltenen Sitzung des Zwischenausschusses des sächsi schen Landtages teilte der Ministerpräsi dent Heldt dem Ausschuss mit, daß die sächsi sche Negierung als vorläufige erste Rate 10 Millionen Mark zur Be seitigung der. Schäden und zur Einleitung der W i e d e r u u f b a u ar beiten zur Verfügung zu stellen beschlossen habe. Der Ausschuß stimmte dein zu und faßte dann noch einmütig den darüber hinausgehcnden Beschluß, die Regierung zu ersuchen, die notwen digen Mittel zu verausgaben. Bei dieser Gelegenheit gab der Ministerprä sident einen Bericht bekannt, den die von der Regierung mit der Prüfung der Ursachen und des Umfanges der Katastrophe beauftragten Sachverständigen erstattet haben. Dieser Bericht, der im wesentlichen die Angaben unse res Artikels über „Die Ursachen der Katastro phe im Müglitz- und Eottleubatale" vollkommen bestätigt, enthält u. a, folgende Feststellungen: „Die Gewitter kamen von Südosten her aus der Tschechoslowakei über den Eebirgskamm zwischen dem Mückenberg und dem Sattelberg. Sie teilten sich und Teil ln das Müg ¬ litztal, zum Teil in das Eottleubatal. Ein,Teil dieses Eewitterzuges war durch den Schneeberg aufgehalten worden und kam später in das Quellgebiet der Gottleuba und der Müglitz, Die Niederschläge sind im Quellgebiet beider Flüsse bedeutend größer gewesen als nach den bisheri gen Erfahrungen bei Katastrophenhochwässern an den deutschen Flußläufen angenommen wer den konnte. Es sind Wolkenbrüche auf Ee- bietsgrößen außerordentlich großen Umfanges niedergegangen, die nicht nur Haupt-,-sondern auch die Nebentäler der Flußgebiete erfaßten. Diese Wasser menge ist in den Abend- und Nachtstunden in zwei Perioden, die unmit- telbar aufeinander folgten, gefallen, so daß sich auf eine kleinere Vorwelle die Katastrophen welle aufsetzte. Ein Hochwassermeldedienst mußte also vollkommen erfolglos sein. Da be reits im Oberlauf die Niederschläge eine Hoch flut erzeugten, die alle Holzteile mitschwemm ten, wurden durch diese Holzteile an Brücken und Engstellen des Tales Versetzungen und Anstau ungen der Wassermengen erzeugt. Beim Durch bruch dieser Versetzungen, die Stauseen bis zu 8 Meter Höhe bildeten, ergoß sich die vielfach verstärkt« Flut weiter ins Tal, alles mit sich reißend. Dieser Vorgang wiederholte sich talab wärts immer wieder, und gerade in den Ort schaften mit enger Talbcbauung und vielen Brük- k«n wurden die Anstauungen besonders wirk sam. Lediglich aus dem Grunde der stellenweise vollkommenen Zusetzung des Abflußraumes er klärt sich die Schwere der Katastrophe, die alles bisher Erlebte in den Schatten stellt. Gegen Katastrophenhochwässer von so gro ßem Umfange, die Täler fast auf ihre ganze Länge mit ihren seitlichen Zubringern durch die größten Niederschläge treffen und die jederzeit in jedem Flußgebiet auftreten können, gibt es keinen Schutz. Auch einzelne Talsper ren würden nur einen bedingten Schutz gewähren, weil sie nur von dem Teilgebiet, das sie absperren, die schädlichen Hochwassermengcn abfangen können. Nur ein ganzes System von Talsperren, auf das Haupt- tal und seine Nebentäler verteilt, die Freihal- tung des Ueberschwcmmungsgebietes von allen Einbauten und Ablagerungen, der Umbau der von altersher festen Mehre in bewegliche Wehr« und di« Vergrößerung der Durchflußräume der Brücken könnten die untenliegenden Flußstrecken gegen solche katastrophalen Hochwässer sichern. In unseren von jeher so dicht besiedelten und in dustriell hoch entwickelten Tälern sind das For derungen, die nicht erfüllbar sind. Die Erhebungen über den Umfang der Schäden sind noch nicht abgeschlossen. Es kann deswegen noch keine vollständige Aufstel lung vorgenommen werden. ImMüglitztal ist die Eisenbahn fast voll ständig zerstört. 27 Eisenbahnbrücken sind hier von den Fluten weggeschwemmt, di« Gleise auf dem längsten Teil der Strecke vom Bahnkörper abgehoben und größere Teile der Bahndämme durchbrochen und vollständig zerstört worden. An den Bahnhofsgebäuden mit ihren Neben anlagen sind schwer« Schäden entstanden. In ähnlicher Weise sind die Bahnlinien von Pirna nach Gottleuba und Großcotta beschädigt worden, an denen gleichfalls sieben bczw. 2 Brücken weggerissen wurden. Es wird deshalb geraume Zeit benö tigt werden, um die Bahnlinie^ wieder fahrbar zu machen. Auch die in den Tälern liegenden Stra ßen und Wege sind fast auf ihre ganze Länge so schwer beschädigt, daß ein Fährverkehr uymjiglich ist' sind doch allein von der Müglitz von der Landesgrenzc bis Heidenau 31, im Gott leubagebiet 10 Brücken Ler Talstraßen und ihrer Anschlußwege verschwunden od«r so stark beschä digt, daß sie abgebrochen und erneuert werden müssen. Auch die Straßendämme wurden auf Längen von mehreren Kilometern zerstört und weggespült, fast auf die ganze Länge ist die Fahrbahn stark ausgespült und beschädigt. Aehnliche Schäden sind an den Nebenflüssen und Nebenbächen eingetreten, insbesondere am Bahrabach, im Seidewitztal, am Noten Wasser, an der Trebnitz, an dem Fürstenwalder, am Liebenauer und am Hartmannsbacher Dorfbach. Zur Wiederherstellung der zerstörten Verbin dungsstraßen und Wege sind alle Kräfte ein gesetzt, so daß mit Hilfe von hölzernen Behelfs bauten in spätestens 14 Tagen der Fährverkehr wieder möglich sein wird. Auch die zerstörten Telegraphen-, Telephon- und elektrischen Stark stromleitungen, sowie die Gas- und Wasserlei tungen werden mit aller Beschleunigung wieder in Stand gesetzt. Vollständig zerstört sind auch die Fluß betten mit ihren Ufern. Die Hochflut hat auf lange Strecken den alten Wasserlauf und die anliegenden Vorländer mit großen Steinen und Geröll verschüttet, so daß das Wasser sich einen neuen Weg suchen mußte oder auch breit in vielen Rinnsalen über die verwüstete Talaue fließt. Um bei Wiedereintritt von größeren Re gengüssen weiteren Gefahren zu begegnen, wer den so schnell als möglich die Flußbetten ge räumt und — wenn auch nur in provisorischer Weise — befestigt, um das Wasser geschlossen abführen zu können. Am schmerzlichsten ist der unersetzliche Ver lust an zahlreichen Menschenleben, die ein Opfer der Katastrophe geworden sind. Roch ist die Zahl der Todesopfer nicht endgültig festgestellt. Millionen-Schäden sind auch an privatem Eigentum entstanden. Zah lenmäßig ist dieser Verlust auch an den Wehr bauten und den Gräben der Wasserkrafianlagen, an Gärten, Wiesen und Feldern und an beweg licher Habe noch nicht anzugeben. Am schlimm sten hat di« Stadt Berggießhübel gelitten, die längs der Gottleuba und der Staatsstraße voll ständig vernichtet ist; doch auch in den übrigen betroffenen Städten und Gemeinden ist der Schaden unermeßlich groß. So sind an der Müglitz auf der Strecke von der Landesgrenze bis Ob«rschlottwitz allein 30 Wohnhäuser und Fa brikgebäude weggegrissen oder so beschädigt, daß die stehengebliebenen Reste abgebrochen werden müssen. Im ganzen Katastrophcngebiet sind mehr als 100 Gebäude der Vernichtung anhe-m- gefallen. * Die FwischenausschuMtzung des Landtages eröffnete der Landtagsprüsident Schwarz mit einer Ansprache. Er schloß mit dem Versprechen, daß der Landtag alles tun werde, um den Hin terbliebenen und sonstigen Geschädigten durch greifend und schnell Hilfe zu bringen. Ministerpräsident Heldt dankte dem Land tagspräsident für seine Worte und Teilnahme und erklärte, die Regierung werde dafür sorg°u, daß der schwerbetroffenen Bevölkerung rasch und ausgiebig geholfen werde. Im großen und gan zen sei die Regierung jetzt über den Umfang der Katastrophe unterrichtet. Die Regierung habe zunächst sämtliche verfügbaren Polizeimannschaf ten zur Hilfe eingesetzt und auch die Reichswehr sei in das zerstörte Grbist entsandt wvrDen. In dankenswerter Weise haben sich auch viele pri vate Organisationen in den Dienst der ernsten Sache gestellt. Er sprach namens der Regierung allenHelfendenDankund Anerken nung aus. Bei dem Besuche der Regierungs- Vertreter habe das Ueberschwemmungsgebiet ein Bild furchtbarster Zerstörung geboten. Die Be völkerung habe sich noch in einem Zustand der Erstarrung befunden, so daß mit ihr kaum zu reden war. Der Ministerpräsident gab dann den Bericht der Sachverständigen wieder, den wir oben veröffentlichen. Präsident Schwarz legte hierauf die drei beim Landtage eingegangenen'Anträge vor, z, denen sich Abg. Renner (Komm.) und Präsi dent Schwarz kurz äußerten. Darauf gab Ministerialrat Sorger einen kurzen Ueberblick über dieEntstehung des Unglücks. Beim Wiederaufbau werde man sich vor allem vor Augen hallen müssen, daß die von altersher stehenden zu engen Brücken und festen Wehre in bewegliche umgewan - delt werden. Ferner müssen die Häuser aus dem Flußgebiet herausgenommen werden. Im Müglitztal seien seit längerer Zeit Talsperren geplant. Die kleinen Sperren und Wehren nütz ten nichts, denn ihr Fassungsraum ist so gering, daß von ihnen eine zurückhaltende Wirkung des Hochwassers nicht zu erwarten ist. Ministerpräsident Heldt: Wenn die Vor arbeiten an dem Wiederaufbau soweit gediehen seien, daß sie dem Landtag vorgelegt werden könnten, werde es geschehen. Jetzt habe man noch eine Zeit lang mit den Aufräumungsarbeiten zu tun. Sowie mit der Wiederherstellung des Ver- kehrs gerechnet werden könne, könne man sagen, welche Flüsse und Bäche umdelei tet werden müßten, welche Straßen und Lisenbah nenzuverlegen sind usw. Alle diese Fragen würden im Einvernehmen mit dem Landlag gelöst werden. Heute seien die Herren vom Reiche im Hochwassergebiet, um die Höhe des Schadens festzustellen. Dann solle auch der Weg der R e i ch s a n l e i h e erörtert werden. Es empfehle sich, die Sammlungen nicht zu sehr zu zersplittern. Deshalb seien auch einige ört liche Sammlungen eingeschränkt worden. Es entspann sich dann eine längere Aussprache darüber, ob der Zwischenausschuß dazu berechtigt sei, über Anträge zu beschließen und der Negie rung Richtlinien zu erteilen. Der Zwischenaus- schuß beschließt einstimmig, die Negierung zu er mächtigen, zur Linderung der von der Not der Hochwasserkatastrophe Betroffenen — auch im westlichen Teile Sachsens — Lie nötigen Ausgaben zu tätigen und erklärt sich mit der von der Regie rung vorgesehenen Ausgabe von vorläufig zehn Millionen Reichsmark einverstan den. Ditz Anträge der Wirtschaftlichen Partes werden der Regierung zur Kenntnis unterbrei tet. Ebenso ein Entschließungsantrag, bei de» R e i ch s r e g i e r u n g dahin zu wirken, daß st» vorläufig ebenfalls zehn Millionen Mark zur Verfügung stellt. * Die Beisetzung der Opfer von Glashütte Am Mittwoch fand in G l a s h ü t t e die Beisetzung von neun Opfern der Kata strophe statt. Auch hier hatte sich eine unüber sehbare Menge von Trauernden auf dem Fried- Hofe eingefunden. Dr« angesetzte Trauerseie» vollzog sich in wohlgemessener Ordnung, ganz im Gegensatz zu der Massenbcstattung in Berggieß hübel vom Dienstag, wo sanitäre Gründe di«, möglichst schnelle Beerdigung der zahlreichen Todesopfer erforderten. Chorlieder und Posau nenklänge leiteten die Feier ein, kurze Anspra chen folgten. Nach tröstenden Worten des Seel sorgers an die Hinterbliebenen und Leidtragen den wurden die Särge einzeln in eine aufgewor fene Massengruft hinabgelassen. Die neun Toten wurden jeder einzeln mit einem Bibelspruch ein« gesegnet und von den Hinterbliebenen und Freunden wurden Kränze niedergelegt. Zum Schlüsse feuerte eine Abteilung des Militärver« eins eine Salve über die Gräber ab. Mit dem Choral „Wie sie so sanft ruh'n" schloß die Feier. Eiscnbahn-Krastwagcnliuie» im Hochwasscrgcbiel Di« Reichsbahn eröffnet bis zur Wie« dcrinbetriebnahm« der im östlichen Erzgebirge zerstörten Eisenbahnlinien zunächst folgend» vier Eisenbahnkraftwagenlinien für Personenbeförderung unter Einsetzung der von ihr zu diesem Zwecke von der staatlich säch sischen Kraftwagenverwaltung gemieteten Be triebsmittel: 1. Pirna — Krietzschwitz — Langenhenners dorf — Bahra — Hellcndorf — Gottleuba, 2. Pirna—Rottwerndorf—Neundorf. 3. Pirna—Zehista—Berggießhübel. 4. Pirna — Lockwitz — Kreischa—Glashütte, s Der Verkehr wird in vollem Umfange zu den > bekannten Bedingungen des staatlich-sächsischen Kraftwagenbetriebes schnellstens ausgenommen! werden. Der Fahrplan der Personen-Krast, wagenlinien wird dem bisherigen Eisenbahn«' fahrplau angepaßt. Die genauen Fahrzeiten werden noch bekanntgegeben. Der Rcichswehrministcr im Unglücksgcbict DerReichswehrminister Dr. Geßler weilt« auf der Fahrt nach dem Truppenübungsplatz Kö nigsbrück von Dienstag abend bis Mittwoch mittag in Dresden. Er hat am Mittwoch vor mittag in Begleitung des Befehlshabers im Wehrkreiskommando IV, General Wöllwarth, das Unglücksgcbiet aufgesucht und die Not- tandsarbeiten der dort eingesetzten Truppen teile besichtigt. Vor seiner Weiterfahrt nach Königsbrück stattete der Neichswchrminister Dr. Geßler Lem Ministerpräsidenten Heldt einen Besuch ab. Berliner Hilfe für Sachsen Der Magistrat von Berlin beschloß, der säch sischen Negierung zur Unterstützung der Opfer des Hochwasserunglücks im Erzgebirge den B e-' trag von 50 000 Mark zur Verfügung zn stellen. /