Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger : 11.06.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-06-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841112631-192706112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841112631-19270611
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841112631-19270611
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-06
- Tag 1927-06-11
-
Monat
1927-06
-
Jahr
1927
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
uni 'M. Wingen e von er Ber sche und men der nseren 1. arlotte chlcif. ni 1927. ählung »rächten iür das - sagen »ank. Clara Nogel. MmM-GAMal« TageMMLlyeigtt Nr. 134 Sonnabend, den 11. Juni 1927 1. Bnlaae Abrüstung und franrSkische heeresresorm Von Admiral Brüninghaus, M. d. R. Die Vorkonferenz für die allgemeine, im Frie densdiktat von Versailles vorgesehene Abrüstung ist wie das Hornberger Schießen verlausen. An gesichts der nicht zu leugnenden Tatsache, daß es an allen Ecken und Enden der Welt brennt, daß Konfliktstoffe in der Lust liegen, die — mutatis mutandis — an die Zeit vor dem Weltkriege er innern, kein überraschendes Ergebnis. Man wird es schließlich den Staaten, die es hauptsäch lich angeht, nicht verübeln können, wenn sie bei der gespannten politischen Lage keine Lust ver spüren, tatsächlich abzurüsten und damit dem er zwungenen Beispiel Deutschlands zu solgen, wie sie dies selbst in dem von ihnen verfaßten soge nannten Friedensvertrage vorgesehen haben. Nirgends mehr als in der Frage der Abrüstung tritt die ganze Hinterhältigkeit des Versailler Diktates zutage. Nachdem Deutschland gefesselt nm Boden liegt, nachdem Deutschlands Wehr macht auf ein Minimum reduziert ist, denkt keilt Mensch daran, abzurüsten. Am wenigsten Frank reich, dessen leitende Staatsmänner bei jeder Gelegenheit die hehre Mission ihres Landes, die Völker der Erde vor Krieg zu bewahren und ihnen die Segnungen einer sriedlichen Kultur- cntwicklnng zu sichern, betonen. Es ist daher immerhin lohnend, zu untersuchen, wie in Zu kunst die an der Spitze einer, wie sie stets be tont, friedlichen Zivilisation marschierende „Grande Nation" sich eben diese friedliche Wei terentwicklung denkt. Das französische Heer befand sich seit sechs Jahren in einem Uebergangssiadium, das nun mehr mit der Verabschiedung der fünf grund legenden Gesetze über die Wehrmacht sein Ende erreicht hat. Mit einem Schein von Recht könnte Frankreich sagen: „Ich mache Ernst mit der Ab rüstung, denn ich vermindere die Aktivstürke mei nes Heeres um rund 10 Prozent von 695 000 auf 026 000 Köpfe." Diese Verringerung ist größten teils eine automatische Folge der Herabsetzung der bisherigen eineinhalbjährigcn Dienstzeit ans ein Jahr. Wie aus Grund der neuen Gesetze die Heeresrcsorm wirklich zu bewerten ist, hat ein gewiß unverdächtiger Kronzeuge, der französische Sozialist Paul Boncour kurz mit den Worten präzisiert: „Die Herabsetzung der Dienstzeit, die wir vorhaben, und die notwendige Umbildung der Heercsorganisation bedeutet leine Herab setzung, sondern eine Verstärkung der Lan desverteidigung." Boncour trisst mit diesen Worten den Nagel auf den Kopf. Die französische Armee wird sich in Zukunft wie folgt zusammensetzen: 29 000 Offiziere, 106 0000 Kapitulanten, 210 000 weiße Mann schaften, 90 000 Nordafrikaner (braune), 85 000 Schwarze und Gelbe (Kolonialeingeborene), 19 000 Fremdenlegionäre, 12 000 irreguläre Far bige, 45 000 Gendarmen, insgesamt 626 000 Mann. Aus die Stärke des Kriegsheeres hat selbstverständlich die anscheinende Verringerung des Friedenshecres keinerlei Einfluß. Im Mobilmachungssalle stehen wie srüher 28 ausge bildete Jahrgänge zur Verfügung. Beachtens wert ist, daß die Zahl der Kapitulanten von 76 000 auf 106 000 erhöht wird, ebenso wie die der Gendarmen von 30 000 auf 45 000. Neben der Effektivstärke des Heeres wird für die Mobil machungsvorarbeiten eine besondere Klasse von Beamten, meistens inaktive Ossiziere, geschossen. Zur Entlastung der Truppe vom Arbeitsdienst wird die Zahl der Zivilangestellten von 12 000 auf 30 000 vermehrt. Der immerhin mit der Einführung der einjährigen Dienstpflicht ver bundene Nachteil soll dadurch ausgeglichen wer den, daß alljährlich starke Einziehungen von Reservisten stattsinden. Für 1927 sind Neserve- tibungen für 210 000 Mann einschließlich Offizie ren vorgesehen. Man kann die Aufgabe der künftigen franzö sischen Armee dahin charakterisieren: erstens Grenzschutz, zweitens Abgabe von Kadrcs sür die Neservesormationen. Der Wert der letzteren, die In einem neuen Kriege von ausschlaggebender Bedeutung sein werden, wurde bekanntlich in Genf von den französischen Vertretern stets ver neint, während der Ches der französischen Heeres kommission, General Girod, in ganz unzweideu tiger Meise öffentlich erklärt hat, nach den Er fahrungen des Weltkrieges seien diese Reserve- formationen der entscheidende Faktor. Aus die ser Gegenüberstellung ergibt sich ohne weiteres, daß die ganzen bisherigen Verhandlungen über die Abrüstung seitens der Franzosen nichts als Spiegelfechterei waren. Die fünf von mir erwähnten Gesetze sind: Das Gesetz für die allgemeine Reorganisation der Arinee, das Gesetz über die Kadres und Stärken, das Wehrgesetz, das Gesetz über die Organisation der Nation sür den Krieg und vas Gesetz über die militärisch« Vorbereitung der Jugend. Man rechnet in Frankreich damit, daß die vollständige Durchführung dieser Gesetze sich bis zum Jahre 1930 erstrecken wird. Daher auch die Einstellung der französischen Militärs, die Rhein landräumung vor diesem Zeitpunkte zu hinter treiben. Man kann die nach jeder Richtung hin gut durchdachte und bis ins kleinste Detail durch gearbeitete Neuorganisation kurz bezeichnen mit „Das Volk in Wassen". Frankreich scheut auch vor Mehrkosten nicht zurück, denn tatsächlich wird die französische Wehrmacht nach der Reorganisa tion teurer werden, als das bisherige Heer. Das Gesetz über die Organisation der Nation für den Krieg schafft die Grundlage dafür, daß jeder Franzose, sowie alle Organisationen wirt schaftlicher Natur sich bereits im Frieden auf den Krieg einstellen und im Mobilmachungsfall mit ihrer Person bezw. mit ihrer gesamten Produk tion uneingeschränkt dem Staate zur Verfügung stehen. Neben der militärischen besteht die Zivil- dienstpslicht. Jeder Franzose erhält schon im Frieden seine Mobilmachungsstation, sei cs in der Wehrmacht selbst oder außerhalb. Niemand dars sich weigern, dem Staat Im Kriege in irgendeiner Form Dienste zu leisten. Die Um stellung der Friedens- in die Kriegswirtschaft wird bis in alle Einzelheiten vorbereitet. Das gilt sowohl für die Industrie, als auch für die Landwirtschaft und die Finanzen. Eilt „Ober ster Nat für nationale Verteidigung" übernimmt zentral die Vorbereitung der Nation sür den Krieg. Bemerkenswert ist, daß dieses Gesetz nicht etwa von Poincaree eingebracht wurde, sondern sein Entstehen einem ausgesprochenen Linkskabinett verdankt. Das Gesetz über die militärische Vorbereitung der Jugend unter scheidet zwischen der allgemeinen körperlichen Ausbildung und der Vorbereitung auf den Mili tärdienst. Erstere beginnt für Knaben und Mädchen mit dem 6. Lebensjahre und dauert bis zum 16. In der zweiten Periode vom 16. Lebens jahre bis zum Eintritt in das Heer werden die jungen Leute in Sportvereinen, militärischen Jugendabteilungen, Schulen und Universitäten ;oweit vorgebildet, daß beim Heer selbst sofort mit der eigentlichen Gefechtsausbildung begon nen werden kann. Jedes Kind erhält vom 6. Jahre an ein Kontrollbuch, das die Gestellungs pflichtigen der Ersatzkommission vorlegen müssen. Es würde im Rahmen dieses Artikels zu weit führen, aus weitere Einzelheiten cinzugchen. Schon aus dem Gesagten ergibt sich nach meiner Ansicht mit zwingender Notwendigkeit, daß die Franzosen, und zwar auf lange Sicht, nicht daran denken, von sich aus irgendwie abzurüsten. Das Recht, das Frankreich für den Schutz seiner natio nalen Interessen in Anspruch nimmt, steht uns, den Deutschen, ebenfalls zu. Das Ministerium Poincaree-Briand hat kürzlich in einer an den Präsidenten der Vereinigten Staaten Coolidge gerichteten Note zum Ausdruck gebracht, daß Frankreich unerschütterlich an dem Grundsatz der Gleichberechtigung aller im Völkerbunde vertre tenen Nationen festhalten würde. Es wird Auf gabe unserer Vertreter im Völkerbunde sein, diese offizielle französische Ar sicht auch für die Landesverteidigung Deutschlands wirksam wer den zu lassen. Ak WM SN AM Austakt zu Eens — Tschitscherins Besprechungen mit Dr. Stresemann — Die neuen Konflikts- gcsahren aus dem Balkan — Die Ermordung des russischen Gesandten in Warschau — Der Regie rungswechsel in Rumänien — Frankreichs Pakt- angeüot au Amerika — Die Wiederaufnahme der Pariser Wirtschaftsverhandlungen V v » n II 1 c I c m Berliner Vertreter Berlin, 10. Juni Das Rcichskabinett hat in dec abgclausencn Woche die Richtlinien ausgearbeitct, die der deutschen Delegation unter Führung des Reichs außenministers für die nm 12. Juni beginnen den Beratungen des Völkerbundes mitgegeben werden. Es ist sicher, daß diese Instruktionen nicht fest umgrenzt sind, sondern daß man dem Reichsaußenminister in gewisser Hinsicht freie Hand lassen wird, um so mehr, als ja die Frage der Rtieinlandräumung und die von Frankreich und Polen crstrebie abschließende Kontrolle über die deutschen Entfestigungsarbeiten im Osten zum Gegenstand eingehender Verhand lungen zwischen Dr. Stresemann und Briand gemacht werden wird. Es muß davor gewarnt werden, von den bevorstehenden Genfer Bera tungen ein für Deutschland günstiges Ergebnis zu erwarten. Von den Außenministern Frank reichs und Englands wird sicherlich nicht die Frage der Kontrolle der deutschen Ostfestungen und weiter die fernere Haltung der deutschen Außenpolitik gegenüber dem russisch-englischen Konflikt in den Vordergrund der Beratungen hinter den Kulissen geschoben werden. Die Tat sache, daß der polnische Außenminister Zaleski sich soeben nach Paris begeben hat, muß als un günstiges Symptom für die weitere Entwicklung der Frage der nochmaligen abschließenden mili tärischen Kontrolle in Ostdeutschland gewertet werden. Zaleski wird bei seinen Verhandlungen mit Briand sicherlich nichts unversucht lassen, um Deutschland in dieser Angelegenheit noch mals zu demütigen. Allein Anscheine nach werden Zaleski und Briand sich über das taktische Verfahren geeinigt haben, das man in der Frage der Ostkontrolle in Genf gegenüber dem deut schen Außenminister einzuschlagen gedenkt. Be rücksichtigt man die Kommentare der Pariser Presse, so wird der französische Außenminister in Genf seinen polnischen Kollegen mehr in den Vordergrund stellen, d. h. er wird sich darauf berufen, daß Zaleski die nochmalige abschließende Kontrolle verlangt, und falls sich Deutschland weigern sollte, so bestände die Gefahr der Ein bringung eines polnischen Antrages, die Jnvesti- gationskommission mit dieser Kontrolle zu beauf tragen. Diese Drohung darf nach der Auf fassung der überwiegenden Mehrheit der Frak tionen des Reichstages den deutschen Reichs außenminister jedoch unter leinen Umständen be wegen, Nachgiebigkeit in der Frage der Ostkon trolle zu zeigen, sondern er wird es unter Um ständen auf eine Ueberstimmung Deutschlands durch den Völkerbund ankommen lassen müssen, wenn über einen polnischen Jnvestigationsan- trag abgestimmt werden sollte. Der britische Außenminister wird bei seinen bevorstehenden Unterredungen mit Dr. Strese mann sicherlich erfahren wollen, ob Deutschland Herrn Tschitscherin anläßlich seines Aufenthaltes in Baden-Baden und in der Reichshauptstadt irgendwelche Zusicherungen hinsichtlich des eng lisch-russischen Konfliktes gemacht hat. Nach dem im Auftrage der Neichsregierung der deut sche Botschafter in London bereits vor mehreren Tagen Herrn Chamberlain gegenüber zuin Ausdruck gebracht hat, daß für die deutsche Außenpolitik allein die Abmachungen von Locarno und die Freundschaftsverträge mit Sowjetrußland allein richtunggebend sind, wird man auch in dieser Hinsicht von den Unter redungen Stresemanns mit Chamberlain keine Sensation erwarten dürfen. Die Besprechun gen des Reichsaußenministers mit Tschitscherin in Baden-Baden und in Berlin haben ja ge zeigt, daß Deutschland sich weder nach Osten noch nach Westen einseitig binden kann. Auf dem Balkan ist wieder einmal ein neuer Konflikt zu verzeichnen, und zwar hat diesmal Siidslawien zweifellos eine große Ungeschicklich keit begangen. Die Regierung von Tirana hat sich zur Verhaftung eines Dolmetschers der süd slawischen Gesandtschaft, der albanischer Staats angehöriger ist, entschließen müssen, weil dieser Spionagedienste zugunsten Südslawicns geleistet hatte. In Abwesenheit des südslawischen Ge sandten in Tirana hat dessen Geschäftsträger daraufhin eine scharf gehaltene Note an die albanische Negierung gerichtet, dich wie man wohl annehmen darf, nicht die Zustimmung des Belgrader Kabinettes gefunden hat. Aus Prestige-Gründen glaubte Siidslawien nicht nachgeben zu können und die albanische Regie rung hat die Angelegenheit dem Völkerbund zur Kenntnis gebracht. Nach Lage der Dinge wird man annehmen können, daß der Beschützer Südslawicns, also Frankreich, jetzt nichts unver sucht lassen wird, in Belgrad Mäßigung zu emp fehlen und sich bereit zu erklären, auf diploma tischem Wege den Konflikt aus der Welt zu schaffen. Auch auf Osteuropa sind die Augen der Welt wieder gerichtet; in Warschau ist der sowjet- russische Gesandte Wojkow von einem russischen Emigranten ermordet worden. In Moskau er klärt man, daß es sich hier um einen Anschlag Englands handelt. Der Notenwechsel zwischen Warschau und Moskau, der aus diesem Grunde cingcleitct worden ist, wird sicherlich im Sande verlaufen, denn die Sowjctregierung hat kein Interesse daran, die Beziehungen z» Polen zu verschärfen. Auch die polnische Regierung ist bestrebt, das Verhältnis zu Sowjet-Rußland auf eine erträgliche Basis zu stellen, und hat sich aus diesem Grunde zu umfangreichen Verhaftungen russischer Emigranten entschlossen. Die in der letzten Zeit stark nngefeindctc rumänische Regierung Averescu, die sich auch in Gegensatz zum König gesetzt hatte, ist nun mehr zurückgetreten. Sucht man nach den tie feren Gründen des Sturzes der Negierung Averescu, so findet man zweierlei: erstens hat die wachsende Willkür des Ministeriums Averescu die diktatorischen Absichten des Gene rals immer deutlicher hervortreten lassen. Sein Versuch, sich wieder aktivieren zu lassen, hat dem Faß den Boden ausgeschlagen. Der Chef der liberalen Partei Bratianu, der lange Beschützer Uverescus war, hat nunmehr doch einaesehen, daß die Regierungsmethoden des Gestürzten noch früher oder später Unruhen im Lande aus lösen müßten. Prinz Stirbey, der politisch als gemüßigt gilt, wird jetzt versuchen, eine mehr liberale Regierung zu bilden. Prinz Stirbey ist ein Ergebener des Königs und war schon intimer Berater des alten Königs Carol. Die französische Außenpolitik hat den Atlantic-Flug Lindberghs in geschickter Weise politisch ausgenutzt und Briand hat jetzt in Washington anfragen lassen, ob die Vereinigten Staaten zum Abschluß eines Antikriegsvertrages geneigt seien. In Paris verfolgt man mit die sem Angebot sicherlich das Ziel, eine Reduzierung der französischen Schuld an Amerika zu erreichen. Ob man damit aber Erfolg haben wird, muß bezweifelt werden, denn in Washington hält man Politik und Geschäft streng voneinander getrennt. Obwohl der neue französische Zolltarif noch immer nicht von der Kammer verabschiedet ist, hat sich die deutsche Handelsvertragsdelegation jetzt wieder nach Paris begeben, um dort die Handelsvertragsverhandlungen mit Frankreich wieder aufzunehmcn. Die französische Regierung ist anscheinend bestrebt, eine Verlängerung des am 30. Juni ablaufcnden Handelsprovisoriums mit Deutschland zu erreichen, was eine erneute Verschleppung des Abschlusses eines endgültigen Handelsvertrages bedeuten würde. Nach dein bekannten Standpunkt der Neichsregierung ist aber kaum anzunehmen, daß Berlin das fran zösische Ansinnen annehmen wird. SWW MW MtelWW Freundnachbarlichts Die Auseinandersetzungen zwischen den ein zelnen Parteien über die Differenzen bei der Regierungsumbildung tragen auch ganz nette h u m o r i st i s ch e B l ü te n. So hatte z. B. die demokratische „Zittauer M o r g e n z e i t u n g" von dem Ministerpräsi denten Heldt gesagt, daß er schon seit Jahren wenig zu tun gehabt habe und daß er deshalb recht gut noch ein Ministerium mit verwalten könne. Gegen diese Auffassung wendet sich der alt- sozialistische „Volksstaat" mit folgender niedlichen Anzüglichkeit: „Wie kommt die „Zittauer Morgcnzeitung" zu der Vermutung, dab der Ministerpräsident „seit Jahren wenig zu tun hat"? Der sächsische Mini sterpräsident gehört doch nicht der Demokratischen Partei an. Obwohl er kein Ministerium zu ver walten hat, hat er doch seit Jahren mehr zu tun gehabt, als mancher demokratisch« Minister, der einem Ressort vorstand, jemals tat; schon das allein, was ihm mancher demokratische Minister an Arbeit verursachte, war genügend, um ihn reichlich zu beschäftigen. Jüngst hat jemand über sich fol gendes erzählt: „Ich bin durch geringe physisch« Leistungsfähigkeit, die mir früher sogar viel zu schaffen machte, in meiner Zeiteinteilung sehr ge hemmt: so habe ich, um leistungsfähig zu sein, einen sehr groben Echlasbedarf." Der Mann, der dieses Geständnis ablcgte, ist nicht der derzeitig« sächsische Ministerpräsident. Wenn die „Zittauer Morgenzeitung" darnach neugierig ist, um wen c« sich handelt, möge sie sich durch di« „Frankfurter Zeitung" Nr. 4l2 vom 5. Juni 1927, Seite 3, unter richten lassen." Befolgt man den Rat des „Volksstaates" und sieht in der bewußten Nummer der „Frankfurter Zeitung" nach, dann stellt sich heraus, daß dieses Bekenntnis von dem großen Schlafbedürfnis der ehemalige sächsische Finanzministcr und nach malige Reichsfinanzministcr Dr. Reinhold abgelegt hat, woraus man also den Schluß ziehen muß, daß es Dr. Reinhold gewesen ist, der dem Ministerpräsidenten so viel Arbeit verursacht hat. Saatenstand im Freistaat Sachsen Anfang Juni Im Monat Mai stellten sich Nachtfröste ein, die im Erzgebirge und in der Oberlausitz meh rere Kältegrade erreichten, Niederschläge kamen gegen Mitte und im letztem Drittel des Monat- häufiger vor. Die Entwicklung der Saaten wurde vorwiegend von der Kälte des Monats beein flußt, die das Wachstum lümtlicher Nutzpflanzen beträchtlich verzögerte. Der Winterweizen besitzt infolge der kühlen Witterung oft nicht mehr die gewünschte dunkelgrüne Farbe und zeigt eine gelbe Färbung der Blnttspitzen und Rostbefall. Der Wintcrroggen weist be, sonders bei später Aussaat trotz des kühlen und meist feuchten, die Befleckung befördernden Wet ters immer noch viele dünne Bestünde auf und bleibt kurz im Stroh. In würmeren Lagen be ginnen die ersten Roggenähren zu blühen. Die Rapsblüte hält bereits einige Wochen an und verläuft günstig. Ter Rapsglanzkäfer konnte infolge des windigen Wetters nur wenig schaden. Die Bestellung der Sommersaat ist auch in hö heren Lagen gegen Ende Mai beendet worden. Unter Einwirkung der Nachtfröste ist besonders das spät in den Boden gebrachte Sommergetreide in der Entwicklung zurückgeblieben, so daß es in höheren Lagen teilweise erst im Aufgehen be griffen ist. Bei der in diesem Jahre außeror dentlich langen Aussaalzeit von Anfang März bis Ende Mai weist der Hafer bedeutende Unterschiede in seinem Wachstum auf, da der zu erst gesäte unter der Maikälte wenig gelitten hat und in feiner Ausbildung fast dem Winter- weizen gleichkommt, mährend die empfindlichere späte Saat beträchtlich zurückgehalten wurde. Dem nachteiligen Einfluß der kühlen Witterung unterlagen besonders Sommerweizen und Sommergerste, deren Saaten sich vielfach gelblich verfärbt haben. Die Bestellung von
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)