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V» o § L L bekommen haben und, was die Hauptsache ist, beide Schulen sind zu einem Ganzen vereinigt worden. Die Kriegsmatznahmen brachten den Angehörigen des Handwerks schweren Schaden, nahezu 70 Prozent aller Hand werksmeister mutzten nach und nach das Werkzeug mit den Kriegswafsen vertauschen und in den Dienst des Vaterlandes treten. Großes haben in dieser Zeit die Frauen des Handwerks geleistet. Nicht nur, datz sie Lie Geschäfte selbst geleitet, die meisten haben außerdem tatkräftig zugegriffen und praktisch mitgearbeitet. Wir sahen eine Frau Bäckermeister den Ge sellen und Meister am Backofen ersetzen, Meisterstöchter im Frisieren und Rasieren, und so könnten viele ähnliche Beispiele angeführt werden. Zn gleichem Geiste ging es in allen Werkstätten des Hand werks her. Oft mußte»hier und da die Leitung des Innungs- Ausschusses oder der betreffende Obermeister eingreifen und auf die Wege Hinweisen, die zur Erhaltung und Fortführung des Geschäftes notwendig waren oder die unbotmäßig gewor denen Lehrlinge in die nötigen Schranken zu weisen. Gerade in dieser schweren Zeit hat das Handwerk seine große Bedeu tung für die Volkswirtschaft glänzend bewiesen, seine Zähig keit, auch in den schwierigsten Verhältnissen auszuhalten, seine Anpassungsfähigkeit, scheinbar Unmögliches durchzuführen, haben ihm Kraft und Stärke gegeben, wie es das Handwerk früher selbst nicht für möglich gehalten hätte. Aus diesen Fähigkeiten heraus gründete sich auch sofort bei Ausgang des unglücklichen Krieges eine umfassende Neuorganisation des gesamten Handwerks. Zm Frühjahr 1919 bildete sich der B ezi r ks au s s ch utz des Handwerks, umfassend das gesamte Handwerk der Stadt und Amtshauptmannschast Glauchau mit den Städten Hohenstein-Ernstthal, Meerane, Lichtenstein-C., Waldenburg und allen im Bezirk liegenden Ortschaften. Die Führung wurde dem Bezirksausschuß Glauchau übertragen, der zu die sem Zwecke eine eigene Geschäftsstelle eingerichtet hat und einen Geschäftsführer anstellte. Die in allen Bezirken ent stehenden Bezirks-Ausschüsse vereinigten sich sodann imLan - desausschuß des Sächsischen Handwerks, der sich in weni gen Jahren zu einer kraftvollen Interessenvertretung des sächsischen Handwerks herausgearbeitet hat. Im hiesigen Be zirke bestehen in dieser Organisation zurzeit 50 Innungen, die über 1800 Mitglieder umfassen. Reiche Pflege fand auch der Ausbau der wirtschaftlichen Unternehmungen des Handwerks, der Lieferungsverbände und der Genoffenschaften. Ganz besonders viele der letzteren haben sich trotz Ungunst aller Verhältnisse zu machtvollen Stützen Les Berufsstandes und des einzelnen Meisters entwickelt. Durch das Streben des Innungs-Ausschusses, Wissen und Fachbil- ZS 1924 20156 14 048 7118 lii ih S« bl bi 8< to d« li sis h« g« ko m H bk z< n« - c 4- A di fb D ge er bi K o, cn E P fii se hi ar (! Fl «i P m tu U dr kö düng möglichst allen selbständigen Handwerksmeistern zuzu führen, durch das enge Zusammenarbeiten mit dem gewerb lichen Schulwesen, durch entgegenkommende Mitarbeit der Direktion der Städtischen Gewerbeschule und Textilfachschule hat das Handwerk viele Vorteile für sich gewonnen. Von Jahr zu Jahr mehrt sich der Zudrang junger Leute, die im Handwerk als Lehrlinge untergebracht werden wollen, ohne daß Lie Lehrstellen auch nur annähernd ausreichen. Man kann auch in vielen Gewerben feststellen, daß eine große An zahl Meister ehrlich bestrebt ist, ihre Arbeiten über den Stand üblicher Handwerksarbeit hinaus zu heben und wirklich gute Qualitätsarbeit mit Hilfe neuzeitlicher Maschinen zu leisten. Das Hohenstein-Ernstthaler Handwerk steht daher in manchen Beziehungen weit über dem sonst üblichen Stand des Hand werks einer Mittelstadt. Wenn trotz der ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse eine Zunahme der Lehrlingsziffern gegenüber den Zahlen der Vorkriegszeit zu verzeichnen ist, so ist das darauf zurückzufüh- ren, daß in der Nachkriegszeit der Zuwachs an Lehrlingen in allen Handwerkszweigen Platz gegriffen hat. Ein Bild von der Entwicklung der Handwerks-Innungen und der Lehrlingshaltung im Bezirk der Eewerbekam- » stadtrates gefunden hat. Ueberall sieht man trotz ernster Zett, trotz der schwierigen Lage, in der gerade das Handwerk sich befindet, einen energi schen Kampf, die Verhältnisse zu meistern, ein begeistertes Srreben nach vorwärts, den ungebrochenen Mut zum Aufbau eines neuen starken, die Zeitverhältniffe richtig zu würdigen verstehenden Handwerks. Möge die Zukunft diese Begeisterung zur Arbeit lohnen, möge Einigkeit und zielbewußter ernster Wille alle Angehöri gen des Handwerks beseelen und geschloffen zusammenführen zu den vielen zu lösenden Aufgaben, möge hieraus auch den künftigen Trägern unseres lieben Handwerks als beachtlicher Faktor im Wirtschaftsleben der alte Spruch wieder Wahrheit werden: „Handwerk hat goldene« Bode«." mer Chemnitz geben folgende Zahlen: Jnnungsmitglieder 1910 (freie und Zwangsinnungen) 17 950 Gesellen 15 927 Lehrlinge 6 380 Die im März 1926 gegründete Dauhandwerker- Eenossenschaft bezweckt in erster Linie, ihren Mitglie dern Arbeit zu verschaffen. Sie geht von dem Grundsatz aus, datz Wohnungsbau die wichtigste Wohlfahrtspflege ist. Das von ihr eingereichte Bauprojekt (Erstellung von neun Woh nungen) wurde in der Stadtverordnetensitzung vom 29. März 1927 angenommen, das auch Lie Zustimmung des Eesamr- Kommen und Gehen in -er Mamemoett um Hohenstein-Ernstthal Im Juli 1915 wanderte Herr Müller von Oberölsnitz i. E. nach dem Gasthofe zum Bromnitzer. Plötzlich blieb er erstaunt stehen. Auf einem Kornfelde nahe des Weges sah er in Men gen eine Wickenart wuchern, die ihm völlig unbekannt war. Immer hatte sich Herr Müller damit gebrüstet, datz ihm jede Blütenpflanze Sachsens bekannt sei, und jetzt, ausgerechnet in feiner engeren Heimat, versagten seine botanischen Kenntnisse. Die Wicke ähnelte der Zaunwicke, aber ihre Blüte war auffal lend groß und war schmutzig-gelb gefärbt. Kopfschüttelnd pflückte Herr Müller einige Pflanzen ab und nahm sie mit nach Hapse, um sie hier zu bestimmen. Er zog seinen alten, guten Wünsche, Pflanzen Sachsens, zu Rate, aber diesmal ver sagte auch dieser vollständig. Wohl beschreibt er 16 verschie dene Wickenarten, die in Sachsen vorkommen, aber keine der Beschreibungen paßte auf die Oelsnitzer Pflanze. Herr Mül ler wurde recht kleinlaut. „Entweder bin ich unfähig, eine lappige Wickenart bestimmen zu können, oder sie steht über haupt nicht im „Wünsche", sagte er. Als weiser Mann suchte er aber zunächst die Ursache seines Mißerfolgs in sich selbst. Die Angelegenheit ließ ihm keine Ruhe. Am nächsten Tage machte er nochmals den Versuch, den Name der Wicke festzustel len, aber wieder ohne jeden Erfolg. Wütend erklärte er nun: * Hier mutz Gewißheit geschafft werden, ob die Schuld an mei ner Unfähigkeit oder an dem „Wünsche" liegt, und kurz ent schlossen sandte er die Pflanze mit einem Begleitschreiben an Las Botanische Institut der Technischen Hochschule in Dresden. Nach wenigen Tagen traf die Antwort ein! „Großblumige Wicke (Vicia grandiflora). Für Sachsen neu. Heimat SLL- ungarn. Durch Getreide eingeschleppt. Hält sich bei uns nicht." Herr Müller atmete freudig auf. Seine Ehre als Botaniker war gerettet. Jedes Jahr im Juli wanderte er nun dem Bromnitzer zu, um nach seiner Wicke zu sehen, und stets erlebte er die große Freude, sie wiedsrzufinden. Aller dings nicht mehr in so großen Mengen wie 1915, aber doch in genügender Anzahl. Auch im Sommer 1926 war sie noch an zutreffen. Es besteht also die begründete Aussicht, datz sie für immer unserer heimischen Flora erhalten bleibt. Schon im Jahre 1903 hatte Herr Müller einmal Entdecker freuden erleben können. Es wurde von ihm eine für unsere Gegend neue Pflanzenart festgestellt. Auf einem Kartoffel acker in Gersdorf sand er nämlich mehrere Exemplare der arabischen Luzerne (Medicago arabiea). Es ist dies eine kleine, unansehnliche Pflanze mit einer winzigen, gelben Blüte. Sie wird aber auch dem Laien leicht kenntlich durch große. ja A je tr kr li di b, Li lk S P ke al d, li B S je b, 3 g> Li ei m st ih