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Wenn die Rosen blüh'n, dann ist eine köstliche Zettl Im Juni erschließen sich die Blüten, die Welt und Men schen mit ihrem Tust berauschen. Auf der Scheide zwischen Frühling und Sommer liegt die Zeit der Königin der Blumen. Es ist nun auffällig, daß in alten Büchern berichtet wird, bereits tm Mai hätte die Rose in voller Blüte gestanden und anfangs Juni sei der Rosendust in Stadt und Tvrf, in Haus und Garten berückend gewesen. Man könnte aus dieser Feststellung die Gewißheit er langen, daß es auf unserem Breitengrad kälter geworden sein^ must und die Theorie von der Erkaltung der Erde bestätigt finden. Tenn tatsächlich rechnet man tn unseren Tagen mit einem vollen Blühen der Rosen erst um Mitte Juni herum. Ter Juni hat nicht mehr mit vollem Recht den Namen Rosenmonat, weil viele Nosenarten erst im ^ult durch ihr schönes, bezauberndes Kleid Freude spenden. Keine unserer vielen und doch gewiß schönen Blumen hat die Dichter so begeistert, wie die Rose. Königin der Blumen ist sie geworden, als menschliche Kunst noch nicht die vielen Arten geschaffen hatte. Es gab vor wenigen Jahrzehnten nur eine kleine Auswahl von Rosen: weiße und rote Rosen stanocn an erster Stelle. Heule aber gibt es wenige Farben in der laugen Farbenskala, die noch nicht bei den Rosen zu finden sind. Tie herrlichsten Farbtöne hat menschliche Kunst auf die Königin der Blumen über tragen, und wenn die Rose auch früher bereits tn schlich tem und alltäglichem Kleide ihren stillen Zauber aus- übte und zum menschlichen Gemüts sprach, so ist sie in zwischen in ihren vielen und berückenden Farben eine lebendige Sprache der Menschen zu allen Gelegenheiten geworden. Was der Dichter von früher gesungen, will heute nicht mehr so recht in die Zeit passen. Bewundert man eine Nosenausstellung, wie sie seht wieder tn Lieg nitz gezeigt wird, so wird einem der gewaltige Fortschritt klar, der tn der Nosenkultur zu verzeichnen ist. Der Rosen züchter scheint eines der schwierigsten Probleme gelöst zu haben, er hat der Natur gewissermaßen ins Hand werk gepfuscht, wie der Volksmund sagt. Dieses „P fuschen" aber ist dennoch ein Fortschritt geworden. Aus den weni gen Farben ist eine Farbenpracht geworden, die das mensch liche Auge erfreut. Und aus den alten Formen sind neue erstanden, rassig, voll, satt.* Ist die Rose immer schon besonders gepflegt und gehütet worden, ist ihr immer schon die größte Aufmerksamkeit zuteil geworden, jo wird sie jetzt mit einer Liebe bewacht und gehegc, als ob sie eine Kostbarkeit wäre. Freilich: kostbar ist diese Blume, wertvoll tn einzelner Knospe, geschätzt tm vollen Strauß. Smnbild ist sie, Freude, Glück. Sie revet ihre eigene Spruche, die die Lichter abgelaujcht haben und die Volks gut geworden ist. Tie Liebe des Bolles für die Rose, der Zauber, den die Blume auslöst, ist ichließlich allein Ursache geworden, baß sie in allen Sagen, alten Märchen, selbst m alten Kirchenliedern eine große Rolle spielt. Und Frühlings- lieber gibt's gar viel, die von Nosenduft durchhaucht sind, Liebeslieder gibt's tn großer Zahl, die den zarten Duft der Rose ausströmen. Liebe und Rose gehören zu sammen. Tie Rose begleitet den Menschen von der Geburt bis zum Grabe. Sie ist der Dank für die glückliche Mutter, dre Aufmerksamkeit des Bräutigams, die Blume tm Kranz, der den frischen Hüge' schmückt. Eulenburg hat tn jecnen Rosenliedern die Rose als Symbol gesehen und eigentlich nur da? dichterisch und musikalisch auSgedrückt, war tn Wesen des Volkes lange b „rtffen und hermisch war. Auch die bildende Kunst hat diese Blume seit Jahrhunder- ten verehrt und von ihr Anregungen erhalten. In alte« Kirchenliedern und in frommen Gesängen von Marta uns vom Jesuskind spielt die Rose eine Rotte. An '<-len katholischen Kirchen sind Roienkelche gemeißelt und an alten Kunstdeukmälern ist die Rose Schmuck und Zierde ge- worden. Tie Rose ols toter Stein indessen wiro mit Recht von der neuen Kunst verworfen. Sie blüht ja alljährlich und überall, sie zeigt sich in jeder Gestalt, In 'chönster Pracht, weshalb nachbilden, was die Natur in Fülle bietet? Schöner ist's im Häuschen zu wohnen, baS rosen umrankt, eingehüllt tn Tust und Blüte, Seligkeit um schließt. Schöner tst's, durch Rosengärten zu wandern und zu schauen und zu fühlen, wie diese Blume, hold unk» innig, die große Sprache von der Allmacht redet, die unH allein solche Wunder bescheren kann.