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j 55-Sl !k Mittel, Ü7. Fortsetzung. - «« MSsStL Nachdruck verboten. ^'„Eie sagen das so gewiß, fast wie ein Dogma klingt es. Haben Sie denn die Gegenschrift nicht gelesen?, „Ja, ich las sie, aber ich stehe auf Seiten Heinz Wal dows", entrang es sich schwer ihren Lippen, als wüßte sie, daß dieser Ausspruch sie von dem neben ihr stehenden Manne trennen mußte. „Also ipr feindlichen Lager — meine Feindin." Es klang etwas Schmerzliches durch seine Stimme, dar Ilse erbeben ließ. „Ja, erwiderte sie kurz und fest, in der instinktiven Absicht, eine Schranke zwischen sich und ihm aufzurichten. Graf Konrad schwieg und sah gedankenvoll vor sich hin, „Herr Graf, lasten Eie uns unsere Gedanken und An sichten in diesem Streite austauschen, lasten Sie uns —" „Nein", unterbrach er sie fast rauh. „Warum nicht?" fragte sie, durch den Ton gereizt, trotzig. Er holte tief Atem und sah sie dann mit eigentümlichem Blick an: „Weil ich Eie nicht zur — Ueberläuferin machen will!' stieß er hervor. „Zur lleberläuferin?" gab Ilse zitternd vor Erregung zurück. „Eo fest überzeugt sind Eie von der Wahrheit Ihrer Anschauungen und Lehrsätze?" „siia." „Welche Eelbstüberschätzung, welcher geistige Hochmut, welche Unfehlbarlcit sprach sich in diesem Ja aus! War das noch derselbe bescheidene Gelehrte, für den sie ihn bisher gehalten hatte? „Halten Sie mich für ein schwankes Nohr, das jeder Wind beliebig hin- und herwehen kann?" fragte sie. „Nein, gewiß nicht", erwiderte er warm, „aber ich möchte Sie nicht in einen Zwiespalt mit sich selbst bringen, ich möchte Sie vor den Zweifeln bewahren, die das Herz bedrücken und die Nerven erregen. — Der harmonische Gleichmut Ihrer Seele, die ruhige, zielbewutzte Klarheit Ihres Tuns und Ihrer Empfindungen soll Ihnen nicht geraubt werden." „Ah!" entgegnete Ilse, „Eie wollen nicht mit mir rech ten. Was liegt auch an der Meinung eines Weibes!" „Fräulein Römer, womit habe ich diesen Epott ver dient?" „Verzeihen Sie mir!" Ilse senkte, beschämt über i'- ganz unbegründete Heftigkeit den Kopf. Dann hob sie u, mit einer schnellen Bewegung wieder auf: „Sie sagten, Sie wollten meinen Gleichmut und nw' Ruhe nicht stören — wenn sie nun aber — schon gesi wäre — wenn ich das bange, vorahncnde Gefühl hätte: e kommen Zweifel für dich — sie müssen und werden kommen Graf Konrad zeigte ihr die bedeutendsten und wert vollsten Tinge, antike Originalfunde, Vasen, Urnen und andere Gegenstände, die man bei Ausgrabungen in alten Gräbern gefunden hatte und die von der Kunst einer längst vergangenen Epoche zeugten. An jedes knüpfte er eine kurze, sachgemäße Erklärung und Ilse lauschte seinen Worten, wie man den Worten eines Lehrers lauscht, voll Eiser und Lernbegier. Er sprach klar und ruhig, ohne jede Erregung, ohne den Ton des Dozierens, doch mit dem Bewußtsein und der Ucber- zeugung: sie ist wahr und echt, foglich muß sie der andere mit dir teilen. Ilse warf ab und zu eine Frage dazwischen, er fing sie auf, beantwortete und erörterte sie. Ein Wort gab das andere, und ehe sich beide dessen bewußt waren, befanden sie sich in einem wissenschaftlichen Gespräch, das ihre Ge danken und Empfindungen so vollständig beherrschte, daß sie Ort und Zeit darüber vergaßen. Immer tiefer gerieten sie hinein und Graf Konrad hatte kaum Zeit, sich über den ungewöhnlichen Scharfsinn und die staunenswerten Kennt nisse Ilses zu wundern; er hatte wohl überhaupt das Weib vergessen. - Da tat er plötzlich einen Ausspruch, der Ilse stutzen machte. „Was sagten Sie soeben, Herr Graf?" fragte sie erregt, und ihre ruhige Sicherheit schien sie verlassen zu haben. Er wiederholte noch einmal seine Ansicht und Meinung. Ilse war blaß geworden. Das war ja eine der Streit fragen in Heinz Werk gewesen und er, Graf Konrad, stand auf feindlicher Seite. Sie fühlte wohl, welche Gefahr in einer weiteren Aus einandersetzung lag, und doch mußte sie sie hcrbeiführen. „Sic berührten soeben eine Frage, die die Eclehrtcnwclt zurzeit in zwei Teile spaltet, Herr Graf." „Wie? Auch davon wissen Eie, Fräulein Römer?" fragte er überrascht. „In der Tat, Ihre Kenntnisse setzen mich in Erstaunen. Sind Cie denn näher in diesen Streit eingedrungcn?" „Ich habe das Werk Heinz Waldows gelesen", ant wortete Ilse, bei Nennung dieses Namens unwillkürlich er rötend. „Es war ja ^Ausgangspunkt des Streites." „Allerdings. Das Werk des jungen, heißspornigen Gelehrten, der mit seinen neuen Ideen die Grundlagen der Wissenschaft stürzen möchte, gab den Ausschlag zu dem Streite. Ein kluger, genialer Kopf ist er; aber Fräulein Römer, ich fürchte — er wird seinen stolzen Nacken beugen müssen — er und seine Anhänger werden — unterliegen." „Nimmermehr!" brauste Ilse scheinbar so unmotiviert auf, daß Graf Konrad sie befremdet anjah. Dann umspielte seine Züge ein seines Lächeln;^- MLUHM ZUM SOherrsteimEmstLhaler Tageblatt und Kmeme