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N --o - um zehn Uhr war Herta der Eisenbahnfähre L N Schlosse weilenden Gäste zu begrüßen. „Erstens geht man auf Olbersdorf schlafen," hatte er gesagt, „und außerdem Meinung, daß du dich nach der langen Ern Grmmernachtstraum. Humoreske von Reinhold Ortmann. (Nachdruck verboten.) Da sie erst mit dem Abendzuge auf der Station an gekommen war und noch eine gute Wagenstunde bis nach Schloß Olbersdorf hatte, durfte sich Eva von Hildeck nicht wundern, nur von der Herrin des Hauses, Kusine Herta von Lendringen, empfangen zu werden. Baron Lendrin gen, der die zu längerem Aufenthalt erwartete junge Ver wandte von der Bahn abgeholt, hatte sie unterwegs schon daraus vorbereitet, daß sie an diesem Abend nicht mehr Gelegenheit finden werde, einen der bereits auf dem sicherlich am liebsten sogleich zur Ruhe begeben würdest. Wir haben darum deine Ankunft als großes Geheimnis behandelt. Und die Überraschung wird für gewisse Leute morgen eine nm so freudigere sein." Daß mit diesen gewissen Leuten nur ein gewisser Jemand gemeint war, wußte Eva sehr gut. Die Familie tat ja schon seit Monaten alles, was in ihren Kräften stand, den ziemlich offenkundigen Bemühungen des jungen Freiherrn von der Esche um Evas Gunst Vorschub zu leisten. Und sie war keineswegs ungehalten darüber, wenn sie sich auch bis zur Stunde die volle Freiheit ihrer Entschließung gewahrt hatte. Der stattliche und ritter liche Bewerber gefiel ihr ja gar nicht übel und manchmal war sie sogar der Meinung, ihn ein bißchen zu lieben. So sollte denn dieser gemeinsame Sommeraufenthalt auf Schloß Olbersdorf gewissermaßen die letzte entscheidende Probe auf die wahre Natur ihrer Gefühle für Egon von der Esche sein. Da sie den angebotenen Imbiß ablehnte, wurde sie von ihrer Kusine, einer noch immer hübschen und jugend lichen Dame von 32 Jahren, sogleich auf ihr Zimmer ge- führt und, wie es zwischen weiblichen Wesen selbstver ständlich ist, es währte ziemlich lange, ehe sie dazu kamen, sich zum letzten Male gute Nacht zu wünschen. Eva wollte natürlich wissen, mit wem sie hier die nächsten Wochen verleben würde, und sie fand, daß unter dem halben Dutzend Namen, die Herta aufzählte, keiner eine neue Bekanntschaft für sie bedeutete. „Aber dein Mann hat mir doch erzählt, daß auch Ger hard Brugger hier ist, um dein Porträt zu malen. Er bleibt hoffentlich noch recht lange. Denn gerade auf ihn freue ich mich viel mehr als auf alle die anderen." (Schluß folgt.) wurde. Niemand wollte mehr für rhn arbeiten, niemand etwas an ihn verkaufen, die Eisenbahn weigerte sich, sein ; Vieh zu transportieren, und so blieb ihm nichts anderes . übrig als die Auswanderung. Das in Amerika beliebte I rasche Justizverfahren, das Lynchen, wird auf John Lynch > zurückgeführt, der gegen Ende des 17. Jahrhunderts in ; Nord-Karolina lebte. Die dortige Bevölkerung hatte unter « den Ausschreitungen verbrecherischer Neger außerordent- I lich zu leiden. Da die Gesetze nicht ausreichten, um gegen > diese Mißstände wirksam vorgehen zu können, wurde ! Richter Lynch mit unbeschränkter Machtvollkommenheit ausgestattet, die er nach Kräften ausnutzte. Die Guillotine ist das Werk des Arztes Guillotin. Das Nikotin verdankt seinen Namen dem Diplomaten und Gelehrten Jean Nicot, der im Jahre 1560 den Tabak von Lissabon nach Frankreich brachte und dadurch größere Be rühmtheit erlangte als durch seine politische und wissen schaftliche Tätigkeit. Der Straßenbau kennt den Begriff des „Makadamisierens". Dieses seltsame Wort geht auf den Schotten MacAdam zurück, der vor etwa hundert Jahren als Wegebaubeamter in England tätig war und auch mehrere Schriften veröffentlicht hat. Er hat ein be sonderes System des Straßenbaues begründet. In Paris werden zuweilen irrigerweise noch heute die Asphalt straßen mit diesem Namen bezeichnet. So gibt es im Sprachschatz eine Fülle von Begriffen, die Personennamen ihr Dasein verdanken. — r- " L s s 's Personennamen, die zu Begriffen geworden sind. Von Friedrich Berka. (Nachdruck verboten.) Wie alle Sprachen der Welt, so verfügt auch die I deutsche über eine große Anzahl von Wörtern, die längst > ihren Ursprung verleugnet haben und nicht mehr erkennen ' lassen, daß es sich dabei ursprünglich um Personennamen > gehandelt hat. Sie sind längst als feststehende Begriffe in I die Sprache übergegangen. Die Technik, die Physik und I verwandte Wissenschaften haben, um dem Bedürfnis nach j knappen und verständlichen Ausdrücken zu genügen, längst ' eine große Anzahl von Personennamen in ihre Termino logie ausgenommen. Jedermann spricht von einem I Ampere, einem Volt, einem Ohm; wer am Morgen die ! Temperatur feststellen will, liest am Thermometer einfach ' soundsoviel Grad Celsius, Reaumur oder auch Fahrenheit ob. Der „Büdeker" ist für das internationale Reisepubli- I kum ein begehrter Gebranchsgegenstand geworden, überall ! haben sich hier die Namen der Erfinder auf die Bezeich- ' nung ihrer Schöpfungen übertragen. Der Pianist spielt auf dem „Blüthner" oder „Bechstein", kein Mensch würde I von einem Flügel oder Pianino reden. Fälle solcher Bedeutungswandlung gibt es von jeher. ! Das Wort „Kaiser" und der Bcgriss, der sich mit ihm vcr- I bindet, verdankt dem- Namen Cäsar seine Entstehung. Wer i käme auf den Gedanken, in dem Wort „schick" einen Per- > sonennamen zu vermuten? Und doch hat dieser Begriff > nicht eine, sondern gleich mehrere Entstehungsgeschichten. I Die einen führen das Wort auf einen Wiener Schneider I namens Schick zurück, der in Paris durch seine ausgezeich- » neten Modeschöpfungen zum Ruhm gelangt und auf diese > Weise in die Unsterblichkeit eingegangcn sein soll. Diese « Lesart ist freilich nicht verbürgt. Tie andere nennt einen > gewissen Chicque, den Sohn eines Fruchthändlers, der sich » bei dem berühmten Maler David ansbilden ließ. Dieser ! Künstler förderte arme junge Leute mit Talent ohne jede I Gegenleistung. Ter kaum sechzehnjährige Chieque war » bald der Liebling seines Lehrers, der ihn stets vor seinen » Genossen lobte und ihm eine große Zukunft vorhcrsagte. > Aber der junge Mann starb mit achtzehn Jahren und « David konnte diesen Verlust nie verschmerzen. Sooft ihm I ein Schüler eine Studie vorlegte, die ihm nicht gefiel, sagte ; er kopfschüttelnd: „Tas ist nicht Chieque, der würde cs i ganz anders gemacht haben." Wenn er aber wirklich loben I wollte, so sagte er: „Wahrhaftig, das ist echter Chicque!" I Diese Gewohnheit, ein Werk nach seinem künstlerischen ; Wert zu beurteilen, teilte sich bald auch seinen Schülern i mit und von dem Meisteratelicr nahm das Wort seinen I Weg in die Kaffeehäuser und Künstlerkneipen, wurde im ! täglichen Gebrauch verstümmelt und hat sich dann als ' .chic" oder „schick" verbreitet. Ob dagegen der „Pompadour", das beliebte Requisit I der Modedamen von gestern, mit der berühmten Frau ; gleichen Namens gemeinsamen Ursprung hat, erscheint ' fraglich. Dagegen ist gerade die Geschichte der Mode reich « an Beispielen solcher Bedeutungswandlung. Der bei den > Herren früher so berühmte Havelock, der sich in die deutsche i Sprache eingebürgert hat, geht auf den britischen General i Sir Henry Havelock zurück, der eine große Rolle in der i indischen Geschichte spielte. Auch Krawatten, wie etwa die I Lsotard- und die Mascagni-Krawatte, haben häufig vor'. ! denen, die sie „kreiert" haben, den Namen bekommen. Auch i die in der Französischen Revolution berühmt gewordenen I „Pantalons", die im Gegensatz zu den den Royalisten I eigentümlichen Kniehosen revolutionäre Gesinnung doku- , mentieren sollten, gehen auf den Pantalone, eine komische I Figur in der altitalienischen Komödie, zurück. Der Vater des „Chauvinismus" ist ein abgedankter j Veteran namens Nicolas Chauvin, der als Großsprecher « und Lobredner des Kaisers Napoleon zu seiner Zeit eine ! Pariser Berühmtheit war und durch Scribe literaturfähig I wurde. Die Begriffe des Boykotts und des Boykottierens I verdanken dem Kapitän Charles Cunningham Boykott » ihre Entstehung, der als Grundbesitzverwalter in der » irischen Grafschaft Mayo die kleinen Pächter drangsalierte, i so daß er im Jahre 1879 von der irischen Landliga geächtet