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WDOWer AM Erichen» jeden Wochentag nachmittag«. — Fermpr. Nr. II. Postscheckkonto Leipzig 23 464 — Gemeindegirokonto 14. — Bankkonten: Commerz- und Privat-Bank Zweigstelle Hohen stein - Ernstthal — Darmstkdler und Nationalbank Zweig» niederlassung Hohenstein-Ernstthal. — Unverlangt «ingesandt« Manuskripte werden nicht zurückgeschickt — Einsendungen ohne Namensnennung finden keine Aufnahme und AnDM Bei Klagen, Konkursen, Vergleichen usiv. wird der Brutto betrag in Rechnung gestellt Jin Falle Höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher Störung deS Betriebe« der Zeitung, der Lieseranten oder der Bcsürdcrungseinrlch- tungen — Hal der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung «der Nachlieferung der Zeitung oder aus Rückzahlung deS Bezugspreise«. Hohenstein-Ernstthaler Zeitung, Nachrichten und Neueste Nachrichten Generalanzeiger sür Hohenstein-Ernstthal mit Hüttengrund, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Rüsdorf Langenberg, Meinsdorf, Falken, Langenchursdorf, Reichen bach, Callenberg, Grumbach, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Pleißa und Rüßdorf. Dieses Blatl ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts, deS Finanzamts und des Stadtrats zu Hohenstein-Ernstthal, sowie der Behörden der umliegenden Ortschaften behördlicherseits bestimmte Blatt. Druck und Verlag von Dr. Alban Frisch. Nr. 83 Der Preis der einwMUac» Anzeigenzeile delriigt lS, der Neklame^eile 4!> Goldvienxiae. Für den Nawwei« werden lü Goldvlenmae berechnet. Freitag, den 8. April 1927 Ve»ua«vreis yoldmonaliich 8» Goldvleaniae eiulwIikkNch Traaerlohn. 77. guhrg. Reichstag und deutsch-französisches HandelSpwvisorium Bo» unterem Berliner Bertret-r Berlin, 8. April Das Reichskabinctt, der Reichsrat, der han delspolitische Ausschuß des Reichstages und end lich das Plenum selbst haben nunmehr dem neuen deutsch-französischen HandelsPro visorium zugestimmt. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstages hat sich gleichfalls mit dieser Angelegenheit beschäftigt, ohne jedoch zu einem Beschluß zu kommen. Diese Tatsache wird in politischen Kreisen viel besprochen und man er klärt, daß der Auswärtige Ausschuß aus dem Grunde zu keiner klaren Stellungnahme gekom men ist, weil die Bedenken gegen das neue Han- delsprovisorium mit Frankreich immer größer werden. Es sei nur auf den Protest des Reichs verbandes der deutschen Industrie und der Wein- bau-Inberessenten hingewiesen. Die Industrie ist kanntlich vor dem Abschluß des Provisoriums überhaupt nicht gehört worden, desgleichen auch nicht die'deutschen Interessenten im Saargebiet. Wie stark die Opposition im Eaargebiet gegen das Abkommen ist, geht daraus hervor, daß sich maßgebende Vertreter der dortigen Wirtschaft nach Berlin begeben haben und hier mit dem Neichsaußenminister und den andetcn sür in ternationale Handclsfragen in Betracht kom menden Reichsstellen Rücksprache genommen hat ten. Den Saarvertretern sind beruhigende Er klärungen abgegeben worden, daß in dem end gültigen deutsch-französischen Handelsvertrag die berechtigten Interessen des Saargebiets besser gewährt werden sollen. Was die deutsche Indu strie betrifft, so weist man vor allem daraufhin, daß durch das Kontingent von Industriewaren, das Frankreich hereinzulassen eingewilligt hat, nur ein Teil der deutschen Wirtschaft berücksich tigt werde. Hinzu kommt noch, daß es äußerst zweifelhaft ist, ob in der kurzen Zeit von drei Monaten das Kontingent praktisch ausgenutzt werden kann. Angesichts der Proteste der deutschen Indu strie und des deutschen Weinbaues war cs nun äußerst zweifelhaft, ob der Reichstag dem Han delsprovisorium zustimmen würde. Wenn auch die im Reichskabinett vertretenen Minister der Deutschnationalen und des Zentrums das Ab kommen gebilligt haben, so bedeutete das keines wegs, daß die Fraktionen sich dem Standpunkt ihrer Minister anschließen würden. Für di« Deutschnationalen war die Zustimmung zum Provisorium insofern erleichtert, als der Haupt vorteil, den das neue deutsch-französische Provi sorium dem deutschen Reiche bringt, nämlich die Erhöhung des Mehlzolles, den deutschen Agrar kreisen in erster Linie zugute kommt. Trotz die ses Vorteils machte sich innerhalb der deutsch nationalen Neichstagsfraktion eine Bewegung geltend, die das Provisorium abgelehnt wissen wollte. Im Zentrum war man darüber äußerst ungehalten, und es fanden noch am Donnerstag vormittag Verhandlungen zwischen Vertretern der Deutschnationalen und des Zentrums statt, die zum Ziele hatten, die Deutschnationalen zu bewegen, im Plenum für das Provisorium zu stimmen. In parlamentarischen Kreisen erzählte m«n sich, daß das Zentrum den Deutschnationa len klar zum Ausdruck gebracht habe, daß es bei der entscheidenden Abstimmung im Reichstag das Provisorium gleichfalls ablehnen müßten, wenn die Deutschnationalen geschlossen oder zum Teil gegen das Abkommen stimmen sollten. Nach lang wierigen Verhandlungen wurde zwischen beiden Fraktionen schließlich eine Einigung erzielt. Von feiten des Zentrums wird besonders darauf hingewiesen, daß die Zustimmung zum Proviso rium auch für die Zentrumssraktion ein Ovfer bedeute, umsomehr, als man hier der Ansicht ist, daß die deutsche Delegation, die schon früher der französischen Gemüsecinsuhr zugestimmt hatte, mit der Bewilligung des Weinkontigentes nunmehr gewissermaßen die letzte Karte ausge spielt und damit auch die Chancen Deutschlands für den endgültigen Handelsvertrag wesentlich beeinträchtigt habe. Wenn nun di« Deutschnatio- nalen und das Zentrum sich doch für die An nahme des Provisoriums entschlossen haben, so ist das nur darauf zurückzusühren, weil die Reichsregierung die Zusicherung gegeben hat, daß in dem endgültigen deutsch-französischen Handelsvertrag die Interessen der deutschen Wirtschaft besser gewahrt werde» sollen. * Drs-cher Keich«« Berlin, 7. April Vizepräsident Dr. Ri eher eröffnet die Sitzung nm 2 Uhr. Aus der Tagesordnung steht zunächst ein Ge setzentwurf, der den Reichsfinanzminister ermäch tigt, bis zum Höchstbetrage von 23,5 Millionen Garantien von Lieferungsgeschäften nach Ruß land zu übernehmen. Abg. Dr. Frick (Natsoz.) fragt an, ob aus Reichsmitteln Beträge an die Mologa gegeben worden seien. Reichswirtschaftsminister Dr. Cnrtius er widert, daß die Geschäfte, die mit Ausfallbürg- schaften versehen sind, mit der Mologa nichts zu tun haben. Die Mologa sei vom Reiche nicht sub ventioniert worden. Die Vorlage wird darauf in allen drei Lesun gen angenommen. Ein Gesetzentwurf über die Unterhaltung der Grenze des Saargebietes wird in allen drei Lesungen angenommen. Es folgt die Beratung sozialdemokratischer und demokratischer Anträge auf Acnderung des Gesetzes über Zolländerungen (Zollfrei heit für Roggen, Gerste zur Viehfiitterung, Mais bis zum 30. Juni dieses Jahres). Dem Vor- Ichlage des Ausschusses entsprechend werden die Anträge ohne Aussprache a b g e l : h n t. Angenommen wird eine Entschließung, die Reichsregierung zu ersuchen, nach Rückzahlung der Abwicklungskrcdite im Interesse einer baldi- digen Entlastung der Landwirtschaft von der Rentenbank-Grundschuldlast auf eine Bereitstel lung hierfür geeigneter Mittel bei der Renten bankkreditanstalt Bedacht zu nehmen. Da die Drucksachen für das deutsch-französische Handelsprovisorium noch nicht vorliegen, wird die Sitzung bis 3.30 Uhr unterbrochen. Auf der Tagesordnung der neuen Sitzung teht die erste Lesung des Zusatzabkommens zum vorläufigen Handelsabkommen mit Frankreich. Abg. v. Guerard (Ztr.) gibt eine Er klärung ab, in der er hervorhebt, daß die Re gierungsparteien der Vorlage mit leb haften Bedenken gegenüberstehen. Die Be denken gründen sich in erster Linie darauf, daß die deutsche Regierung bei der Verlängerung eines Provisoriums Zugeständnisse bezüglich der deutschen Weinzölle gemacht hat, die bei einem Provisorium nicht gemacht werden durften und geeignet sind, den Abschluß des endgültigen Handelsvertrages für den deutschen Vertrags partner zu erschweren. Der Redner verweist auf die große Gefahr, die dem deutschen Weinbau er wächst, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem neue Absatzschwierigkeiten für die deutschen Win zer entstanden sind. Ebenso bedroht ist der deutsche Gemüsebau und die deutsche Obst ¬ zucht. Auch für die Industrie ist das Pro visorium n i ch t e r f r e u l i ch. Wenn die Regie rungsparteien sich trotzdem entschlossen haben, der Vorlage z u z u st i m m e n, so tun sie das in der bestimmten Erwartung, daß ein ausgleichen der, auch die deutschen berechtigten Forderungen genügend berücksichtigender langsristiger endgül tiger Handelsvertrag auf der Grundlage der gegenseitigen M e i st b e g ü n st i g u n g baldigst abgeschlossen wird. Die Regierungsparteien er klären schon heute, daß sie einer weiteren Einfuhr französischer Weine zu den ermäßigten Zollsätzen im Wege des Provisoriums nicht zustimmen wer den. Sie lassen auch keinen Zweifel darüber, daß sie einer Herabsetzung der Zollsätze für Weine unter die mit Italien und Spanien vereinbarten Sätze in keinem Falle ihre Zustimmung geben können. Abg. Dr. Hilferding (Soz.) lehnt das Provisorium ab. Wir müssen anderen Staaten Zugeständnisse bei den Agrarzöllen machen, wenn wir Gegenleistungen für unsere Industrie errei chen wollen. Abg. Meyer-Berlin (Dem.) weist darauf hin, daß eine tatkräftige Handelspolitik aus die Förderung der Ausfuhr und auf die Erleichte rung der Einfuhr von Rohstoffen und Halbfabri katen hinwirken müsse. Die Vorlage wird in allen drei Lesungen an genommen. Die Schlußabstimmung ergibt die An- n ame der Vorlage mit 180 Stimmen der Re gierungsparteien gegen 163 Stimmen der Oppo sition bei 20 Enthaltungen der Demokraten. Die sozialdemokratischen und demokratischen Forde rungen aus Zollerleichterungen sür Roggen und Futtergerste werden abgelehnt. Es solgt die zweite Lesung des Arbeits zeitnotgesetzes. Abg. Schneider (Dem.) berichtet über die Ausschußverhandlungen. Daraus wurde die Sitzung durch eine Pause unterbrochen. In der wiedererösfneten Sitzung wird die zweite Lesung des Arbeitszeitnotgesetzes fortgc setzt. Abg. Schwarzer- Oberbayern (Bayr. Vpt? gibt im Namen der Regierungsparteien eine Erklärung ab, in der festgeftellt wird oaß die Vorlage den Arbeitnehmern eine Ver besserung des bisherigen Zustandes bringt. Sic schützt die Angestellten vor Ausnutzung und sicher' ihnen für Mehrarbeit eine angemessene Entschä digung zu. Trotz mancherlei Bedenken sei, mi' der Vorlage ein wesentlicher Fortschritt erreicht. Ein sozialdemokratischer Antrag, den Berg, arbeitern schon bei einer Arbeitszeit von weh' als sieben Stunden den Zuschlag zu geben, wurde mit 200 gegen 168 Stimmen bei einer Enthal tung abgelehnt. Abg. Becker- Herborn (Soz.) beantragt, im Bergbau unter Tage und bei ähnlich gefährdeten Berufen eine lleberschreitung des Zehnstunden tages nicht zuzvlasscn. Reichsarbeitsminister Dr. Brauns erwider' auf eine Anfrage, die Deutung des Begriffes „Allgemeinwohl", der eine weitere Arbeitszeit zulasse, sei doch klar: Es müsse sich da um ein Allgemeininteresse, nicht um ein Privatinteresse handeln. Die zweite Lesung der Vorlage wird zu Ende geführt. Das Haus vertagt sich auf Freitag 11 Uhr. Um den Finanzausgleich Der Ncichsrat lehnt alle Einsprüche ab Berlin, 7. April Der Neichsrat beschäftigte sich in seiner öffentlichen Vollsitzung am Donnerstag mit der Uebergangsregelung des Finanz ausgleiches zwischen Reich, Ländern und Gemeinden. Der Berichterstatter über die Verhandlungen der Ausschüsse, Ministerialdirigent Dr. Hog, be antragte namens der Ausschüsse, von dem Gesetz Kenntnis zu nehmen, ohne Einspruch zu erheben. Der sächsische Ministerialdirektor v. Sichart beantragte, gegen die Reichs'agsbeschlüsse Ein» spruch zu erheben. Der Vertreter H a m burgs gab eine Er klärung ab, wonach Hamburg gegen das Ge setz die schwersten Bedenken erhebe und gegen die durch nichts gerechtfertigte Benachteiligung protestiere, welche Hamburg dadurch erwachse, daß ein großer Teil der Einkommen- und Körper schaftssteuer nicht mehr nach dem örtlichen Auf kommen, sondern nach dem Umsatzsteucrschlüssel verteilt werden soll. Hamburg müsse die be stimmte Erwartung aussprechen, daß die jetzt ge troffene Regelung aus keinen Fall bei der Rege lung des endgültigen Finanzausgleiches wieder angewandt wird und daß, wenn eine Senkung der Umsatzsteuer erfolge, dann auch die Bestim mung, daß 450 Millionen Reichsmark nach dem Umsatzsteuerschlüssel zu verteilen sind, geändert werde. Die Vertreter von Bayern, Thüringen und Württemberg erklärten ihre Zustimmung zu dem Finanzausgleich unter der Voraussetzung, daß eine etwaige Besoldungsrevision damit noch nicht abgegolten sei. Der AntragSachsens, Einspruch gegen die Beschlüsse des Reichstages cinzulegen, wurde n i ch t g e n ii g e n d u n t c r st ü tz t. Mit großer Mehrheit schloß sich die Vollversammlung des Reichsrates dem Vorschläge der Ausschüsse an. Bei dem Gesetz über die Erhöhung der B I e r- t euern n teile sür die süddeutschen Staaten erhob der preußische Vertreter, Staatssekretär Weißmann, Einspruch. Für die Staaten Bayern, Württemberg und Baden gab der bayerische Staatsrat v. Wolf eine Erklärung ab, wonach sich diese Staaten dar auf beschränken, nochmals darauf hinzuweisen, daß das Gesetz ihnen nichts anderes bringen soll As das, was ihnen nach Rechts- und Billigkeits- rnsprüchcn das Reich schuldet. Der preußische Antrag, Einspruch -u erheben, wurde mit 37 gegen 30 Stimmen bei Lübecks abgelehnt. Die Beratung des Zündholzgcsctzcs Berlin, 7. April Wie der Abg. Heinig (Soz.) gestern im Reichstag mitteilte, ist der deutschnational« Abg. Behrens zugleich Berichterstatter für das Zttndholzgesetz und Aufsichtsrat de» Preußischen Hypothebenbank, die von dem schwe disch-amerikanischen Zündholztrust finanziert wird. Der interfraktionelle Ausschuß der Re gierungsparteien ist, dem „Berliner Tageblatt" infolge, gestern abend zusammemgctreten, um 'ich mit der Angelegenheit und der weiter'N Behandlung des Zündholzsperrgesetzes zu be» »hüftigen. Di« Regierungsparteien haben, wie das Blatt hört, nicht verlangt, daß Behrens sein A m t als Berichterstatter niederlege. Es sei auch nicht damit zu rechnen, daß Behrens dieses Amt freiwillig zu« Verfügung stelle. Der interfraktionelle Aus« schuß der Regierungsparteien hat beschlossen, den Versuch zu machen, das Züundholzmonopolgesetz im Ausschuß und im Plenum des Reichstage» noch vor den Osterferien zu erledigen. Disziplinarverfahren gegen Oberregicrungsrat Göbel Berlin, 7. April Gegen den im Plauener Prozeß genannten Oberregierungsrat Göbel ist, wie das „Ver» liner Tageblatt" hört, vom Reichsarbeitsmini» sterium. dem das Roichsoersorgungsgericht unter stellt ist, das Disziplinarverfahren eingeleitet worden.